VwGH Ra 2016/20/0051

VwGHRa 2016/20/005123.6.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Mag. Eder und Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Ortner in der Revisionssache 1. der C B, und 2. des A B, beide in G, beide vertreten durch Mag. Natascha Vrabie, Rechtsanwältin in 8020 Graz, Nikolaiplatz 4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12. Februar 2016, Zlen. W212 2118416-1/9E und W212 2118415-1/7E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG, den Beschluss gefasst:

Normen

32013R0604 Dublin-III Art18 Abs1 litb;
AsylG 2005 §5 Abs1;
AsylG 2005 §5;
B-VG Art133 Abs4;
EMRK Art3;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
32013R0604 Dublin-III Art18 Abs1 litb;
AsylG 2005 §5 Abs1;
AsylG 2005 §5;
B-VG Art133 Abs4;
EMRK Art3;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) jeweils vom 1. Dezember 2015, womit die Anträge der Revisionswerber auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) als unzulässig zurückgewiesen wurden und ausgesprochen wurde, dass für die Prüfung der Anträge gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Dublin III-Verordnung Italien zuständig sei, und unter einem gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) die Außerlandesbringung der Revisionswerber angeordnet wurde, als unbegründet ab. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

2 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision wird geltend gemacht, es lägen augenscheinlich erhebliche Probleme bei der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge in Italien vor, die insbesondere für kranke, gesundheitlich beeinträchtigte und schwangere Flüchtlinge zu einer potentiellen Gefährdung der Gesundheit und allenfalls deren Leben führen könne. Es sei nicht nachvollziehbar, nach welchen Kriterien eine Abwägung erfolgt sei, anhand welcher beurteilt werden solle, ob dem Antragsteller im Empfangsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK drohe. Zudem sei auch nicht klar, ob besondere gesundheitliche Umstände, wie etwa eine Schwangerschaft, nicht zu einem strengeren Maßstab für die Beurteilung einer realen Gefahr führen müssten. Weiters sind in der Zulässigkeitsbegründung unionsrechtliche Fragen angeführt.

7 Mit diesem Vorbringen zeigt die Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

8 Der Verwaltungsgerichtshof erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass die grundrechtskonforme Interpretation des AsylG 2005 eine Bedachtnahme auf die - in Österreich im Verfassungsrang stehenden - Bestimmungen der EMRK notwendig macht. Die Asylbehörden müssen daher bei Entscheidungen nach § 5 AsylG 2005 auch Art. 3 EMRK berücksichtigen und bei einer drohenden Verletzung dieser Vorschriften das im "Dublin-System" vorgesehene Selbsteintrittsrecht ausüben (vgl. den hg. Beschluss vom 25. Mai 2016, Ra 2016/19/0069, mwN).

9 Das Bundesverwaltungsgericht stellte unter Hinweis auf aktuelle Länderberichte zur Lage in Italien fest, dass "Dublin-Rückkehrer" Zugang zu Unterbringungseinrichtungen und Asylwerber mit mangelnden finanziellen Mitteln ein Recht auf Unterbringung hätten. Asylwerber hätten ab Registrierung ihres Antrages dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. Das gelte sowohl für untergebrachte, wie für nicht untergebrachte Asylwerber und auch für solche, die kein Recht mehr auf Unterbringung hätten. Weiters verkenne das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass Italien Probleme bei der lückenlosen Versorgung von Asylwerbern habe; es könne allerdings nicht von solchen Mängeln im italienischen Asylsystem gesprochen werden, welche eine Überstellung der Revisionswerber jedenfalls als unzulässig erscheinen ließe. Die Erstrevisionswerberin habe am 23. Dezember 2015 einen Sohn zur Welt gebracht. Sowohl die Schwangerschaft als auch die Geburt seien ohne medizinische Komplikationen verlaufen. Die Revisionswerber seien gesund und ebenso sei davon auszugehen, dass das gemeinsame Kind an keinen gesundheitlichen Beschwerden laboriere.

10 Soweit sich die Revision auf die Vulnerabilität der Revisionswerber - zunächst in Bezug auf die Schwangerschaft der Erstrevisionswerberin und danach auf das in weiterer Folge in Österreich geborene gemeinsame Kind - bezieht, übersieht sie, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung nicht nur auf die Wiederaufnahmeerklärung Italiens stützte. Vielmehr stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass Italien schriftlich die Garantie abgegeben habe, alle Familien mit minderjährigen Kindern nach ihrer Rücküberstellung gemeinsam in einer familiengerechten und dem Alter der Kinder entsprechenden Unterkunft unterzubringen.

11 Diesen Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes tritt die Revision nicht entgegen.

12 Vor dem Hintergrund der angeführten Rechtsprechung und den Feststellungen zur Situation in Italien zeigt die Revision nicht auf, dass die Annahme des Bundesverwaltungsgerichtes, es lägen keine außergewöhnlichen Umstände vor, die im Fall der Überstellung der Revisionswerber nach Italien zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK führen würden, unzutreffend wäre.

13 Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 23. Juni 2016

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