VwGH Ra 2014/17/0033

VwGHRa 2014/17/003326.3.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Leonhartsberger sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterinnen bzw Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über die Revision der Z S in Z, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 25. Juni 2014, LVwG-HO-13-1006, LVwG-HO-13-1007, betreffend Übertretung des GSpG, zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §52 Abs1 Z1 idF 2010/I/054;
VStG §22 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2015:RA2014170033.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom 16. Jänner 2013 erkannte die Bezirkshauptmannschaft Horn die Revisionswerberin als gemäß § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen befugtes Organ der W sro der Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 erstes und drittes Tatbild des Glücksspielgesetzes (GSpG) iVm §§ 12 Abs 12 und 4 GSpG für schuldig und verhängte über sie eine Geldstrafe in Höhe von EUR 4.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 206 Stunden). Der Revisionswerberin wurde vorgeworfen, sie habe es als Geschäftsführerin der W sro zu verantworten, dass diese Gesellschaft in der Zeit von zumindest 15. März 2012 bis 9. Mai 2012 im Lokal W Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 GSpG unter Verwendung von sechs mit den FA-Nummern 01 bis 06 bezeichneten Glücksspielgeräten sowohl veranstaltet als auch unternehmerisch zugänglich gemacht habe.

Mit Erkenntnis vom 26. Februar 2014 hob das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich infolge Berufung (nunmehr Beschwerde) der Revisionswerberin das erstinstanzliche Straferkenntnis hinsichtlich der Glücksspielgeräte FA 01 bis FA 05 auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren ein, weil bei diesen Geräten aufgrund der Möglichkeit von Höchsteinsätzen von über EUR 10,-- pro Spiel ausschließlich Gerichtszuständigkeit vorgelegen sei.

Hingegen bestätigte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem hier angefochtenen Erkenntnis das Straferkenntnis im Hinblick auf das mit der FA-Nummer 06 bezeichnete Gerät mit der Maßgabe, dass es die Geldstrafe mit EUR 750,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden) festsetzte. Gleichzeitig wurde die Revision für unzulässig erklärt.

Begründend führte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aus, dass es sich beim Gerät mit der FA-Nummer 06 um ein Glücksspielgerät handle, weil die Entscheidung über das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhänge. Um in wirtschaftlicher Hinsicht einen Gewinn erzielen zu können, müsste der Spieler die Art der übereinander zu liegen kommenden Symbole beeinflussen können. Dies sehe das Spielprogramm nicht vor. Der Spieler habe lediglich die Möglichkeit, mit Hilfe der grünen Pfeiltaste in der betreffenden Reihe die Symbole um ein Feld entweder nach rechts oder nach links zu verschieben.

Da dem Spieler Beträge in Aussicht gestellt würden, die entweder im Lokal ausbezahlt würden oder zumindest in Form von Freispielen konsumiert werden könnten, werde dem Spieler gemäß § 2 Abs 1 Z 3 GSpG eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt.

Zu den in der Berufung geäußerten unionsrechtlichen Bedenken verwies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 2011, 2011/17/0233, wonach die europarechtlichen Einwendungen nicht relevant seien. Unabhängig davon erfülle die W sro nicht die für die Übertragung einer Glücksspielkonzession erforderlichen Bedingungen nach § 21 Abs 2 GSpG, weil sie weder eine Kapitalgesellschaft mit Aufsichtsrat sei, noch über ein eingezahltes Stamm- oder Grundkapital von mindestens EUR 22 Mio verfüge.

Die Revisionswerberin habe es somit als gemäß § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der W sro zu verantworten, dass diese Gesellschaft Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 GSpG sowohl veranstaltet als auch unternehmerisch zugänglich gemacht habe und daher eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs 1 Z 1 erstes und drittes Tatbild GSpG begangen habe.

Die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich damit, dass es lediglich festzustellen gehabt habe, ob beim Gerät mit der FA-Nummer 06 die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig sei. Dies stelle keine Rechts- sondern eine Tatfrage dar.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Das Verwaltungsgericht legte die Akten vor. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

Die vorliegende Revision erweist sich entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichtes im Hinblick auf die darin aufgeworfene Frage der Subsumtion der vorgeworfenen Tat sowohl unter das erste als auch das dritte Tatbild des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG als zulässig und berechtigt.

Die im Revisionsverfahren nach der zeitlichen Lagerung des Falles wesentliche Rechtslage in §§ 1 Abs 1; 2 Abs 1 und 4; 4 Abs 1 sowie § 52 Abs 1 Z 1 GSpG in der Fassung BGBl I Nr 54/2010 lautete:

"Glücksspiele

§ 1 (1) Ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis

ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.

...

Ausspielungen

§ 2 (1) Ausspielungen sind Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung im Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

...

(4) Verbotene Ausspielungen sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind.

 

Ausnahmen aus dem Glücksspielmonopol

§ 4 (1) Glücksspiele unterliegen nicht dem Glücksspielmonopol des Bundes, wenn sie

  1. 1. nicht in Form einer Ausspielung im Sinne des § 2 Abs 1 und
    1. 2. a) bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge oder

      b) nur einmalig zur Veräußerung eines körperlichen Vermögensgegenstandes durchgeführt werden.

      ...

      Verwaltungsstrafbestimmungen

      § 52 (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

      1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt;

      ..."

      Ausgehend von den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis, wonach die für den Spielausgang maßgebliche Anordnung der einzelnen Symbole und die Möglichkeit zu deren Veränderung mittels grünem Pfeil vom Programm des Geräts abhängig ist und der Spieler ausschließlich dadurch, dass er auf den grünen Pfeil nicht reagiert, den Spielausgang zu seinen Lasten beeinflussen kann, ist entgegen der Ansicht der Revisionswerberin der Spielausgang nicht ausschließlich bzw überwiegend von der Geschicklichkeit der Spieler abhängig. Dass der Spieler, um überhaupt einen Gewinn zu lukrieren, auf die Anzeige eines grünen Pfeils reagieren muss, wofür auch ein ungeübter Spieler genügend Zeit hat, ändert nichts daran, dass die Entscheidung über die Gewinnchance vom Gerät zufallsabhängig herbeigeführt wird. Das Landesverwaltungsgericht hat daher zu Recht das Gerät mit der FA-Nummer 06 als Glücksspielautomat und nicht als Geschicklichkeitsapparat qualifiziert.

      Der Revisionswerberin ist jedoch darin zu folgen, dass durch die Bestrafung wegen des Veranstaltens verbotener Ausspielungen nach § 52 Abs 1 Z 1 erste Variante GSpG das gleichzeitig von ihr verwirklichte Tatbild des unternehmerisch Zugänglichmachens gemäß § 52 Abs 1 Z 1 dritte Variante GSpG konsumiert ist.

      Konsumtion liegt vor, wenn die wertabwägende Auslegung der formal (durch eine Handlung oder durch mehrere Handlungen) erfüllten zwei Tatbestände zeigt, dass durch die Unterstellung der Tat(en) unter den einen der deliktische Gesamtunwert des zu beurteilenden Sachverhalts bereits für sich allein abgegolten ist. Voraussetzung ist, dass durch die Bestrafung wegen des einen Delikts tatsächlich der gesamte Unrechtsgehalt des Täterverhaltens erfasst wird (VwGH vom 14. September 2001, 98/02/0279).

      § 52 Abs 1 Z 1 GSpG stellt sowohl das Veranstalten als auch das unternehmerische Zugänglichmachen von zur Teilnahme vom Inland aus verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 GSpG unter Strafe. Als Täter, der im Sinne des ersten Tatbildes des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, kommt in Betracht, wer das Spiel auf seine Rechnung und Gefahr ermöglicht, also das Risiko des Gewinns und Verlusts in seiner Vermögenssphäre trägt (vgl VwGH vom 16. Februar 2004, 2003/17/0260). Dagegen ist mit dem dritten Tatbild des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG eine Person gemeint, die den Automaten in ihrer Gewahrsame hat und diesen den Spielern zugänglich macht (vgl VwGH vom 12. März 2010, 2010/17/0017).

      Unstrittig ist, wie im erstinstanzlichen Straferkenntnis festgestellt, dass im Tatzeitraum die W sro Betreiberin des Lokals W war und das Gerät mit der FA-Nummer 06 auf deren Rechnung und Risiko betrieben wurde.

      Sofern wie im vorliegenden Fall ein und dieselbe Person ein Glücksspiel sowohl unternehmerisch zugänglich macht, als auch veranstaltet, tritt das Tatbild des unternehmerischen Zugänglichmachens im Sinne des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG hinter jenes des Veranstaltens zurück, weil das Veranstalten eines Glücksspiels dessen Zugänglichmachen für Spieler zwingend voraussetzt. Der gesamte Unrechtsgehalt des unternehmerisch Zugänglichmachens eines Glücksspiels im Sinne des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG wird in diesem Fall vom Tatbild des Veranstaltens erfasst. Damit ist durch die Verwirklichung des ersten Tatbildes des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG seitens der Revisionswerberin eine Konsumtion des dritten Tatbildes dieser Bestimmung gegeben.

      Indem demgegenüber das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich betreffend das Gerät mit der FA-Nummer 06 die erstinstanzliche Bestrafung der Revisionswerberin wegen Verwirklichung sowohl des ersten als auch des dritten Tatbildes des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG bestätigte, erweist sich das angefochtene Erkenntnis bereits aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig und war gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Es erübrigt sich daher auf das weitere Revisionsvorbringen näher einzugehen.

      Von der von der Revisionswerberin beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art 6 Abs 1 EMRK wurde durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich Genüge getan.

      Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013 idF BGBl II Nr 8/2014.

      Wien, am 26. März 2015

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