VwGH Ra 2016/18/0258

VwGHRa 2016/18/025818.1.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin MMag.a Ortner, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. A K R, und 2. M R, beide in Wien und vertreten durch Brehm & Sahinol Rechtsanwälte OG in 1060 Wien, Linke Wienzeile 124/10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22. August 2016, Zlen. W105 2132522- 1/3E (ad 1.) und W105 2132527-1/4E (ad 2.), betreffend Asylangelegenheiten (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §41;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin sind ein Ehepaar und besitzen beide die afghanische Staatsbürgerschaft. Sie gelangten (u.a.) über Kroatien nach Österreich und stellten am 13. Februar 2016 Anträge auf internationalen Schutz. Mit Schreiben vom 19. März 2016 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) ein auf Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-Verordnung) gestütztes Aufnahmeersuchen an die zuständige kroatische Behörde, welches unbeantwortet blieb.

2 Mit Bescheiden jeweils vom 14. Juli 2016 wies das BFA die Anträge der revisionswerbenden Parteien gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) als unzulässig zurück. Es sprach aus, dass Kroatien für die Prüfung der Anträge gemäß Art. 13 Abs. 1 der Dublin III-Verordnung zuständig sei, ordnete gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) die Außerlandesbringung der revisionswerbenden Parteien an und stellte fest, dass deren Abschiebung nach Kroatien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.

3 Dagegen erhoben die revisionswerbenden Parteien eine gemeinsame Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG), in der systemische Mängel im kroatischen Asylsystem behauptet wurden, die einer Überstellung der revisionswerbenden Parteien nach Kroatien aus rechtlichen Gründen entgegenstünden.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das BVwG die Beschwerde als unbegründet ab und es erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

5 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit im Wesentlichen geltend gemacht wird, es stellten sich in den vorliegenden Fällen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG. Im Einzelnen sei - zusammengefasst - zu klären, ob Art. 13 Dublin III-Verordnung anwendbar sei, wenn die revisionswerbenden Parteien von Griechenland kommend von den kroatischen Behörden organisiert und geduldet in das kroatische Hoheitsgebiet eingereist seien, und ob die Zweitrevisionswerberin aufgrund ihrer Schwangerschaft und ihres schlechten Gesundheitszustandes (Eisenmangelanämie) als besonders vulnerable Person zum Asylverfahren in Österreich hätte zugelassen werden müssen. Dazu führt die Revision näher aus, dass die Zweitrevisionswerberin am 28. September 2016 in das Landeskrankenhaus Graz Süd-West aufgenommen worden sei, weil sie in suizidaler Absicht eine große Menge eines näher bezeichneten Antidepressivums eingenommen habe. Dem Entlassungsbrief des Krankenhauses vom 3. Oktober 2016 sei zu entnehmen, dass bei ihr eine Eisenmangelanämie bestehe. Am 29. September 2016 sei ein Schwangerschaftstest bei der Zweitrevisionswerberin durchgeführt worden, der positiv ausgefallen sei. Aktuell sei die Zweitrevisionswerberin im fünften Monat schwanger.

6 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass der Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des BVwG gemäß § 41 VwGG auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses zu prüfen hat (vgl. etwa jüngst VwGH vom 11. November 2016, Ro 2016/12/0010, mwN). Daraus wird in ständiger Rechtsprechung auch abgeleitet, dass neue Tatsachen, die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vorgebracht werden, bei der Entscheidung über die Revision keine Berücksichtigung finden können (vgl. etwa VwGH vom 14. September 2016, Ra 2016/18/0222, und vom 30. September 2016, Ra 2016/20/0149).

9 Die revisionswerbenden Parteien haben gegen ihre geplante Überstellung nach Kroatien im Verfahren vor dem BFA und dem BVwG nur eingewendet, dass das kroatische Asylverfahren systemische Mängel aufweise, die einer Überstellung dorthin rechtlich entgegenstünden. Diese Rechtsfrage wird von der Revision nicht mehr geltend gemacht. Die in der Zulassungsbegründung der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen finden hingegen im Vorbringen der Parteien vor dem BFA und dem BVwG und im Akteninhalt keine Deckung. Es ergibt sich nicht, dass die revisionswerbenden Parteien behördlich organisiert und geduldet nach Kroatien eingereist wären. Persönliche Umstände, wie die Schwangerschaft der Zweitrevisionswerberin und ihr Gesundheitszustand, welche die österreichischen Behörden nach dem Vorbringen der Revision für die Prüfung ihres Antrages auf internationalen Schutz zuständig machen sollen, waren im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses weder vorgebracht noch bekannt bzw. haben sich erst danach ereignet. Damit unterliegt das Vorbringen in der Zulassungsbegründung der Revision dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltenden Neuerungsverbot und kann daher keine Beachtung finden.

10 Die von der Revision angesprochenen grundsätzlichen Rechtsfragen stellen sich aber nur unter Zugrundelegung des als unzulässig erkannten Vorbringens. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang bereits wiederholt ausgesprochen, dass das Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht mit einem Vorbringen begründet werden kann, das unter das Neuerungsverbot fällt (vgl. auch dazu etwa VwGH vom 14. September 2016, Ra 2016/18/0222, mwN).

11 Die Revision war daher wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückzuweisen.

Wien, am 18. Jänner 2017

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