Normen
B-VG Art133 Abs4;
EStG 1988 §47 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber betreibt eine Versicherungsagentur. 2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis setzte das Bundesfinanzgericht im Instanzenzug Dienstgeberbeiträge sowie Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag im Hinblick auf die Beschäftigung des WK durch den Revisionswerber fest. Begründend führte es aus, WK habe in seiner Niederschrift vom 11. März 2009 angegeben, seine Tätigkeit als "Sub"-Partner Agent bei der Agentur des Revisionswerbers habe die Betreuung der Kunden der Agentur des Revisionswerbers umfasst. Bei der Betreuung habe es sich um Serviceleistungen gehandelt (Schadensregulierungen zB Krankenversicherung, Aufenthaltsbestätigungen, Kfz-Schäden, Sachversicherungen sowie Kfz An-, Um- und Abmeldungen) und die fachliche Betreuung der weiteren Mitarbeiter inklusive des Revisionswerbers. Die Vereinbarung über diese Tätigkeiten und auch die Zahlungen der monatlichen Aufwandsentschädigungen in Höhe von
2.422 EUR hätten mit 31. Dezember 2006 bedingt durch die Größe seines selbst aufgebauten Kundenstockes und Umstrukturierung in der Agentur des Revisionswerbers geendet.
3 Für diese Tätigkeit habe der zwischen WK und dem Revisionswerber abgeschlossene Partnervertrag nicht vorgelegt werden können. Stattdessen sei ein "Muster" eines solchen Partnervertrages vorgelegt worden, wie er auch mit anderen Personen abgeschlossen worden sei. Diese als "Sub-Agenturvertrag" bezeichnete Mustervereinbarung bezeichne jedoch als Hauptaufgabe im Punkt 4. "die Vermittlung neuer und bestandsfähiger
Versicherungen ... sowie die Betreuung des von ihm vermittelten
Bestandes in seinem Vertretungsgebiet" und beinhalte somit keine der von WK genannten Tätigkeiten (Schadensregulierungen z. B. Krankenversicherung, Aufenthaltsbestätigungen, Kfz-Schäden, Sachversicherungen, Kfz An-, Um- und Abmeldungen) für Kunden des Revisionswerbers.
4 Klarstellend werde im Hinblick auf den mehrfachen Verweis des Revisionswerbers auf die Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Aufbau eines eigenen Kundenstockes des WK darauf hingewiesen, dass die gegenständlich strittigen Nachforderungen des DB und DZ nur die im Zusammenhang mit der für die oben beschriebenen Tätigkeiten des WK bezüglich der von der Agentur des Revisionswerbers erhaltenen pauschalen regelmäßigen Entgelte in Höhe von monatlich
2.422 EUR zum Gegenstand hätten. Die aus dem von WK selbst aufgebauten Kundenstock resultierenden Einkünfte in Form von Provisionen für den Abschluss von Versicherungsverträgen seien nicht in die Bemessungsgrundlage für die Nachforderungen des DB und DZ einbezogen worden.
5 Das für ein Dienstverhältnis sprechende persönliche Weisungsrecht fordere einen Zustand wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit und sei durch eine weitreichende Ausschaltung der eigenen Bestimmungsfreiheit gekennzeichnet. Die persönlichen Weisungen seien auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet. Dafür sei es charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspreche, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stelle.
6 Unter Zugrundelegung dieser Umschreibung der Weisungsgebundenheit würden die von WK für den Revisionswerber durchgeführten Arbeiten nicht im weisungsfreien Raum als selbständige Tätigkeit im steuerlichen Sinn erledigt. Der Einsatz seiner Arbeitskraft sei ihm zwar aufgrund seiner fachlichen Qualifikation weitestgehend selbst überlassen gewesen, die Aufträge für diese Tätigkeiten habe jedoch ausschließlich der Revisionswerber erteilt. Daraus sei zweifellos eine nicht unbeträchtliche Leitungs- und Verfügungsmacht des Revisionswerbers bezüglich der Tätigkeiten des WK und somit die für eine nichtselbständige Tätigkeit typische persönliche Abhängigkeit einschließlich der Kontrollmöglichkeiten durch den Revisionswerber zu erblicken, auch wenn eine wirtschaftliche Abhängigkeit vom Revisionswerber aufgrund der weiteren Einkünfte des WK nicht voll ausgeprägt sei.
7 Der Eindruck des Revisionswerbers, dass WK nicht an seine Weisungen gebunden gewesen sei, möge zwar subjektiv bestanden haben, aufgrund des zu beurteilenden Sachverhaltes sei bei der beschriebenen Tätigkeit des WK die geforderte Stärke des vorhandenen Weisungsrechtes für eine nichtselbständige Tätigkeit jedoch eindeutig zu erkennen. Allein die pauschale, monatlich in gleich bleibender Höhe ausbezahlte Entlohnung lasse nicht darauf schließen, dass es WK möglich gewesen wäre, Aufträge des Revisionswerbers im Zusammenhang mit den oben beschriebenen Tätigkeiten abzulehnen. Damit verbunden sei die Schlussfolgerung, dass WK nicht die Ausführung einzelner Arbeiten bis zum fertigen Produkt im Sinne der Herstellung eines Werkes in Aussicht, sondern seine Arbeitskraft dauerhaft zur Verfügung gestellt habe.
8 Eine weitere Voraussetzung für das Vorliegen eines nichtselbständigen Beschäftigungsverhältnisses, nämlich die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers, zeige sich unter anderem in der Vorgabe der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Arbeitsmittel durch den Auftraggeber sowie die unmittelbare Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers.
9 Die Tätigkeit des WK für den Revisionswerber habe neben der Weisungsungebundenheit die unmittelbare Einbindung in betriebliche Abläufe und somit die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Revisionswerbers im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 bedingt. Das sei daraus zu ersehen, dass WK für die Durchführung seiner Tätigkeit für den Revisionswerber vollständiger Einblick in die Versicherungsakten der Versicherungskunden des Revisionswerbers habe gegeben werden müssen. Der weitere Umstand, dass WK vom Revisionswerber ein eigener Büroschlüssel zur Verfügung gestellt worden sei, wodurch ihm neben Büroräumlichkeiten die gesamte Büroinfrastruktur des Unternehmens des Revisionswerbers zur Verfügung gestanden sei, ohne hiefür Miete bezahlen zu müssen, zeuge von der Eingliederung im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass nach dem Vorbringen des Revisionswerbers WK seine Arbeitsleistung auch außerhalb der dem Revisionswerber zuzurechnenden örtlichen Einrichtungen in freier Zeiteinteilung erbracht habe. Der Eingliederung in den betrieblichen Organismus stehe nämlich nicht entgegen, wenn bei Tätigkeiten im Außendienst keine enge Bindung an Arbeitszeiten und Arbeitspausen gegeben gewesen sein sollte. Auch durch die freie Wahl des Zeitpunktes und der Länge der Urlaube unter Meldung an den Revisionswerber werde die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Unternehmens des Revisionswerbers nicht verhindert, weil dieser Umstand ebenso wie die Ausführung der Tätigkeit teilweise im Außendienst auf die besonderen Merkmale dieser Tätigkeit zurückzuführen sei.
10 Aufgrund dieser Ausführungen sei erkennbar, dass bei der zu beurteilenden Tätigkeit die Merkmale für eine nichtselbständige Tätigkeit im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 überwögen. Das für eine selbständige Tätigkeit sprechende Merkmal, nämlich das Unternehmerrisiko, sei nach dem vom Finanzamt festgestellten Sachverhalt nicht erkennbar, weil nicht ersichtlich sei, aufgrund welcher Umstände WK im Rahmen seiner Tätigkeit für den Revisionswerber sowohl die Einnahmen- als auch die Ausgabenseite maßgeblich zu beeinflussen und solcherart den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend zu gestalten im Stande gewesen sei. WK sei seine Tätigkeit durch den Revisionswerber mit einem monatlich gleichbleibenden Betrag in Höhe 2.422 EUR pauschal vergütet worden. Nach den Angaben des WK habe dieses Entgelt zwar pauschal auch seine ihm aus dieser Tätigkeit erwachsenen Aufwendungen umfasst. Allerdings spreche es nicht gegen eine nichtselbständige Tätigkeit, wenn berufliche Aufwendungen vom Arbeitnehmer zu tragen seien.
11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Zur Zulässigkeit der Revision führt der Revisionswerber aus, der Verwaltungsgerichtshof habe sich noch nicht damit auseinandergesetzt, ob die Tätigkeit eines "Sub(Partner)Agenten einer Versicherungsagentur" als Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 zu qualifizieren sei. Zudem sei das Bundesfinanzgericht von der Rechtsprechung des VwGH abgewichen, indem es einerseits die Rechtsprechung des VwGH zur annähernd vergleichbaren Tätigkeit eines Handelsvertreters (Hinweis auf VwGH vom 28. März 2000, 96/14/0070) außer Acht gelassen habe und andererseits in der Aushändigung eines Büroschlüssels und damit in der Zur-Verfügung-Stellung von Büroinfrastruktur an WK ein Indiz für eine Eingliederung und damit für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 gesehen habe (Hinweis auf VwGH vom 11. August 1993, 92/13/0022).
12 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
15 Die Revision ist unzulässig.
16 Seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. November 2004, 2003/13/0018, entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das Vorliegen eines - im Revisionsfall allein strittigen - Dienstverhältnisses nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 anhand zweier Kriterien, nämlich der Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zu beurteilen ist. In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos, oder die Befugnis, sich vertreten zu lassen) Bedacht zu nehmen (vgl. etwa VwGH vom 18. Dezember 2013, 2009/13/0230, mwN; vom 28. Mai 2015, 2013/15/0162, sowie vom 22. Februar 2017, Ro 2014/13/0033).
17 Dass der Verwaltungsgerichtshof zu einer einzelnen bestimmten Tätigkeit noch nicht judiziert haben mag, begründet entgegen dem Revisionsvorbringen vor dem Hintergrund dieser allgemeinen Abgrenzung des Dienstverhältnisses nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 für sich allein daher noch keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, sofern die Vorgaben der Rechtsprechung des VwGH bei ihrer Anwendung im Einzelfall beachtet worden sind.
18 An Hand der Kriterien der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung hat das Bundesfinanzgericht im angefochtenen Erkenntnis auch - mit eingehender Begründung - das Vorliegen eines Dienstverhältnisses des WK geprüft, wobei es zur Ansicht gelangte, dass sich hinsichtlich der Tätigkeit des WK das Gesamtbild eines Dienstverhältnisses ergebe.
19 Soweit die Revision auf das Erkenntnis vom 28. März 2000, 96/14/0070, zur angeblich "annähernd vergleichbare(n) Tätigkeit eines Handelsvertreters" verweist, ist ihr entgegen zu halten, dass nach den Sachverhaltsfeststellungen des Bundesfinanzgerichts, die dem Dienstgeberbeitrag und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag unterworfene revisionsgegenständliche Tätigkeit des WK, für die ihm vom Revisionswerber eine feste monatliche Entlohnung von
2.422 EUR gewährt worden ist, gerade nicht die Vermittlung von Versicherungsabschlüssen, sondern lediglich die Abwicklung von Serviceleistungen gegenüber Kunden des Revisionswerbers (Schadensregulierungen z.B. Krankenversicherung, Aufenthaltsbestätigungen, Kfz-Schäden, Sachversicherungen, Kfz An- , Um- und Abmeldungen) sowie die fachliche Betreuung der weiteren Mitarbeiter inklusive des Revisionswerbers betroffen hat. Insofern unterscheidet sich das Tätigkeitsbild im Revisionsfall deutlich vom Tätigkeitsbild, das dem Erkenntnis vom 28. März 2000, 96/14/0070, zugrunde lag.
20 Soweit die Revision schließlich unter Bezug auf das - ebenfalls Provisionseinkünfte eines Versicherungsvertreters betreffende - Erkenntnis vom 11. August 1993, 92/13/0022, noch auf den Umstand hinweist, dass die (teilweise) Abwicklung der Tätigkeit des WK in den Räumlichkeiten des Revisionswerbers für die Einordnung dieser Tätigkeit als Dienstverhältnis nicht von wesentlicher Bedeutung sei, so ist ihr zu entgegnen, dass das Bundesfinanzgericht diesen Umstand auch keineswegs für sich als ausschlaggebend gewürdigt hat, sondern ihn - insofern zulässiger Weise - lediglich in die Betrachtung des Gesamtbildes einbezogen hat.
21 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 28. Juni 2017
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)