VwGH Ra 2016/08/0089

VwGHRa 2016/08/008911.11.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Gruber, über die Revision des H G in P, vertreten durch die Dr. Reinhard Tögl Rechtsanwälte GesmbH in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 22, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. April 2016, Zl. G305 2122571- 1/10E, betreffend Weiterbezug des Arbeitslosengeldes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Feldbach), zu Recht erkannt:

Normen

MRK Art6 Abs1;
VwGVG 2014 §24;
MRK Art6 Abs1;
VwGVG 2014 §24;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber den Aufwand von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht - ohne eine mündlichen Verhandlung durchzuführen und ohne den Revisionswerber als Partei zu vernehmen - ausgesprochen, dass ihm das am 16. November 2015 beantragte Arbeitslosengeld gemäß § 46 Abs. 5 AlVG (erst) ab dem 19. Jänner 2016 gebühre, weil er sich nach einem am 16. November 2015 begonnenen und am 7. Dezember 2015 beendeten Krankenstand bzw. Kuraufenthalt erst am 19. Jänner 2016 wieder bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Feldbach (der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde, im Folgenden: AMS) gemeldet habe und dem AMS das Ende des Unterbrechungszeitraums im Vorhinein nicht bekannt gewesen sei. Das Vorbringen des Revisionswerbers, er habe dem AMS das Ende des Kuraufenthaltes im Vorhinein bekannt gegeben, sei "nicht glaubwürdig".

2 Dagegen richtet sich die Revision.

3 Das AMS hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der es die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragt.

4 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

5 Die Revision ist zulässig und berechtigt.

6 Es gehört gerade im Fall widersprechender prozessrelevanter Behauptungen zu den grundlegenden Pflichten des Verwaltungsgerichts, dem auch im § 24 VwGVG verankerten Unmittelbarkeitsprinzip Rechnung zu tragen und sich als Gericht im Rahmen einer (bei Geltendmachung von "civil rights" in der Regel auch von Amts wegen durchzuführenden) mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit von Zeugen bzw. Parteien zu verschaffen und insbesondere darauf seine Beweiswürdigung zu gründen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Juni 2016, Ra 2016/08/0075, mwN; zur inhaltlichen Maßgeblichkeit der Behauptungen des Revisionswerbers vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. April 2016, Ro 2016/08/0007).

7 Da die Unterlassung der Durchführung einer mündlichen Verhandlung auf einer Verkennung der Vorgaben des § 24 VwGVG beruhte, war das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.

8 Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.

Wien, am 11. November 2016

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte