VwGH Ra 2015/07/0153

VwGHRa 2015/07/015328.1.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Revisionen des Dipl. Ing. V T in L, vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen die Beschlüsse des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich 1. vom 16. Juni 2015, Zl. LVwG-AV-211/001-2015 (Ra 2015/07/0153), 2. vom 28. Juni 2015, Zl. LVwG-AV-205/001-2015 (Ra 2015/07/0154), 3. vom 27. Juni 2015, Zl. LVwG-AV-210/001-2015 (Ra 2015/07/0155), 4. vom 30. Juni 2015, Zl. LVwG-AV-207/001-2015 (Ra 2015/07/0156), 5. vom 28. Juni 2015, Zl. LVwG-AV-206/001-2015 (Ra 2015/07/0157), 6. vom 29. Juni 2015, Zl. LVwG-AV-204/001-2015 (Ra 2015/07/0158), 7. vom 27. Juni 2015, Zl. LVwG-AV-213/001-2015 (Ra 2015/07/0159), und 8. vom 23. März 2015, Zl. LVwG-AV-215/001- 2015 (Ra 2015/07/0161), jeweils betreffend Abberufung als Deponieaufsichtsorgan (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Niederösterreich; mitbeteiligte Parteien: 1. G H GesmbH in G, 2. Dipl.-Ing. M G in W, (beide zu 1.), 3. H H G in S, (zu 2.), 4. Dipl.-Ing. P R in H, (zu 2. und 4.), 5. H Z GmbH in H, (zu 3.), 6. Ing. B D in W, (zu 3., 7. und 8.), 7. Z A GmbH in H, (zu 4.), 8. F D GmbH in W, (zu 5.), 9. Dipl.-Ing. G W Gesellschaft mbH in W, (zu 5. und 6.),

10. R M in O, (zu 6.), 11. P GmbH in W, (zu 7.) und 12. H GmbH in N, vertreten durch Andrew P. Scheichl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wipplingerstraße 20/8-9, (zu 8.)), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §76;
AWG 2002 §49 Abs3;
AWG 2002 §49 Abs4;
AWG 2002 §49 Abs5;
AWG 2002 §49 Abs6;
AWG 2002 §49;
AWG 2002 §63 Abs3 idF 2007/I/043;
AWG 2002;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §120;
WRG 1959 §138 Abs3;
WRG 1959 §31 Abs3;
AVG §76;
AWG 2002 §49 Abs3;
AWG 2002 §49 Abs4;
AWG 2002 §49 Abs5;
AWG 2002 §49 Abs6;
AWG 2002 §49;
AWG 2002 §63 Abs3 idF 2007/I/043;
AWG 2002;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §120;
WRG 1959 §138 Abs3;
WRG 1959 §31 Abs3;

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit mehreren Bescheiden des Landeshauptmannes von Niederösterreich wurde der Revisionswerber jeweils als Deponieaufsichtsorgan im Sinne des § 63 Abs. 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) hinsichtlich näher genannter Deponien abberufen. Ebenso wurde vom Landeshauptmann in den, den hg. Zlen. Ra 2015/07/0153, Ra 2015/07/0155, Ra 2015/07/0156, Ra 2015/07/0159 und Ra 2015/07/0161 zugrundeliegenden Verfahren eine dem Revisionswerber mit Bescheid erteilte Ermächtigung, Daten gemäß § 22a Abs. 1 Z 1 lit. c AWG 2002 hinsichtlich näher genannter Deponien an das Register zu übermitteln, widerrufen. Gleichzeitig erfolgte jeweils die Bestellung eines anderen Deponieaufsichtsorganes und dessen Ermächtigung gemäß § 22a Abs. 4 AWG 2002.

Die gegen diese Bescheide vom Revisionswerber erhobenen Beschwerden wurden mit den angefochtenen Beschlüssen des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich als unzulässig zurückgewiesen.

Begründend führte das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 1995, 94/07/0102, jeweils aus, bei der Bestellung einer privaten Person als Deponieaufsichtsorgan handle es sich nicht um einen Fall der "Beleihung" dieser Person mit hoheitlichen Befugnissen, das Deponieaufsichtsorgan werde auch nicht zur Setzung von Hoheitsakten ermächtigt. Anders als Organe der öffentlichen Aufsicht werde ein Deponieaufsichtsorgan durch Werkvertrag beauftragt, zwar für die Behörde, aber doch eigenständig bestimmte Handlungen des Deponiebetreibers bei der Deponieerrichtung bzw. im Deponiebetrieb zu überwachen und der Behörde über diese Aufsichtstätigkeit zu berichten. Das Deponieaufsichtsorgan handle lediglich als "verlängerter Arm" der Behörde und habe trotz der Bezeichnung als "Aufsichtsorgan" keine Organstellung im Rechtssinn. In den abfallrechtlichen Vorschriften würden dem Deponieaufsichtsorgan weder bestimmte Verfahrensrechte im Abbestellungsverfahren eingeräumt, noch existierten "an die Organfunktion geknüpfte wirtschaftliche Vorteile" im öffentlichen Recht. Dem Deponieaufsichtsorgan stehe lediglich ein zivilrechtlicher Anspruch auf Entlohnung aus dem zwischen der bestellenden Behörde und ihm abgeschlossenen Werkvertragsverhältnis zu. Der Abbestellungsbescheid beende lediglich die Duldungspflichten des Konsensträgers und hebe die Kostenersatzpflicht des Deponiebetreibers für eine weitere Tätigkeit dieses Aufsichtsorgans auf. Dem Aufsichtsorgan gegenüber enthielten die erstinstanzlichen Bescheide lediglich die zivilrechtlich relevante Willenserklärung der einseitigen Beendigung des Werkvertragsverhältnisses namens des von der Behörde repräsentierten Rechtsträgers. Im Hinblick auf die Stellung des Deponieaufsichtsorganes als Hilfsorgan der Behörde sei von einem zivilrechtlichen Vertragsverhältnis auszugehen. Allfällige aus der Auflösung des Werkvertragsverhältnisses resultierende vermögensrechtliche Ansprüche seien vom Revisionswerber im Zivilrechtsweg zu verfolgen. Ein subjektivöffentliches Recht werde ihm dadurch aber nicht eingeräumt. Deshalb sei es dem Verwaltungsgericht verwehrt, die Rechtmäßigkeit der Beendigung des zwischen dem Revisionswerber und der Behörde abgeschlossenen zivilrechtlichen Vertrages zu prüfen. Die Rechtmäßigkeit des Widerrufes der Ermächtigung gemäß § 22a Abs. 4 AWG 2002 ergebe sich aus dem Verlust der Stellung als Deponieaufsichtsorgan. Der Revisionswerber könne durch den Abbestellungsakt in seinen Rechten mangels Einräumung eines solchen nicht verletzt sein.

Mit den Beschlüssen des Verfassungsgerichtshofes (jeweils) vom 17. September 2015, E 1356/2015-8, E 1443/2015-6, E 1425/2015- 6, E 1441/2015-6, E 1442/2015-6, E 1440/2015-6 und E 1424/2015-6, sowie dem Beschluss vom 11. Juni 2015, E 686/2015-7, wurde die Behandlung der vom Revisionswerber gegen die angefochtenen Beschlüsse des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich erhobenen Beschwerden abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof jeweils u. a. aus:

"Die Beschwerde rügt die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz. Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Frage, ob der Beschwerdeführer durch die Abberufung als Deponieaufsichtsorgan iSd § 63 Abs. 3 AWG 2002 in subjektivöffentlichen Rechten verletzt sein kann, nicht anzustellen."

2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

3. In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

3.1. Zur Zulässigkeit der vorliegenden außerordentlichen Revisionen bringt der Revisionswerber vor, die in dem zur wasserrechtlichen Bauaufsicht gemäß § 120 WRG 1959 ergangenen Beschluss 94/07/0102 des Verwaltungsgerichtshofes vertretene Rechtsansicht sei überholt. Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 30. Juni 2007, VfSlg. 18.191, betreffend einen Vorstandsbeschluss der Arbeiterkammer Tirol (AK) über die Abberufung des Direktors der AK ausgeführt, dass der Abberufungsakt ein Hoheitsakt gewesen sei, der mit Bescheid zu ergehen habe, und der Direktor der AK über ein subjektivöffentliches Recht verfüge, nur bei Vorliegen der gesetzlich normierten Voraussetzungen seines Amtes enthoben und seiner damit zusammenhängenden Rechte verlustig zu werden.

Die gegenständliche Abberufung von Deponieaufsichtsorganen habe aufgrund klarer gesetzlicher Vorgaben über die Bestellung im § 63 Abs. 3 AWG 2002 mit einem contrarius actus, d.h. mit Bescheid - somit Hoheitsakt - zu erfolgen.

Der Verwaltungsgerichtshof habe die dargestellte Auffassung des Verfassungsgerichtshofes übernommen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 20. November 2007, 2007/11/0157) und in seiner Rechtsprechung konsequent fortgesetzt. In dem Erkenntnis vom 9. September 2009, 2008/10/0252, (betreffend die Abberufung des Rektors der Medizinischen Universität Innsbruck) sei ausgeführt worden, dass die Abberufung mit Bescheid zu erfolgen habe und der individuell-normative Abberufungsakt als Eingriff in die (durch die Bestellung zum Rektor erlangte) Rechtssphäre des Rektors zu qualifizieren sei, mit welchem ein Einkommensentgang wegen der ex lege eintretenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses verbunden sei.

Diese Rechtsprechung müsse konsequenterweise auch für die Deponieaufsichtsorgane gelten, weil ihre Bestellung vom Gesetzgeber als Hoheitsakt (mit Bescheid) angeordnet und ihnen bestimmte, an ihre Funktion anknüpfende wirtschaftliche Vorteile zugesprochen würden. Der Verwaltungsgerichtshof nehme schon längst die Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten an, wenn mit der Abberufung eines Organs ein Einkommensentgang verbunden sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 28. September 1990, 89/17/0041).

Da die im Beschluss 94/07/0102 vertretene Rechtsansicht aufgrund der dargestellten (neueren) Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes überholt sei, wichen die angefochtenen Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.

Andererseits sei aufgrund der dargestellten Änderung der Rechtsprechung im Jahr 2007 die Rechtsfrage, ob Deponieaufsichtsorgane ohne Weiteres und ohne jegliche Begründung mit Bescheid von ihrer Funktion abberufen werden dürften, weil ihr Rechtsverhältnis zur Deponiebehörde ein privatrechtliches sei, im Hinblick auf die überholte Rechtsansicht im Beschluss 94/07/0102 nicht einheitlich beantwortet. Es fehle nämlich jede sachliche Rechtfertigung dafür, dass etwa ein Direktor der AK oder der Rektor einer Universität im Hinblick auf ihr öffentlichrechtliches Rechtsverhältnis zu der bestellenden bzw. abberufenden Körperschaft und die damit verbundenen finanziellen Einbußen nur bei Vorliegen von gesetzlich normierten Voraussetzungen von deren Funktion abberufen werden und ihre Ansprüche vor Verwaltungsgerichten geltend machen könnten, während Deponieaufsichtsorgane, die ebenso mit einem Hoheitsakt (Bescheid) bestellt bzw. abberufen würden und mit ihrer Abberufung ebenso Einkommenseinbußen hinnehmen müssten, mit ihren Bedenken gegen die Rechtsmäßigkeit ihrer Abberufung auf den Zivilrechtsweg verwiesen würden.

3.2. § 63 AWG 2002 in der Fassung BGBl. I Nr. 43/2007 lautet:

"§ 63. (...)

(3) Die Behörde hat zur Überprüfung von Deponien mit Bescheid eine Deponieaufsicht zu bestellen; § 49 Abs. 3 bis 6 gelten sinngemäß. Die Deponieaufsicht hat die Einhaltung dieses Bundesgesetzes und der darauf beruhenden Verordnungen und Bescheide, insbesondere betreffend die Instandhaltung, den Betrieb, einschließlich der zu führenden Aufzeichnungen, und die Nachsorge, regelmäßig zu überprüfen. Sie hat der Behörde darüber jährlich zu berichten. Wird bei Beanstandungen keine Übereinstimmung zwischen dem Deponieaufsichtsorgan und dem Inhaber der Deponie über die zu treffenden Maßnahmen erzielt, ist unverzüglich der Behörde zu berichten. Weitere Maßnahmen sind, soweit im Einzelfall erforderlich, von der Behörde mit Bescheid festzulegen.

(...)"

§ 49 AWG 2002, BGBl. I. Nr. 102/2002, auf den in der

vorgenannten Bestimmung verwiesen wird, lautet:

"§ 49. (...)

(3) Die Aufsichtsorgane sind berechtigt, jederzeit Untersuchungen, Vermessungen und Prüfungen an der Baustelle vorzunehmen, Einsicht in Behelfe oder sonstige Unterlagen zu nehmen und erforderlichenfalls Baustoffe, Bauteile und bautechnische Maßnahmen zu beanstanden. Wird keine Übereinstimmung über die zu treffenden Maßnahmen erzielt, so ist unverzüglich die Entscheidung der Behörde einzuholen.

(4) Die Aufsichtsorgane sind zur Wahrung der ihnen zur Kenntnis gelangenden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verpflichtet.

(5) Durch die Abs. 1 bis 4 werden andere einschlägige Bestimmungen, wie bau- oder gewerbepolizeiliche Vorschriften, nicht berührt. Auch wird die Verantwortlichkeit der Inhaber einer Deponie und der Bauführer durch die Bestellung einer Bauaufsicht nicht eingeschränkt.

(6) Die Kosten der Bauaufsicht sind vom Inhaber der Deponie zu tragen."

Die zuletzt zitierte Bestimmung ist weitgehend ident mit jener des § 120 WRG 1959, die dem hg. Beschluss vom 27. Juni 1995, 94/07/0102, betreffend die Enthebung von der Betrauung mit der wasserrechtlichen Aufsicht im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb einer Deponie zugrunde lag. Der Verwaltungsgerichtshof hielt darin fest, dass § 120 WRG 1959 Anordnungen nur über das Rechtsverhältnis zwischen dem Konsensinhaber und dem Aufsichtsorgan einerseits und zwischen dem Konsensinhaber und der Behörde andererseits enthält, während sie über das Rechtsverhältnis zwischen Aufsichtsorgan und Behörde schweigt. Das Rechtsverhältnis zwischen Behörde und Aufsichtsorgan in der hier interessierenden Hinsicht ist kein solches des öffentlichen, sondern eines des privaten Rechtes. Wie im Falle der Betrauung eines Unternehmers mit der Durchführung der Ersatzvornahme im Rahmen der Zwangsvollstreckung oder mit der Durchführung notstandspolizeilicher Maßnahmen nach § 31 Abs. 3 oder § 138 Abs. 3 WRG 1959 ist es das privatrechtliche Rechtsinstitut des Werkvertrages, dessen sich die Behörde im Verhältnis zu dem als Hilfsorgan herangezogenen Dritten zur Durchsetzung behördlicher Aufgaben zu bedienen hat. Die Regeln des Privatrechts bestimmen auch den Entlohnungsanspruch des Aufsichtsorganes für seine Leistung der Behörde gegenüber. Das Verhältnis der Behörde zum Aufsichtsorgan ist nach privatem Recht auch im Zusammenhang mit der Frage einer Berechtigung der Behörde zu beurteilen, die insoweit privatrechtlich erfolgte Bestellung zu widerrufen und im Verhältnis zum bestellten Organ das zivilrechtliche Werkvertragsdauerschuldverhältnis zu beenden. Dem Aufsichtsorgan gegenüber enthält der Enthebungsbescheid lediglich die zivilrechtlich relevante Willenserklärung der einseitigen Beendigung des Werkvertragsverhältnisses namens des von der Behörde repräsentierten Rechtsträgers. Aus dieser rechtsgeschäftlichen Willenserklärung resultierende Ansprüche welchen Inhaltes immer hat die von ihrer Funktion enthobene Person im Rechtsweg zu verfolgen. Subjektiv-öffentliche Rechte aber wurden ihr gegenüber durch den seinerzeitigen Bestellungsakt nicht eingeräumt (vgl. auch den hg. Beschluss vom 27. Juni 1995, 94/07/0137).

Diese Grundsätze gelten auch für die gegenständliche Frage der Abberufung eines Deponieaufsichtsorganes nach § 63 Abs. 3 iVm § 49 Abs. 3 bis 6 AWG 2002. Die angefochtenen Beschlüsse des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich stehen im Einklang mit dieser Judikatur.

Die vom Revisionswerber zitierte, zeitlich nach dem hg. Beschluss 94/07/0102 ergangene Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gibt keine Veranlassung, im vorliegenden Fall die im Beschluss 94/07/0102 vertretene und auch für den vorliegenden Fall einschlägige Rechtsansicht als "überholt" zu beurteilen:

Der in den Zulässigkeitsausführungen der Revision hervorgehobene Umstand, dass die Abberufung (ebenso wie die Bestellung) des Deponieaufsichtsorganes mit Bescheid zu erfolgen habe, stellt keinen Unterschied zu der dem hg. Beschluss 94/07/0102 im Zusammenhang mit § 120 WRG 1959 zugrundeliegenden Sach- und Rechtslage dar und bedeutet vorliegend nicht, dass der zum Deponieaufsichtsorgan bestellten Person mit dem Bestellungsakt subjektiv-öffentliche Rechte eingeräumt wurden.

Auch der Verfassungsgerichtshof hat in dem vom Revisionswerber zitierten Erkenntnis VfSlg. 18.191/2007 trotz der davor erfolgten Darlegungen, dass die Abberufung des Direktors der AK durch einen Hoheitsakt vorgenommen werde, in weiterer Folge festgehalten, dass Vorschriften, die nur die Ausübung staatlicher Funktionen zum Gegenstand haben, nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die Rechtssphäre der diese Funktion ausübenden Organwalter grundsätzlich nicht berührten, soweit sich aus den in Betracht zu ziehenden Regelungen (verfassungsgesetzlicher oder einfachgesetzlicher Art) nicht etwas anderes ergebe. Wenn aber - so der Verfassungsgerichtshof - die Ausübung einer bestimmten staatlichen Funktion gleichzeitig Rechte vermittle (so etwa bei einem Beamten die Dienstrechtssphäre berühre), werde die Rechtssphäre der Person (die in anderer Beziehung Organwalter sei) betroffen. Eine solche Rechtssphäre habe der Verfassungsgerichtshof in jenen Fällen angenommen, in denen der Gesetzgeber den jeweiligen Organwalter entweder durch Einräumung von bestimmten Verfahrensrechten im Verfahren der Enthebung von der staatlichen Funktion oder durch Einräumung von bestimmten - an die Organfunktion angeknüpften - wirtschaftlichen Vorteilen mit subjektiven öffentlichen Rechten ausgestattet habe (vgl. auch die dazu im Erkenntnis VfSlg. 18.191/2007 zitierte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes).

Unter Bezugnahme auf die soeben wiedergegebenen Rechtsgrundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 9. September 2009, 2008/10/0252, einen individuell-normativen Abberufungsakt (dort: im Fall eines Universitätsrektors) als Eingriff in die Rechtssphäre des Organwalters qualifiziert, wobei die Abberufung an das Vorliegen gesetzlich normierter Abberufungsgründe geknüpft war, jedenfalls zur Abberufung "von Amts wegen" eine qualifizierte Mehrheit erforderlich war und durch die Abberufung das mit der Organfunktion verbundene Arbeitsverhältnis ex lege mit der Konsequenz eines Einkommensentgangs beendet wurde.

Demgegenüber enthält das AWG 2002 keine Regelungen zur Abberufung eines Deponieaufsichtsorganes. Somit lässt sich dem Gesetz auch nicht die Notwendigkeit des Vorliegens bestimmter (allenfalls schwerwiegender) Gründe für eine Abberufung des Deponieaufsichtsorganes entnehmen (vgl. zu diesem Aspekt auch das hg. Erkenntnis vom 20. November 2007, 2007/11/0157, und den hg. Beschluss vom 17. Juni 2014, 2012/04/0161).

Der Gesetzgeber hat dem Deponieaufsichtsorgan auch keine bestimmten Verfahrensrechte im Verfahren der Enthebung von seiner Funktion eingeräumt.

Soweit der Revisionswerber auf mit der Funktion des Deponieaufsichtsorganes verbundene "wirtschaftliche Vorteile" und auf einen mit der Abberufung von dieser Funktion verbundenen "Einkommensentgang" hinweist, ist anzumerken, dass der Gesetzgeber einen "Entgeltanspruch" des Deponieaufsichtsorganes nur insoweit normiert, als gemäß § 49 Abs. 6 AWG 2002 "die Kosten der Bauaufsicht" vom Inhaber der Deponie zu tragen sind. Diese stellen Barauslagen im Sinne des § 76 AVG dar, wobei als angemessenes Entgelt (vergleichbar dem eines nicht amtlichen Sachverständigen) die Honorarrichtlinie für Ziviltechnikertarife zu sehen ist (vgl. dazu die Ausführungen in

Bumberger/Hochholdinger/Niederhuber/Wolfslehner, Abfallwirtschaftsgesetz 20022, K 6 zu § 49 AWG 2002, sowie die Erläuterungen RV 178, XXI. GP zur Bestimmung des § 30e AWG 1990).

Auch darin unterscheidet sich der vorliegende Fall etwa vom Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 18.191/2007, in dem darauf abgestellt wurde, dass dem Direktor der AK von Gesetzes wegen ein Rechtsanspruch auf ein Gehalt sowie eine Verwendungszulage zukam, die einen über eine bloße Aufwandsentschädigung hinausgehenden grundlegenden Einkommensbestandteil, der an seine Funktion als Direktor geknüpft ist, darstellte (vgl. zum Aspekt eines Rechtsanspruches auf ein Gehalt einschließlich einer beträchtlichen, über einen bloßen Aufwandersatz hinausgehenden Verwendungszulage, die einen tatsächlichen Einkommensbestandteil bildet, auch den Beschluss vom 25. Februar 2011, VfSlg. 19.309). Im hg. Erkenntnis 2008/10/0252 wurde ein Einkommensentgang wegen der mit dem öffentlichrechtlichen Akt der Abberufung von der Funktion des Rektors einer Universität ex lege eintretenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses angenommen.

Entsprechend den zutreffenden Ausführungen in den angefochtenen Beschlüssen des Landesverwaltungsgerichtes existieren hingegen im vorliegenden Fall des Deponieaufsichtsorganes keine an die Organfunktion geknüpften wirtschaftlichen Vorteile im öffentlichen Recht. Dem Deponieaufsichtsorgan steht lediglich ein zivilrechtlicher Anspruch auf Entlohnung aus dem zwischen der bestellenden Behörde und ihm abgeschlossenen Werkvertragsverhältnis zu. Der Gesetzgeber hat - worauf das Verwaltungsgericht in einer historischen Interpretation des § 63 Abs. 3 AWG 2002 ebenso zutreffend verwies -

in Kenntnis der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (94/07/0102) weder in der Stammfassung des AWG 2002 (BGBl. I Nr. 102/2002) noch in den zwischenzeitlich beschlossenen Novellen dieses Gesetzes eine legistische Änderung der Rechtsstellung des Deponieaufsichtsorganes vorgenommen.

Dass die im hg. Beschluss 94/07/0102 vertretene Rechtsansicht keineswegs aufgrund der vom Revisionswerber zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und der (darauf Bezug nehmenden) jüngeren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes "überholt" ist, ergibt sich auch aus der in den vorliegenden Fällen mit Beschlüssen des Verfassungsgerichtshofes erfolgten Ablehnung der vom Revisionswerber erhobenen Beschwerden, in denen vom Verfassungsgerichtshof hervorgehoben wurde, dass spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen insbesondere zur Beantwortung der Frage, ob der Beschwerdeführer durch die Abberufung als Deponieaufsichtsorgan iSd § 63 Abs. 3 AWG 2002 in subjektivöffentlichen Rechten verletzt sein könne, nicht anzustellen seien.

Bereits zuvor hatte der Verfassungsgerichtshof den Anträgen des Revisionswerbers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung keine Folge gegeben. In sieben der acht Beschlüsse zu den Aufschiebungsanträgen war dabei festgehalten worden, es erübrige sich ein Eingehen auf die Frage, ob die Abberufung des Revisionswerbers als Deponieaufsichtsorgan diesen überhaupt in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzen könne, wobei auf den hg. Beschluss 94/07/0102 verwiesen worden war.

Der Verwaltungsgerichtshof hält aus den dargestellten Erwägungen an seiner bisherigen Judikatur fest, von der das Verwaltungsgericht nicht abgewichen ist.

Die Revisionen waren daher zurückzuweisen.

Wien, am 28. Jänner 2016

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