VwGH Ra 2017/01/0040

VwGHRa 2017/01/004028.2.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und den Hofrat Dr. Kleiser sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision des Dr. H K in B, vertreten durch Dr. Michael Wukoschitz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Habsburgergasse 3/20, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 7. November 2016, Zl. LVwG-750395/2/BP/BD, betreffend Kostenersatzpflicht nach § 92a SPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Gmunden), den Beschluss gefasst:

Normen

SPG 1991 §92a Abs1;
SPG 1991 §92a Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden (belangte Behörde) wurde dem Revisionswerber gemäß § 92a Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. Nr. 566/1991 idF BGBl. I Nr. 61/2016 (SPG), ein Pauschalbetrag von EUR 87,00 vorgeschrieben, weil von der in seinem Wohnhaus installierten Alarmanlage eine Alarmauslösung verursacht worden sei, ohne dass eine Gefahr für das Eigentum oder Vermögen des Revisionswerbers bestanden hätte.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen diesen Bescheid gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 92a Abs. 1 SPG als unbegründet abgewiesen und die Revision für unzulässig erklärt.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Revision führt zu ihrer Zulässigkeit aus, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die vom Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung geforderten konkreten Anhaltspunkte, dass die Alarmanlage tatsächlich aufgrund eines begonnenen, noch keine Spuren hinterlassenden Angriffes ausgelöst worden sei, nur gefordert werden könnten, wenn die "Ubiquität" des Tatortes solche direkten Hinweise überhaupt zulasse bzw. wenn die Sicherheitsorgane bei ihrem Einschreiten auch dahingehende umfassende Ermittlungen "gepflogen" hätten. Seien solche Hinweise im Einzelfall (wie dem vorliegenden) von vornherein unwahrscheinlich, so müsse die Gewinnung solcher Anhaltspunkte auch auf indirekte Weise, durch Glaubhaftmachung im Wege eines "Umkehrschlusses" möglich sein. Jedes andere Verständnis würde dem Betroffenen eine "probatio diabolica" auferlegen.

8 Nach § 92a Abs. 1 SPG tritt die Kostenersatzpflicht bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen dieser Bestimmung dann ein, wenn tatsächlich keine Gefahr für das gesicherte Objekt bestanden hat. Eine solche Gefahr liegt bereits dann vor, wenn die Alarmanlage im Zuge einer gegen das gesicherte Objekt gerichteten strafbaren Handlung ausgelöst wurde und sich der Täter durch den Alarm in die Flucht schlagen lässt, bevor er - Spuren hinterlassende - Gewalt angewendet hat. In einem solchen Fall tritt somit keine Ersatzpflicht ein, auch wenn keine sichtbaren Spuren einer Gewaltanwendung vorliegen. Wurde die Alarmanlage hingegen auf Grund eines technischen Defektes bzw. einer zu sensiblen Einstellung oder eines zufälligen Ereignisses, wie zum Beispiel eines Kurzschlusses infolge Blitzschlages, ausgelöst, so ist Ersatz zu leisten. Das gehäufte Auftreten derartiger "Fehlalarme" hat den Gesetzgeber nach den Erläuterungen (72 BlgNR, 20. GP ) dazu bewogen, die Bestimmung des § 92a in das SPG einzufügen, um bei den Verfügungsberechtigten (von mit Alarmanlagen geschützten Objekten) eine entsprechende Sorgfalt zu bewirken. Würde man von der Behörde verlangen, auch dann anzunehmen, eine Alarmanlage sei auf Grund einer tatsächlich bestehenden Gefahr ausgelöst worden, wenn sowohl die Ermittlungen anlässlich des Einschreitens als auch das Vorbringen im Verwaltungsverfahren keine konkreten Anhaltspunkte dafür ergeben, wäre der aus den zitierten Erläuterungen hervorgehende Zweck des Gesetzes, durch die Kostenersatzpflicht das gehäufte Auftreten von "Fehlalarmen" (bei denen naturgemäß keine Anhaltspunkte für eine tatsächliche Gefahr vorliegen) einzudämmen, vereitelt (vgl. zu allem das hg. Erkenntnis vom 15. November 2000, 99/01/0208).

9 Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Erkenntnis beweiswürdigend ausgeführt, in der vorliegenden Rechtssache hätten im Zuge des Einschreitens der Polizeibeamten am Schutzobjekt weder Spuren eines Einbruchsversuches oder einer Sachbeschädigung noch eine sonstige Gewaltanwendung festgestellt werden können. Während der Revisionswerber als Ursache der Alarmauslösung allein einen abgebrochenen Einbruchsversuch annehme, gehe die belangte Behörde von einem technischen Gebrechen oder von anderen Umständen aus. Es sei durchaus denkbar, dass der Alarm von einem Vogel ausgelöst worden sei. Daher bestünden mehrere denkbare Varianten, von denen die Darstellung des Revisionswerbers lediglich eine bilde, für die es allerdings keinerlei nachträglich erkennbare Spuren gäbe. Die zum Einsatzort gerufenen Beamten seien bei den Nachforschungen zudem auch von Nachbarn unterstützt worden, die ebenfalls von keiner "ungebetenen menschlichen Präsenz" berichten hätten können. Dass das Einschreiten erst nach einer gewissen Zeit erfolgt sei, sei kein Beweis für die Richtigkeit der Darstellung des Revisionswerbers.

10 Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 11. Oktober 2016, Ra 2015/01/0217, mwN). Dass dem Verwaltungsgericht ein derartiger krasser Fehler der Beweiswürdigung unterlaufen wäre, wird in den alleine maßgeblichen Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden Revision nicht dargelegt.

11 Das Verwaltungsgericht ist bei seinen beweiswürdigenden Erwägungen nicht von den Grundsätzen der zu § 92a SPG ergangenen hg. Rechtsprechung abgewichen. Nach dieser Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass iSd § 92a SPG keine Gefahr bestanden hat, wenn sowohl die Ermittlungen anlässlich des Einschreitens als auch das Vorbringen im Verwaltungsverfahren keine konkreten Anhaltspunkte für eine solche Gefahr ergeben. Dass diese Voraussetzungen hier vorlegen, hat das Verwaltungsgericht nicht unvertretbar beurteilt.

12 Wenn der Revisionswerber auf die in seinem Fall gegebenen besonderen Umstände hinweist, ist festzuhalten, dass nach der ständigen hg. Rechtsprechung der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl. den hg. Beschluss vom 15. November 2016, Ra 2016/01/0034, mwN).

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 28. Februar 2017

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