Normen
ÄrzteG 1998 §4 Abs2 Z3;
ÄrzteG 1998 §59 Abs1;
ÄrzteG 1998 §59 Abs3 idF 2009/I/144;
ÄrzteG 1998 §59 Abs3 idF 2015/I/056;
ÄrzteG 1998 §59 Abs3;
B-VG Art140 Abs7;
ÄrzteG 1998 §4 Abs2 Z3;
ÄrzteG 1998 §59 Abs1;
ÄrzteG 1998 §59 Abs3 idF 2009/I/144;
ÄrzteG 1998 §59 Abs3 idF 2015/I/056;
ÄrzteG 1998 §59 Abs3;
B-VG Art140 Abs7;
Spruch:
Der Revision wird stattgegeben und das angefochtene Erkenntnis dahin abgeändert, dass der mit der Beschwerde an das Verwaltungsgericht angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom 30. Juni 2015 wegen Unzuständigkeit derselben aufgehoben wird.
Der Bund hat dem Revisionswerber EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 31. Juli 2013 verfügte der Präsident der Österreichischen Ärztekammer gemäß § 59 Abs. 3 erster Satz des Ärztegesetzes 1998, BGBl. I Nr. 169/1998 (ÄrzteG 1998), die Streichung des Revisionswerbers aus der Ärzteliste und stellte fest, dass dessen Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes nicht mehr bestehe; diese sei gemäß § 59 Abs. 1 Z. 1 ÄrzteG 1998 erloschen, weil die Vertrauenswürdigkeit des Revisionswerbers als eine im Sinne des § 4 Abs. 2 Z. 3 ÄrzteG 1998 für die ärztliche Berufsausübung erforderliche Voraussetzung weggefallen sei.
2 Aus Anlass der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 6. März 2014, Zl. A 2014/0003, gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, näher bezeichnete Teile der §§ 59, 117b und 125 ÄrzteG 1998 als verfassungswidrig aufzuheben.
3 Mit Erkenntnis vom 23. Juni 2014, VfSlg 19.887, hat der Verfassungsgerichtshof die Zeichenfolge "1," in § 59 Abs. 3 erster Satz ÄrzteG 1998 idF. der Novelle BGBl. I Nr. 144/2009, § 59 Abs. 3 letzter Satz leg. cit. sowie die Wortfolge "und Austragung aus der Ärzteliste" in § 117b Abs. 1 Z. 18 leg. cit. sowie die Wortfolge "und § 59 Abs. 3" in § 125 Abs. 4 zweiter Satz ÄrzteG 1998 idF. der Novelle BGBl. I Nr. 80/2012 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des 30. Juni 2015 in Kraft tritt (die Kundmachung im BGBl. I erfolgte unter Nr. 50/2014).
4 Diese Entscheidung wurde vom Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen damit begründet, es sei verfassungsrechtlich unzulässig, die Entscheidung in Verfahren hinsichtlich des Erlöschens der Berechtigung zur Berufsausübung und der Streichung aus der Ärzteliste (§ 59 ÄrzteG 1998) dem Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer im eigenen Wirkungsbereich zu übertragen.
5 Mit Erkenntnis vom 27. August 2014, Zl. 2014/11/0004, hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom 31. Juli 2013 unter Bezugnahme auf Art. 140 Abs. 7 B-VG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde auf.
6 Mit Bescheid vom 30. Juni 2015 stellte die Bezirkshauptmannschaft Mödling fest, dass die Berechtigung des Revisionswerbers zur Ausübung des ärztlichen Berufes aufgrund mangelnder Vertrauenswürdigkeit erloschen sei, der Revisionswerber daher aus der Ärzteliste zu streichen sei und die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes damit nicht mehr bestehe. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde ausgeschlossen. Als Rechtsgrundlagen wurden §§ 59 Abs. 1 Z. 1 iVm. 4 Abs. 2 Z. 2 ÄrzteG 1998, § 2 AVG und § 13 Abs. 2 VwGVG angegeben. Der Bescheid wurde dem Vertreter des Revisionswerbers (noch) am 30. Juni 2015 (per Telefax) zugestellt.
7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 3. Juni 2016 wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich unter Spruchpunkt 1. die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ab. Unter Spruchpunkt 2. wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, vom Verwaltungsgericht unter Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegte (außerordentliche) Revision.
9 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.
10 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:
11 1.1. Das ÄrzteG 1998, BGBl. I Nr. 169/1998 idF. BGBl. I Nr. 61/2010 (Rechtslage vor der durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 19.887 bewirkten Aufhebung), lautete (auszugsweise):
"Erfordernisse zur Berufsausübung
§ 4. (1) Zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes als approbierter Arzt, als Arzt für Allgemeinmedizin oder als Facharzt bedarf es, unbeschadet der §§ 32 bis 35, 36, 36a und 37, des Nachweises der Erfüllung der nachfolgend angeführten allgemeinen und besonderen Erfordernisse sowie der Eintragung in die Ärzteliste.
(2) Allgemeine Erfordernisse im Sinne des Abs. 1 sind
...
3. die zur Erfüllung der Berufspflichten erforderliche Vertrauenswürdigkeit,
...
Erlöschen und Ruhen der Berechtigung zur Berufsausübung,
Streichung aus der Ärzteliste
§ 59 (1) Die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes erlischt:
1. durch den Wegfall einer für die ärztliche Berufsausübung erforderlichen Voraussetzung,
2. wenn hervorkommt, daß eine für die Eintragung in die Ärzteliste erforderliche Voraussetzung schon ursprünglich nicht bestanden hat,
3. auf Grund einer länger als sechs Monate dauernden Einstellung der Berufsausübung, wobei eine krankheitsbedingte Nichtausübung keine Einstellung der Berufsausübung darstellt,
4. auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses, mit dem die Berufsausübung befristet untersagt worden ist,
5. auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses, mit dem die Streichung aus der Ärzteliste ausgesprochen worden ist, oder
6. auf Grund eines Verzichtes auf die Berufsausübung.
(2) Die Gründe für das Erlöschen der Berechtigung nach Abs. 1 sind auch von Amts wegen wahrzunehmen. Die Mitwirkungspflicht der Partei in Verfahren betreffend das Erlöschen der Berufsberechtigung bezieht sich insbesondere auf die Befolgung von Anordnungen hinsichtlich fachlicher Begutachtungen der gesundheitlichen Eignung. Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer kann bei einer Beeinträchtigung der gesundheitlichen Eignung oder Vertrauenswürdigkeit zum Zweck der Sicherstellung der Erfüllung der Berufspflichten mit Bescheid Auflagen, Bedingungen oder Befristungen vorschreiben. Werden die vorgeschriebenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen ungerechtfertigt nicht erfüllt, so führt dies zum Wegfall der gesundheitlichen Eignung oder Vertrauenswürdigkeit.
(3) In den Fällen des Abs. 1 Z 1, 2 und 5 sowie im Fall des Abs. 1 Z 4, wenn die Berufsausübung für eine Frist von mehr als drei Monaten untersagt worden ist, hat der Präsident der Österreichischen Ärztekammer die Streichung aus der Ärzteliste durchzuführen und mit Bescheid festzustellen, dass eine Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes nicht besteht. In den Fällen des Abs. 1 Z 3 und 6 hat der Präsident der Österreichischen Ärztekammer die Streichung aus der Ärzteliste durchzuführen und den Arzt von der Streichung zu verständigen. Wird der ursprünglich bestandene Mangel einer für die ärztliche Berufsausübung erforderlichen Voraussetzung nachträglich offenbar, so hat der Präsident der Österreichischen Ärztekammer mit Bescheid festzustellen, dass eine Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes nicht bestanden hat.
...
Eigener Wirkungsbereich
§ 117b (1) Die Österreichische Ärztekammer ist berufen, im eigenen Wirkungsbereich insbesondere folgende Aufgaben wahrzunehmen:
- 7. ...
18. Durchführung von Verfahren zur Eintragung in die
Ärzteliste und Austragung aus der Ärzteliste, mit Ausnahme von
Verfahren gemäß §§ 32, 33 und 35, einschließlich der
a) Ausstellung von damit im Zusammenhang stehenden
Bestätigungen, insbesondere der Ärzteausweise und
b) Besorgung von Verwaltungsangelegenheiten gemäß der
Richtlinie 2005/36/EG, einschließlich der Einholung der hiezu
erforderlichen Auskünfte im Rahmen der Verwaltungszusammenarbeit
und Ausstellung der erforderlichen Bestätigungen,
..."
12 1.2. Der im Revisionsfall maßgebliche § 59 ÄrzteG 1998, BGBl. I Nr. 169/1998 idF. BGBl. I Nr. 50/2014 (bereinigte, für den vorliegenden Anlassfall maßgebliche, nach der Aufhebung verfassungswidriger Passagen durch den Verfassungsgerichtshof mit dem Erkenntnis VfSlg. 19.887; die aufgehobenen Passagen sind durch eckige Klammern markiert), lautet:
"Erlöschen und Ruhen der Berechtigung zur Berufsausübung, Streichung aus der Ärzteliste
§ 59 (1) Die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes erlischt:
1. durch den Wegfall einer für die ärztliche Berufsausübung erforderlichen Voraussetzung,
2. wenn hervorkommt, daß eine für die Eintragung in die Ärzteliste erforderliche Voraussetzung schon ursprünglich nicht bestanden hat,
3. auf Grund einer länger als sechs Monate dauernden Einstellung der Berufsausübung, wobei eine krankheitsbedingte Nichtausübung keine Einstellung der Berufsausübung darstellt,
4. auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses, mit dem die Berufsausübung befristet untersagt worden ist,
5. auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses, mit dem die Streichung aus der Ärzteliste ausgesprochen worden ist, oder
6. auf Grund eines Verzichtes auf die Berufsausübung.
(2) Die Gründe für das Erlöschen der Berechtigung nach Abs. 1 sind auch von Amts wegen wahrzunehmen. Die Mitwirkungspflicht der Partei in Verfahren betreffend das Erlöschen der Berufsberechtigung bezieht sich insbesondere auf die Befolgung von Anordnungen hinsichtlich fachlicher Begutachtungen der gesundheitlichen Eignung. Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer kann bei einer Beeinträchtigung der gesundheitlichen Eignung oder Vertrauenswürdigkeit zum Zweck der Sicherstellung der Erfüllung der Berufspflichten mit Bescheid Auflagen, Bedingungen oder Befristungen vorschreiben. Werden die vorgeschriebenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen ungerechtfertigt nicht erfüllt, so führt dies zum Wegfall der gesundheitlichen Eignung oder Vertrauenswürdigkeit.
(3) In den Fällen des Abs. 1 Z (...) und 5 sowie im Fall des Abs. 1 Z 4, wenn die Berufsausübung für eine Frist von mehr als drei Monaten untersagt worden ist, hat der Präsident der Österreichischen Ärztekammer die Streichung aus der Ärzteliste durchzuführen und mit Bescheid festzustellen, dass eine Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes nicht besteht. In den Fällen des Abs. 1 Z 3 und 6 hat der Präsident der Österreichischen Ärztekammer die Streichung aus der Ärzteliste durchzuführen und den Arzt von der Streichung zu verständigen. (...)"
13 1.3. IdF. der Novelle BGBl. I Nr. 56/2015, in Kraft getreten am 1. Juli 2015 (somit nach Erlassung des gegenständlichen Bescheids vom 30. Juni 2015), lautet das ÄrzteG 1998 (auszugsweise):
"Erfordernisse zur Berufsausübung
§ 4. (1) Zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes als approbierter Arzt, als Arzt für Allgemeinmedizin oder als Facharzt bedarf es, unbeschadet der §§ 34 bis 37, des Nachweises der Erfüllung der nachfolgend angeführten allgemeinen und besonderen Erfordernisse sowie der Eintragung in die Ärzteliste.
(2) Allgemeine Erfordernisse im Sinne des Abs. 1 sind
...
2. die zur Erfüllung der Berufspflichten erforderliche Vertrauenswürdigkeit,
...
Erlöschen und Ruhen der Berechtigung zur Berufsausübung,
Streichung aus der Ärzteliste
§ 59 (1) Die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes erlischt:
1. durch den Wegfall einer für die ärztliche Berufsausübung erforderlichen Voraussetzung,
2. wenn hervorkommt, daß eine für die Eintragung in die Ärzteliste erforderliche Voraussetzung schon ursprünglich nicht bestanden hat,
3. auf Grund einer länger als sechs Monate dauernden Einstellung der Berufsausübung, wobei eine krankheitsbedingte Nichtausübung keine Einstellung der Berufsausübung darstellt,
4. auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses, mit dem die Berufsausübung befristet untersagt worden ist,
5. auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses, mit dem die Streichung aus der Ärzteliste ausgesprochen worden ist, oder
6. auf Grund eines Verzichtes auf die Berufsausübung.
(2) Die Gründe für das Erlöschen der Berechtigung nach Abs. 1 sind auch von Amts wegen wahrzunehmen. Die Mitwirkungspflicht der Partei in Verfahren betreffend das Erlöschen der Berufsberechtigung bezieht sich insbesondere auf die Befolgung von Anordnungen hinsichtlich fachlicher Begutachtungen der gesundheitlichen Eignung. Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer kann bei einer Beeinträchtigung der gesundheitlichen Eignung oder Vertrauenswürdigkeit zum Zweck der Sicherstellung der Erfüllung der Berufspflichten mit Bescheid Auflagen, Bedingungen oder Befristungen vorschreiben. Werden die vorgeschriebenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen ungerechtfertigt nicht erfüllt, so führt dies zum Wegfall der gesundheitlichen Eignung oder Vertrauenswürdigkeit.
(3) Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer hat im Rahmen eines Verfahrens gemäß § 117b Abs. 1 oder § 117c Abs. 1
1. in den Fällen des Abs. 1 Z 1 und 5 mit Bescheid festzustellen, dass die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs nicht besteht und die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen;
2. im Fall des Abs. 1 Z 2 mit Bescheid festzustellen, dass die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs nicht bestanden hat und die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen;
3. in den Fällen des Abs. 1 Z 3 und 6 die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen und den Arzt von der Streichung zu verständigen;
4. im Fall des Abs. 1 Z 4, sofern die Berufsausübung für eine Frist von mehr als drei Monaten untersagt worden ist, mit Bescheid festzustellen, dass die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs nicht besteht und die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen.
...
Übertragener Wirkungsbereich
§ 117c (1) Die Österreichische Ärztekammer hat im übertragenen Wirkungsbereich folgende Aufgaben wahrzunehmen:
- 1. ...
- 6. Durchführung von Verfahren zur Prüfung des Vorliegens oder Nichtvorliegens der Erfordernisse gemäß § 4 Abs. 2 oder § 59 Abs. 1 Z 1 und 2 für die damit verbundene Eintragung in die oder Austragung aus der Ärzteliste,
..."
14 2. Die Revision ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtes schon deshalb zulässig, weil das Verwaltungsgericht, wie im Folgenden zu zeigen ist, die Unzuständigkeit der belangten Behörde außer Acht gelassen hat.
15 3. Die Revision ist begründet.
16 3.1. Der Revisionswerber bringt vor, die belangte Behörde sei sachlich unzuständig gewesen. Schon damit zeigt sie, wenn auch nur im Ergebnis, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf.
17 3.2.1. § 59 Abs. 3 ÄrzteG 1998 in der vom Verwaltungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof angefochtenen Fassung (wiedergegeben oben unter Pkt. 1.1.) ermächtigte den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer in den Fällen des § 59 Abs. 1 Z. 1 (nachträglicher Wegfall einer für die ärztliche Berufsausübung erforderlichen Voraussetzung), Z. 2 (Hervorkommen, dass eine für die Eintragung in die Ärzteliste erforderliche Voraussetzung schon ursprünglich nicht bestanden hat) und - hier nicht weiter von Interesse - Z. 4 und 5 ÄrzteG 1998 zur Durchführung der Streichung aus der Ärzteliste und zur bescheidmäßigen Feststellung, dass eine Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes nicht besteht. Zu anderen Aussprüchen oder anderen Vornahmen bestand keine Ermächtigung. Die Beurteilung, ob Anlass für eine bescheidmäßige Feststellung und eine Durchführung der Streichung bestand, hat nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bezogen auf die Sachlage im Zeitpunkt der bescheidmäßigen Feststellung des Fehlens der Berechtigung (zur Ausübung des ärztlichen Berufs) zu erfolgen (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 20. April 2010, Zl. 2010/11/0047).
18 Für sog. Anlassfälle wie den des Revisionswerbers bedeutete die Aufhebung der Zeichenfolge "1," in § 59 Abs. 3 erster Satz ÄrzteG 1998 (idF. der Novelle BGBl. I Nr. 144/2009) durch das Erkenntnis VfSlg. 19.887/2014, dass die bis dahin bestehenden behördlichen Ermächtigungen (zur Durchführung der Streichung aus der Ärzteliste und zum bescheidmäßigen Ausspruch, dass die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs nicht besteht) beseitigt wurden. Da infolge der (unzweckmäßigen) rechtstechnischen Gestaltung des § 59 Abs. 3 ÄrzteG 1998 eine Aufhebung bloß der den Grund für die Verfassungswidrigkeit bildenden Zuständigkeit des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer in deren eigenem Wirkungsbereich nicht möglich war, erfasste die Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof die gesamte in § 59 Abs. 3 ÄrzteG 1998 umschriebene materiellrechtliche Eingriffsermächtigung, wenn auch beschränkt auf den Fall des Abs. 1 Z. 1.
19 Für sog. Anlassfälle wie den des Revisionswerbers folgt daraus, dass bis zum Inkrafttreten der durch die Novelle BGBl. I Nr. 56/2015 bewirkten Neufassung des § 59 Abs. 3 ÄrzteG 1998 am 1. Juli 2015 keine Eingriffsermächtigung im dargestellten Sinn bestand, mithin weder für den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer noch für eine andere Behörde.
20 Da es somit im Zeitpunkt der Erlassung (am 30. Juni 2015) des Bescheids keine Zuständigkeit der belangten Behörde für die von ihr getroffenen Aussprüche und die Streichung aus der Ärzteliste gab, wurde der vor dem Verwaltungsgericht mit Beschwerde bekämpfte Bescheid von einer unzuständigen Behörde erlassen, und die Bestätigung des Bescheids durch das Verwaltungsgericht war rechtswidrig. Das Verwaltungsgericht hätte vielmehr die Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgreifen und den Bescheid ersatzlos beheben müssen.
21 3.2.2. Schon aus diesen Erwägungen ist das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.
22 3.3. Darüber hinaus ist auf Folgendes hinzuweisen:
23 3.3.1. Das Verwaltungsgericht gründet das angefochtene Erkenntnis auf folgende Sachverhaltsannahmen:
24 Nach Beendigung seines Studiums habe der Revisionswerber von 1. Mai 2002 bis 17. Dezember 2004, von 1. Juli 2008 bis 10. März 2010 und von 1. Dezember 2011 bis 12. August 2013 als Turnusarzt in näher bezeichneten Krankenhäusern und Privatkliniken gearbeitet.
25 Mit Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau vom 30. Juni 2005 sei der Revisionswerber wegen der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB (Tatzeitraum November 2003 bis Oktober 2004), der Vergehen des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen nach § 207b Abs. 3 StGB (Tatzeitraum Februar 2003 bis September 2004) und der Vergehen nach § 27 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 SMG (Tatzeitraum 1999 bis Jänner 2002) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden; die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher sei angeordnet worden.
26 Der Revisionswerber habe sich von 17. Dezember 2004 bis 17. Dezember 2006 in Untersuchungs- bzw. Strafhaft befunden. Aus der Anhaltung in der Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher sei er am 30. Juni 2008 unter Vorschreibung von Weisungen (geregelte Arbeit, psychotherapeutische Nachbetreuung) auf eine Probezeit von fünf Jahren bedingt entlassen worden mit der Begründung, die einweisungsrelevante Gefährlichkeit hätte in einem hinreichenden Ausmaß abgebaut werden können. Die angeordnete Bewährungshilfe sei am 19. Jänner 2009 aufgehoben worden. Der Revisionswerber habe nach seiner Entlassung aus der Maßnahme sofort wieder eine Stelle als Turnusarzt erlangt.
27 Aus Anlass der Verurteilung des Revisionswerbers durch das Landesgericht Krems an der Donau vom 30. Juni 2005 sei weder ein Disziplinarverfahren noch ein Verfahren zur Streichung aus der Ärzteliste eingeleitet worden.
28 Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 8. März 2011 sei der Revisionswerber schuldig gesprochen worden, das Vergehen der pornografischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs. 1 Z. 1 und 2, 5. Fall StGB begangen zu haben (Tatzeitraum Dezember 2008 bis November 2009) und sei zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt worden. Mit diesem Urteil sei auch der Beschluss ergangen, dass vom Widerruf der bedingten Entlassung aus der mit dem Urteil des Landesgerichtes Krems angeordneten Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher abgesehen werde.
29 Die Frage, ob die Voraussetzungen des Widerrufs der bedingten Entlassung aus der Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher vorlägen, werde - so das Verwaltungsgericht in seinen weiteren Ausführungen - von dem in diesem Strafverfahren erstatteten Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie vom 19. Februar 2011 verneint. Beim Revisionswerber werde nun nicht mehr (im Gegensatz zum Gutachten im Verfahren vor dem Landesgericht Krems) eine progrediente Pädophilie sondern Ephebophilie diagnostiziert. Damit bringe die Sachverständige zum Ausdruck, dass die Entwicklung in einem postpubertären Bereich verharre. In der Hauptverhandlung gestehe sie zu, dass es hier fließende Übergänge von der Pädophilie zur Ephebophilie gebe. Laut dem Gutachten liege eine höhergradige Persönlichkeitsstörung des Revisionswerbers nicht vor. Von der Gutachterin werde prognostisch eine positive Weiterentwicklung des Revisionswerbers daran geknüpft, dass die Bereitschaft bestehe, sich einer weiteren psychotherapeutischen Behandlung im psychosexuellen und Beziehungsbereich zu unterziehen. Die Gutachterin spreche von einer Mindestdauer der Therapie von fünf Jahren. Die vom Revisionswerber ausgehende Gefährlichkeit sei mit hoher Wahrscheinlichkeit gering, völlig ausschließen könne man sie nicht.
30 Der Revisionswerber habe die achtzehnmonatige Freiheitsstrafe von 10. März 2010 bis 9. September 2011 verbüßt. Er habe sich nach der Strafverbüßung bisher keiner psychotherapeutischen Behandlung unterzogen.
31 Der Disziplinarrat der Österreichischen Ärztekammer, Disziplinarkommission für Wien, Niederösterreich und Burgenland habe den Revisionswerber mit Erkenntnis vom 5. Oktober 2011 im Hinblick auf seine Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien vom 8. März 2011 eines Disziplinarvergehens nach § 136 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 1 ÄrzteG 1998 für schuldig erkannt und eine Geldstrafe von EUR 10.000 unter Setzung einer Bewährungsfrist von drei Jahren verhängt.
32 Schließlich zitiert das Verwaltungsgericht die nachstehende im Zuge des vom Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer geführten Verfahrens gemäß § 59 Abs. 1 Z. 1 ÄrzteG 1998 eingeholte Stellungnahme des Ehrenrates der Österreichischen Ärztekammer vom 8. April 2013:
"Nach den aktenkundigen Unterlagen in Verbindung mit den im Verfahren vor dem Ehrenrat erzielten Ergebnissen besteht derzeit kein hinreichender Anlass zu Bedenken gegen die in § 4 Ärztegesetz geforderte Vertrauenswürdigkeit. Bei Dr. (C.) (B.) handelt es sich um eine von weit überdurchschnittlicher Intelligenz gekennzeichnete Persönlichkeit, deren Neigung zu sexueller Devianz und Fixierung auf vorwiegend jugendliche männliche Personen unter den exzeptionellen Rahmenbedingungen der in Rede stehenden Fallkonstellation kein akutes Risiko für die von ihm behandelte Patientenschaft darstellt. Ungeachtet der zumindest anfänglich schwerwiegenden Verfehlungen gegen Unmündige, die allerdings bereits rund 10 Jahre zurückliegen, konnten sich die Mitglieder des Ehrenrates nach dem aktuellen persönlichen Eindruck davon überzeugen, dass Dr. (B.) seine Veranlagung nunmehr konsequent im Griff hat und die herrschende Rechtslage respektiert. Diesem Eindruck steht auch der der Folgeverurteilung vom 8.3.2011 zugrundeliegende Sachverhalt nicht entgegen, zumal es sich dabei um den bloßen Umgang mit pornographischem Bildmaterial handelte, der in engem Zusammenhang mit dem Sanktionsvollzug aus der Vorverurteilung stand. Dr. (B.) hat sich im Zusammenhang mit der Ausübung des Arztberufes keiner einschlägigen Verfehlung schuldig gemacht. Er verfügt über besondere intellektuelle Fähigkeiten und in Verbindung damit auch über ein Ausmaß an effizienter Selbstkontrolle, das ein fassbares Risiko für von ihm behandelte Patienten weitgehend ausschließt. Diese Annahme stützt sich insbesondere auf die nicht erst in den letzten Jahren durchgehend anstandslose Ausübung ärztlicher Tätigkeiten und die glaubhaft vermittelte persönliche Einsicht in der Richtung, dass auf dem Gebiet der gesellschaftlichen Bewertung sexueller Zusammenhänge zwar zunehmend entscheidende Modifikationen zu beobachten, die jeweils in Geltung stehenden Gesetze jedoch zu beachten sind. Zu dieser Einsicht ist Dr. (B.) nach seiner glaubhaft vorgetragenen Versicherung auch in jenem Umfang gekommen, der den Umgang mit Pornographie im Zusammenhang mit jugendlichen Personen betrifft.
Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, dass gegen die für die Ausübung des Arztberufes erforderliche Vertrauenswürdigkeit des in Rede stehenden Arztes derzeit keine hinreichenden Bedenken bestehen."
33 3.3.2. In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht Folgendes aus:
34 Auf Grund der strafbaren Handlungen des Revisionswerbers zeige sich dem Verwaltungsgericht ein Charakterbild des Revisionswerbers, das insofern besonders verwerflich sei, als er zur eigenen Triebbefriedigung die Gunst von Minderjährigen, darunter auch eines unmündigen Minderjährigen, durch hintergründiges Missbrauchen des Vertrauens in seine gesellschaftliche Stellung als Arzt sowie durch Anwendung von Verführungsmitteln wie Geld, Suchtmittel und Geschenke erlange.
35 Wenn auch diese Taten nicht unmittelbar bei seiner ärztlichen Tätigkeit erfolgt seien, so hätten sie dennoch mit dieser zu tun. Der Revisionswerber habe junge Menschen unter Einsatz von Geschenken und Versprechungen gefügig gemacht und in diesem Zusammenhang auch Suchtmittel an Minderjährige verabreicht. Er verharmlose damit als Arzt die schädliche Wirkung und den Einfluss von Drogen.
36 Wenn auch die im Verfahren betreffend die zweite Verurteilung herangezogene Sachverständige zur Frage der Notwendigkeit einer Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher von einer geringen Wahrscheinlichkeit einer Rückfälligkeit des Revisionswerbers ausgehe, so schließe sie eine solche aber auch nicht aus.
37 Wenn sich der Ehrenrat in seiner Prognose darauf stütze, dass den Revisionswerber die hohe Intelligenz von weiteren strafbaren Handlungen und von Berufspflichtverletzungen abhalten würde, so komme das Verwaltungsgericht zu einer gegenteiligen Beurteilung. Eine hohe Intelligenz sei keine Garantie für ein in Zukunft gesetzeskonformes Verhalten. Vor Begehung der Taten, die zu seiner zweiten Verurteilung geführt hätten, habe sich der Revisionswerber damit beschäftigt, ob diese auch erlaubt wären. Somit habe er zugestanden, dass er bewusst an die Grenzen des Erlaubten gehen wolle. Dass diese Handlungen tatsächlich sogar eine Überschreitung des Erlaubten gewesen seien, sei für ihn nach wie vor schwer zu verstehen.
38 Der Revisionswerber halte es nach der zweiten Verurteilung nicht für erforderlich, sich einer von der Sachverständigen als notwendig befundenen intensiven fortgesetzten psychiatrischen Behandlung zu unterziehen. Da der Revisionswerber ohne Therapien in seinem Entwicklungsstadium verharre, habe auch die seit der letzten Tatbegehung verstrichene Zeit nichts daran ändern können, dass weiterhin die Gefahr bestehe, dass er auf Grund seines Charakters und seiner sexuellen Veranlagung Minderjährige zur egoistischen Triebbefriedigung ausnütze. Der Beruf des Arztes bringe es mit sich, dass der Arzt unmittelbar mit Menschen und somit auch Minderjährigen zu tun habe.
39 Durch die vom Revisionswerber begangenen Verbrechen und Vergehen sowie durch die in den geführten Verfahren zu Tage getretene Sinnesart sei dem Verwaltungsgericht ein Persönlichkeitsbild des Revisionswerbers vermittelt worden, das ein in ihn gesetztes Vertrauen nicht zu rechtfertigen vermag. Es könne nicht mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Revisionswerber wiederum ein sexuell motiviertes Verbrechen an einem Unmündigen oder ein solches Vergehen an einem Minderjährigen auch im Zusammenhang mit dem Beruf als Arzt begehe. Ein "Sichverlassenkönnen", dass der Revisionswerber bei Ausübung des ärztlichen Berufes den Berufspflichten nach jeder Richtung entspreche, könne daher nicht angenommen werden.
40 Somit bleibe die Gefahr bestehen, dass der Revisionswerber auf Grund seines zu Tage getretenen Persönlichkeitsbildes, seiner wiederholten sexuell motivierten Straftaten Minderjährigen gegenüber und wegen seiner Überzeugung, dass er am Entwicklungsstand seiner sexuellen Veranlagung nichts weiter zu unternehmen habe, auch als Arzt im Zusammenhang mit seinem Beruf strafbare Handlungen begehe.
41 Diese verbleibende Gefahr stelle für das Verwaltungsgericht ein so hohes Risiko dar, dass eine Nichtfeststellung des Erlöschens der Berechtigung zur Ausübung das Inkaufnehmen eines Experiments am (minderjährigen) Patienten wäre.
42 3.3.3. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausspricht, bedeutet Vertrauenswürdigkeit, dass sich die Patienten darauf verlassen können, dass ein Arzt bei Ausübung des ärztlichen Berufes den Berufspflichten nach jeder Richtung entspricht. Es sind demnach insbesondere strafbare Handlungen bei der Ausübung des ärztlichen Berufes, aber auch sonstige Straftaten geeignet, die Vertrauenswürdigkeit eines Arztes zu erschüttern, sofern sich darin ein Charakter manifestiert, der auch in Zukunft die Begehung strafbarer Handlungen bei der Ausübung des ärztlichen Berufes befürchten lässt (vgl. zB. die hg Erkenntnisse vom 20. Juni 2006, Zl. 2004/11/0202, und vom 24. Juli 2013, Zl. 2010/11/0075).
43 Wie bereits unter Pkt. 3.2.1. ausgeführt, ist im Verfahren nach § 59 Abs. 3 ÄrzteG 1998 entscheidend, ob die Vertrauenswürdigkeit iSd. § 4 Abs. 2 Z. 3 ÄrzteG 1998 gegeben ist oder nicht, und zwar bezogen auf den Zeitpunkt der behördlichen bzw. verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (vgl. das bereits erwähnte hg. Erkenntnis 2010/11/0047).
44 Im Verfahren nach § 59 ÄrzteG 1998 ist zwecks Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen das Gewicht eines Fehlverhaltens unter Bedachtnahme auf die seither verstrichene Zeit zu beurteilen, wobei ein bereits länger zurück liegendes Verhalten im Hinblick auf zwischenzeitiges Wohlverhalten weniger schwer wiegt als "aktuelle" Verstöße (vgl. erneut das hg. Erkenntnis Zl. 2010/11/0047).
45 Für den Revisionsfall folgt daraus Folgendes:
46 Der Tatzeitraum des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs.1 StGB endete nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes im Oktober 2004, das Ende des Tatzeitraums lag zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses mithin bereits mehr als elfeinhalb Jahre zurück. Das Ende der deswegen verhängten Strafhaft des Revisionswerbers lag neuneinhalb Jahre, das der bedingten Entlassung aus der Unterbringung acht Jahre zurück (nach dem Beschwerdevorbringen wurde die bedingte Entlassung aus der vorbeugenden Maßnahme mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen vom 30. April 2015 für endgültig erklärt; das Verwaltungsgericht hat dazu keine Feststellungen getroffen). Auch das Ende des Tatzeitraums der Vergehen der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a StGB lag bereits sechseinhalb Jahre, das Ende der deswegen verhängten Strafhaft - nach dem Beschwerdevorbringen (das Verwaltungsgericht hat hiezu keine Feststellungen getroffen) - jedenfalls viereinhalb Jahre zurück.
Nach der Entlassung aus der vorbeugenden Maßnahme hat der Revisionswerber bis zur weiteren Verurteilung im Jahr 2011 als Arzt gearbeitet, nach dem Beschwerdevorbringen auch nach der Entlassung aus der folgenden Strafhaft bis zur Streichung aus der Ärzteliste im Jahr 2013 (auch dazu trifft das Verwaltungsgericht keine Feststellungen).
Feststellungen dahin, dass es hinsichtlich des Verhaltens des Revisionswerbers seit den Straftaten, die zu seiner Verurteilung im Jahr 2011 geführt hatten, zu irgendwelche Beanstandungen in seiner beruflichen oder privaten Sphäre gekommen wäre oder der Revisionswerber ein Fehlverhalten gesetzt hätte, hat das Verwaltungsgericht nicht getroffen.
47 Vor dem Hintergrund der vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen und bei Zutreffen des vom Revisionswerber im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht erstatteten Vorbringens, das das Verwaltungsgericht übergangen hat, liegt insofern ein Begründungsmangel vor, als der lange Zeitraum des Wohlverhaltens seit der letzten Tatbegehung vom Verwaltungsgericht nicht ausreichend berücksichtigt wurde. Hinzu kommt, dass das Verwaltungsgericht keinerlei besondere Umstände festgestellt hat, die ungeachtet des langen Zeitraums des Wohlverhaltens des Revisionswerbers seine der günstigen Prognose des Strafgerichtes entgegenstehende Prognose nachvollziehbar machen.
48 3.4.1. Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt. Ein solcher Fall liegt im Hinblick auf die Ausführungen zur Unzuständigkeit der belangten Behörde (oben Pkt. 3.2.) hier vor.
49 3.4.2. Das angefochtene Erkenntnis war demnach dahin abzuändern, dass der Beschwerde stattgegeben und der Bescheid der belangten Behörde vom 30. Juni 2015 wegen Unzuständigkeit aufgehoben wird.
50 3.5. Eine Beurteilung, ob der Revisionswerber derzeit die geforderte Vertrauenswürdigkeit iSd. § 4 Abs. 2 Z. 3 ÄrzteG 1998 besitzt, obliegt seit Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 56/2015 wieder dem Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer.
51 4. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF. BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 15. Dezember 2016
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