Normen
ABGB §863;
BVergG 2006 §19 Abs6;
BVergG 2006 §78;
BVergG 2006 §79;
BVergG 2006;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
ABGB §863;
BVergG 2006 §19 Abs6;
BVergG 2006 §78;
BVergG 2006 §79;
BVergG 2006;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die (erstmitbeteiligte) Stadt Wien führte als öffentliche Auftraggeberin (im Folgenden: Auftraggeberin) ein offenes Verfahren zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrages im Oberschwellenbereich nach dem Billigstbieterprinzip "Sicherheitsdienst H 2016" durch. Mit Zuschlagsentscheidung vom 22. Juli 2016 gab die Auftraggeberin bekannt, dass der Zuschlag an die zweitmitbeteiligte Partei (im Folgenden: Zuschlagsempfängerin) erteilt werden soll.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Antrag der Revisionswerberin auf Nichtigerklärung dieser Zuschlagsentscheidung abgewiesen (I.), festgehalten, dass die Revisionswerberin die von ihr entrichteten Pauschalgebühren selbst zu tragen habe (II.) und die Revision für unzulässig erklärt (III.).
3 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dem Vorbringen der Revisionswerberin, das Angebot der Zuschlagsempfängerin wäre auszuscheiden gewesen, weil in diesem die in der Ausschreibung geforderten Maßnahmen zur Frauenförderung nicht nachgewiesen worden seien, komme keine Berechtigung zu.
Die maßgeblichen Angebotsbestimmungen seien (nach ihrem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter) im Hinblick auf die verlangten Maßnahmen der Frauenförderung dahin auszulegen, dass keine detaillierte Ausarbeitung von Maßnahmen im Angebot, sondern die Abgabe einer Verpflichtungserklärung gefordert gewesen sei. Nach diesem Formular einer Verpflichtungserklärung (Maßnahmenkatalog mit Kästchen zum Ankreuzen) sei lediglich eine Auswahl mittels Ankreuzen und nicht bereits die detaillierte Ausarbeitung der Maßnahmen vorzunehmen gewesen. Die entsprechende Ausschreibungsbestimmung zur Frauenförderung sei auch nicht als "Zuverlässigkeitskriterium" ausgestaltet gewesen, da lediglich angeführt worden sei, dass die Zuverlässigkeit der Bieterin bei einem Verstoß gegen die Verpflichtung zur Umsetzung der jeweils ausgewählten Maßnahmen von der Auftraggeberin im Sinne des § 73 BVergG 2006 überprüft werde und dieser Verstoß zu einem Eintrag im ANKÖ führen könne. Soweit die Revisionswerberin kritisiere, die angefochtene Zuschlagsentscheidung habe keine Begründung enthalten, ob das Angebot der Zuschlagsempfängerin Mängel aufgewiesen habe, sei auf § 131 Abs. 1 BVergG 2006 hinzuweisen, wo eine solche Bekanntgabe nicht aufgezählt sei.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, es stelle sich die Rechtsfrage, ob der Auftraggeber nachträglich nach Festlegung erforderlicher Maßnahmen zur Frauenförderung diese Anforderungen wieder "lockern" dürfe. Die im angefochtenen Erkenntnis "implizit getroffene Annahme", es liege im Ermessen des Auftraggebers, die Bedeutung seiner Musskriterien allenfalls auch im Nachhinein so festzulegen, dass diese als Maßnahmen uminterpretiert werden könnten, verbiete sich. Weiters sei die Verpflichtung zur Frauenförderung dem Wortlaut der bestandfesten Ausschreibung nach als Zuverlässigkeitsgrund ausgestaltet. Diese Zuverlässigkeit dürfe der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge nach dem im § 69 BVergG 2006 genannten Zeitpunkt nicht mehr verloren gehen. Von dieser Rechtsprechung sei das Verwaltungsgericht abgewichen. Auch widerspreche die angefochtene Entscheidung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach es grundsätzlich Sache des öffentlichen Auftraggebers sei, die Mindestanforderungen der Leistung, die er beschaffen wolle, festzulegen. Vorliegend habe die Auftraggeberin Maßnahmen nach § 19 Abs. 6 BVergG 2006 zur Frauenförderung festgelegt. Ginge man wie in der angefochtenen Entscheidung davon aus, dass die Konkretisierung der gewählten Maßnahmen erst nach Vertragsabschluss erfolgen könne, habe der Bieter einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil, der sich mit Abgabe des Angebotes hinsichtlich der konkreten Maßnahmen nicht festlegen müsse und "dies einfach wegspekulieren" könne. Zudem fehle Rechtsprechung zur Frage der Ausgestaltung und Verbindlichkeit von Frauenförderungsmaßnahmen und wie derartige Festlegungen nach § 19 Abs. 6 BVergG 2006 zu interpretieren seien. Auch widerspreche die angefochtene Entscheidung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach sich der Auftraggeber an die bestandfesten Ausschreibungsunterlagen zu halten habe. Letztlich sei die Zuschlagsentscheidung nicht ausreichend begründet gewesen.
9 Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt:
10 Die von der Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit behaupteten Rechtsfragen gehen allesamt von der Annahme aus, die vom Verwaltungsgericht in der vorliegenden Rechtssache vorgenommene Auslegung der Ausschreibung sei unrichtig.
Das Verwaltungsgericht vertritt die Auffassung, nach der vorliegenden bestandfesten Ausschreibung sei keine detaillierte Ausarbeitung von Maßnahmen zur Frauenförderung, sondern lediglich ein Ausfüllen einer (formularartigen) Verpflichtungserklärung gefordert. Weiters sei die Einhaltung der Ausschreibungsbestimmungen zur Frauenförderung nicht als Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit (§ 72 BVergG 2006) gestaltet.
11 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Ausschreibungsbestimmungen nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlichen fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen. Im Zweifel sind Festlegungen in der Ausschreibung gesetzeskonform und sohin in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Bestimmungen zu lesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2016, Ra 2016/04/0015, 0016. mwN).
12 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass die in vertretbarer Weise vorgenommene einzelfallbezogene Auslegung von Parteierklärungen oder Ausschreibungsunterlagen nicht revisibel ist bzw. dass einer vertretbaren Auslegung keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall ist nur dann als revisibel anzusehen, wenn dem Verwaltungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (vgl. den hg. Beschluss vom 4. November 2016, Ra 2015/04/0067, mwN).
13 Dem Verwaltungsgericht ist bei der Auslegung der vorliegenden Ausschreibungsbestimmungen keine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen.
14 Auf Grundlage dieser Auslegung stellen sich die übrigen von der Revision vorgebrachten Rechtsfragen nicht.
15 Daran ändert auch die von der Revision angeführte Bestimmung des § 19 Abs. 6 BVergG 2006 nichts, da diese lediglich davon spricht, dass im Vergabeverfahren auf die Beschäftigung von Frauen Bedacht genommen werden kann. Diese Bestimmung hebt lediglich die Möglichkeit der Berücksichtigung (Ermächtigung) derartiger Aspekte hervor. Ob der Auftraggeber diese Aspekte letztlich berücksichtigt oder nicht, liegt in seinem Ermessen (vgl. Eilmansberger/Fruhmann in Schramm/Aicher/Fruhmann, Bundesvergabegesetz 2006 - Kommentar, 1. Lieferung (2009), Rz 123 zu § 19). In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass es grundsätzlich Sache des öffentlichen Auftraggebers ist, die Mindestanforderungen der Leistung, die er beschaffen will, festzulegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. September 2015, Ra 2014/04/0036, mwN).
16 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 21. Dezember 2016
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