Normen
EStG 1988 §4 Abs2 Z2
EStG 1988 §4 Abs7 idF 1996/201
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2017130062.L00
Spruch:
I. zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird hinsichtlich der Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2012 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. den Beschluss gefasst:
Die Revision wird hinsichtlich der Umsatzsteuer für das Jahr 2012 zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung den Beschwerden der revisionswerbenden KG gegen die Bescheide betreffend die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO und die Umsatzsteuer für das Jahr 2012 in den im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof noch strittigen Punkten keine Folge und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
2 In der Begründung führte das Bundesfinanzgericht ‑ soweit hier wesentlich ‑ aus, die Revisionswerberin betreibe einen gewerblichen Grundstückshandel und erziele Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Im Jahr 2012 habe sie den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt. Nach § 4 Abs. 2 EStG 1988 sei die Vermögensübersicht (Jahresabschluss, Bilanz) nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu erstellen. Zu diesen Grundsätzen gehöre auch die periodengerechte Ermittlung des Erfolgs, somit die zeitrichtige Erfassung von Aufwendungen und Erträgen.
3 Zu dem von der Revisionswerberin im Jahr 2012 geltend gemachten „Instandhaltungsaufwand“ führte das Bundesfinanzgericht aus, das Haus in der L‑Gasse sei 2009 gekauft und von der Revisionswerberin in ihr Anlagevermögen aufgenommen worden. In der mündlichen Verhandlung habe die Revisionswerberin vorgebracht, der im Jahr 2012 geltend gemachte „Instandhaltungsaufwand“ habe die Erneuerung der Fassade sowie der Fenster des Hauses in der L‑Gasse betroffen. Die Sanierung sei 2010 begonnen, aber erst 2012 beendet worden. Das Haus sei 2012 verkauft worden, sodass die Gesamtsumme, einschließlich der auf die Jahre 2010 und 2011 entfallenden Fünfzehntelabsetzungen, in diesem Jahr als Aufwand absetzbar sein müsse.
4 Dem hielt das Bundesfinanzgericht entgegen, es handle sich bei den angegebenen Sanierungsmaßnahmen um „Instandsetzungsaufwand“, der gemäß § 4 Abs. 7 EStG 1988 zwingend auf zehn Jahre zu verteilen sei. Aus dem Grundsatz der periodengerechten Gewinnermittlung folge, dass versäumte Bilanzansätze nicht in einem Folgejahr nachgeholt werden könnten. Da mit der Zehntelabsetzung der Investitionen nicht bereits 2010 bzw. 2011 begonnen worden sei, gebe es im Jahr 2012 keine offenen Beträge, die abgesetzt werden könnten.
5 Zum „Schadensfall Mieterlöse“ führte das Bundesfinanzgericht aus, es handle sich um (erklärte) Mieterträge, die von der Hausverwaltung nicht an die Revisionswerberin überwiesen und daher wie ein Forderungsausfall behandelt worden seien. Die Wertberichtigung der zum Bilanzstichtag gegenüber der Hausverwaltung bestehenden offenen Forderung sei jedoch unzulässig, biete der Sachverhalt doch keinen Anhaltspunkt für die Gefährdung der Einbringlichkeit oder die Uneinbringlichkeit der Forderung. Vielmehr habe offensichtlich bis zum Bilanzerstellungszeitpunkt mit der Hausverwaltung nicht geklärt werden können, wie es zu der Differenz gekommen sei, ob bzw. bis wann mit einer Überweisung der Mieterlöse gerechnet werden könne und ob diese noch zur Deckung offener Sanierungskosten verwendet würden oder bereits verwendet worden seien.
6 Zur „Instandhaltungsrücklage“ führte das Bundesfinanzgericht aus, die Dotierung einer Reparaturrücklage nach dem WEG begründe keine Werbungskosten (Aufwendungen). Solche lägen erst bei einer Verwendung der Rücklage durch die Eigentümergemeinschaft vor. Daran ändere auch ein Verkauf des Objekts nichts. Die Rücklage verbleibe in diesem Fall im Objekt. Nach den Einkommensteuerrichtlinien könne ‑ bei ausdrücklicher Erwähnung der Instandhaltungsrücklage im Kaufvertrag ‑ der darauf entfallende Teil des Kaufpreises bei den Einkünften des Verkäufers (und den Anschaffungskosten des Erwerbers) außer Ansatz bleiben. Ein genereller Abzug jener Beträge, die der Instandhaltungsrücklage zugeführt worden seien, als „Wohnungsaufwand“ komme bei Verkauf des Objekts in der L‑Gasse im Jahr 2012 nicht in Betracht.
7 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof (nach Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch das Finanzamt) erwogen hat:
8 Die Revision wendet sich zunächst gegen die Ansicht des Bundesfinanzgerichts, wonach für das Haus in der L‑Gasse im Jahr 2012 keine Instandsetzungsaufwendungen in Abzug gebracht werden könnten.
9 Die Revision ist ‑ in Bezug auf die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO ‑ bereits insoweit zulässig und begründet.
10 § 4 Abs. 7 EStG 1988 idF des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, lautete:
„(7) Bei Gebäuden, die zum Anlagevermögen gehören und Personen, die nicht betriebszugehörige Arbeitnehmer sind, für Wohnzwecke entgeltlich überlassen werden, gilt hinsichtlich der Instandsetzungsaufwendungen folgendes:
- Instandsetzungsaufwendungen, die unter Verwendung von entsprechend gewidmeten steuerfreien Subventionen aus öffentlichen Mitteln (§ 3 Abs. 1 Z 3, § 3 Abs. 1 Z 5 lit. d und e, § 3 Abs. 1 Z 6) aufgewendet werden, scheiden insoweit aus der Gewinnermittlung aus.
- Soweit Instandsetzungsaufwendungen nicht durch steuerfreie Subventionen gedeckt sind, sind sie gleichmäßig auf zehn Jahre verteilt abzusetzen.
Instandsetzungsaufwendungen sind jene Aufwendungen, die nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gehören und allein oder zusammen mit Herstellungsaufwand den Nutzungswert des Gebäudes wesentlich erhöhen oder seine Nutzungsdauer wesentlich verlängern.“
11 § 4 Abs. 7 EStG 1988 enthält eine besondere Verteilungsregelung für Instandsetzungsaufwendungen. Diese Aufwendungen gehören, wie aus dem letzten Satz dieser Bestimmung ausdrücklich hervorgeht, nicht zum Herstellungsaufwand. Vielmehr handelt es sich dabei um Erhaltungsaufwand, der nur aufgrund der ausdrücklichen Anordnung des § 4 Abs. 7 EStG 1988 nicht sofort zur Gänze in Abzug gebracht werden kann, sondern auf zehn Jahre zu verteilen ist.
12 § 4 Abs. 7 EStG 1988 ordnet somit an, dass die dort genannten Instandsetzungsaufwendungen im Jahr des Aufwands sowie in den folgenden neun Jahren jeweils mit einem Zehntel als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind. Der Umstand, dass im ersten oder einem anderen Jahr der Ansatz des entsprechenden Zehntels rechtswidrig unterblieben ist, ändert daran nichts. Aus § 4 Abs. 7 leg. cit. ergibt sich somit grundsätzlich für jedes der betroffenen Jahre die Betriebsausgabeneigenschaft mit einem Zehntel.
13 Das Bundesfinanzgericht hat die Berücksichtigung der Instandsetzungsaufwendungen im Jahr 2012 mit der Begründung zur Gänze versagt, dass (in den Vorjahren) unterlassene Bilanzansätze nicht nachgeholt werden könnten und mit der Absetzung der Zehntel nicht rechtzeitig begonnen worden sei.
14 Selbst wenn die Regelung des § 4 Abs. 7 EStG 1988 zu einem Ansatz in der Steuerbilanz führen sollte (in der Art einer Rechnungsabgrenzung, siehe Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 4 Tz 37.3), ist aber zu beachten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Unrichtigkeiten in der Bilanz bis zur Wurzel zu berichtigen sind (vgl. VwGH 27.6.2019, Ra 2018/15/0040, mwN), sodass im Wege der Bilanzberichtigung eine entsprechende Position (Rechnungsabgrenzung) im Jahr des Anfalls des Aufwands einzustellen wäre.
15 Nur eine „Nachholung“ etwaiger auf die Vorjahre entfallender Zehntelabsetzungen im Jahr 2012 kommt ‑ entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ‑ aufgrund des Primats der periodengerechten Gewinnermittlung nicht in Betracht (vgl. VwGH 31.5.2011, 2007/15/0015, VwSlg. 8645/F).
16 Da das Bundesfinanzgericht dies verkannt hat, war das angefochtene Erkenntnis hinsichtlich der Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2012 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
17 Hinsichtlich der Umsatzsteuer für das Jahr 2012 beschränkt sich das Zulässigkeitsvorbringen in der Revision darauf, dass zu klären sei, ob ein Forderungsausfall (und damit eine Korrektur allfälliger Vorsteuer- und Umsatzsteuerbeträge) nur deshalb nicht anerkannt werden könne, weil seitens der Revisionswerberin keine gerichtlichen Schritte zur Einbringung gesetzt worden seien.
18 Die Revisionswerberin bezieht sich dabei aber auf einen Forderungsausfall, der „von der Behörde eindeutig festgestellt“ worden sei, und geht nicht darauf ein, dass das Bundesfinanzgericht keinen Anhaltspunkt für die Uneinbringlichkeit der Forderung feststellen konnte. Damit wird in der vorliegenden außerordentlichen Revision, deren Zulässigkeit gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen ist, nicht aufgezeigt, dass die Entscheidung, wie in Art. 133 Abs. 4 B‑VG vorausgesetzt, von der Lösung der für die Zulässigkeit der Revision ins Treffen geführten Rechtsfrage abhängt.
19 Die Revision war daher insoweit, als sie sich gegen die Entscheidung über die Umsatzsteuer richtet, in einem nach § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
20 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 24. September 2020
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