VwGH Ra 2017/17/0862

VwGHRa 2017/17/08628.1.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 29. August 2017, LVwG-412111/6/Gf/Mu, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Landespolizeidirektion Oberösterreich; mitbeteiligte Partei: P S, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4), zu Recht erkannt:

Normen

Auswertung in Arbeit!

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 12. Mai 2017 wurde die mitbeteiligte Partei als nach außen vertretungsbefugtes Organ einer näher genannten ausländischen Gesellschaft s.r.o., der achtfachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild Glücksspielgesetz (GSpG) in einem näher bestimmten Tatzeitraum für schuldig erkannt und über sie acht Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 6.000,-- sowie im Falle der Uneinbringlichkeit je acht Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 30 Stunden verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hob das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich das Straferkenntnis gemäß § 50 VwGVG auf und stellte die Verwaltungsstrafverfahren nach § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein. Weiters sprach es aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

3 Das Landesverwaltungsgericht traf zur Beurteilung der Vereinbarkeit von Regelungen des Glücksspielgesetzes mit Art. 56 AEUV ausführliche Feststellungen und gelangte nach umfangreicher Auseinandersetzung mit der vorgebrachten Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielgesetzes rechtlich zum Ergebnis, dass das in den §§ 3 ff GSpG normierte System des Glücksspielmonopols deshalb in Art. 56 AEUV keine Deckung finde und somit dem Unionsrecht widerspreche, weil es nicht auf einem durch die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) anerkannten zwingenden Grund des Allgemeininteresses - wie etwa dem Spielerschutz und der Suchtvorbeugung oder der Kriminalitätsbekämpfung - basiere, sondern primär der Sicherung einer verlässlich kalkulierbaren Quote an Staatseinnahmen diene. Darüber hinaus seien die konkrete Ausgestaltung des Monopolsystems und die den staatlichen Behörden zur Abwehr von Beeinträchtigungen dieses Monopols gesetzlich übertragenen Eingriffsermächtigungen insbesondere mangels der gänzlich fehlenden Notwendigkeit einer vorhergehenden richterlichen Ermächtigung jeweils unverhältnismäßig.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision des Bundesministers für Finanzen. Die mitbeteiligte Partei erstattete im vom Verwaltungsgerichtshof eingeleiteten Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung und beantragte Kostenersatz.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 Die vorliegende Revision erweist sich als zulässig, weil das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

6 Der Revisionsfall gleicht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht in den entscheidungswesentlichen Punkten jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit hg. Erkenntnis vom 16.3.2016, Ro 2015/17/0022, entschieden wurde. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof, nach der vom EuGH geforderten Gesamtwürdigung der Umstände, unter denen die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erlassen worden sind und unter denen sie durchgeführt werden, eine Unionsrechtswidrigkeit der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes nicht erkannt. Dieser Rechtsansicht hat sich der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15.10.2016, E 945/2016-24, E 947/2016-23, E 1054/2016-19, angeschlossen.

7 Eine Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des GSpG ist somit ausgehend von den Verfahrensergebnissen im Revisionsfall nicht zu erkennen.

8 Da das Verwaltungsgericht insoweit die Rechtslage verkannte, belastete es das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf das übrige Revisionsvorbringen einzugehen.

9 Das angefochtene Erkenntnis war daher bereits aus den genannten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.

10 Der mitbeteiligten Partei steht bei diesem Ergebnis gemäß § 47 Abs. 3 VwGG kein Anspruch auf Kostenersatz zu. Wien, am 8. Jänner 2018

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte