VwGH Ra 2015/16/0140

VwGHRa 2015/16/01404.2.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision der R GmbH in W, vertreten durch Dr. Andreas Biel, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rauhensteingasse 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 4. November 2015, Zl. W188 2105765-1/2E, betreffend Gerichtsgebühren, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
GGG 1984 §18 Abs2 Z1;
RAT §7;
VwGG §34 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
GGG 1984 §18 Abs2 Z1;
RAT §7;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

In ihrer auf Löschung eines Vorkaufrechtes gerichteten Klage vom 20. September 2013 bewertete die Revisionswerberin den Streitwert "gem. JN, GGG, RATG" mit EUR 162.859,83, dem dreifachen Einheitswert der Liegenschaft. In der Klagebeantwortung replizierte die Beklagte zur Bewertung des Streitgegenstandes, dass die Bemessungsgrundlage nach RATG "auf Basis des Kaufpreises bzw. Verkehrswerts der streitgegenständlichen Liegenschaft zu ermitteln" sei. Die Bemessungsgrundlage nach RATG betrage demnach EUR 1,670.000,00. Hierauf brachte die Revisionswerberin in ihrem vorbereitenden Schriftsatz vom 6. Dezember 2013 betreffend die von der Beklagten gerügte Bemessungsgrundlage vor, der Klagevertreter (und nunmehrige Rechtsfreund der Revisionswerberin) sei "natürlich nicht seines eigenen Honorares Feind und mit der Heraufsetzung der Bemessungsgrundlage einverstanden". Da "eine Streitwertbemängelung rechtzeitig erfolgt" sei, sei "entsprechend der Bemängelung die Bemessungsgrundlage für RATG heranzuziehen".

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 13. Dezember 2013 verkündete und protokollierte das Zivilgericht u. a. den Beschluss, der Streitwert werde "nach RATG mit EUR 1,670.000,00 festgesetzt".

Der Löschungsklage war durch zwei Instanzen kein Erfolg beschieden.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Bundesverwaltungsgericht die Vorschreibung von Gerichtsgebühren auf der Grundlage eines Streitwertes von EUR 1,670.000,00 mit dem Betrag von EUR 18.604,00 sowie einer Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GEG in der Höhe von EUR 8,00; weiters sprach das Gericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht nach Feststellung des Verwaltungsgeschehens und Zitierung der anzuwendenden Bestimmungen sowie der hiezu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Kern aus, in casu sei zunächst davon auszugehen, dass der Rechtsvertreter der beklagten Partei in der Klagebeantwortung unter Berufung auf die im Einzelnen dargelegten gesetzlichen Grundlagen klargestellt habe, dass die Bemessungsgrundlage auf Basis des Kaufpreises bzw. des Verkehrswertes der streitgegenständlichen Liegenschaft zu ermitteln sei und die Bemessungsgrundlage nach RATG demnach EUR 1,670.000,00 betrage, woraufhin das Zivilgericht in der Tagsatzung vom 13. Dezember 2013 den Beschluss gefasst habe, den Streitwert "nach RATG" mit EUR 1,670.000,00 festzusetzen. Das Beschwerdevorbringen, wonach keine Festsetzung im Sinn des § 7 RATG erfolgt sei, erscheine unter dem Gesichtspunkt der diesbezüglichen Ausführungen in der Klagebeantwortung und des hierauf ergangenen Beschlusses des Zivilgerichtes vom 13. Dezember 2013 nicht nachvollziehbar. Abschließend begründete das Gericht die Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung und die Unzulässigkeit der Revision.

In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen außerordentlichen Revision erachtet sich die Revisionswerberin in ihrem "einfach gesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht auf gesetzeskonforme Vorschreibung der gerichtlichen Pauschalgebühr verletzt". Sie sieht die Zulässigkeit ihrer Revision darin begründet, eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob § 7 Abs. 1 RATG auch anzuwenden sei, wenn der Beklagte die Bewertung des Streitgegenstandes nicht nach den §§ 56 oder 59 JN als unrichtig bemängelt habe, fehle ebenso wie zur Frage, ob § 18 Abs. 2 Z 1 GGG auch anzuwenden sei, wenn der Streitwert nach RATG - ohne Anwendung des § 7 RATG - vom Gericht festgesetzt werde. Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung sei Voraussetzung für die Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 18 Abs. 2 Z 1 GGG eine Gerichtsentscheidung nach § 7 RATG. Nur ein Beschluss nach § 7 RATG sei für die Justizverwaltungsbehörde bei der Gebührenfestsetzung bindend. Im Revisionsfall sei durch das Zivilgericht keine Festsetzung nach § 7 RATG erfolgt und entsprechend dem Gesetzeswortlaut dieses Paragraphen auch nicht möglich gewesen.

Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).

Das Revisionsmodell der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 soll sich an jenem nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. die ErläutRV 1618 BlgNR 24. GP 16). Ausgehend davon kann einer Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet (vgl. etwa den Beschluss vom 25. September 2015, Ra 2015/16/0085, mwN).

Der Frage, ob besondere Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung im besagten Sinne zu (vgl. etwa den Beschluss vom 22. April 2015, Ra 2015/16/0020, betreffend die Frage der Auslegung eines Verhandlungsprotokolls).

Im vorliegenden Revisionsfall billigte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschluss des Zivilgerichtes vom 13. Dezember 2013, wonach der "Streitwert ... nach RATG mit EUR 1,670.000,00 festgesetzt" werde, vor dem Hintergrund der dazu Anlass gebenden Streitwertbemängelung in der Klagebeantwortung die Bedeutung einer Bewertung des Streitgegenstandes nach § 7 Abs. 2 RATG zu. Abgesehen davon, dass dies Ausfluss einer Auslegung einer so protokollierten gerichtlichen Entscheidung im Einzelfall ist, begegnet dieses Auslegungsergebnis vor dem Hintergrund der eingangs wiedergegebenen Prozesserklärungen beider Parteien des zivilgerichtlichen Verfahrens und des Umstandes, dass das Rechtsanwaltstarifgesetz in seinem § 7 die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes (für die Anwendung dieses Bundesgesetzes) durch das Gericht regelt, keinen Bedenken.

Damit steht die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes, dass durch die Bewertung des Streitgegenstandes vorliegend nach § 7 RATG bindend eine Änderung des maßgeblichen Streitwertes nach § 18 Abs. 2 Z 1 GGG erfolgt ist, im Einklang mit der hiezu ergangenen, vom Bundesverwaltungsgericht auch beachteten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die in Wais/Dokalik,Gerichtsgebühren11, unter E 5, 6 und 7 zu § 18 GGG wiedergegebene Rechtsprechung).

Der von der Revision aufgeworfenen Rechtsfrage der Auslegung des protokollierten Beschlusses vom 13. Dezember 2013 kommt damit keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu.

Die vorliegende Revision war daher wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG schon deshalb ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 4. Februar 2016

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