VwGH Ra 2017/12/0075

VwGHRa 2017/12/007513.9.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrat Dr. Zens und Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, in der Revisionssache der Mag. M R in G, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Mai 2017, Zl. W221 2153744-1/2E, betreffend Besoldungsdienstalter (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident des Oberlandesgerichtes Graz), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
GehG 1956 §12 Abs7 idF 2016/I/064;
MRK Art6;
RStDG §28;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin absolvierte in der Zeit von 1. September 2010 bis 10. Dezember 2010 während ihres Studiums der Rechtswissenschaften ein Praktikum im Verbindungsbüro des Landes Kärnten in Brüssel und in der Zeit von 1. Jänner 2012 bis 31. Oktober 2012 die Gerichtspraxis. Am 1. November 2013 wurde durch ihre Ernennung zur Richteramtsanwärterin ihr öffentlichrechtliches Dienstverhältnis zum Bund begründet. Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Graz vom 22. Oktober 2014 wurde aus diesem Anlass der Vorrückungsstichtag der Revisionswerberin festgesetzt. Mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2017 wurde die Revisionswerberin zur Richterin ernannt.

2 Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Graz vom 28. Februar 2017 wurden der Revisionswerberin zwecks Ermittlung ihres Besoldungsdienstalters gemäß § 12 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (im Folgenden: GehG), Vordienstzeiten im Ausmaß von 381 Tagen angerechnet und nach Hinzurechnung der im Dienstverhältnis (als Richteramtsanwärterin) verbrachten, für die Vorrückung wirksamen Zeiten ein Besoldungsdienstalter von vier Jahren, zwei Monaten und achtzehn Tagen ermittelt. Die Gerichtspraxis wurde nur insoweit angerechnet, als sie über die damalige gesetzliche Mindestdauer von fünf Monaten hinausging. Das beim Verbindungsbüro des Landes Kärnten in Brüssel absolvierte Praktikum wurde der Revisionswerberin unter Verweis auf § 12 Abs. 3 GehG nicht angerechnet.

3 Die von der Revisionswerberin gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. In der abgesonderten Zulassungsbegründung wendet sich die Revisionswerberin gegen die Berechnung ihres Besoldungsdienstalters gemäß § 12 GehG idF BGBl. I Nr. 64/2016, und vertritt weiter die Auffassung, die mit Bescheid vom 22. Oktober 2014 für den Vorrückungsstichtag angerechneten Zeiten seien aus dem Grunde des § 12 Abs. 7 GehG idF BGBl. I Nr. 64/2016 jedenfalls zu berücksichtigen. Die Bestimmungen betreffend die eingeschränkte Anrechnung von Zeiten der Gerichtspraxis seien unionsrechts- und verfassungswidrig.

5 Soweit sich die Revisionswerberin gegen die Berechnung ihres Besoldungsdienstalters gemäß § 12 GehG idF BGBl. I Nr. 64/2016 wendet, gleicht die Zulassungsbegründung in allen maßgeblichen Umständen jener, welche dem hg. Beschluss vom 27. Juni 2017, Ra 2017/12/0042, zugrunde lag. Auf die Begründung dieses Beschlusses zu dieser Frage wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 9 VwGG verwiesen.

6 Soweit die Revisionswerberin die Auffassung vertritt, die mit Bescheid vom 22. Oktober 2014 angerechneten Vordienstzeiten wären aus dem Grunde des § 12 Abs. 7 GehG idF BGBl. I Nr. 64/2016 jedenfalls zu berücksichtigen, verkennt sie, dass sie vor ihrer Ernennung zur Richteramtsanwärterin noch nicht in einem "unmittelbar vorangegangenen" Bundesdienstverhältnis gestanden ist. Der aus Anlass der Begründung ihres öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses erlassene Vorrückungsstichtagsbescheid ist daher im aktuellen und nicht in einem "unmittelbar vorangegangenen" Bundesdienstverhältnis ergangen, sodass § 12 Abs. 7 GehG nach seinem klaren Wortlaut keine Anwendung findet.

7 Betreffend das von der Revisionswerberin angeführte Praktikum beim Verbindungsbüro des Landes Kärnten in Brüssel ist festzuhalten, dass dieses Praktikum einerseits unstrittig drei Jahre vor Begründung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses absolviert wurde. Andererseits belegt das Revisionsvorbringen sowie das Vorbringen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, dass - wie das Verwaltungsgericht zutreffend festhielt - die Revisionswerberin im Rahmen des Praktikums in Brüssel nicht mit Aufgaben betraut war, die mit den nunmehr von der Revisionswerberin im Rahmen der richterlichen Tätigkeit wahrzunehmenden Aufgaben ident beziehungsweise vergleichbar wären. Entgegen den Ausführungen in der Revision hat sich das Verwaltungsgericht mit der Beurteilung der Zeiten des Praktikums beim Verbindungsbüro des Landes Kärnten konkret auseinander gesetzt. Vor diesem Hintergrund vermag die Revision nicht darzulegen, dass die einzelfallbezogene Beurteilung des Verwaltungsgerichts, wonach das in Rede stehende Praktikum nicht als einschlägiges Verwaltungspraktikum im Sinne von § 12 Abs. 3 GehG zu qualifizieren sei, unvertretbar wäre. Inwiefern aufgrund der im Jahr 2010 erfolgten Ausübung der von der Revisionswerberin bezeichneten Praktikumstätigkeiten nunmehr im Rahmen der richterlichen Tätigkeit eine fachliche Einarbeitung auf dem neuen Arbeitsplatz überwiegend unterbleiben könnte oder ein erheblich höherer Arbeitserfolg durch die vorhandene Routine zu erwarten wäre, ist nicht ersichtlich. Das Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wird somit von der Revisionswerberin mit dem Verweis auf die unterbliebene Anrechnung einschlägiger Praktikumszeiten nicht aufgezeigt.

8 In Ansehung des übrigen Zulassungsvorbringens wird auf die Begründung des hg. Beschlusses vom 27. Juni 2017, Ra 2017/12/0042, mit der Maßgabe verwiesen, dass im vorliegenden Fall hinsichtlich der Berücksichtigung "einschlägiger" Vordienstzeiten auf dem Boden des unstrittigen Sachverhalts und der eindeutigen Rechtslage lediglich Rechtsfragen ohne besondere Komplexität zu beurteilen waren (vgl. § 211b RStDG idF BGBl. I Nr. 65/2015 sowie Rz 7). Ungeachtet des ausdrücklichen Antrags der Revisionswerberin stand somit Art. 6 EMRK dem Unterbleiben der mündlichen Verhandlung nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2015, Ro 2014/10/0039, sowie die Entscheidung des EGMR vom 13. März 2012, Nr. 13.556/07, Efferl/Österreich).

9 Soweit die Revisionswerberin das Unterbleiben einer amtswegigen Verhandlung rügt, zumal sie sachverhaltsbezogenes Vorbringen "zum Thema ihrer einschlägigen Vordienstzeiten" erstattet habe, zeigt sie eine Relevanz dieses Vorbringens nicht auf, weil die ersten fünf Monate des Gerichtspraktikums nach der klaren Rechtslage unabhängig von ihrer "Einschlägigkeit" für eine Anrechnung nicht in Frage kommen und die Praktikumszeiten beim Verbindungsbüro des Landes Kärnten in Brüssel, wie unter Rz 7 dargelegt, unter Zugrundelegung des sachverhaltsbezogenen Vorbringens der Revisionswerberin vom Verwaltungsgericht in vertretbarer Weise als nicht einschlägig qualifiziert wurden.

10 Aus diesen Gründen war die Revision wegen Nichtvorliegen der Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung geeignet und daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 13. September 2017

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