Normen
BFA-VG 2014 §9;
FrPolG 2005 §67 Abs1;
FrPolG 2005 §67 Abs2;
FrPolG 2005 §67 Abs4;
StGB §127;
StGB §129 Z1;
StGB §129 Z2;
StGB §130;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
BFA-VG 2014 §9;
FrPolG 2005 §67 Abs1;
FrPolG 2005 §67 Abs2;
FrPolG 2005 §67 Abs4;
StGB §127;
StGB §129 Z1;
StGB §129 Z2;
StGB §130;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
1 Der Mitbeteiligte ist ungarischer Staatsangehöriger und verfügt über eine am 5. April 2011 ausgestellte Anmeldebescheinigung. Er war im Zeitraum 30. September 2010 bis 30. Mai 2014 an einer Adresse in Leoben als Hauptwohnsitz gemeldet, wo er gemeinsam mit zwei weiteren Männern eine Wohnung gemietet hatte. Für den Zeitraum 7. Juli 2014 bis 20. Oktober 2014 scheint eine Nebenwohnsitzmeldung in Edling (Steiermark) auf. Nach vorangegangenen Arbeitsverhältnissen in den Jahren 2010/2011 und 2013 war der Mitbeteiligte im Zeitraum 7. Juli 2014 bis 13. Oktober 2014 bei einer KFZ-Werkstätte beschäftigt. Weiters hatte er Beschäftigungen in Österreich von Anfang bis Ende Mai 2015 und wieder beginnend ab Anfang Juli 2015 bis (letztlich) Ende 2015.
2 Der Mitbeteiligte wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 3. Juni 2015 wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch gemäß §§ 127, 129 Z 1 und 2, 130 vierter Fall StGB (idF vor dem Strafrechtsänderungsgesetz 2015) zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt.
3 Im Hinblick auf die diesem Urteil zugrunde liegenden Straftaten erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 9. Oktober 2015 gegen den Mitbeteiligten gemäß § 67 Abs. 1 und 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) ein mit drei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.) und erteilte gemäß § 70 Abs. 3 FPG einen Durchsetzungsaufschub von einem Monat (Spruchpunkt II.).
4 In der Begründung gab das BFA den dem genannten Urteil zugrundeliegenden Schuldspruch wieder. Demzufolge wurde dem Mitbeteiligten zur Last gelegt, im Zeitraum 29. September 2014 bis (zu seiner Betretung und Verhaftung am) 13. Oktober 2014 in mehrfachen (insgesamt mehr als sieben) Angriffen und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Bargeld in der Höhe von insgesamt ca. 1.800 EUR auf näher beschriebene Weise durch Verwendung eines widerrechtlich erlangten Zentralschlüssels aus einer versperrten Geldlade zum Nachteil seines damaligen Arbeitgebers mit Bereicherungsabsicht weggenommen zu haben.
Bei der Strafbemessung habe das Strafgericht das Geständnis und die Schadenswiedergutmachung als mildernd gewertet, erschwerend hingegen die Tatwiederholung, die einschlägige Vorstrafe, die professionelle Vorgehensweise und die mehrfache Qualifikation. Angesichts dessen folgerte das BFA, die begangenen Straftaten in Verbindung mit der einschlägigen Vorstrafe rechtfertigten die Annahme, dass das Verhalten des Mitbeteiligten "wesentliche Grundinteressen des Staates" - vor allem im Hinblick auf die Verhinderung von Eigentumsdelikten - "nachhaltig" beeinträchtige. Aufgrund der Art der Straftaten, insbesondere wegen ihrer gewerbsmäßigen Begehung unter Ausnützung eines Vertrauensverhältnisses und der Vorverurteilung in Ungarn, die keinen abhaltenden Effekt gehabt habe, sei auch auf eine gegenwärtige und erhebliche Wiederholungsgefahr zu schließen.
5 Über die eingangs genannten Umstände hinaus stellte das BFA noch fest, der Mitbeteiligte sei ledig und Vater einer (damals) zehn Monate alten Tochter, die mit ihrer Mutter in Ungarn lebe. Insgesamt folgerte das BFA daraus, der Mitbeteiligte komme nur zu "Arbeitszwecken" nach Österreich; seinen Lebensmittelpunkt habe er in seinem Heimatland Ungarn. Demnach werde zwar aufgrund der "beruflichen Bindungen im Bundesgebiet" durch das Aufenthaltsverbot ein gravierender Eingriff in das "Privat- und Berufsleben" des Mitbeteiligten bewirkt, dem stehe jedoch sein strafbares Verhalten gegenüber. Bei Abwägung dieser Interessen gelangte das BFA zu dem Ergebnis, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebensverhältnisse des Mitbeteiligten keinesfalls schwerer wiegen als das in seinem Fehlverhalten begründete hohe öffentliche Interesse am Verlassen des Bundesgebietes, zumal der Mitbeteiligte in Ungarn einen Wohnsitz und seine Familie habe. Es sei ihm auch zuzumuten, sich in Ungarn eine neue Arbeitsstelle zu suchen. Die Gesamtbeurteilung des Verhaltens des Mitbeteiligten und seiner Lebensumstände ergebe daher, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in der Dauer von drei Jahren gerechtfertigt und notwendig sei. Es sei zu erwarten, dass dieser Zeitraum für einen positiven Gesinnungswandel erforderlich sei.
6 In der gegen Spruchpunkt I. erhobenen, von seinem Rechtsvertreter verfassten Beschwerde machte der Mitbeteiligte - wie schon in der Stellungnahme im erstinstanzlichen Verfahren - (nur) geltend, das Aufenthaltsverbot hätte sehr schwere Folgen, vor allem für seine Familie. Er müsse den Unterhalt für die Familie allein aufbringen, habe jedoch keine Möglichkeit "zu Hause" (gemeint: in Ungarn) zu arbeiten. Vor und nach der Straftat habe der Mitbeteiligte ein "tadelloses Benehmen" gezeigt. Wegen seiner Straftat habe er durch das Strafgericht "seine Strafe bekommen", deswegen "verdient er nicht ein Aufenthaltsverbot extra". Es wurde daher beantragt, das Aufenthaltsverbot aufzuheben.
7 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 19. Jänner 2016 wurde der Beschwerde (nur) insoweit stattgegeben, als die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf sechs Monate herabgesetzt wurde. Weiters sprach das BVwG gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
8 Gegen die Herabsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Amtsrevision des BFA, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Durchführung eines Vorverfahrens - der Mitbeteiligte erstattete keine Revisionsbeantwortung - erwogen hat:
9 Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (u.a.) gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger (nur) zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.
Gemäß Abs. 2 der genannten Bestimmung kann ein Aufenthaltsverbot, vorbehaltlich des (hier nicht in Betracht kommenden) Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß dem ersten Satz des § 67 Abs. 4 FPG auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen.
10 Auch das BVwG ging in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses davon aus, dass der Mitbeteiligte seinen Lebensmittelpunkt in Ungarn habe, wo er seit 11. August 2008 durchgehend über einen Hauptwohnsitz verfüge und auch seine Familie aufhältig sei. Bis auf kurzfristige Erwerbstätigkeiten und mittlerweile über ein Jahr lang aufgegebene Wohnsitzmeldungen im Bundesgebiet bestünden keine Anhaltspunkte für dessen Verlegung nach Österreich. Vielmehr sei dem BFA beizupflichten, dass der Mitbeteiligte lediglich zum Zwecke seiner wiederholten kurzfristigen Erwerbstätigkeit nach Österreich gereist, sein Lebensmittelpunkt jedoch in Ungarn geblieben sei, was der Mitbeteiligte in seiner Beschwerde auch nicht bestritten habe.
Soweit der Mitbeteiligte in der Beschwerde geltend gemacht habe, auf eine Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet angewiesen zu sein, habe er dies nicht zu untermauern vermocht. Vielmehr sei er jegliche Erklärung schuldig geblieben, weshalb gerade er in Ungarn keiner Beschäftigung nachgehen könne. Die bloß unsubstantiierte Behauptung, im Herkunftsstaat keine Arbeit finden zu können, genüge dafür nicht. Vielmehr stehe dieses Vorbringen im Widerspruch dazu, dass er in Österreich längstens neun Monate beim selben Arbeitgeber beschäftigt gewesen sei und seit dem Jahre 2010 insgesamt nur bei fünf Arbeitgebern eine Anstellung zu erlangen vermocht habe. Dies spreche nicht für ein "unterhaltssicherndes Fußfassen" in Österreich, weshalb davon auszugehen sei, dass der Mitbeteiligte seinen Lebensunterhalt schon bisher durch Erwerbstätigkeiten in Ungarn bestreiten habe können und er hierzu auch künftig in der Lage sein werde.
11 Zur Gefährdungsprognose iSd § 67 Abs. 1 FPG führte das BVwG dann in Anknüpfung an die dem Mitbeteiligten in seiner strafgerichtlichen Verurteilung zur Last gelegten Straftaten wörtlich Folgendes aus:
"Dieses Verbrechen stellt ohne Zweifel ein die öffentliche Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens besonders schwer gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten dar (vgl. Verwaltungsgerichtshof 23.03.1992, 92/18/0044; 10.12.2008, 2008/22/0568). Dabei fällt nicht nur ins Auge, dass der BF (= Mitbeteiligte) durch seine wiederholten Handlungen die Rechtsgüter Eigentum und Vermögen beträchtlich in Mitleidenschaft gezogen hat, sondern sich auch nicht von dem Umstand, dass der von ihm Bestohlene zum Zeitpunkt der Taten auch sein aktueller Arbeitgeber war, von der Begehung der Straftaten abgehalten gefühlt hat, sondern unter Missbrauch des in ihn gesetzten Vertrauens - bei aufrechtem Arbeitsverhältnis - sich wiederholt unrechtmäßig zu bereichern suchte. Hinzu kommt, dass die vom BF gezeigte Bereitschaft, sich unrechtmäßig zu bereichern, geplant vorzugehen und sich dafür zur Überwindung baulicher wie technischer Hindernisse im Vorfeld in den widerrechtlichen Besitz eines Schlüssel gebracht hat, auf eine hohe kriminelle Energie sowie eine beachtliche Herabsetzung der inneren Hemmschwelle hinweist.
Der BF hat durch sein - strafrechtliche Rechtsnormen negierendes Verhalten -, vor dem Hintergrund der bereits im Jahre 2009 in Ungarn begangenen Strafdelikte, eindrucksvoll seinen Unwillen unter Beweis gestellt, in Österreich geltende Grundinteressen der Gesellschaft zu achten. In Zusammenschau seines Verhaltens ist von einer für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehenden Gefährdung auszugehen und auf die hohe Wahrscheinlichkeit einer Rückfälligkeit in strafrechtliches Verhalten zu schließen.
So hätte dem BF bereits im Vorfeld klar sein müssen, dass er im Falle der Betretung, sein Recht auf Aufenthalt im Bundesgebiet, und damit einhergehend auch seine Möglichkeit der Fortführung bzw. Wiederaufnahme von Erwerbstätigkeiten im Bundesgebiet, allenfalls verspielt haben könnte, was ihn jedoch von der Begehung der ihm anzulastenden Straftaten nicht abhalten konnte. Wen(n) der BF auch vermeint, sich seither wohl verhalten zu haben, so kann darin keine Reue oder eine er(n)sthafte Aufarbeitung seiner Straftaten erkannt werden. Deshalb ist angesichts der vom BF in Bezug auf die Versorgung seiner Familie sinngemäß dargelegten finanziellen Sorgen mit dessen Rückfall in ein strafrechtlich relevantes Verhalten, sich durch die Begehung von Straftaten eine Einkommensquelle zu erschließen, ernsthaft zu rechnen. Daran vermag auch die seit der Verurteilung des BF verstrichene vorfallsfreie Zeit nichts zu ändern, erweist sich diese nämlich nicht als lange genug, um, vor dem Hintergrund des zuvor Ausgeführten, daraus schließen zu können, dass der BF sich auch weiterhin wohl verhalten wird.
Im Ergebnis ist dem BF mangels erkennbarer Einsicht und nicht auszuschließenden Rückfalls gegenwärtig eine negative Zukunftsprognose auszustellen.
Vor dem Hintergrund des Gesagten, insbesondere, dass der BF sich selbst durch die im Raum gestandene Gefahr des Verlustes seines Aufenthaltsrechtes und seiner Erwerbsmöglichkeiten in Österreich von der Begehung strafbarer Handlungen nicht abgehalten gefühlt hat, ist davon auszugehen, dass ein Aufenthalt des BF im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährden werde und sohin der Tatbestand des § 67 Abs. 1 FPG jedenfalls verwirklicht ist."
12 Im Rahmen der weiteren Ausführungen kam das BVwG sodann bei der nach § 9 BFA-VG vorgenommenen Abwägung der gegenläufigen Interessen unter Einbeziehung des Umstandes, dass der Mitbeteiligte über keinen Wohnsitz und keine Erwerbstätigkeit in Österreich mehr verfüge und sein Lebensmittelpunkt in Ungarn liege, zu dem Ergebnis, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, somit zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten sei und das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung das private Interesse des Mitbeteiligten überwiege. Das BFA sei somit zutreffend von der Rechtmäßigkeit der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes ausgegangen, weil es sich "vor dem Hintergrund des bisher Ausgeführten" als erforderlich erweise, um der vom Mitbeteiligten ausgehenden Gefährlichkeit zu begegnen.
13 Die Herabsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes wurde dann vom BVwG wie folgt begründet:
"Wenn dem BF auch massive Rechtsverletzungen, welche sich auch in der Höhe seiner Freiheitsstrafe wiederspiegelt, anzulasten sind, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass der BF Wiedergutmachung geleistet und ein reumütiges Geständnis vor dem Strafgericht abgelegt sowie wiederholt versucht hat, im Bundesgebiet wirtschaftlich Fuß zu fassen und die Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen wurde. Zudem ist mit Blick auf die Höhe der vom BF gestohlenen Geldwerte zu erkennen, dass sich diese mit EUR 1.793,14 unter EUR 3000,- bewegen und es den Taten sohin an einer gewissen ‚Schwere' iSd. StGB mangelt. Bei einer Abwägung all dieser Umstände ist, wenn auch wie oben bereits ausgeführt, von der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes nicht Abstand genommen werden konnte, jedoch die von der belangten Behörde ausgesprochene Dauer von drei Jahren als zu lang, weil unverhältnismäßig, zu erkennen.
... Vielmehr hat sich die Aufenthaltsverbotsdauer, welche der
Begegnung der vom BF ausgehenden Gefährlichkeit dient, am aus der Art und Schwere der - konkret - zu Grunde liegenden Straftaten ergebenden Persönlichkeitsbild des BF, zu orientieren. ...
Insofern war gegenständlich unter Beachtung der für den BF sprechenden Momente die Dauer des Aufenthaltsverbotes zu reduzieren und auf eine angemessene Dauer von sechs Monaten herabzusetzen, in welcher der BF sein beteuertes Wohlverhalten unter Beweis zu stellen haben wird."
14 Diesbezüglich wird in der Amtsrevision (unter anderem) kritisiert, das BVwG habe bei der Begründung der Dauer des Aufenthaltsverbotes das reumütige Geständnis und die (Schadens‑)Wiedergutmachung zugunsten des Mitbeteiligten gewertet, obwohl es bei der Erstellung der Gefährdungsprognose dazu im Widerspruch damit argumentierte, dass beim Mitbeteiligten keine Reue gesehen werden könne, er die Straftaten nicht aufgearbeitet habe, es ihm an Einsicht mangle, er eine hohe kriminelle Energie aufweise und mit einem Rückfall zu rechnen sei. Auch hinsichtlich der Schwere der zugrunde liegenden Handlungen widerspreche sich das BVwG. Es habe zugunsten des Mitbeteiligten berücksichtigt, dass die "Wertqualifikation" nicht erreicht worden sei, es argumentiere aber andererseits mit der Verwerflichkeit der Taten und dem Ausnützen des Vertrauens des Arbeitgebers. Das Argument, der Mitbeteiligte habe wiederholt versucht, in Österreich wirtschaftlich Fuß zu fassen, hätte das BVwG nicht zugunsten des Mitbeteiligten heranziehen dürfen.
15 Diesen Ausführungen, mit denen das amtsrevisionsführende BFA insoweit eine (infolge grob mangelhafter Begründung) krasse Fehlbeurteilung des BVwG und demzufolge auch die Zulässigkeit der Revision unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzeigt, ist beizupflichten. Die oben wörtlich wiedergegebenen Begründungsteile stehen nämlich tatsächlich in einem unauflöslichen Widerspruch:
16 Das BVwG hat zwar zutreffend unter Bedachtnahme auf alle Umstände der für das Aufenthaltsverbot maßgeblichen Straftaten des Mitbeteiligten - Begehung trotz einschlägiger Vorverurteilung, wiederholtes Ausnützen des Vertrauens des Arbeitgebers, auf Gewerbsmäßigkeit gerichtete Absicht bei der mehrfachen Verübung von Diebstählen durch Einbruch, geplante ("professionelle") Vorgangsweise - auf eine erhebliche kriminelle Energie und in Verbindung mit seinen "finanziellen Sorgen" auf eine große Wiederholungsgefahr ("hohe Wahrscheinlichkeit einer Rückfälligkeit") geschlossen. In diese Beurteilung musste das BVwG aber auch die für den Mitbeteiligten sprechenden Umstände, wie die Schadensgutmachung und das Geständnis, die auch schon vom Strafgericht bei der Bemessung der 20-monatigen Freiheitsstrafe als mildernd berücksichtigt worden waren, einbeziehen. Sie vermögen aber die vom BVwG angenommene besondere Schwere der Straftaten und die daraus abgeleitete Gefährdung nicht maßgeblich herabzusetzen, zumal das BVwG beim Mitbeteiligten "keine Reue" oder "ernsthafte Aufarbeitung seiner Straftaten" erkennen konnte. In diesem Zusammenhang ist aber auch aus der bedingten Nachsicht der Strafe für sich genommen nichts zu gewinnen; das ist - wie die Amtsrevision zutreffend releviert - ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. nur Punkt 3. der Entscheidungsgründe des Erkenntnisses vom 19. März 2013, Zl. 2011/21/0152, mwN, und darauf Bezug nehmend etwa den Beschluss vom 22. Mai 2014, Ro 2014/21/0053). Dass der insgesamt erbeutete Betrag nicht auch noch die für die Verwirklichung des qualifizierten ("schweren") Diebstahls nach § 128 Abs. 1 Z 4 StGB (idF vor dem Strafrechtsänderungsgesetz 2015) erforderliche Wertgrenze von 3.000 EUR überstieg, aber immerhin mehr als dessen Hälfte betragen hatte, kann schließlich auch nicht entscheidend zugunsten des Mitbeteiligten veranschlagt werden, hat dieser Umstand doch schon bei der Bewertung der Straftaten seinen Niederschlag gefunden.
17 Angesichts dessen ist nicht nachvollziehbar, weshalb das BVwG - bei einer möglichen Höchstdauer des Aufenthaltsverbotes von zehn Jahren - im vorliegenden Fall letztlich ein mit drei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für unverhältnismäßig und ein solches von nur sechs Monaten für angemessen erachtete. Nun ist zwar bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes nach § 67 Abs. 4 FPG (vgl. oben Rz 9) auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, somit insbesondere auch auf die privaten und familiären Verhältnisse. Das BVwG ist aber diesbezüglich vom Fehlen maßgeblicher Anknüpfungspunkte im Inland ausgegangen und hat den in der Beschwerde vorgetragenen, einzig wesentlichen Einwand, eine Erwerbstätigkeit zur Versorgung seiner Familienangehörigen sei dem Mitbeteiligten nur in Österreich möglich, verworfen. Auch von daher hätte sich somit die vom BVwG vorgenommene (drastische) Verkürzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes nicht rechtfertigen lassen. Schließlich ist in diesem Zusammenhang aber auch noch der Hinweis des BVwG, der Mitbeteiligte habe wiederholt versucht, im Bundesgebiet wirtschaftlich Fuß zu fassen, - unabhängig davon, dass es an anderer Stelle heißt, die Dauer der Erwerbstätigkeiten in Österreich spreche nicht für ein "unterhaltssicherndes Fußfassen" des Mitbeteiligten - ohne jeden Begründungswert.
18 Das angefochtene Erkenntnis ist daher wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften iSd § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG rechtswidrig und war somit in Stattgebung der Revision entsprechend dem dort gestellten Antrag aufzuheben.
Wien, am 24. Mai 2016
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