VwGH Ra 2017/02/0122

VwGHRa 2017/02/012210.12.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Mag. Dr. Köller und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, LL.M., über die Revision 1. des J, 2. der K und

3. der Marktgemeinde , alle in , alle vertreten durch die Krist Bubits Rechtsanwälte OG in 2340 Mödling, Elisabethstraße 2, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 25. April 2017, Zl. LVwG-AV-220/001-2017, betreffend Zurückweisung von Anträgen in einer Angelegenheit nach § 43 Abs. 2 lit. a StVO, den Beschluss gefasst:

Normen

32008L0050 Luftqualitäts-RL Europa;
61993CJ0312 Peterbroeck Van Campenhout VORAB;
62007CJ0237 Janecek VORAB;
62013CJ0404 ClientEarth VORAB;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017020122.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich - nach Erhebung von Säumnisbeschwerden - den beim Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie gestellten Antrag der Revisionswerber auf Erlassung einer Verordnung gemäß § 43 Abs. 2 lit. a StVO, gerichtet auf eine dauernde Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h für einen näher genannten Bereich einer Autobahn soweit er sich auf einen unmittelbaren Anspruch aus der Luftqualitäts-RL vom 21. Mai 2008, 2008/50/EG , stützt, wegen Unzuständigkeit und soweit er sich auf einen unmittelbaren Anspruch aus der Umgebungslärm-RL vom 25. Juni 2002, 2002/49/EG , stützt, als unzulässig zurück.

2 Begründend wurde ausgeführt, der angerufene Bundesminister sei zur Vollziehung des die Luftqualitäts-Richtlinie umsetzenden Immissionsschutzgesetzes-Luft (IG-L) nicht kompetent und hätte den Antrag wegen Unzuständigkeit zurückweisen müssen. Die Umsetzung der Umgebungslärm-Richtlinie sei mit dem Bundes-Umgebungslärmschutzgesetz, nicht jedoch mit § 43 Abs. 2 lit. a StVO umgesetzt worden, weshalb der Antrag auch unter diesem Aspekt unzulässig sei.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit geltend gemacht, der angefochtene Beschluss weiche mit der Annahme, dass ein subjektives Recht eines Einzelnen auf Verordnungserlassung nur bei Umsetzung der Luftqualitäts-RL im Rahmen des IG-L bestehe, von der hg. Rechtsprechung (VwGH 28.5.2015, Ro 2014/07/0096) ab.

7 Dazu sind die Revisionswerber darauf hinzuweisen, dass dem genannten Erkenntnis ein Antrag an den Landeshauptmann auf Ergänzung des von ihm erlassenen Programms gemäß § 9a IG-L und der ebenfalls von ihm erlassenen

Steiermärkischen Luftreinhalteverordnung 2011, die beide auf der Grundlage des IG-L ergingen, zu Grunde lag und dem Betroffenen ein Antragsrecht auf Verordnungserlassung bei den zuständigen Behörden - gegebenenfalls unter Anrufung der zuständigen Gerichte - zuerkannt wurde (vgl. die im bereits genannten Erkenntnis enthaltenen Hinweise auf EuGH 25.7.2008, Janecek, C-237/07 , Rn. 39; und EuGH 19.11.2014, ClientEarth, C-404/13 , Rn. 56). Durch die Prüfung der Zuständigkeit wich das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nicht von der zitierten Rechtsprechung ab.

8 Weiters macht die Revision als Zulässigkeitsbegründung geltend, es fehle innerstaatliche Rechtsprechung zur Frage, "wieweit es nationalen Stellen freisteht, aus mehreren nationalen Vorschriften, die Grundlage für die Umsetzung von klaren unionsrechtlichen Ansprüchen bieten, einzelne mit dem Argument auszuscheiden, dass sie ‚nicht der Umsetzung' der jeweiligen Richtlinie dienen würden."

9 Zur Luftqualitäts-RL räumen die oben (in Rn. 7) wiedergegebenen Urteile des EuGH dem unmittelbar betroffenen Einzelnen ein Antragsrecht bei der zuständigen Behörde ein und stellen damit auf die innerstaatliche Kompetenzverteilung ab. Wenn das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich auf die Zuständigkeit der Behörden nach den - in Umsetzung der jeweiligen Richtlinien - erlassenen Gesetzen abstellt, entspricht das der hg. Rechtsprechung (VwGH 20.2.2003, 2001/07/0171) und der europäischen Rechtsprechung (EuGH 14.12.1995, Peterbroeck, C-312/93 , Rn. 12), die ebenso für die Beurteilung der Grundsätzlichkeit der Rechtsfragen heranzuziehen ist (vgl. VwGH 28.2.2014, Ro 2014/16/0010).

10 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 10. Dezember 2018

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