VwGH Ra 2015/21/0033

VwGHRa 2015/21/003323.4.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, in der Revisionssache 1. des N N, und

2. des S N, beide in N und vertreten durch Mag. Bernhard Graf, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Rheinstraße 243, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10. Februar 2015, 1. Zl. G301 1409506-3/5E (hg. Zl. Ra 2015/21/0033), und 2. Zl. G301 1409507-3/5E (hg. Zl. Ra 2015/21/0034), jeweils betreffend Zurückweisung der Anträge nach § 55 AsylG 2005 und Erlassung einer Rückkehrentscheidung (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §55;
AVG §68 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
EMRK Art8;
VwGG §34 Abs1;
AsylG 2005 §55;
AVG §68 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
EMRK Art8;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Revisionswerber (Vater und Sohn), Staatsangehörige der Republik Kosovo, stellten am 22. April 2009 nach ihrer Einreise in Österreich Anträge auf internationalen Schutz. Diese wurden, zuletzt mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28. August 2013, vollinhaltlich abgewiesen. Zugleich wurde ihre Ausweisung in den Kosovo verfügt.

Am 13. Jänner 2014 beantragten die Revisionswerber die Erteilung von Aufenthaltstiteln nach § 56 AsylG 2005. Diese Anträge wurden mit rechtskräftigen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 8. April 2014 abgewiesen. Damit war gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 eine Rückkehrentscheidung verbunden; es wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung in den Kosovo zulässig sei.

Am 31. Juli 2014 beantragten die Revisionswerber die Erteilung von Aufenthaltstiteln nach § 55 AsylG 2005. Mit Bescheiden vom 30. Oktober 2014 wies das BFA diese Anträge gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurück. Unter einem wurde gegen die Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass ihre Abschiebung in den Kosovo zulässig sei. Schließlich setzte das BFA die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 10. Februar 2015 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) diese Bescheide und sprach aus, dass eine Revision gegen sein Erkenntnis gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Es verwies auf die nach wie vor zur Gänze fehlende Selbsterhaltungsfähigkeit beider Revisionswerber sowie ihre unzureichenden Deutschkenntnisse und legte dar, dass die übrigen Umstände (illegales Verbleiben im Bundesgebiet, bloßer Besuch eines Deutschkurses - ohne Ablegung einer Prüfung - durch den Erstrevisionswerber erst ab September 2014 sowie medizinische und therapeutische Behandlungen des Zweitrevisionswerbers, der in einem integrativen Sportverein Fußball spiele) keinen gegenüber der Entscheidung im Asylverfahren maßgeblich geänderten Sachverhalt begründen könnten, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich machte. Die Revision sei unzulässig, weil die Entscheidung im Einklang mit der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfolgt sei (Art. 133 Abs. 4 B-VG und § 25a Abs. 1 VwGG).

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (ua.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt gemäß § 34 Abs. 1a VwGG nicht gebunden. Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

Im vorliegenden Fall wird unter diesem Bezug unter Hinweis auf die Möglichkeit, künftig eine unselbständige Erwerbstätigkeit in Österreich aufzunehmen, ein Abweichen des BVwG von der einheitlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Vorliegen einer wesentlichen Sachverhaltsänderung geltend gemacht und weiter ausgeführt, es fehle Rechtsprechung zur Frage, "ob insbesondere Fremden, welchen aufgrund eines erheblichen körperlichen Gebrechens eine entsprechende Sozialisierung praktisch erst in Österreich möglich war (der Zweitrevisionswerber hat aufgrund seiner hochgradigen sensoneuralen Schwerhörigkeit im Kosovo keine Schulbildung erhalten) und welche darüber hinaus bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat aller Voraussicht nach in eine ausweglose Situation geraten würden, ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK nach § 55 AsylG 2005 zu erteilen ist".

Gerade die letztgenannten Ausführungen betreffen jedoch Umstände, die seit der rechtskräftigen Entscheidung durch das BFA vom 8. April 2014 praktisch keinerlei Änderung erfahren haben und schon von daher keiner neuerlichen inhaltlichen Prüfung zu unterziehen waren. Es entspricht der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass ein - der vorliegenden Dauer vergleichbarer - weiterer Verbleib im Bundesgebiet samt damit einhergehenden Elementen einer sozialen Integration, der Besuch eines Deutschkurses und die behauptete Möglichkeit einer künftigen Berufstätigkeit keine maßgeblichen Sachverhaltsänderungen begründen, die eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich machen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Juli 2011, Zlen. 2011/22/0138 bis 0141; siehe auch das - eine erst etwas mehr als zwei Monate vor der erstinstanzlichen Entscheidung erfolgte Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit betreffende - hg. Erkenntnis vom 13. September 2011, Zlen. 2011/22/0035 bis 0039, und das - eine Einstellungszusage betreffende - hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2013, Zl. 2011/22/0013).

Insgesamt wird eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt, weshalb die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen war.

Wien, am 23. April 2015

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