VwGH Ra 2016/07/0083

VwGHRa 2016/07/008325.10.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision des J R in B, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 12. Jänner 2016, Zl. LVwG- 1/370/6-2016, betreffend Zusammenlegungsverfahren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Agrarbehörde Salzburg; mitbeteiligte Partei: Zusammenlegungsgemeinschaft M-G in B), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §7 Abs1 Z3;
MRK Art6;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §6;
AVG §7 Abs1 Z3;
MRK Art6;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §6;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Ein im ersten Rechtsgang erlassenes Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 24. Juni 2014 wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Oktober 2015, Zl. E 1595/2015, wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht (Art. 6 EMRK) aufgehoben, weil der im damals erkennenden Senat mitwirkende fachkundige Laienrichter Referatsleiter in jener Abteilung des Amtes der Salzburger Landesregierung war, in der auch die belangte Behörde eingegliedert ist, und sich deshalb gegenüber dem Leiter dieser Abteilung - der auch die belangte Behörde leitete - in einer "unmittelbar untergeordneten Stellung" befand (vgl. Punkt 9. des Erkenntnisses des VfGH).

2 Im fortgesetzten Verfahren, welches mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 12. Jänner 2016 abgeschlossen wurde, wurde ein Senat tätig, der aus denselben Berufsrichtern wie im ersten Rechtsgang und aus einem anderen fachkundigen Laienrichter als im ersten Rechtsgang bestand.

3 In der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 15. Dezember 2015 machte der Revisionswerber geltend, der erkennende Senat sei trotz Änderung in der Zusammensetzung, welche ausschließlich hinsichtlich des fachkundigen Laienrichters erfolgt sei, befangen; bei einem Tribunal im Sinn des Art. 6 EMRK, wie es das Verwaltungsgericht darstelle, genüge bereits der äußere Anschein einer Befangenheit. Dieser liege für das gesamte Tribunal vor, wenn - wie im vorliegenden Verfahren - bereits einmal eine Entscheidung dieses Tribunals wegen Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte nach Art. 6 EMRK aufgehoben worden sei.

4 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht eine Beschwerde des Revisionswerbers gegen einen Bescheid der belangten Behörde ab, mit dem im Rahmen des Zusammenlegungsverfahrens M.-G. gemäß § 25 Salzburger Flurverfassungs-Landesgesetz 1973 - Sbg. FLG 1973 ein Zusammenlegungsplan erlassen worden war.

5 Mit Blick auf das erwähnte Vorbringen des Revisionswerbers betreffend eine (Anscheins‑)Befangenheit der Vorsitzenden und des Berichterstatters führte das Verwaltungsgericht aus, der nunmehr erkennende Senat (der aus denselben zwei Berufsrichtern wie im ersten Rechtsgang und einem neu beigezogenen fachkundigen Laienrichter bestand) sei nicht befangen, weil auch sonst nach Aufhebung einer Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof (oder durch den VfGH) das Tätigwerden derselben Organwalter im fortgesetzten Verfahren für sich allein noch keinen Grund für die Annahme einer Befangenheit bilde (Hinweis u.a. auf das hg. Erkenntnis vom 29. Juli 2015, Zl. Ra 2015/07/0034).

6 Inhaltlich stützte sich das angefochtene Erkenntnis auf das eingeholte Gutachten eines agrartechnischen Amtssachverständigen, dem das Verwaltungsgericht - näher begründet und unter Anwendung des § 21 Abs. 8 Sbg. FLG 1973 sowie der hg. Erkenntnisse vom 5. Juli 1983, Zl. 82/07/0220 = VwSlg. 11.117A, und vom 18. Februar 1994, Zl. 90/07/0024 - mehr Gewicht beimaß als einem mit der Beschwerde des Revisisionswerbers vorgelegten Gutachten eines Sachverständigen für landwirtschaftliche Liegenschaften.

7 3. Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den VfGH, der deren Behandlung mit Beschluss vom 10. Juni 2016, Zl. E 358/2016, (unter Erwähnung der in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen zur Zusammensetzung des Senates des Verwaltungsgerichtes) ablehnte.

8 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 5. In den Zulassungsausführungen der außerordentlichen Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

12 5.1. Darin macht der Revisionswerber zunächst - wie im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht - eine Befangenheit des erkennenden Senates geltend, weil nach der Aufhebung des ersten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts wiederum dieselben zwei Berufsrichter tätig geworden seien.

13 Eine Befangenheit liegt allerdings nicht vor:

14 Dem erwähnten Erkenntnis des VfGH zur Zl. E 1595/2015 lagen Bedenken hinsichtlich der Unbefangenheit des fachkundigen Laienrichters des erkennenden Senates des Verwaltungsgerichtes zugrunde, weil dieser aufgrund seiner organisatorischen Einordnung im Amt der Salzburger Landesregierung ein Naheverhältnis zur belangten Behörde aufwies (vgl. die unter Rz 1 im Kern wiedergegebene Begründung). Das Verwaltungsgericht hat dem angefochtenen Erkenntnis in dieser Hinsicht - unter Hinweis auf die hg. Rechtsprechung - zutreffend die Auffassung zugrunde gelegt, dass diese zur Aufhebung des früheren Erkenntnisses führenden Bedenken des VfGH nicht auf die zwei weiteren berufsrichterlichen Mitglieder des erkennenden Senates durchschlagen; es gibt daher keinen Grund für eine Annahme deren Befangenheit für das mit dem angefochtenen Erkenntnis abgeschlossene fortgesetzte Verfahren.

15 Entgegen der vom Revisionswerber vertretenen Ansicht bewirkt auch der Umstand, dass in dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis dieselbe Rechtsauffassung vertreten werde wie in dem vom VfGH aufgehobenen Erkenntnis, keine (Anscheins‑)Befangenheit der wiederum tätig gewordenen berufsrichterlichen Mitglieder des Senates (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die hg. Erkenntnis vom 27. August 2002, Zl. 2000/10/0126 = VwSlg. 15.888A, sowie vom 18. November 1983, Zl. 83/04/0175).

16 5.2. Weiters bringt der Revisionswerber vor, der nunmehr tätig gewordene fachkundige Laienrichter gehöre zwar nicht jener Abteilung des Amtes der Landesregierung an, in welche die belangte Behörde eingegliedert sei; er unterstehe allerdings ebenso wie diese demselben Landesrat, welcher den fachkundigen Laienrichter auch entsandt habe. Es bestünden daher Zweifel an der Unbefangenheit des beigezogenen Laienrichters. Weiters werden in diesem Zusammenhang Zweifel an der fachlichen Eignung des Laienrichters, der bislang als wasserbautechnischer Amtssachverständiger tätig gewesen sei, geäußert.

17 Dieses Vorbringen zu dem nunmehr beigezogenen fachkundigen Laienrichter wurde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nicht erstattet und ist daher schon mit Blick auf das Neuerungsverbot (§ 41 erster Satz VwGG) unbeachtlich.

18 Im Übrigen wurden diese Bedenken auch in der Beschwerde an den VfGH (unter dem Aspekt einer Verletzung des Art. 6 MRK) vorgebracht, deren Behandlung mit dem erwähnten Beschluss des VfGH vom 10. Juni 2016 abgelehnt wurde.

19 5.3. Schließlich trifft es auch nicht zu, dass das angefochtene Erkenntnis mit einem Begründungsmangel behaftet wäre, der als grundsätzliche Rechtsfrage geltend gemacht werden könnte. Das angefochtene Erkenntnis ist mit Blick auf den ihm zugrunde gelegten Sachverhalt mit dem in dem vom Revisionswerber ins Treffen geführten hg. Erkenntnis vom 3. August 2016, Zl. Ra 2016/07/0040, beurteilten Fall nicht vergleichbar.

20 6. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. Oktober 2016

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