VwGH Ra 2015/05/0065

VwGHRa 2015/05/006526.9.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision der P GmbH in L, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 23. März 2015, Zl. LVwG-150358/2/MK/EG, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Gemeinde L; weitere Partei:

Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

BauO OÖ 1994 §50 Abs2;
BauO OÖ 1994 §50 Abs4;
BauRallg;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Gemeinde Lochen am See hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Schreiben vom 8. April 2010 beantragte die Revisionswerberin beim Bürgermeister der Gemeinde L (im Folgenden: Bürgermeister) die Bewilligung der Änderung des Verwendungszweckes mehrerer baubewilligter Gebäude auf einer näher bezeichneten Liegenschaft der KG T zum Betrieb "Tierheim". Nach seitens des Bürgermeisters ergangener Aufforderung zur Verbesserung teilte die Revisionswerberin mit Schreiben vom 17. September 2013 mit, dass von ihr nunmehr ein landwirtschaftlicher Betrieb geführt und der Tierheimbetrieb auf ein Minimum (Erdgeschoß eines einzigen Gebäudes) eingeschränkt werde. Eine Änderung des Verwendungszweckes sei daher nur hinsichtlich des dem Tierheimbetrieb dienenden Gebäudes mit der Bezeichnung G 11 A (im Folgenden: Nebengebäude) erforderlich, weshalb der Antrag hinsichtlich der übrigen Gebäude zurückgezogen werde. Das betreffende Nebengebäude werde im Erdgeschoß auf 162 m2 als Tierheim genutzt; im ersten Stock des Nebengebäudes befänden sich auf einer Fläche der bewilligten Kleinwohneinheit Büroflächen und keine Tierhaltung.

2 Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 9. April 2014 wurde der Revisionswerberin die Verwendung des Nebengebäudes auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück gemäß § 50 Abs. 2 und 4 Oö. Bauordnung 1994 (im Folgenden: BO) untersagt.

3 Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Revisionswerberin mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B (im Folgenden: BH) vom 3. April 2007 die Bewilligung zum Betrieb eines Tierheimes auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft erteilt worden sei. Das verfahrensgegenständliche Grundstück sei im maßgeblichen Flächenwidmungsplan als Grünland ausgewiesen. Der Betrieb eines Tierheimes erfordere jedoch eine entsprechende Sonderausweisung gemäß § 30 Abs. 8 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (im Folgenden: ROG), die für dieses Grundstück nicht vorliege. Das Nebengebäude werde im Erdgeschoß als Tierheim verwendet, baugenehmigt sei jedoch ein "Remisenraum und ein Laufstall-Jungpferde". Auf Grund der eindeutigen Widmungswidrigkeit der Verwendung sei eine unbedingte Untersagung auszusprechen gewesen, da in einem solchen Fall dem Eigentümer der baulichen Anlage die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes naturgemäß nicht möglich sei.

4 In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Revisionswerberin im Wesentlichen vor, es ergebe sich nicht klar aus dem Gesetz, dass ein Tierheim eine Sonderausweisung im Grünland nach § 30 ROG benötige, weil sich der Begriff "Tierheim" in § 30 Abs. 3 leg. cit. nicht finde. Die Revisionswerberin habe aber ohnehin den Antrag gestellt, das verfahrensgegenständliche Grundstück im Grünland als Tierheim oder in einer sonstigen tauglichen Form gesondert auszuweisen, weshalb der Antrag gestellt werde, das baubehördliche Auftragsverfahren bis zum Abschluss des Verfahrens über den Antrag auf Sonderausweisung im Grünland auszusetzen.

5 Mit Bescheid des Gemeindesrates der Gemeinde L (im Folgenden: belangte Behörde) vom 4. Juli 2014 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Dazu wurde im Wesentlichen ausgeführt, aus der Tatsache, dass die BH mit Bescheid vom 3. April 2007 der Revisionswerberin die Bewilligung zum Betrieb eines Tierheimes auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft erteilt habe, ergebe sich, dass die Revisionswerberin ein Tierheim und damit keinen herkömmlichen landwirtschaftlichen Betrieb führe. Im Gutachten des Amtes der Oö. Landesregierung vom 17. Jänner 2014 und in der ergangenen Ergänzung vom 14. April 2014 sei festgestellt worden, dass es sich eindeutig um keinen landwirtschaftlichen Betrieb handle. Im Übrigen habe die belangte Behörde in ihrer Sitzung am 26. Juni 2014 beschlossen, die gegenständliche Liegenschaft nicht mit einer Grünland Sonderausweisung "Tierheim" zu versehen.

6 In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde wies die Revisionswerberin zunächst darauf hin, dass das Verfahren über ihren Antrag vom 8. April 2010 betreffend die Bewilligung der Änderung des Verwendungszweckes zur Nutzung des Nebengebäudes bei der Baubehörde erster Instanz anhängig sei. Es sei unbestritten, dass für das Nebengebäude ein baurechtlicher Konsens vorliege. Die Baubehörde führe aber zum konkreten Inhalt der Baubewilligung und zu allfälligen Auflagen und Bedingungen nichts aus und treffe dazu keine konkreten Feststellungen, weswegen die Beischaffung des Baubewilligungsaktes aus dem Jahr 1974 beantragt werde, um feststellen zu können, ob und inwieweit dieser 40 Jahre alte Konsens die nunmehrige Verwendung des Nebengebäudes decke oder dieser entgegenstehe. Inhaltlich rechtswidrig seien die Bescheide vom 9. April und 4. Juli 2014 aber schon deshalb, weil darin "die Verwendung" des Nebengebäudes untersagt werde, was einerseits mit der Baubewilligung aus dem Jahr 1974 und andererseits mit der Gesetzeslage nicht in Einklang zu bringen sei. Die Gemeindebehörden hätten festzustellen gehabt, wie die konkrete Nutzung des Objektes im Erd- und Obergeschoß tatsächlich aussehe, auf dieser Basis erörtern müssen, ob und in welcher Form bzw. in welchem Ausmaß dies mit dem baurechtlichen Konsens in Einklang stehe oder nicht, und konkret diese gegebene Nutzung des Nebengebäudes untersagen müssen und nicht dessen Nutzung an sich. Eine gänzliche Nutzungsuntersagung sei somit rechtswidrig.

7 Die Gemeinde habe übersehen, dass § 30 Abs. 3 ROG Arten der Verwendung des Grünlandes beschreibe, welche demnach nicht Land- und Forstwirtschaft seien und welche - nur nach Erfordernis - unter anderem als Sport- bzw. Erholungsflächen, Dauerkleingärten, Erwerbsgärtnereien, Friedhöfe sowie Grünzüge oder Trenngrün auszuweisen seien. Dass ein Tierheim gesondert auszuweisen sei, ergebe sich aus § 30 Abs. 2 ROG nicht und es könne dem Landesgesetzgeber auch nicht unterstellt werden, über einen Zeitraum von mehr als vier Jahrzehnten die verpflichtende Sonderausweisung eines Tierheimes im Grünland nicht in das Gesetz aufgenommen zu haben, wenn hierfür eine Notwendigkeit bestanden hätte. Dass es sich beim gegenständlichen Nebengebäude um ein landwirtschaftliches Gebäude handle, ergebe sich schon aus dem Bescheid des Bürgermeisters vom 9. April 2014, wonach eine Baugenehmigung für einen Remisenraum und einen Laufstall für Jungpferde vorliege. Wenn die Verwendung eines derartigen Gebäudes gemäß § 30 Abs. 6 ROG sogar für Klein- und Mittelbetriebe, die die Umgebung nicht wesentlich störten, zulässig sei, gelte dies jedenfalls auch für ein Tierheim auf einer gut 5 ha großen Fläche, welche abgeschieden und kilometerweit vom Ortszentrum entfernt gelegen sei. Dass die Voraussetzungen des § 30 Abs. 6 ROG für die Nutzung des Nebengebäudes als Tierheim nicht vorlägen, behaupte die belangte Behörde zu Recht nicht. Beim Tierheim der Revisionswerberin handle es sich um einen Betrieb vergleichbar mit einem Klein- und Mittelbetrieb, der die Umgebung nicht wesentlich störe, das Nebengebäude sei erhaltungswürdig und weise eine Verbindung zum öffentlichen Straßennetz auf, wobei keine Maßnahmen vorgenommen würden, die das äußere Erscheinungsbild des Nebengebäudes verändern bzw. das Orts- und Landschaftsbild beeinträchtigen würden, weshalb die Verwendung dieses Objektes als Teil ihres Tierheimes nach § 30 Abs. 6 ROG zulässig sei. Zum Beweis dafür werde die Einholung eines bautechnischen Amtssachverständigengutachtens beantragt. Weiters beantragte die Revisionswerberin unter anderem die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

9 In der Begründung legte das Verwaltungsgericht nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens dar, dass es Beweis aufgenommen habe durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Auf dessen Grundlage hätten trotz Komplexität der Sach- und Rechtslage weitere Ermittlungsschritte - insbesondere die Durchführung einer mündlichen Verhandlung - unterbleiben können, da keine weitere Klärung des in diesem Verfahren gegenständlichen Sachverhaltes zu erwarten gewesen sei. Es seien diesbezüglich ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen gewesen. Der Sachverhalt stehe, was seine entscheidungsrelevanten Aspekte anbelange, fest.

10 Nach der Wiedergabe von Rechtsvorschriften führte das Verwaltungsgericht in seiner rechtlichen Beurteilung im Wesentlichen aus, vor dem Hintergrund des anhängigen Bewilligungsverfahrens sei im gegenständlichen Anlassfall primär die Frage von Bedeutung, ob der Betrieb eines Tierheimes einer Sonderwidmung nach § 30 Abs. 3 ROG bedürfe oder nicht. Der Gesetzgeber gehe vom Erfordernis einer Sonderwidmung dann aus, wenn Flächen des Grünlandes nicht für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt seien und nicht zum Ödland gehörten. Es sei somit vorab zu prüfen, ob im gegenständlichen Fall ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb vorliege. Ohne noch auf fachlich detaillierte Beweisergebnisse im Ermittlungsverfahren einzugehen, sei festzuhalten, dass sich die Haltung von Tieren im Rahmen eines Tierheimes grundlegend von jener im Zuge der landwirtschaftlichen Urproduktion unterscheide. Unter Zugrundelegung der für die Qualifikation einer Tätigkeit als Land- und Forstwirtschaft maßgeblichen Faktoren, wie etwa Betriebsgröße, Ertragsaussichten im Sinn von Einkommenskalkulation, etc., könne der Betrieb eines Tierheimes einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht begründen, zumal Tätigkeiten wie die Tiervermittlung oder die Abhaltung von Seminaren auch nicht dem landwirtschaftlichen Nebengewerbe zugerechnet werden könnten. Selbst im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen (Voll‑)Betriebes sei die Führung eines Tierheimes davon getrennt zu betrachten und somit einer Sonderwidmung zuzuführen. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass der Betrieb eines Tierheimes keine Tätigkeit im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft darstelle und daher einer Sonderwidmung bedürfe.

11 Zum zweiten zentralen Punkt der Beschwerde, es handle sich bei einem Tierheim um einen unter die Bestimmung des § 30 Abs. 6 ROG fallenden Betrieb, sei auszuführen, dass selbst bei Zutreffen dieser Annahme für die Revisionswerberin nichts zu gewinnen sei, da es sich bei dieser Bestimmung um eine Erweiterung des Abs. 5 der zitierten Norm handle, also um eine Regelung der zulässigen Bebauung und Nutzung von Gebäuden im Grünland. Daraus könne nicht geschlossen werden, dass Maßnahmen nach Abs. 6 der zitierten Norm (generell) keiner Sonderwidmung bedürften.

12 Im Ergebnis sei festzuhalten, dass der Betrieb eines Tierheimes auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück infolge des Nichtvorliegens der dafür notwendigen Sonderwidmung unzulässig sei, weshalb "der entsprechende Bewilligungsantrag" abzuweisen gewesen sei.

13 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 11. Juni 2015, E 799/2015-7, deren Behandlung ablehnte und sie über nachträglichen Antrag der Revisionswerberin mit Beschluss vom 30. Juli 2015, E 799/2015-11, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

14 In ihrer Revision beantragte die Revisionswerberin die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses.

15 Das Verwaltungsgericht legte die Revision unter Anschluss der Verfahrensakten vor.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

16 Die Revision erweist sich angesichts der Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung zur Unzulässigkeit der gänzlichen Untersagung der Benützung des Nebengebäudes als zulässig.

17 Die maßgeblichen Bestimmungen der BO, LGBl. Nr. 66/1994 in der Fassung LGBl. Nr. 90/2013, lauten auszugsweise:

"§ 24

Bewilligungspflichtige Bauvorhaben

(1) Folgende Bauvorhaben bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung), soweit die §§ 25 und 26 nichts anderes bestimmen:

...

3. die Änderung des Verwendungszwecks von Gebäuden

(Gebäudeteilen) oder sonstigen Bauwerken gemäß Z 2, wenn dadurch zusätzliche schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten sind;

..."

"§ 50

Benützung baulicher Anlagen

(1) Bauliche Anlagen dürfen nur entsprechend den für sie geltenden baurechtlichen Vorschriften benützt werden. ...

(2) Darüber hinaus dürfen bauliche Anlagen, für die eine Baubewilligung erteilt wurde, nur entsprechend dieser Bewilligung sowie entsprechend den Auflagen und Bedingungen dieser Bewilligung benützt werden.

...

(4) Erlangt die Baubehörde Kenntnis, daß eine bauliche Anlage nicht entsprechend Abs. 2 benützt wird, hat sie dem Eigentümer mit Bescheid die dem Abs. 2 widersprechende Benützung zu untersagen. Dies gilt nicht für Änderungen, die keiner Bewilligung nach § 24 Abs. 1 Z 3 bedürfen.

..."

18 § 24 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, lautet auszugsweise:

"Verhandlung

§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

...

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.

...

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

..."

19 Die Revisionswerberin bringt im Wesentlichen vor, dass die gänzliche Nutzung des Nebengebäudes untersagt worden sei, obwohl eine Baubewilligung aus dem Jahr 1974 vorliege und § 50 Abs. 2 und 4 BO auf die konsensgemäße Nutzung abstellten. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. November 2006, Zl. 2006/05/0206, sei festgestellt worden, dass es bei der Beurteilung der Frage, ob die Nutzung eines Gebäudes zu Recht erfolge, allein auf den Inhalt der rechtskräftigen Baubewilligung ankomme, wozu es detaillierter konkreter Feststellungen bedürfe. Weiters sei das Verwaltungsgericht den Anträgen der Revisionswerberin auf Beischaffung der Bauakten der Gemeinde L betreffend das gegenständliche Nebengebäude, Durchführung eines Ortsaugenscheines, Einholung eines agrartechnischen und bautechnischen Amtssachverständigengutachtens und auf Durchführung einer mündliche Verhandlung zu Unrecht nicht nachgekommen. Darüber hinaus verstoße das angefochtene Erkenntnis gegen die Begründungspflicht, weil es weder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes noch eine Beweiswürdigung enthalte; auch die rechtliche Beurteilung entspreche nicht dem Gesetz, weil auf die für die Nutzungsuntersagung maßgebliche Bestimmung des § 50 BO nicht eingegangen worden sei.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

20 Wie sich aus § 50 Abs. 4 BO klar ergibt, hat die Baubehörde dem Eigentümer mit Bescheid die dem Abs. 2 - somit die der Baubewilligung sowie den Auflagen und Bedingungen dieser Bewilligung - widersprechende Benützung zu untersagen.

21 Zwar lassen sich dem angefochtenen Erkenntnis - was die Revisionswerberin zu Recht bemängelt - keine Feststellungen entnehmen, das Verwaltungsgericht ging aber erkennbar davon aus, dass für das gegenständliche Nebengebäude ein Konsens für die Nutzung als landwirtschaftliches Gebäude vorliegt. Zudem befindet sich im vorgelegten Verwaltungsakt ein Bauplan, der einem - im Akt nicht enthaltenen - Baubewilligungsbescheid vom 27. Mai 1974 zugrunde liegt und aus dem ersichtlich ist, dass das betreffende Nebengebäude als "Remise und Laufstall für Jungpferde" bewilligt wurde. Davon ausgehend hätte der Revisionswerberin - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur die vom bestehenden Konsens für das Nebengebäude abweichende und nicht, wie im Revisionsfall erfolgt, jegliche Verwendung des Nebengebäudes untersagt werden dürfen.

22 Die vom Verwaltungsgericht bestätigte gänzliche Untersagung der Verwendung des gegenständlichen Nebengebäudes erweist sich daher als rechtswidrig.

23 Dazu kommt, dass das Verwaltungsgericht im Hinblick darauf, dass im Revisionsfall die Zulässigkeit des Tierheimbetriebes in widmungsrechtlicher Hinsicht ebenso wie der Sachverhalt in Bezug auf den Inhalt der Baubewilligung und der von der Revisionswerberin ausgeübten Tätigkeit sowie in Bezug auf das Vorliegen eines landwirtschaftlichen Betriebes, wozu in der Beschwerde verschiedene Beweise angeboten wurden, umstritten waren, eine mündliche Verhandlung durchzuführen gehabt hätte (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 4. November 2016, Ra 2016/05/0014, mwN).

24 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

25 Für das fortzusetzende Verfahren wird bemerkt, dass, wie die Revisionswerberin zutreffend aufzeigt, detaillierte Feststellungen zum bestehenden Konsens betreffend das Nebengebäude sowie dazu erforderlich sind, ob durch die seitens der Revisionswerberin erfolgende Verwendung des Nebengebäudes tatsächlich eine Änderung des (bewilligten) Verwendungszweckes erfolgt. In der Folge wäre zu prüfen, ob diese Änderung des Verwendungszweckes einer Bewilligung nach § 24 Abs. 1 Z 3 BO bedarf (vgl. § 50 Abs. 4 letzter Satz BO). Die Frage, ob der Betrieb eines Tierheimes mit der Widmung "Grünland" vereinbar ist, ist dieser Prüfung nachgeschaltet (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 2015, Zl. 2013/05/0056). Darüber hinaus wird in Bezug auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtes zu § 30 Abs. 6 ROG auf das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2009, Zl. 2008/05/0265, hingewiesen.

26 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 26. September 2017

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