Normen
B-VG Art133 Abs4;
NatSchG Slbg 1999 §3a Abs2;
VwGG §34 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
NatSchG Slbg 1999 §3a Abs2;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg vom 22. Dezember 2015 wurde der mitbeteiligten Partei die bis 30. April 2018 befristete naturschutzrechtliche Bewilligung zur - näher umschriebenen - Errichtung und Betreibung einer Winterfahrtrainingsstrecke auf näher bezeichneten Liegenschaften in Tweng, jeweils für die Zeit vom 15. November bis 15. März des Folgejahres unter Vorschreibung von 17 Auflagenpunkten erteilt. Unter Spruchpunkt IV. wurde der mitbeteiligten Partei darüber hinaus die Umsetzung einer - detailliert umschriebenen - Ausgleichsmaßnahme ("Ersatzleistungsprojekt Twenger Au auf dem Grundstück Nr. 232/1, KG Tweng gemäß Konzept der Österreichischen Bundesforste AG in der Fassung vom 17. Dezember 2015) vorgeschrieben. Als Rechtsgrundlagen wurden die §§ 3a, 18 Abs. 2, 24, 50 und 51 des Salzburger Naturschutzgesetzes 1999, LGBl. Nr. 73 idF LGBl. Nr. 106/2013 (Sbg. NSchG), die §§ 1 und 2 der Twenger-Au-Landschaftsschutzverordnung, LGBl. Nr. 19/1982 idF LGBl. Nr. 83/2003, sowie § 2 Z 3 und 7 der Allgemeinen Landschaftsschutzverordnung, LGBl. Nr. 89/1995 idgF (ALV), angeführt.
2 Die dagegen von der nunmehrigen Revisionswerberin erhobene Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Salzburg nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 14. Juli 2016 abgewiesen (I.). Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt (II.).
3 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, für die in Rede stehende Winterfahrtrainingsstrecke sei bereits mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. November 2004 eine bis zum 31. Dezember 2014 befristete naturschutzbehördliche Bewilligung erteilt worden, auf deren Grundlage die mitbeteiligte Partei die Fahrstrecke errichtet und betrieben habe. Nach Ablauf der zehnjährigen Bewilligung habe die mitbeteiligte Partei um neuerliche Bewilligung angesucht. Das beantragte Projekt beeinträchtige unstrittig die Interessen des Naturschutzes (schwere Beeinträchtigung des Charakters der geschützten Landschaft, Beeinträchtigung des Naturhaushaltes sowie der Erhaltung der landschaftlichen Schönheit und des Erholungs- und Erlebniswerts), weshalb zu prüfen gewesen sei, ob im Sinne des § 3a Abs. 2 Sbg. NSchG andere öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes überwögen. Nach den Gesetzesmaterialien kämen als besonders wichtige öffentliche Interessen im Sinne der zit. Bestimmung auch volks- bzw. regionalwirtschaftliche Interessen in Betracht. Es sei Sache des jeweiligen Antragstellers, das Vorliegen von in Betracht kommenden besonders wichtigen öffentlichen Interessen nachzuweisen. Nach dem von der mitbeteiligten Partei vorgelegten Gutachten von DDr. S. gehe schlüssig und nachvollziehbar hervor, dass der Betrieb der gegenständlichen Winterfahrtrainingsstrecke aus der Sicht des Tourismus im besonders hohem öffentlichen Interesse und aus Sicht der Regionalwirtschaft in hohem öffentlichen Interesse gelegen sei (nachweisliche Steigerung der Nächtigungszahlen um 3.278, bei gleichzeitigem Rückgang der Nächtigungszahlen für den gesamten Bezirk Lungau um
1.300 Nächtigungen, sowie direkte und indirekte Gesamtwertschöpfung von ca. 1 Mio EUR für die Wintersaison 2014/2015). Das Projekt entspreche "in geradezu idealer Weise" den Anforderungen des "Tourismus Masterplanes Lungau 1.0" bzw. "2.0", um die dort geforderte Vernetzung von Winterfahrparks mit Beherbergungsbetrieben, Bergbahnen, Restaurants und Schischulen herbeizuführen, sowie das Ziel, die Ferienregion Lungau als "Größtes Winterfahrzentrum Mitteleuropas" zu positionieren, zu erreichen. Die von der belangten Behörde durchgeführte Interessenabwägung mit dem Ergebnis, dass den geltend gemachten und konkret nachgewiesenen besonders wichtigen öffentlichen Interessen der Vorzug gegenüber den Interessen des Naturschutzes zu geben sei, sei nachvollziehbar und nicht zu beanstanden: Der Eingriff erfolge nicht ganzjährig, sondern nur vom 15. November bis 15. März des Folgejahres, der Bereich des Augebiets mit dem tundrenartigen Landschaftscharakter werde nicht berührt; es sei lediglich eine Randfläche des Landschaftsschutzgebietes im Sinne der "Twenger-Au-Landschaftsschutzverordnung" betroffen, rund 90% des Schutzgebietes blieben unberührt, es erfolge die Vorschreibung zahlreicher strenger Auflagen zur Hintanhaltung von Naturschutzbeeinträchtigungen, zB. das Verbot der Durchführung von Motorsportveranstaltungen. Zu berücksichtigen sei auch der Umstand, dass das Projekt bereits seit 10 Jahren konsensgemäß betrieben werde, dass die mitbeteiligte Partei eine entsprechende, vom naturschutzfachlichen Amtssachverständigen als geeignet beurteilte, Ersatzleistung in Form des Projektes "Twenger Au" vorgelegt habe, dass die Bewilligung lediglich befristet bis 30. April 2018 erteilt werde und dass die Behörde vor Erteilung einer Verlängerung die Vereinbarkeit mit den Interessen des Naturschutzes sowie die Wirksamkeit der vorgeschriebenen Ersatzleistung zu prüfen habe. Schließlich habe die in § 3a Abs. 2 Z 2 Sbg. NSchG vorgesehene Alternativenprüfung ergeben, dass nachweislich keine geeignete, die Naturschutzinteressen weniger beeinträchtigende Alternativlösung bestehe.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Gemäß § 3a Abs. 2 Sbg. NSchG sind Maßnahmen trotz einer Beeinträchtigung von Naturschutzinteressen zu bewilligen, wenn sie nachweislich unmittelbar besonders wichtigen öffentlichen Interessen dienen, denen im konkreten Fall der Vorrang gegenüber den Interessen des Naturschutzes zukommt, und wenn nachweislich keine geeignete, die Naturschutzinteressen weniger beeinträchtigende Alternative besteht.
9 Abs. 4 leg. cit. bestimmt für den Fall, dass nach einer Interessenabwägung gemäß Abs. 2 oder 3 den Interessen des Naturschutzes nicht der Vorrang zukommt, dass - außer im Falle des Abs. 6 - die durch den Eingriff zu erwartende Beeinträchtigung durch entsprechende Ersatzleistungen auszugleichen ist. Der Ausgleich ist durch Bescheid vorzuschreiben.
10 Ein Zulässigkeitsvorbringen wie das gegenständliche, das sich in weiten Teilen auf nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung beschränkt, ist darauf hin zu prüfen, ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG konkret behauptet wird (vgl. die hg. Beschlüsse vom 18. März 2016, Zl. Ra 2015/01/0255, und vom 4. Juli 2016, Zl. Ra 2016/04/0057).
11 Die Revision macht als Zulässigkeitsgründe das Abweichen von der hg. Rechtsprechung sowie die Verletzung tragender Grundsätze des Verfahrensrechts bei der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses geltend. Sie tritt dabei - mit detaillierten fallbezogenen Ausführungen - zusammengefasst der vom Verwaltungsgericht gemäß § 3a Abs. 2 Sbg. NSchG vorgenommenen Interessenabwägung entgegen. Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht vom Überwiegen besonders wichtiger öffentlicher Interessen, insbesondere jener der Fremdenverkehrswirtschaft, ausgegangen. Das Vorhaben der mitbeteiligten Partei sei zwar grundsätzlich geeignet, einen Beitrag zur Fremdenverkehrswirtschaft zu leisten; eine existenzielle Bedeutung im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei jedoch nicht nachweisbar. Das Verwaltungsgericht habe bei der Interessenabwägung die herangezogenen Gutachten fehlerhaft gewürdigt und seine Begründungspflicht verletzt.
12 Dieses Vorbringen vermag die Zulässigkeit der Revision nicht zu begründen.
13 Nach der hg. Rechtsprechung sind gemäß § 3a Abs. 2 Sbg. NSchG Maßnahmen trotz einer Beeinträchtigung von Naturschutzinteressen zu bewilligen, wenn sie nachweislich unmittelbar besonders wichtigen öffentlichen Interessen dienen, welchen im konkreten Fall der Vorrang gegenüber den Interessen des Naturschutzes zukommt, und wenn nachweislich keine geeignete, die Naturschutzinteressen weniger beeinträchtigende Alternative besteht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. November 2015, Zl. 2013/10/0134, mwN). Die Behörde bzw. das Gericht hat dabei eine Wertentscheidung zu treffen.
14 Im gegenständlichen Fall hat das Verwaltungsgericht seine Annahme des Überwiegens öffentlicher Interessen nicht nur auf die erwähnten positiven Effekte für den Fremdenverkehr sondern auch auf den Aspekt der regionalwirtschaftlichen Effekte begründet. Es hat sich dabei insbesondere auf das Gutachten von DDr. S. gestützt, demzufolge das gegenständliche Projekt unmittelbar eine erhebliche Steigerung der Nächtigungszahlen bewirke und die direkte und indirekte Gesamtwertschöpfung allein in der Wintersaison 2014/2015 eine Mio Euro betragen habe. Zusammenfassend kommt das Gutachten zum Schluss, dass das gegenständliche Projekt "aus Sicht des Tourismus als im besonders hohen öffentlichen Interesse" sowie "aus Sicht der Regionalwirtschaft des Lungaus in hohem Interesse" einzustufen sei. Die Revisionswerberin hat weder konkret noch fachlich fundiert Umstände aufgezeigt, die geeignet wären, die Schlüssigkeit der gutachterlichen Darlegungen in Zweifel zu ziehen und darzutun, dass das in Rede stehende Projekt zur Zielerreichung nicht erforderlich oder nicht geeignet sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 2012, Zl. 2010/10/0147).
15 Wenn das Verwaltungsgericht daher zur Auffassung gelangte, dass das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens als gegeben zu erachten ist und dieses Interesse im Revisionsfall die Interessen des Naturschutzes überwiegt, dann ist dies eine Wertung, die der Verwaltungsgerichtshof nicht als gesetzwidrig zu erkennen vermag (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. März 2014, Zl. 2011/10/0214), zumal der Verwaltungsgerichtshof nach dem Revisionsmodell auch nicht dazu berufen ist, die Einzelfallgerechtigkeit in jedem Fall zu sichern (vgl. die ständige - mit dem Beschluss vom 23. September 2014, Zl. Ro 2014/01/0033, beginnende - hg. Rechtsprechung).
16 Im Übrigen zeichnet sich der Revisionsfall dadurch aus, dass das in Rede stehende Projekt bereits seit über zehn Jahren verwirklicht ist, von Ende 2004 bis Ende 2014 auf der Grundlage einer rechtskräftigen naturschutzbehördlichen Bewilligung betrieben wurde und durch die gegenständliche Bewilligung in seinem Bestand und Betrieb im Ergebnis lediglich - und zwar wiederum befristet (bis Ende April 2018) - verlängert wird. Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin kann dem Verwaltungsgericht nicht entgegen getreten werden, wenn es diese Aspekte in die Interessenabwägung miteinbezogen hat.
17 Ausgehend vom Gesagten ist nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung bzw. die darauf gestützte Interessenabwägung nach § 3a Abs. 2 Sbg. NSchG in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2015, Zl. Ro 2014/10/0125) vorgenommen hätte. Die Revision legt nicht dar, welche tragenden Grundsätze des Verfahrensrechts verletzt worden wären. Das Verwaltungsgericht ist von der hg. Rechtsprechung nicht abgewichen.
18 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 22. Februar 2017
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