VwGH Ra 2015/17/0056

VwGHRa 2015/17/005624.1.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag.a Nussbaumer-Hinterauer als Richterinnen bzw Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Magistrates der Stadt Wien in 1082 Wien, Ebendorferstraße 2, 4. Stock, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 20. Mai 2015, RV/7400051/2014, betreffend Vergnügungssteuer für den Zeitraum Juli 2013 bis Jänner 2014 (mitbeteiligte Partei: G H GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Maria Brandstetter, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Stephansplatz 4/Stiege VIII), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art133 Abs6 Z1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 4. Februar 2014 setzte die revisionswerbende Partei gegenüber der mitbeteiligten Partei für den Zeitraum Juli 2013 bis Jänner 2014 gemäß § 6 Abs 1 des Wiener Vergnügungssteuergesetzes 2005 (VGSG) für das Halten eines Spielapparates an einem näher genannten Aufstellungsort eine Vergnügungssteuer in Höhe von EUR 9.800,-- sowie nach § 135 iVm § 210 Abs 1 BAO einen Verspätungszuschlag in Höhe von EUR 980,-- und nach § 217 Abs 1 und 2 sowie § 217a BAO einen Säumniszuschlag in Höhe von EUR 196,-- fest.

2 Der dagegen erhobenen Beschwerde der mitbeteiligten Partei wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos aufgehoben.

Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision unzulässig sei.

3 Dagegen richtet sich die vorliegende Amtsrevision des

Magistrates der Stadt Wien.

4 Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des

Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzung des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß § 34 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs 3 VwGG gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.

7 Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die revisionswerbende Partei wirft in ihrem Zulässigkeitsvorbringen zwar Rechtsfragen auf, vermag jedoch nicht aufzuzeigen, weshalb es sich bei diesen um solche grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG handeln sollte.

Die Rechtsfrage, ob Apparate, die virtuell erzeugte sohin computergenerierte Hunde- und Pferderennen (mit artifiziellen Tierdarstellungen), welche aufgrund mathematischer Funktionen im Computer durchgeführt werden und bei denen das Ergebnis des Rennens unmittelbar nach dem Spieleinsatz durch einen Zufallsgenerator entschieden wird, den der Spielteilnehmer nicht kennt und auch nicht einschätzen kann, bloß dezentrale Wettannahmestellen oder Spielapparate im Sinne des § 6 VGSG sind, geht nicht vom im vorliegenden Revisionsfall zu Grunde gelegten Sachverhalt aus. Wie vom Bundesfinanzgericht festgestellt, fanden im Revisionsfall die Rennen in fixen Intervallen und zwar unabhängig von etwaigen bis zu zwei Stunden vor Rennbeginn möglichen Wettabschlüssen statt. Die aufgeworfene Rechtsfrage stellt sich daher im Revisionsfall nicht, sodass ihr keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zukommt.

9 Das Vorbringen, wonach das Bundesfinanzgericht das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 2014, 2013/17/0593, unzutreffend interpretiert und daher die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen zur Vergnügungskomponente unterlassen habe, ist nicht nachvollziehbar. Das Bundesfinanzgericht hat sich in seinem Erkenntnis sehr wohl mit der entscheidungswesentlichen Frage, ob die Betätigung des Apparates selbst die Eignung besitze, den Benützer zu unterhalten, ob also die von ihm ausgeübte Tätigkeit im Wesentlichen einem Spiel, also einer bloß dem Vergnügen und Zeitvertreib dienenden Vorgangsweise gleichkomme befasst. Im zitierten hg Erkenntnis vom 17. September 2014 wurde unter Berufung auf Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 13. Juni 2012, G 6/12) ausgeführt, dass bei Wettterminals, die keine über eine dezentrale elektronische Wettannahmestelle hinausgehende Funktion erfüllten, das spannende und unterhaltende Element erst nach Vertragsschluss eintrete, nämlich in dem Zeitpunkt, wenn das Sportereignis, auf das die Wette abgeschlossen worden sei, stattfinde. Bei (der Betätigung von) solchen Geräten handle es sich daher nicht um eine Lustbarkeit im Sinn des § 14 Abs 1 Z 8 und 9 FAG 2008, die der Landesgesetzgeber unter diesem Titel einer Abgabe (Vergnügungssteuer) unterwerfen dürfe.

10 Das Bundesfinanzgericht gelangte im Revisionsfall zu dem Ergebnis, dass erst nach Vertragsschluss, zum Zeitpunkt des Ablaufs des virtuellen Rennens das spannende und unterhaltende Element eintrete und dass die Rennen unabhängig vom Abschluss einer (bis zu zwei Stunden vor Rennbeginn abgebbaren) Wette stattfänden. Darauf aufbauend hat das Bundesfinanzgericht dem verfahrensgegenständlichen Apparat keinen ausreichenden Unterhaltungswert beigemessen und die Vergnügungssteuerpflicht verneint.

11 Weiters will die revisionswerbende Partei wissen, ob "im Zusammenhang mit virtuell erzeugten Rennen überhaupt Wetten denkbar sind". Der Verwaltungsgerichtshof ist jedoch für die Lösung abstrakter Rechtsfragen nicht zuständig. Die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG setzt voraus, dass die in dieser Bestimmung genannte Rechtsfrage eine solche ist, durch deren Lösung im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ein Eingriff in subjektive Rechte des Revisionswerbers iSd Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG zumindest möglich ist (vgl VwGH vom 29. April 2015, Ra 2014/17/0043, VwGH vom 12. August 2014, Ra 2014/06/0015). Die in diesem Zusammenhang gestellte Rechtsfrage ist hingegen nicht entscheidungswesentlich - wie sich schon aus dem oben zitierten hg Erkenntnis vom 17. September 2014, 2013/17/0593, ergibt.

12 Der Umstand allein, dass die zu lösenden Fragen in einer Vielzahl von Fällen auftreten können, bewirkt zudem nicht ihre Erheblichkeit im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG (vgl VwGH vom 26. März 2014, Ro 2014/03/0024).

13 Eine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG, die sich auf Grund des hier zu Grunde liegenden Sachverhaltes konkret stellen würde, wurde auch mit diesem Vorbringen nicht dargetan.

14 In der vorliegenden Revision wurden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Wien, am 24. Jänner 2017

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