Normen
MSG Krnt 2007 §1 Abs2;
MSG Krnt 2007 §12 Abs1;
MSG Krnt 2007 §12 Abs5;
MSG Krnt 2007 §12;
MSG Krnt 2007 §13 Abs1;
MSG Krnt 2007 §5;
MSG Krnt 2007 §61 Abs1 liti;
MSG Krnt 2007 §61 Abs1 litp;
MSG Stmk 2011 §3 Abs3;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017100222.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 21. Dezember 2017 gewährte das Landesverwaltungsgericht Kärnten - nachdem ein früheres Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 18. Oktober 2016 mit hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2017, Ro 2017/10/0007, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben worden war - dem Revisionswerber in Abweisung dessen Beschwerde gegen einen Bescheid der belangten Behörde vom 1. Juni 2016 soziale Mindestsicherung für den Zeitraum vom 4. Mai 2016 bis 31. Mai 2016 in der Höhe von (lediglich) EUR 50,57.
2 Dem legte das Verwaltungsgericht - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Interesse - zugrunde, der Revisionswerber sei im Mai 2016 obdachlos und an einer Adresse des Kärntner Caritasverbandes gemeldet gewesen.
3 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht - soweit für die vorliegende Revision von Belang - aus, dem Revisionswerber sei für Mai 2016 - nach dem für das Verwaltungsgericht bindenden hg. Erkenntnis Ro 2017/10/0007 - keine Mindestsicherung zur Deckung des Wohnbedarfs zuzusprechen. Er habe nämlich für den Leistungszeitraum im Mai 2016 keinen Wohnaufwand geltend gemacht.
4 Zu den vom Revisionswerber geltend gemachten (allerdings nicht nachgewiesenen) Aufwänden im Zusammenhang mit der Wohnungssuche sei auszuführen, dass diese nicht von dem (in § 12 Abs. 1 Kärntner Mindestsicherungsgesetz - K-MSG angesprochenen) "regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Miete, allgemeine Betriebskosten und Abgaben" umfasst seien; derartige Kosten für die Wohnungssuche könnten nach § 12 Abs. 5 K-MSG im Falle eines außergewöhnlichen Bedarfs - allerdings nur im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung - gedeckt werden. Aus diesem Grund sei auch ein Gutachten in Bezug auf die Kosten im Zusammenhang mit der Wohnungssuche nicht einzuholen gewesen.
5 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 3. Die Zulässigkeitsausführungen der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision wenden sich - erkennbar - gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des § 12 K-MSG und führen dazu aus, es bestehe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs dazu, ob die "notweise Beherbergung eines Obdachlosen in einer Notschlafstelle der Caritas eine anrechenbare angemessene Leistung Dritter (...) im Sinne der Subsidiarität gem. §§ 5 iVm § 12 K-MSG" darstelle und - wenn ja - in welchem Ausmaß diese Leistung Dritter "anrechenbar" sei. Außerdem habe der Revisionswerber durch die Nichtgewährung von Mindestsicherung im Ausmaß von weiteren 25 % (für angemessenen Wohnbedarf) nicht die Möglichkeit erhalten, "die Vorlaufkosten für eine angemessene Wohnversorgung wegzusparen".
9 Abgesehen davon, dass die Anwendung des Subsidiaritätsgrundsatzes nach § 5 K-MSG nur in Betracht kommt, sofern überhaupt Bedarfe im Sinn des § 12 Abs. 1 K-MSG bestehen, hat der Gerichtshof jüngst zu § 3 Abs. 3 Stmk. Mindestsicherungsgesetz ausgesprochen, dass unter den in dieser Bestimmung angesprochenen "für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Miete, Strom, Heizung, allgemeine Betriebskosten und Abgaben" ein aktuell nicht vorhandener Aufwand für Miete, Strom, Heizung, allgemeine Betriebskosten und Abgaben, wenn eine angemessene Wohnsituation nicht gegeben ist, nicht zu subsumieren ist (VwGH 28.2.2018, Ra 2017/10/0095 (Rz 20 und 21)).
10 Diese Rechtsprechung ist auf die Rechtslage nach § 12 K-MSG zu übertragen.
11 Auch nach der Kärntner Rechtslage ist die Überwindung der Obdachlosigkeit von dem in § 1 Abs. 2 K-MSG genannten Ziel der Mindestsicherung, soziale Notlagen und dadurch bedingte soziale Ausgrenzungen zu vermeiden bzw. zu überwinden, zweifellos umfasst.
§ 61 Abs. 1 lit. i und p K-MSG weisen (unter der Überschrift "Nichtbehördliche Aufgaben") die Übernahme von Mindestsicherung bei außergewöhnlichem Bedarf gemäß § 12 Abs. 5 K-MSG sowie die Übernahme von Leistungen zur Deckung des Unterkunftsbedarfs gemäß § 13 Abs. 1 K-MSG (nämlich von zur Beschaffung oder Beibehaltung von Wohnraum erforderlichen Zahlungen bei außergewöhnlichem Bedarf) dem Land als Träger von Privatrechten zu. Dass der Gesetzgeber des K-MSG die Zuerkennung einer Hilfe zur (allfälligen) Beschaffung von Wohnraum im Falle der Obdachlosigkeit durch Gewährung eines 25 %igen Anteils am Mindeststandard nach § 12 K-MSG ohne jegliche konkrete Bezugnahme darauf im Gesetz vorsehen wollte, kann hingegen nicht unterstellt werden.
12 4. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 24. April 2018
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