Normen
BAO §207 Abs2;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017150072.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Bis 1978 war (der im Jahr 2012 verstorbene) X - nach den von der Revision unbestrittenen Tatsachenfeststellungen des Bundesfinanzgerichts - in Ghana unternehmerisch tätig. Im Jahr 1979 gründete er eine liechtensteinische Stiftung und widmete sein daraus erworbenes Vermögen dieser Stiftung. Nach Stiftungsgründung und erfolgter Vermögenswidmung an die Stiftung zog X nach Österreich, wo er seit Ende 1980 mit einem Wohnsitz gemeldet war und lebte. Seit seinem Zuzug nach Österreich nahm er keine weiteren Vermögenswidmungen an die liechtensteinische Stiftung vor, sondern erhielt lediglich Zuwendungen aus der Stiftung. Diese Zuwendungen fanden laufend Eingang in die österreichischen Einkommensteuererklärungen von X und wurden zum allgemeinen Einkommensteuertarif nach § 33 EStG 1988 der Einkommensteuer unterzogen, wobei X die Zuwendungen aus der liechtensteinischen Stiftung ab 1999 als "Firmenpension Ghana" im Rahmen der sonstigen Einkünfte erklärte.
2 Mit Schriftsatz vom 18. Februar 2011 erstattete X in Österreich eine Offenlegung gemäß § 29 FinStrG für sich selbst, weil er die Erträge des von der liechtensteinischen Stiftung in der Schweiz veranlagtem Vermögens irrtümlich nicht der inländischen Besteuerung unterzogen habe, und legte die mit der Einlage und mit den Erträgen der Konten und Depots verbundenen ertragsteuerlichen Umstände und den damit verbundenen Sachverhalt offen.
3 Die in der liechtensteinischen Stiftung erzielten Einkünfte aus Kapitalvermögen (Zinsen, Dividenden und Investmentfonds) betrugen in den Streitjahren 563.675,44 EUR (2003) und 483.872,03 EUR (2004) und wurden in den eingereichten Steuererklärungen von X nicht ausgewiesen.
4 Nach Durchführung einer Außenprüfung in der ersten Hälfte des Jahres 2012 und Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren 2003 und 2004 wurden die revisionsgegenständlichen Kapitaleinkünfte vom Finanzamt - unter Anrechnung ausländischer Quellensteuer - einer 25%igen Besteuerung gemäß § 37 Abs. 8 EStG 1988 unterzogen.
5 Dagegen erhob die Revisionswerberin Berufung und wandte sich gegen die Heranziehung der verlängerten Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 Satz 2 BAO. Infolge Verjährungseintritts sei die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Streitjahre 2003 und 2004 ersatzlos aufzuheben.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht (BFG) - nach Ergehen einer Berufungsvorentscheidung und eines Vorlageantrags - die (nunmehrige) Beschwerde ab.
7 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision.
8 Die Revisionswerberin macht zur Zulässigkeit der Revision insbesondere geltend, es fehle Rechtsprechung des VwGH zur Frage, ob bei Verstorbenen die Feststellung einer Abgabenhinterziehung im Sinne des § 207 Abs. 2 Satz 2 BAO zur Anwendung der verlängerten Verjährungsfrist auch noch nach dem Tod des Steuerpflichtigen erfolgen könne, ohne das Recht auf rechtliches Gehör und die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK zu verletzen.
9 Zudem sei das BFG von der Rechtsprechung des VwGH abgewichen, wenn es das Erkenntnis des VwGH vom 25. Februar 2015, 2011/13/0003, zur Anwendung bringe, obwohl im Revisionsfall kein Mandatsvertrag vorliege und der Steuerpflichtige die aus der liechtensteinischen Stiftung ausbezahlten Zuwendungen in seine Einkommensteuererklärung aufgenommen und dem allgemeinen Einkommensteuertarif unterworfen habe.
10 Im Übrigen lägen Ermittlungs- und Begründungsmängel vor. X habe die Vermögenswidmung an die Stiftung den österreichischen Abgabenbehörden nicht "vollständig verschwiegen". So sei die Vermögenswidmung an die Stiftung selbst vor seinem Eintritt in die österreichische Steuerhoheit erfolgt und er habe die Zuwendungen aus der Stiftung nach seinem Eintritt in die österreichische Steuerhoheit sehr wohl in seine Steuererklärung aufgenommen. Dass er die Zuwendungen aus der liechtensteinischen Stiftung als "Firmenpension Ghana" bezeichnet habe, sei zum einen auf die Herkunft des Vermögensstammes zurückzuführen, zum anderen auf den Zweck der Stiftung, nämlich die Begünstigten der Stiftung mit Zuwendungen zu versorgen. Ein vorsätzliches Handeln von X habe in keiner Weise eindeutig festgestellt werden können. Vielmehr sprächen gute Gründe dafür, dass X einem - wenn auch unentschuldbaren - Irrtum über die steuerliche Transparenz/Intransparenz der Stiftung unterlegen sei und eine Steuerbarkeit der Zuwendungen aus der Stiftung und keine Steuerpflicht der Kapitalerträge der Stiftung selbst angenommen habe. Das BFG hätte bei Berücksichtigung der Einwendungen im Beschwerdeverfahren daher zum Ergebnis einer höchstens fahrlässigen Vorgangsweise des Erblassers - und damit zur Maßgeblichkeit eines "kurzen Verjährungszeitraums" nach § 207 Abs. 2 Satz 1 BAO - kommen müssen, sodass die Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren 2003 und 2004 wegen Verjährung unzulässig gewesen wäre.
11 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
12 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
15 Soweit die Revision eine Anwendbarkeit der verlängerten Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 Satz 2 BAO nach dem Tod des Steuerpflichtigen in Zweifel zieht, ist darauf hinzuweisen, dass es für die Anwendbarkeit der verlängerten Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 Satz 2 BAO - nach dem Wortlaut des Gesetzes - entscheidend ist, dass eine Abgabe hinterzogen ist. Die (Verlängerung der) Verjährungsfrist bezieht sich demnach nicht auf ein Rechtssubjekt, sondern auf eine Forderung. Es kommt somit nicht darauf an, wer eine Abgabe hinterzogen hat. Damit ist es aber auch unerheblich, ob jene Person, die (allenfalls) eine Abgabe hinterzogen hat, bereits verstorben ist (VwGH 31.1.2018, Ro 2017/15/0015, Rz 31).
16 Wenn sich die Revision unter Hinweis auf einen fehlenden Mandatsvertrag und die Anführung von Zuwendungen der Stiftung in der Steuererklärung (allerdings mit der irreführenden Bezeichnung "Firmenpension Ghana") gegen die Anwendung der Zurechnungsgrundsätze des Erkenntnisses vom 25. Februar 2015, 2011/13/0003, wendet, so ist ihr zu entgegen, dass der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis ausgesprochen hat, dass maßgeblicher Gesichtspunkt für die Zurechnung der Einkünfte weder eine "Transparenz" oder eine "Intransparenz" des liechtensteinischen "Gebildes" noch die (insbesondere in einem Mandatsvertrag vereinbarten) Entscheidungsbefugnisse des Stifters oder Begünstigten, sondern die Frage des wirtschaftlichen Eigentums am Kapitalvermögen ist (vgl. auch VwGH 25.4.2018, Ro 2017/13/0004, und VwGH 29.5.2018, Ra 2016/15/0062). Die von der Revision ins Treffen geführten Umstände ändern an diesem Beurteilungskalkül und der "Anwendbarkeit" des Erkenntnisses 2011/13/0003 nichts.
17 Soweit sich die Revision schließlich gegen die Begründung des BFG für das Vorliegen von Vorsatz iSd § 207 Abs. 2 Satz 2 BAO beim verstorbenen Abgabepflichtigen und somit gegen die diesbezügliche Beweiswürdigung des BFG richtet, ist ihr entgegen zu halten, dass der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz zu deren Überprüfung im Allgemeinen nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge lediglich dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. zB VwGH 25.4.2018, Ra 2018/09/0032; 17.10.2017, Ra 2015/15/0057), was die Revision gegenständlich nicht aufzuzeigen vermochte.
18 So erscheint es dem Verwaltungsgerichtshof insbesondere nicht als unschlüssig, wenn das BFG für die Annahme von (bedingtem) Vorsatz des X iSd § 207 Abs. 2 Satz 2 BAO den Umstand ins Treffen geführt hat, dass dieser durch das (irreführende) Deklarieren von Beträgen der Stiftung als "Firmenpension Ghana" unter den "sonstigen Einkünften" eine Verschleierung der tatsächlichen Einkunftsquelle bewirkt habe (vgl. bereits VwGH 25.2.2015, 2011/13/0003).
19 Mit ihren übrigen Einwendungen und Verfahrensrügen gelingt es der Revision vor diesem Hintergrund nicht, die Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichts in einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Weise zu erschüttern.
20 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 19. Dezember 2018
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