VwGH Ra 2016/17/0259

VwGHRa 2016/17/025921.6.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der Landespolizeidirektion Oberösterreich gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 17. Mai 2016, LVwG-411177/8/KLe/BZ, betreffend Betriebsschließung nach dem Glücksspielgesetz (mitbeteiligte Partei: A GmbH in S, vertreten durch Dr. Fabian Alexander Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/Top11), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art131 Abs2;
B-VG Art132 Abs1 Z2 idF 2012/I/051;
B-VG Art133 Abs6 Z2;
B-VG Art133 Abs6 Z3 idF 2012/I/051;
GSpG 1989 §56a Abs6;
VwGG §33 Abs1 idF 2013/I/033;
VwGG §33 Abs1;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016170259.L00

 

Spruch:

Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Zuspruch von Kosten findet nicht statt.

Begründung

1 Mit Bescheid der nunmehrigen Revisionswerberin vom 21. Oktober 2015, VStV/915301597148/2015, wurde gegenüber der mitbeteiligten Partei gemäß § 56a Glücksspielgesetz (GSpG) die teilweise Schließung eines näher bezeichneten Lokales mit Wirkung ab 21. Oktober 2015 angeordnet. Der Bescheid wurde am 21. Oktober 2015 an der Amtstafel angeschlagen, der Aushang an der Amtstafel erfolgte bis 19. November 2015.

2 Die dagegen von der mitbeteiligten Partei am 23. November 2015 mit näherer Begründung erhobene Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung der nunmehrigen Revisionswerberin vom 15. Dezember 2015 wegen Verspätung zurückgewiesen.

3 Aufgrund des Vorlageantrages der mitbeteiligten Partei vom 22. Dezember 2015 entschied das Verwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 17. Mai 2016 die Berufungsvorentscheidung aufgehoben und die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Bescheid der Revisionswerberin vom 21. Oktober 2015 bestätigt wurde.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde. Die Revisionswerberin bringt vor, dass die Berechnung der Rechtsmittelfrist eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung sei. Der Bescheid sei bereits mit Beginn des Aushanges an der Amtstafel erlassen worden, weshalb die Beschwerde verspätet gewesen sei.

5 Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte Kostenersatz.

6 Gemäß § 56a Abs 6 GSpG treten Bescheide nach Abs 3 leg cit, wenn sie nicht kürzer befristet sind, mit Ablauf eines Jahres außer Wirksamkeit. Demnach wäre selbst bei rückwirkender Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses die von der Revisionswerberin ausgesprochene Betriebsschließung während des (wieder offenen) Beschwerdeverfahrens mit Ablauf des 20. Oktober 2016 außer Wirksamkeit getreten.

7 Über Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes, inwieweit sich die Revisionswerberin durch das angefochtene Erkenntnis nach Ablauf der Frist gemäß § 56a Abs 6 GSpG noch beschwert erachte, teilte diese mit, das rechtliche Interesse sei weiterhin aufrecht, weil die Berechnung der Rechtsmittelfrist eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung sei. Der Ablauf der Frist sei nicht relevant, weshalb sich die Revisionswerberin nach wie vor als beschwert erachte.

8 Gemäß § 33 Abs 1 erster Satz VwGG ist eine Revision nach Anhörung des Revisionswerbers in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde.

9 Wie der Verwaltungsgerichtshof auch zur Rechtslage nach dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl I Nr 33, bereits ausgesprochen hat, ist § 33 Abs 1 VwGG nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall wegen Gegenstandslosigkeit liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl etwa VwGH vom 20. Mai 2015, Ro 2015/10/0008, mwN).

10 Der Verwaltungsgerichtshof vertrat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass ein bei ihm anhängiges Beschwerdeverfahren auch im Falle einer Amtsbeschwerde (Art 131 Abs 2 B-VG aF) bei Wegfall des rechtlichen Interesses an einer meritorischen Entscheidung in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs 1 VwGG wegen Gegenstandslosigkeit einzustellen war. Diese Rechtsprechung hat auch für eine Revision nach Art 133 Abs 6 Z 2 und Z 3 B-VG gegen eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes weiterhin Gültigkeit (vgl VwGH vom 19. Dezember 2014, Ro 2014/02/0115, vom 9. September 2015, Ro 2015/03/0028, vom 28. Jänner 2016, Ra 2015/11/0027, und vom 16. Dezember 2015, Ra 2014/17/0052).

11 Ebenso vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, § 33 Abs 1 VwGG lasse sich entnehmen, dass der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof versteht. Liege diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Revision nicht vor, sei diese unzulässig, falle die Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führe dies zu einer Einstellung des Verfahrens (vgl wiederum VwGH vom 28. Jänner 2016, Ra 2015/11/0027, mwN).

12 Nach Einbringung der Amtsrevision gegen die Abweisung der von der mitbeteiligten Partei erhobenen Beschwerde bezüglich der angeordneten Betriebsschließung durch das Verwaltungsgericht ist nunmehr der Zeitraum, für den der Bescheid über die Betriebsschließung gemäß § 56a Abs 6 GSpG wirksam war, bereits abgelaufen. Da sich somit auch bei Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses die Rechtsstellung der revisionswerbenden Partei nicht verbessern würde (weil die wieder offene Beschwerde der mitbeteiligten Partei bereits wegen Wirkungslosigkeit des Betriebsschließungsbescheides durch Zeitablauf zurückzuweisen wäre), ist die Revision wegen des mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses gegenstandslos geworden (vgl dazu auch VwGH 8. September 2016, Ro 2015/17/0028).

13 Daher war das Verfahren in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs 1 VwGG nach Anhörung mit Beschluss einzustellen.

14 Mangels formeller Klaglosstellung liegt die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch gemäß § 55 VwGG nicht vor. Vielmehr kommt § 58 Abs 2 VwGG zur Anwendung. Im Hinblick darauf, dass die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht ohne nähere Prüfung zu lösen ist und daher die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Gerichtshof nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Kostenersatz zugesprochen wird (§ 58 Abs 2 zweiter Halbsatz VwGG).

Wien, am 21. Juni 2017

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