VwGH Ra 2017/02/0046

VwGHRa 2017/02/004611.9.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des N in S, vertreten durch Mag. Michael Steininger, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Rathausplatz 13, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 24. Jänner 2017, Zl. LVwG-S-578/005-2016, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens i. A. Übertretung der StVO (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Landespolizeidirektion Niederösterreich), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §46;
AVG §69 Abs1 Z2;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VwGVG 2014 §32 Abs1 Z2;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit Erkenntnis vom 16. September 2016 wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde - mit diesem war der Revisionswerber (u.a.) schuldig erkannt worden, am 17. Jänner 2016 die Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt verweigert und dadurch eine Übertretung gemäß § 5 Abs. 2 2. Satz Z 1 iVm § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 begangen zu haben - ab. Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Verwaltungsgericht einen Antrag des Revisionswerbers auf Wiederaufnahme dieses Verfahrens als verspätet zurück.

5 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der gegenständlichen Revision im Wesentlichen vor, er habe im Rahmen seines Wiederaufnahmeantrages zwei Eingaben getätigt, mit denen verschiedene schriftliche Zeugenaussagen vorgelegt worden seien. Mit der ersten Eingabe sei die Erklärung des Zeugen G. vorgelegt worden, die Richtigstellungen zu dessen Aussage vor dem Landesverwaltungsgericht und vor der Polizei enthielten. Mit der zweiten Eingabe habe der Revisionswerber zwei Erklärungen des Zeugen M. und der Zeugin N. vorgelegt. Die vom Zeugen M. vorgelegte Erklärung enthalte umfangreiche Abweichungen zu dessen Aussagen vor der Polizei bzw. der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht. Die Zeugin N. habe sich laut Verhandlungsschrift vor dem Verwaltungsgericht der Aussage entschlagen. In ihrer (nunmehr vorgelegten) Erklärung habe die Zeugin angegeben, ihre in der Verhandlung erstattete Erklärung, sie habe sich ihrer Aussage entschlagen wollen, müsse falsch verstanden worden sein. Inhaltlich wichen die nunmehrige schriftliche Erklärung der Zeugin N. durchaus von den vom Verwaltungsgericht verwerteten Angaben vom Hörensagen, welche die Zeugin N. getätigt haben solle, ab. Nach der hg. Rechtsprechung sei die spätere Erklärung eines Zeugen ein neu entstandenes Beweismittel und könne grundsätzlich geeignet sein, zur Wiederaufnahme des Verfahrens zu führen (Hinweis auf Ra 2016/18/0197). Mit der unbegründeten und unrichtigen Schlussfolgerung, die mit dem Wiederaufnahmeantrag vorgelegten Urkunden seien dem Revisionswerber bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht bekannt gewesen, weiche der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.

6 Mit diesem Vorbringen zeigt der Revisionswerber keine zur Zulässigkeit der Revision führende Rechtsfrage auf.

7 Zunächst ist festzuhalten, dass der Revisionswerber nicht konkret darlegt, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt dem von ihm ins Treffen geführten hg. Erkenntnis gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hätte und damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre. Es reicht auch nicht aus, hg. Erkenntnisse der Zahl nach zu zitieren, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen. Schon deshalb zeigt der Revisionswerber nicht auf, dass die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorlägen.

8 Die Beurteilung der Frage, ob es sich bei den vorliegenden Erklärungen der Zeugen um "neue" Beweismittel gehandelt hat, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, weil die vom Revisionswerber vorgelegten Erklärungen jedenfalls nicht tauglich waren, einen Wiederaufnahmegrund darzustellen:

Tauglich ist ein Beweismittel als Wiederaufnahmegrund ungeachtet des Erfordernisses seiner Neuheit nämlich nur dann, wenn es nach seinem objektiven Inhalt (und unvorgreiflich der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit) die abstrakte Eignung besitzt, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche die Behörde entweder den den Gegenstand des Wiederaufnahmeantrages bildenden Bescheid oder (zumindest) die zum Ergebnis dieses Bescheides führende Beweiswürdigung tragend gestützt hat (vgl. VwGH vom 20. Juni 2012, 2009/03/0050). Dies ist in dem dem Wiederaufnahmeverfahren zugrunde liegenden Fall, in dem es um die Verweigerung einer Alkoholkontrolle ging, nicht erkennbar.

Bei der Verpflichtung, sich einer entsprechenden Untersuchung gemäß § 5 Abs. 2 StVO zu unterziehen, kommt es auf den Verdacht des Lenkens eines Fahrzeugs in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Alkoholkontrolle an. Bestand im Zeitpunkt der Aufforderung der durchaus begründet gewesene Verdacht des Lenkens eines Fahrzeugs in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, so ist der vermutliche Lenker verpflichtet, sich einer entsprechenden Untersuchung gemäß § 5 Abs. 2 StVO zu unterziehen (vgl. VwGH vom 13. Dezember 2016, Ra 2016/02/0243). Dieser Verdacht zu jenem Zeitpunkt wurde vom Verwaltungsgericht bejaht. Ob im Nachhinein dieselben, bereits im Strafverfahren gehörten Zeugen nunmehr - zum Teil abweichend von ihren früheren Aussagen - darzulegen versuchen, der Revisionswerber habe das Auto möglicherweise doch nicht gelenkt, ist daher für die rechtliche Beurteilung, ob die Alkoholkontrolle verweigert wurde, irrelevant.

9 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 11. September 2017

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