VwGH Ra 2017/10/0058

VwGHRa 2017/10/005823.5.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision 1. des X und 2. des Y, beide in Wien, beide vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom 27. Jänner 2017, Zlen. VGW- 101/V/050/13468/2016-3, VGW-101/V/050/13469/2016, betreffend naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; mitbeteiligte Parteien: 1. K GmbH und 2. D AG, beide in Wien, beide vertreten durch die Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 12), den Beschluss gefasst:

Normen

32005D0370 AarhusKonvention Art9 Abs3;
AVG §8 impl;
EURallg;
VwGG §30a Abs7;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §36;
VwGG §51;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017100058.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der mitbeteiligten Parteien auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Mit Bescheid vom 10. April 2013 erteilte die belangte Behörde den mitbeteiligten Parteien gemäß § 11 Abs. 2 Z. 6 und Abs. 4 Wiener Naturschutzgesetz (Wr. NSchG) eine naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung dafür, - nach einer zuvor erfolgten Abwanderung auf Ausgleichsflächen - jeweils 10 allenfalls noch verbliebene Exemplare der Tierarten "Europäisches Ziesel" und "Feldhamster" auf bestimmten Grundstücken der KG St. zu fangen, unverzüglich auf bestimmte Ausgleichsflächen zu transportieren und dort freizulassen.

2 Mit dem angefochtenen Beschluss vom 27. Jänner 2017 wies das Verwaltungsgericht Wien eine dagegen von den Revisionswerbern - zwei Umweltorganisationen nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 - erhobene Beschwerde mangels deren Parteienstellung zurück, wobei das Verwaltungsgericht die Revision gegen diese Entscheidung nicht zuließ.

3 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 3. In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revisionen werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

7 Das Verwaltungsgericht ist im angefochtenen Beschluss nicht von der hg. Rechtsprechung abgewichen (vgl. insbesondere die Erkenntnisse vom 22. April 2015, Zl. 2012/10/0016, und vom 28. Oktober 2015, Zl. 2012/10/0137, ferner etwa das Erkenntnis vom 30. Juni 2016, Zl. Ro 2014/07/0028 (insbes. Rz 73 ff)). Danach kommt der Bestimmung des Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention) insbesondere keine unmittelbare Wirkung zu, sodass unter Verweis allein auf diese Bestimmung aus dem Unionsrecht eine Parteistellung im österreichischen Verwaltungsverfahren nicht abgeleitet werden kann. Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention enthält keine klare und präzise Verpflichtung, die die rechtliche Situation Einzelner unmittelbar regeln könnte; die Durchführung und Wirkung dieser Bestimmung hängt somit vom Erlass eines weiteren - nationalen - Rechtsaktes ab.

8 Die in den Zulassungsausführungen hervorgehobenen Aussagen im Urteil des EuGH vom 8. November 2016, Rechtssache C-243/15 ("Lesoochranarske zoskupenie VLK II"), betreffen die Rechte von Umweltorganisationen im Zusammenhang mit der durch Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) normierten Naturverträglichkeitsprüfung (vgl. auch Altenburger/Ennöckl, RdU 2016/145). Mit den darauf Bezug nehmenden Ausführungen vermögen die Zulassungsausführungen keine grundsätzliche Rechtsfrage hinsichtlich der vorliegend erteilten naturschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung darzulegen, weil gegenständlich kein Naturverträglichkeitsprüfungsverfahren vorlag.

Auch die von den Revisionswerbern hervorgehobene Bezugnahme des EuGH-Urteils vom 8. November 2016 auf Art. 9 Abs. 2 des Aarhus-Übereinkommens betrifft den vorliegenden Fall einer bestimmten naturschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung nicht, gilt doch Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens von vornherein nur für Entscheidungen über bestimmte Projekte mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt.

9 4. Die Revision war daher zurückzuweisen.

10 Die Zurückweisung des Antrages der mitbeteiligten Parteien auf Aufwandersatz gründet sich darauf, dass diese einen Aufwandersatzanspruch nur geltend machen könnten, wenn die Zurückweisung der Revisionen nach der Einleitung des Vorverfahrens erfolgt wäre. Ein - im Fall der außerordentlichen Revision durch den Verwaltungsgerichtshof zu führendes - Vorverfahren wurde vorliegend allerdings nicht eingeleitet (vgl. den hg. Beschluss vom 25. Juni 2014, Zl. Ra 2014/07/0025).

Wien, am 23. Mai 2017

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