Normen
Totalisateur Buchmacherwetten Gebühren 1919 §1 Abs1;
VStG §44a Z1;
VStG §45 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017020225.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis des revisionswerbenden Magistrats vom 22. Dezember 2016 wurde dem Erstmitbeteiligte als handelsrechtlichem Geschäftsführer der zweitmitbeteiligten Partei vorgeworfen, die zweitmitbeteiligte Partei habe am 27. April 2016, um 18.25 Uhr, in Wien, R-Gasse (Cafe X), die Tätigkeit der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen, wie des Fußballspieles Esperance Tunis - CA Bizertin (Einsatz EUR 10,--; möglicher Gewinn EUR 99,--; Gesamtquote 9,90), an eine Buchmacherin, nämlich die B/U, mit einem betriebsbereiten Wettterminal (Modell/Type: Wetten S) ausgeübt (Überprüfung durch Organwalter des Magistrates der Stadt Wien in Wien, R-Gasse (Cafe X), obwohl die zweitmitbeteiligte Partei die dafür erforderliche Bewilligung der Wiener Landesregierung nicht erwirkt habe. Der Erstmitbeteiligte habe dadurch § 1 Abs. 1 des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens (GTBW-G) in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG übertreten, weshalb über ihn eine Geldstrafe von EUR 2.100,-- (Ersatzfreiheitsstrafe vier Tage) verhängt wurde.
2 Begründend wurde ausgeführt, dass sich in dem Wettlokal im Tatzeitpunkt unter anderem der im Spruch genannte Wettannahmeschalter befunden habe, der im Zeitpunkt der Überprüfung am Stromnetz angeschlossen und betriebsbereit gewesen sei. Zum Zeitpunkt der Kontrolle sei er von keinem Wettkunden benutzt worden. Auf Grund des professionellen und umfangreichen am Tatort vorgefundenen Equipments (ein Wettannahmeschalter und in diesem befindliches Bargeld von EUR 867,50) und des in Kopie im Akt aufliegenden Wettscheines sei nach Beurteilung der anwesenden technischen und juristischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachabteilung von einer gewerbsmäßig getätigten Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden an eine Buchmacherin aus Anlass sportlicher Veranstaltungen im Tatzeitpunkt auszugehen. Die zweitmitbeteiligte Partei habe an dem oben genannten Standort mittels des Wettautomaten Wettkundinnen und Wettkunden an die B vermittelt. Der Wettautomat samt beschlagnahmtem Geldbetrag stehe im Eigentum der zweitmitbeteiligten Partei. Die Gesellschaft habe am 27. April 2016 nicht über eine Bewilligung für die gewerbsmäßige Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden nach dem GTBW-G für den betreffenden Standort verfügt.
3 Der dagegen von den mitbeteiligten Parteien erhobenen Beschwerde hat das Verwaltungsgericht Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.
4 In der Begründung traf das Verwaltungsgericht folgende Feststellungen (Anonymisierungem durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Am 27.4.2016 fand im Lokal ‚Cafe X' ... eine Kontrolle der Magistratsabteilung 36 nach dem ... GTBW-G statt. Dabei wurde ein betriebsbereites Wettterminal vorgefunden.
Das Gerät wurde zum Kontrollzeitpunkt nicht von Wettkunden benützt. Eine Probewette wurde im Zuge der Kontrolle nicht platziert. Ebenso wenig wurde die tatsächliche Funktionsweise der Geräte geprüft und dokumentiert. Nach der üblichen Funktionsweise derartiger Geräte wird davon ausgegangen, dass auf dem Gerät interessierte Wettkunden selbsttätig aus einem über eine Datenleitung in das Gerät eingespeisten und auf diesem bereitgestellten Wettprogramm einzelne Wettangebote hinsichtlich des Ausgangs von Sportveranstaltungen auswählen und via Datenleitung beim Buchmacher platzieren konnten. Diesbezüglich wird festgestellt, dass das auf dem Gerät abrufbare Wettprogramm vom Buchmacher, sohin der B S.A. mit Sitz in U via Datenleitung eingespeist und administriert wurde, demnach wurden die zur Auswahl stehenden Wetten vom Buchmacher bereitgestellt. Der Wetteinsatz für die gewählten Wetten erfolgte durch die Wettkunden selbst durch Münzeinwurf oder Geldscheineingabe in die Geldeingabevorrichtung des Automaten. Als Bestätigung des Wettabschlusses durch den Buchmacher wird vom Gerät die Quittung bzw. der Wettschein ausgedruckt. Bei der Amtshandlung wurde ein Wettschein sichergestellt, aus denen sich ergibt, dass am 27.4.2016 um 17.34 Uhr unmittelbar vor der Kontrolle im Lokal tatsächlich von einem Wettkunden eine Sportwette beim Buchmacher platziert und vom Buchmacher angenommen wurde.
Die B GmbH hatte Zugriff auf die Gerätekasse des Automaten. Gewinne aus Wetten, die unter Zuhilfenahme des gegenständlichen Wettterminals an den Buchmacher platziert wurden, wurden durch die B GmbH aus den aus der Gerätekasse entnommenen Wetteinsätzen namens des Buchmachers an die Wettkunden ausbezahlt. Für ihre Tätigkeit erhielt die B GmbH von der Buchmacherin eine Gewinnbeteiligung in Höhe von 20 % (5 % davon als Abgeltung für Werbemaßnahmen des Buchmachers und Standortaquisition) des monatlichen Holds. Die Gerätekasse wurde im Zuge der behördlichen Kontrolle im Auftrag der Behörde von einem Schlosser geöffnet.
Es lag bezogen auf den gegenständlichen Standort keine Bewilligung nach dem GTBW-G vor. Die Gerätschaft wurde im Zuge der Kontrolle vom 30.9.2016 gemäß § 39 VStG vorläufig beschlagnahmt.
Die zweitbeschwerdeführende Gesellschaft ist auch Eigentümerin des Geräts. Der Erstbeschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft."
5 In der Folge stellte das Verwaltungsgericht die von ihm als maßgeblich erachtete Rechtslage dar und führte in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen aus, einer Zeugenaussage folgend habe sich ergeben, dass mit dem Gerät tatsächlich Wettkunden zum Buchmacher B vermittelt würden, wenngleich nicht zur angelasteten Tatzeit. Gleichfalls habe sich ergeben, dass die B (es muss die zweitrevisionswerbende Partei gemeint sein) in Ausübung dieser Tätigkeit Wetteinsätze namens des Buchmachers entgegen genommen und Gewinne ausgezahlt habe (es habe ein Zugriff auf die Gerätekasse vorgelegen, aus der die Einsätze entnommen und Gewinn daraus beglichen worden sei), gleichfalls habe sich ergeben, dass der B dafür eine Gewinnbeteiligung zugestanden sei. Daraus werde gefolgert, dass die vorliegenden Beweisergebnisse die Feststellung stützten, das gegenständlich grundsätzlich eine Wettkundenvermittlung seitens der zweitmitbeteiligten Partei an die B erfolgt sei, wenngleich nicht zur angelasteten Tatzeit. Schon aus letztgenanntem Grund lasse sich eine Verwirklichung der dem Erstmitbeteiligten konkret zur Last gelegten Tat nicht annehmen. Eine Verfolgungshandlung bezüglich der einzig aktenkundig dokumentierten Wettkundenvermittlung am 27. April 2016, 17.34 Uhr, sei im Akt nicht dokumentiert und sei eine solche offenkundig nicht erfolgt.
6 Der Vollständigkeit halber werde erwähnt, dass die im Spruch des angefochtenen Bescheides, abgesehen von der Wiedergabe der verba legalia, dem Erstmitbeteiligten zur Last gelegte Tathandlung lediglich insofern näher konkretisiert worden sei, als das bei der Begehung verwendete Tatmittel ("mit einem betriebsbereiten Wettterminal") genannt worden sei. Daraus sei für die erforderliche Abgrenzung zwischen der Vermittlung von Wettkunden und der Vermittlung von Wetten nichts zu gewinnen. Der Spruch des Straferkenntnisses sei daher auch unter diesem Aspekt mit einem Spruchmangel behaftet, der wegen Ablaufs der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist im gerichtlichen Beschwerdeverfahren nicht mehr sanierbar sei. Auch wäre in den Tatvorwurf zu übernehmen gewesen, dass in Ausübung der besagten Tätigkeit Wetteinsätze entgegen genommen, Gewinne ausbezahlt und des jeweils Namens des Buchmachers und dafür eine Provisionsvereinbarung getroffen worden sei. Die dem Erstmitbeteiligten zum Vorwurf gemachte Tatanlastung sei daher nicht auf alle maßgeblichen Tatbestandselemente des von der belangten Behörde angezogenen Straftatbestandes bezogen worden. Neben der Angabe der tatsächlichen konkreten Tatzeit fehlten insbesondere Angaben dazu, in wessen Sphäre die Bereitstellung von Wettanboten mittels Websoftware gefallen sei bzw. dies auch in Abgrenzung zu den sonst noch in Betracht kommenden Straftatbeständen dazu, dass der Vermittler Wetteinsätze namens des Buchmachers entgegengenommen, Gewinne namens desselben ausbezahlt und dafür eine Provision erhalten habe. Für diesen Fall sehe die Bestimmung des § 45 Abs. 1 Z 3 VStG ein Absehen von der weiteren Strafverfolgung sowie die Verfahrenseinstellung vor.
7 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
8 Die mitbeteiligten Parteien haben eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie beantragen, der Revision kostenpflichtig nicht Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Als wesentliche Rechtsfrage erachtet die revisionswerbende Amtspartei die vom Verwaltungsgericht entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vertretene Ansicht, der Spruch des Straferkenntnisses vom 22. Dezember 2016 entspreche nicht den Anforderungen des § 44a VStG.
10 In VwGH 5.12.2017, Ra 2017/02/0186, hat der Verwaltungsgerichtshof zum Spruch eines Straferkenntnisses der auch hier revisionswerbenden Amtspartei, mit dem der dortige Mitbeteiligte ebenfalls wegen gewerbsmäßiger Vermittlung von Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen nach § 1 Abs. 1 GTBW-G bestraft wurde, Stellung genommen und zum Ausdruck gebracht, dass dieser den Kriterien des § 44a VStG entspricht. Die Amtsbeschwerde gegen die Verfahrenseinstellung wurde dort zurückgewiesen, weil die anfängliche Verfolgungshandlung die Spruchbestandteile "aus Anlass sportlicher Veranstaltungen" und dass die Wettkundenvermittlung "gewerbsmäßig" erfolgte, nicht enthalten hat.
Der vorliegend im Straferkenntnis gefasste Spruch zu § 1 Abs. 1 GTBW-G enthält - fallbezogen - alle Elemente der vom Verwaltungsgerichtshof als ausreichend erachteten dortigen Spruchfassung.
Auch ist der vom Verwaltungsgericht dem Spruch zugeordnete Inhalt der Provisionsvereinbarung zwischen der Buchmacherin und der zweimitbeteiligten Partei Teil des Sachverhaltes und nicht notwendiger Spruchinhalt.
Die Richtigkeit der in diesem Zusammenhang vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Differenzierung zwischen der Vermittlung von Wetten bzw. Wettkunden kann vorliegend dahinstehen, weil einerseits selbst das Verwaltungsgericht ausdrücklich von einer Vermittlung von Wettkunden ausging und andererseits eine solche schon vorliegt, wenn Wettterminals aufgestellt oder betrieben werden (vgl. VwGH 20.10.2017, Ra 2017/02/0078).
Da im vorliegenden Fall feststeht, dass am Tag der Kontrolle ein Wettterminal aufgestellt und betrieben wurde, kann es in Anbetracht der eben zitierten Judikatur den Erstmitbeteiligten auch nicht in seinen Verteidigungsrechten beschnitten haben, wenn als Tatzeit der Zeitpunkt der Kontrolle (18:25 Uhr) und nicht der am Wettschein vermerkte Zeitpunkt (17:34 Uhr) angeführt wurde. Die Tatumschreibung "mit einem betriebsbereiten Wettterminal" erweist sich daher als zutreffend.
Das - anders als im zitierten Beschluss VwGH 5.12.2017, Ra 2017/02/0186 - innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist erlassene Straferkenntnis enthält nach dem Gesagten alle von § 44a VStG geforderten Spruchelemente, weshalb das Verwaltungsgericht zu Unrecht das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt hat.
11 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am 11. Jänner 2018
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