VwGH Ra 2017/16/0041

VwGHRa 2017/16/004126.4.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, über die Revision des RL in St. G, vertreten durch die Krippel und Pilz Wirtschaftstreuhand & Steuerberatung GmbH in 4820 Bad Ischl, Friedolin-Schröpferplatz 4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 20. Jänner 2017, Zl. RV/6100026/2015, betreffend u.a. Normverbrauchsabgabe (belangte Behörde vor dem Bundesfinanzgericht: Finanzamt Salzburg-Land), den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §168;
ZPO §292 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird, soweit sie sich gegen die Festsetzung von Normverbrauchsabgabe richtet, zurückgewiesen.

Begründung

1 Unbestritten ist, dass der Revisionswerber aus den Vereinigten Staaten von Amerika eine und aus Griechenland zwei sogenannte "356 Speedster Replica" nach Österreich einführte und in den Jahren 2011 bis 2013 zum Verkehr zuließ. Bei den genannten Fahrzeugen handelt es sich um Nachbauten des Porsche 356 Speedster auf Basis von Fahrgestellen des Volkswagen Typ 1 (vulgo "Käfer") mit Motoren von Volkswagen Typ 1 oder Typ 4.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Bundesfinanzgericht im Instanzenzug die Festsetzung u.a. von Normverbrauchsabgabe für diese Fahrzeuge und setzte diese fest. Weiters sprach das Gericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei. Das Gericht gründete sein Erkenntnis unter Wiedergabe von Rechtsprechung des EuGH zusammengefasst auf die Erwägungen, das Normverbrauchsabgabegesetz definiere in seinem § 2 Kraftfahrzeuge nach dem Zolltarif. Die Typisierung des Fahrzeuges laut Typenschein könne lediglich ein Indiz darstellen, weil die Kraftfahrbehörde ausschließlich nach dem Kraftfahrgesetz zu entscheiden habe. Für die Fragen des Abgabenverfahrens seien für die Beurteilung, ob es sich bei einem Fahrzeug um einen Oldtimer handle, zwingend die einschlägigen Bestimmungen des Zollrechts heranzuziehen. Gegenständlich habe auch der Sachverständige und Bescheidverfasser der Einzelgenehmigungsbescheide für die verfahrensgegenständlichen Fahrzeuge unmissverständlich in einer offiziellen schriftlichen Eingabe an das Gericht richtig gestellt, dass die Einstufung in den Einzelgenehmigungsbescheiden als historisch auch nach den Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes zu Unrecht erfolgt wäre, zumal die drei Fahrzeuge auch nach diesen Bestimmungen keine Oldtimer darstellten. Damit habe er die inhaltliche Unrichtigkeit der Einzelgenehmigungsbescheide bestätigt. Da die Voraussetzungen für eine Einreihung nach Position 9705 der Kombinierten Nomenklatur nicht vorlägen, habe eine Tarifierung nach Position 8703 zu erfolgen: Wesentlich für eine Tarifierung eines Kraftfahrzeuges nach Position 9705 der Kombinierten Nomenklatur sei, ob der gegenständliche Personenkraftwagen nach seiner Art und Beschaffenheit als ein Sammlungsstück von geschichtlichem Wert zu betrachten sei. Dabei sei unter anderem von Relevanz, ob sich das Kraftfahrzeug im Zeitpunkt der Importabfertigung in einem Originalzustand, daher ohne wesentliche Änderung des Fahrgestells, des Steuer- und Bremssystems, des Motors usw. befunden habe, über welchen Zeitraum dieses Modell mit welcher Stückzahl produziert worden sei (Seltenheitswert). Zuständig zur Beurteilung als Oldtimer sei ausschließlich die Abgabenbehörde nach den Bestimmungen des Zollrechtes. Demgemäß habe den gegenständlich drei Replika, die unbestritten maximal innerhalb der letzten drei bis fünf Jahre gebaut worden seien, eine Einstufung als Oldtimer im Sinne der Warennummer 9705 nicht zukommen können.

Seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision begründete das Gericht damit, eine Vorfragenbindung an Einzelgenehmigungsbescheide aufgrund der Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes bestehe für die Abgabenbehörde nicht. Entscheidungserhebliche Rechtsfragen seien durch unionsrechtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt. Ob ein PKW einen Oldtimer im Sinne der anzuwendenden Bestimmungen des Zolltarifs darstelle, unterliege einer Einzelfallbeurteilung und sei im Rahmen der freien Beweiswürdigung unter Beachtung der in dieser Entscheidung genannten Judikatur des EuGH sowie unter Berücksichtigung der vom Revisionswerber vorgelegten Unterlagen als auch der Ermittlungsergebnisse der Außenprüfung und des Gerichtes zu entscheiden.

3 Die gegen dieses Erkenntnis gerichtete Revision legt ihre Zulässigkeit - soweit sie sich gegen die Festsetzung von Normverbrauchsabgabe richtet - darin dar, von wesentlicher Bedeutung seien im vorliegenden Verfahren mehrere öffentliche Dispositivurkunden, mit welchen der Zustand der drei Fahrzeuge beurkundet werde und welche bis dato gültig seien. Diese öffentlichen Dispositivurkunden seien vom Gericht nicht gewürdigt worden oder es sei ein Gegenbeweis als zulässig erachtet worden. Damit weiche das angefochtene Erkenntnis von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach gegen öffentliche Dispositivurkunden der Gegenbeweis gegen die in der Urkunde bezeugte Rechtsverfügung ausgeschlossen sei.

4 Gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass eine Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).

6 Im vorliegenden Revisionsfall folgte das Bundesfinanzgericht im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung der in den kraftfahrrechtlichen Einzelgenehmigungsbescheiden aufscheinenden Bezeichnung der Fahrzeuge als historisch unter Hinweis auf die weitere Aufklärung dieses Irrtums durch den Beamten nicht weiter, nahm deshalb von einer Einreihung der Fahrzeuge unter die Position 9705 der Kombinierten Nomenklatur Abstand und sah gemäß § 2 Z. 2 NOVAG in diesen Fahrzeugen Personenkraftwagen im Sinn der Position 8703 der Kombinierten Nomenklatur.

7 Teil I Titel 1 Buschstabe A der Kombinierten Nomenklatur trifft Allgemeine Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur. Nach Z 3 Buchstabe a geht die Position mit der genaueren Warenbezeichnung den Positionen mit allgemeiner Warenbezeichnung vor.

Position 8703 umfasst Personenkraftwagen und andere Kraftfahrzeuge, die ihrer Beschaffenheit nach hauptsächlich zur Personenbeförderung bestimmt sind (ausgenommen solchen nach der Position 8702), einschließlich Kombinationskraftwagen und Rennwagen. Nach der Zusätzlichen Anmerkung zu Kapitel 97 der Kombinierten Nomenklatur gehören zu Position 9705 Sammlerkraft- und - luftfahrzeuge von geschichtlichem oder völkerkundlichem Wert, die:

"a) sich in ihrem Originalzustand befinden, d. h. an denen keine wesentlichen Änderungen an Fahrgestell, Karosserie, Lenkung, Bremsen, Getriebe, Aufhängesystem, Motor oder Kotflügel usw. vorgenommen wurden. Instandsetzung und Wiederaufbau ist zulässig, defekte oder verschlissene Teile, Zubehör und Einheiten können ersetzt worden sein, sofern sich das Kraft- oder Luftfahrzeug in historisch einwandfreiem Zustand befindet. Modernisierte oder umgebaute Kraft- und Luftfahrzeuge sind ausgeschlossen;

b) im Fall von Kraftfahrzeugen mindestens 30, im Fall von Luftfahrzeugen mindestens 50 Jahre alt sind;

c) einem nicht mehr hergestellten Modell oder Typ entsprechen.

Die erforderlichen Eigenschaften für die Aufnahme in eine Sammlung, wie verhältnismäßig selten, normalerweise nicht ihrem ursprünglichen Zweck entsprechend verwendet, Gegenstand eines Spezialhandels außerhalb des üblichen Handels mit ähnlichen Gebrauchsgegenständen und von hohem Wert, werden für Kraft- und Luftfahrzeuge, die die zuvor genannten drei Kriterien erfüllen, als gegeben angesehen.

Zu dieser Position gehören auch folgende Sammlerstücke:

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