Normen
ASVG §4 Abs4;
EStG 1988 §22 Z2;
EStG 1988 §47 Abs2;
EStG 1988 §47;
FamLAG 1967 §41 Abs1;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41;
RAO 1868 §22;
ASVG §4 Abs4;
EStG 1988 §22 Z2;
EStG 1988 §47 Abs2;
EStG 1988 §47;
FamLAG 1967 §41 Abs1;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41;
RAO 1868 §22;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin ist eine Gesellschaft mbH, deren Unternehmensgegenstand in der Ausübung der Rechtsanwaltschaft besteht.
2 Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 2007 bis 2010 vom 3. Mai 2012 wurde u. a. ausgeführt, die an der Revisionswerberin beteiligten Geschäftsführer erhielten jeweils eine monatliche Geschäftsführervergütung. Diese Geschäftsführervergütungen seien vom Dienstgeber in die Berechnung des Dienstgeberbeitrages und der Kommunalsteuer einbezogen worden. Darüber hinaus erhielten alle Geschäftsführer auch Honorare für ihre Tätigkeit als Rechtsanwalt für die Revisionswerberin. Die Honorare der wesentlich beteiligten Geschäftsführer würden für die Bemessung des Dienstgeberbeitrages und der Kommunalsteuer berücksichtigt, nicht jedoch die Honorare der nicht wesentlich beteiligten Geschäftsführer. Für die nicht wesentlich beteiligten Geschäftsführer lägen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 vor. Es seien daher auch diese Honorare bei der Berechnung des Dienstgeberbeitrages und der Kommunalsteuer zu berücksichtigen.
3 Das Finanzamt schloss sich der Beurteilung des Prüfers an und setzte die Dienstgeberbeiträge für die Jahre 2007 bis 2010 sowie Säumniszuschläge für diese Jahre mit Bescheiden vom 3. Mai 2012 fest.
4 Die Revisionswerberin erhob gegen diese Bescheide Berufung. Sie machte geltend, die Entgelte der nicht wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer seien zu Unrecht in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag einbezogen worden. Die Anstellungsverträge - geteilt in einen Geschäftsführervertrag und eine Zusammenarbeitsvereinbarung - schlössen das Recht der Generalversammlung auf arbeitsbezogene persönliche Weisungserteilung ausdrücklich aus. Die Tätigkeit der Geschäftsführer erfolge im Rahmen von zivilrechtlich "freien Dienstverhältnissen". Die im Zuge der Lohnverrechnung versehentliche Einbeziehung der Geschäftsführerbezüge der nicht wesentlich beteiligten Geschäftsführer stelle keine Qualifizierung als nichtselbständige Tätigkeit dar. Es werde insoweit die Abänderung der angefochtenen Bescheide beantragt.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die (nunmehrige) Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
6 Alle Geschäftsführer der Revisionswerberin seien zweifelsfrei und unstrittig in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft eingegliedert. Die Beschäftigung der wesentlich beteiligten Geschäftsführer weise iSd § 22 Z 2 EStG 1988 sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses auf; die an diese geleisteten Vergütungen seien unbestritten in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag einzubeziehen gewesen. Für die Frage, ob auch die an die nicht wesentlich beteiligten Geschäftsführer geleisteten Vergütungen in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag einzubeziehen seien, komme es auf den das Anstellungsverhältnis regelnden Anstellungsvertrag an.
7 Nach dem Geschäftsführervertrag unterliege der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft keinen Weisungsbindungen. Er sei an Ordnungsvorschriften wie Arbeitsort, Arbeitszeit, arbeitsbezogenes Verhalten nicht gebunden, jedoch berechtigt und verpflichtet, diese Ordnungsvorschriften für die Dienstnehmer der Gesellschaft zu erlassen und deren Einhaltung zu überwachen.
8 Dass die Geschäftsführer nicht an Arbeitsort und Arbeitszeit gebunden seien, sei bei leitenden Angestellten durchaus üblich. Durch diese Regelung werde zum Ausdruck gebracht, dass diese Wahlmöglichkeit nicht Ausfluss des Willens der Geschäftsführer gewesen sei, sondern der Wille der Gesellschaft. Die Geschäftsführer seien einer auf die grundsätzliche Erfüllung der Leitungsaufgaben beschränkten Weisungsgebundenheit unterlegen. Diese seien verpflichtet gewesen, den Mitarbeitern der Gesellschaft gegenüber Ordnungsvorschriften zu erlassen und zu überwachen. Weiters seien sie auch verpflichtet gewesen, für die Ausbildung der Mitarbeiter zu sorgen und für das Personalwesen und das Wissensmanagement Sorge zu tragen. Darüber hinaus hätten sich die Grenzen der Dispositionsfreiheit der Geschäftsführer an den gesetzlichen Vorschriften, dem Gesellschaftsvertrag und dem anwaltlichen Standesrecht orientiert. Durch diese Bestimmungen seien die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen in das schuldrechtliche Verhältnis zwischen den Geschäftsführern und der Gesellschaft übernommen worden. Die Geschäftsführer seien somit schuldrechtlich verpflichtet gewesen, den Beschlüssen (Weisungen) der Generalversammlung und sonstigen Obliegenheiten nachzukommen. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer habe durch seine Tätigkeit den Unternehmenszweck der Gesellschaft zu verwirklichen. Bei höher qualifizierten Leistungen trete die Weisungsgebundenheit in Bezug auf Art und Inhalt der ausgeübten Tätigkeit in den Hintergrund.
9 Die vorrangig zu prüfenden Kriterien der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung sprächen betreffend die nicht wesentlich an der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer eindeutig für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses. Auf weitere Abgrenzungskriterien (u.a. Vertretungsbefugnis, Unternehmerwagnis) sei daher nicht mehr abzustellen gewesen. Die Weisungsungebundenheit bei der Mandatsausübung (§ 21c Z 10 RAO) bzw. bei der "täglichen" Arbeit stehe der Annahme eines Dienstverhältnisses nicht entgegen. Die Bezüge und Vorteile im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 aus den zwischen der Revisionswerberin und den nicht wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern bestehenden Dienstverhältnissen unterlägen daher dem Dienstgeberbeitrag.
10 Auch bei Vorliegen einer Sperrminorität hätte die Beschwerde nicht zum Erfolg geführt; in einem solchen Fall wären Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit iSd § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 vorgelegen.
11 Da die Abgaben nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet worden seien, seien Säumniszuschläge gemäß § 217 Abs. 1 BAO zu entrichten.
12 Da im Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden seien, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukomme, sei eine Revision nicht zulässig.
13 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision. Das Finanzamt hat eine Revisionsbeantwortung eingebracht.
14 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
15 In der Revision wird zur Zulässigkeit u.a. vorgebracht, das Bundesfinanzgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgegangen, wonach in der Festlegung des Aufgabenumfanges am Beginn des Vertragsverhältnisses keine Weisungsunterworfenheit erblickt werden könne (Hinweis auf VwGH vom 22. Oktober 2002, 2001/14/0219). Die Revision ist aus diesem Grund zulässig und begründet.
16 Gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.
17 Dienstnehmer sind nach § 41 Abs. 2 FLAG (in der für die Jahre 2007 bis 2009 anwendbaren Fassung vor BGBl. I Nr. 52/2009) Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.
18 Mit dem Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl. I Nr. 52/2009, wurde § 41 Abs. 2 FLAG dahin geändert, dass Dienstnehmer auch freie Dienstnehmer iSd § 4 Abs. 4 ASVG sind (gemäß § 55 Abs. 14 FLAG in Kraft getreten mit 1. Jänner 2010).
19 Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
20 In Bezug auf die rechtlichen Voraussetzungen für die Verpflichtungen zur Entrichtung des Dienstgeberbeitrages und das allein strittige Vorliegen von Dienstverhältnissen gemäß § 47 Abs. 2 erster und zweiter Satz EStG 1988 gleicht der vorliegende Fall dem Erkenntnis vom 24. November 2016, 2013/13/0046, auf dessen Begründung insoweit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird (vgl. weiters VwGH vom 24. November 2016, Ro 2014/13/0040).
21 Entscheidend ist demnach - wie auch vom Bundesfinanzgericht dargelegt -, ob die nicht wesentlich beteiligten Geschäftsführer im Streitzeitraum weisungsgebunden waren; dass sie in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers eingegliedert waren, ist unstrittig.
22 Das Bundesfinanzgericht ging davon aus, dass die Geschäftsführer einer auf die grundsätzliche Erfüllung der Leitungsaufgaben beschränkten Weisungsgebundenheit unterlegen seien. Sie seien verpflichtet gewesen, den Mitarbeitern der Gesellschaft gegenüber Ordnungsvorschriften zu erlassen und zu überwachen, für die Ausbildung der Mitarbeiter zu sorgen und für das Personalwesen und das Wissensmanagement Sorge zu tragen. Die Grenzen der Dispositionsfreiheit orientierten sich an den gesetzlichen Vorschriften, dem Gesellschaftsvertrag und dem anwaltlichen Standesrecht. Durch diese Bestimmungen im Geschäftsführervertrag seien die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen in das schuldrechtliche Verhältnis übernommen worden; die Geschäftsführer seien somit schuldrechtlich verpflichtet gewesen, den Beschlüssen der Generalversammlung und sonstigen Obliegenheiten nachzukommen. Der Gesellschafter-Geschäftsführer habe durch seine Tätigkeit den Unternehmenszweck der Gesellschaft zu verwirklichen. Bei höher qualifizierten Leistungen trete die Weisungsgebundenheit in Bezug auf Art und Inhalt der ausgeübten Tätigkeit in den Hintergrund.
23 Es trifft zwar zu, dass es bei leitenden Angestellten ausreicht, wenn sich die Weisungsgebundenheit auf die grundsätzliche Erfüllung der Leitungsaufgaben beschränkt, erforderlich ist aber dennoch, dass der Arbeitgeber durch individuell-konkrete Anordnungen das Tätigwerden des Dienstnehmers beeinflussen kann (vgl. das auch vom Bundesfinanzgericht zitierte Erkenntnis des VwGH vom 28. Juni 2006, 2002/13/0175; sowie neuerlich VwGH Ro 2014/13/0040, mwN).
24 In der am Beginn eines Vertragsverhältnisses vorgenommenen Festlegung des Aufgabenumfangs als solcher liegt aber keine Weisungsunterworfenheit (vgl. VwGH vom 22. Oktober 2002, 2001/14/0219, VwSlg. 7757/F). Dass die Geschäftsführer nach dem Geschäftsführervertrag dazu verpflichtet sind, den Mitarbeitern der Gesellschaft gegenüber Ordnungsvorschriften zu erlassen und zu überwachen sowie für die Ausbildung der Mitarbeiter zu sorgen und für das Personalwesen und das Wissensmanagement Sorge zu tragen, umschreibt nur den Aufgabenumfang der Geschäftsführer. Ein persönliches Weisungsrecht gegenüber den Geschäftsführern, das über die ausdrücklich übernommenen Vertragspflichten hinausginge und auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft der Geschäftsführer gerichtet wäre (vgl. etwa VwGH vom 20. Jänner 2016, 2012/13/0059), kann daraus nicht abgeleitet werden.
25 Auch der Verweis auf gesetzliche Vorschriften, den Gesellschaftsvertrag und das anwaltliche Standesrecht ist nicht geeignet, eine Bindung der Geschäftsführer an persönliche - im Unterschied zu sachlichen, auf den Erfolg einer bestimmten Leistung gerichteten - Weisungen zu begründen.
26 Das Vertragsverhältnis ist davon geprägt, dass eine Weisungsbindung ausdrücklich ausgeschlossen ist und die Geschäftsführer an Ordnungsvorschriften wie Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten nicht gebunden sind. Dass die tatsächlichen Verhältnisse von der vertraglichen Vereinbarung abweichen würden, nimmt auch das Bundesfinanzgericht nicht an.
27 Vor diesem Hintergrund ist dem Bundesfinanzgericht nicht zu folgen, wenn es von Dienstverhältnissen iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 ausgegangen ist.
28 Dass die nicht wesentlich beteiligten Geschäftsführer als freie Dienstnehmer iSd § 4 Abs. 4 ASVG zu beurteilen wären und daher aus diesem Grund ihre Bezüge in die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer für das Jahr 2010 einzubeziehen wären, wurde vom Bundesfinanzgericht zu Recht nicht angenommen. Der Verweis in § 41 Abs. 2 FLAG bezieht sich auf die Bestimmung des § 4 Abs. 4 ASVG zur Gänze und umfasst damit auch die im zweiten Teilsatz enthaltenen Ausnahmebestimmungen (vgl. hiezu das Erkenntnis vom heutigen Tag, Ro 2016/15/0022). Nach § 4 Abs. 4 lit. c ASVG sind aber jene Tätigkeiten ausgenommen, die die Zugehörigkeit zu einer der Kammern der freien Berufe begründen, was hier der Fall ist (vgl. § 22 RAO).
29 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
30 Von der von der Revisionswerberin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
31 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet in §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das Mehrbegehren findet in diesen Bestimmungen keine Deckung.
Wien, am 26. Jänner 2017
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