VwGH Ra 2015/08/0093

VwGHRa 2015/08/00931.9.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Revision der Wirtschaftskammer Niederösterreich in St. Pölten, vertreten durch Dr. Peter-Leo Kirste, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Platzl 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Mai 2015, Zl. W178 2016881-1/2E, betreffend Beiträge nach dem ASVG, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht betreffend die Tätigkeit des gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG als Vortragenden pflichtversicherten M. S. für den Zeitraum April 2006 bis Jänner 2010 die Beitragsgrundlagen festgestellt und die revisionswerbende Partei verpflichtet, Beiträge von insgesamt EUR 66.481,51 abzüglich EUR 53.950,41 zu entrichten. M. S. sei vollzeitig (bis zu 60 Stunden pro Woche an sechs Tagen in der Woche) nur für die Revisionswerberin tätig gewesen und habe monatlich zwischen EUR 2.004,65 und EUR 3.178,80 verdient. Als Student sei er (im genannten Zeitraum) nicht tätig gewesen; er habe seine letzte Prüfung im Jahr 2004 abgelegt, sei danach aber inskribiert geblieben, damit seine früher absolvierten Prüfungen nicht "verfallen". Die Beitragsbegünstigung des § 49 Abs. 7 ASVG könne auf ihn schon deswegen keine Anwendung finden, weil seine Tätigkeit für die revisionswerbende Partei als Vortragender sowohl hauptberuflich ausgeübt worden sei, als auch die Hauptquelle seiner Einnahmen gebildet habe. Die Verjährungsfrist sei gemäß § 68 Abs. 1 ASVG auf fünf Jahre zu verlängern, weil die revisionswerbende Partei bei gehöriger Sorgfalt habe erkennen müssen, dass die gegenständlichen pauschalen Aufwandsentschädigungen als beitragspflichtiges Entgelt (iSd § 49 Abs. 1 ASVG) zu melden gewesen wären.

Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, es fehle an Rechtsprechung zur Frage, wann Hauptberuflichkeit iSd § 49 Abs. 7 ASVG vorliege. Sie vertritt die Auffassung, Hauptberuflichkeit iSd genannten Gesetzesstelle sei bei einer Person auszuschließen, die die Voraussetzungen für eine Selbstversicherung als Student iSd § 16 Abs. 2 Z 1 ASVG erfülle, ohne dass es auf das Ausmaß der Tätigkeit als Student ankäme. Überdies könne ihr (mit Blick auf § 68 Abs. 1 ASVG) kein Vorwurf gemacht werden, die Reichweite der Beitragspflicht nicht erkannt zu haben, weil sie diesbezüglich dem Rat eines Steuerberaters habe vertrauen dürfen.

Das Verwaltungsgericht hat in Anbetracht der unbestrittenen Feststellungen, dass M. S. zu den dargelegten (überdurchschnittlichen) Monatsentgelten vollzeitig für die revisionswerbende Partei tätig war und sonst keinerlei Tätigkeiten (auch nicht als Student) ausgeübt und keinerlei Einkünfte bezogen hat, das Tatbestandselement des § 49 Abs. 7 ASVG ("sofern die jeweilige Tätigkeit nicht den Hauptberuf und die Hauptquelle der Einnahmen bildet") nicht als erfüllt betrachtet. Die Richtigkeit dieser Subsumtion (und die Unerheblichkeit der von der Revisionswerberin ins Spiel gebrachten angeblichen Gegenausnahme) bedarf keiner höchstgerichtlichen Klarstellung, weil sie sich aus dem insoweit klaren Gesetzeswortlaut für den vorliegenden Sachverhalt eindeutig ergibt.

Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer konkreten Fallgestaltung liegt dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn das Gesetz selbst eine klare, eindeutige Regelung trifft. Die hier maßgebliche Rechtsfrage ist im Gesetz so eindeutig gelöst, dass im vorliegenden Fall nur eine Auslegungsmöglichkeit ernstlich in Betracht zu ziehen ist und Zweifel nicht entstehen können.

Zur Frage der Verjährungsfrist ist darauf zu verweisen, dass sich die revisionswerbende Partei in Anbetracht der völlig eindeutigen Rechtslage nicht mit der (behaupteten) Auskunft ihres Steuerberaters zu exkulpieren vermag (vgl. zur Pflicht, sich bei widersprüchlichen (bzw. dem Gesetz widersprechenden) Rechtsauffassungen mit Gewissenhaftigkeit mit dem Für und Wider eingehend auseinanderzusetzen, etwa das hg. Erkenntnis vom 10. September 2014, Zl. 2013/08/0120).

In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 1. September 2015

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