Normen
BauG Stmk 1995 §39 Abs1;
B-VG Art133 Abs6 Z2;
B-VG Art133 Abs9;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGVG 2014 §18;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Revisionswerbers vom 24. Mai 2016 wurde unter anderem dem Mitbeteiligten gemäß § 39 Steiermärkisches Baugesetz (Stmk BauG) der Auftrag erteilt, mehrere, näher konkretisierte Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen an bestimmten Gebäuden in G durchzuführen. Unter anderem wurde aufgetragen, die schadhaften Kehr- und Putztürchen an insgesamt 31 näher bezeichneten Fängen innerhalb einer festgelegten Frist zu ersetzen.
Der Mitbeteiligte wandte sich in seiner Beschwerde ausschließlich gegen den Auftrag betreffend die Ersetzung der schadhaften Kehr- und Putztürchen.
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) gab der Beschwerde in diesem Umfang Folge. Es stellte fest, dass mit Bescheid vom 28. Juli 2016 (Anm: dieser Bescheid liegt den vorgelegten Verfahrensakten nicht bei) einem damaligen grundbücherlichen Miteigentümer die baurechtliche Bewilligung für den Ausbau des Dachgeschoßes erteilt und "eine Kehrung der Fänge mittels Kehrstegen bewilligt" worden sei. Die Baubewilligung sei hinsichtlich der Errichtung der Kehrstege "nicht konsumiert" worden; laut Aussage des Rauchfangkehrermeisters sei jedoch "im Dachboden ein Spitzboden errichtet und in diesen alle Kehr- und Putztürchen versetzt (nach oben verlegt) worden", wodurch die bekämpften Sanierungsmaßnahmen nicht mehr erforderlich bzw. obsolet wären. In rechtlicher Hinsicht führte das LVwG aus, es habe seine Entscheidung - ausgenommen in Baueinstellungsverfahren - an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten. Da zwischenzeitlich ein Zustand hergestellt worden sei, der mit dem baupolizeilichen Auftrag erreicht werden sollte, sei der Beschwerde Folge zu geben und der Bescheid im angefochtenen Umfang zu beheben gewesen.
Eine ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt. 2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 Mit der Legitimation zur Erhebung einer Amtsrevision gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 2 und Abs. 9 B-VG besteht eine verfassungsrechtliche Zuständigkeit der belangten Behörde vor einem LVwG, die Rechtmäßigkeit des aufgrund einer Beschwerde gegen den von dieser Verwaltungsbehörde erlassenen Bescheid ergangenen Erkenntnisses oder Beschlusses des LVwG durch den Verwaltungsgerichtshof überprüfen zu lassen. Es steht der belangten Behörde offen, Revisionsgründe sowohl hinsichtlich der Zuständigkeit des LVwG als auch bezüglich des Inhalts und bezüglich des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, das der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zu Grunde liegt, geltend zu machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 2017, Ra 2016/01/0320).
6 Die Amtsrevision führt als grundsätzliche Rechtsfrage aus, ob die Erfüllung eines verwaltungspolizeilichen Auftrags, mit dem eine Leistung aufgetragen werde, eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes darstelle, die zu einer Behebung des Bauauftrages zu führen habe (Hinweis auf zahlreiche hg. Erkenntnisse, u.a. vom 7. August 2013, 2013/06/0075, und den hg. Beschluss vom 26. November 2015, Ra 2015/07/0118).
7 Dem Revisionswerber ist zuzustimmen, dass nach ständiger hg. Rechtsprechung mit der Herstellung eines Zustandes, der einem erlassenen und angefochtenen baupolizeilichen Auftrag entspricht, keine von der Berufungsbehörde oder dem LVwG zu beachtende Änderung des maßgebenden Sachverhaltes zu erblicken ist.
8 Eine solche Konstellation liegt im Revisionsfall aus folgenden Gründen nicht vor:
Gemäß § 39 Abs. 1 Stmk BauG hat der Eigentümer dafür zu sorgen, dass die baulichen Anlagen in einem der Baubewilligung, der Baufreistellungserklärung und den baurechtlichen Vorschriften entsprechenden Zustand erhalten werden. Diese Instandhaltungspflicht setzt somit das Vorhandensein einer rechtmäßigen baulichen Anlage voraus. Mit dem Abbruch einer baulichen Anlage oder der Erteilung einer sich auf den betreffenden Bauteil beziehenden Um- oder Zubaubewilligung verliert die Instandhaltungsverpflichtung ihre normative Bedeutung (vgl. zu diesem Thema das hg. Erkenntnis vom 23. November 2010, 2009/06/0078).
Fallbezogen änderte sich der aktuelle Konsens für die verfahrensgegenständlichen Gebäude - den unbestritten gebliebenen Feststellungen des LVwG zufolge - nach Erteilung des Sanierungsauftrages insofern, als mit Bescheid vom 28. Juli 2016 unter anderem die Errichtung von Kehrstegen zur Kehrung der Fänge (laut Beschwerde "über Dach") bewilligt wurde. Von dieser Rechtslage hatte das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung auszugehen. Laut Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis wurde dadurch der Austausch der Kehr- und Putztürchen obsolet. Diesen geänderten Sachverhalt hatte das LVwG dem eindeutigen Wortlaut des § 39 Abs. 1 Stmk BauG zufolge seiner Entscheidung zugrunde zu legen, unabhängig davon, ob die Bauausführung auch bewilligungskonform erfolgte. Dass die nicht bewilligungskonforme Bauführung nachträglich genehmigt worden wäre, ist den Verfahrensakten nicht zu entnehmen.
Davon ausgehend zeigte die Revision - ungeachtet der unzutreffenden Begründung im angefochtenen Erkenntnis - fallbezogen mit der von ihr angeführten grundsätzlichen Rechtsfrage keine Abweichung des angefochtenen Erkenntnisses von der hg. Rechtsprechung auf. Im Ergebnis hob das LVwG den baupolizeilichen Auftrag, die schadhaften Kehr- und Putztürchen an insgesamt 31 näher bezeichneten Fängen zu ersetzen, auf Grund des mit Bescheid vom 28. Juli 2016 geänderten Sachverhaltes zu Recht auf.
9 In der Revision wurde somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Sie war daher zurückzuweisen.
Wien, am 29. Juni 2017
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