VwGH Ra 2014/15/0012

VwGHRa 2014/15/001215.9.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bamminger, über die Revision des A S in M, vertreten durch die Dkfm. Martin Wirtschaftstreuhand- und Steuerberatungsgesellschaft mbH in 4320 Perg, Linzer Straße 36, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 24. April 2014, Zl. RV/5100184/2012, betreffend Einkommensteuer 2010, den Beschluss gefasst:

Normen

EStG 1988 §2;
EStG 1988 §2;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Notariatsakt vom 20. Februar 2008 übergaben die Ehegatten AS und CS ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mit allen Gebäuden und Grundstücken ihrem Sohn, dem nunmehrigen Revisionswerber. Dieser räumte seinen Eltern mit Vereinbarung vom 1. Jänner 2010 an einem Teil des 2008 übergebenen Grundbesitzes (W-Straße 5) ein Fruchtgenussrecht iSd §§ 509 ff ABGB unentgeltlich für die Dauer von 10 Jahren ein.

2 An der genannten Adresse befindet sich ein Gebäude mit zwei Mietwohnungen. Ungeachtet der Fruchtgenussvereinbarung rechnete das Finanzamt die aus der Vermietung der beiden Wohnung erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 6.925,12 EUR im Einkommensteuerbescheid des Streitjahres 2010 weiterhin dem Revisionswerber zu. Dazu verwies das Finanzamt auf seine diesbezügliche Anfragebeantwortung vom 18. August 2011, in der auf das Wesentliche zusammengefasst die Ansicht vertreten worden war, dass es der Fruchtgenussbestellung mangels Grundbuchseintragung schon an der notwendigen Publizität mangle. Zudem lägen auch keine klaren Vereinbarungen hinsichtlich der Ausgestaltung des Fruchtgenussrechts vor (Nutzung, Fahrtrecht, Parkplätze). Auch sei die in der Fruchtgenussvereinbarung angeführte Bestimmung, dass im Falle der Beendigung des Fruchtgenussrechtes die von den Eltern getätigten Investitionen entschädigungslos in das Eigentum des Revisionswerbers übergehen sollen, nicht fremdüblich. Dem Fremdvergleich widerspreche auch die Bestimmung, wonach die Fruchtgenussvereinbarung mit dem Tod eines Berechtigten erlöschen und der zweite Berechtigte weder Einkünfte aus dem Fruchtgenuss noch eine Entschädigung für die Investition erhalten solle.

3 Der Revisionswerber erwiderte diesen Ausführungen in seiner gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 erhobenen Berufung, dass die Fruchtgenussvereinbarung der Finanzverwaltung vorgelegt worden und schon deshalb nach außen in Erscheinung getreten sei. Auch sei der "hypothetische Parteiwille" klar erkennbar. Die Nutzungsrechte seien "natürlich" in dem Ausmaß eingeräumt worden, als dies zur Verwirklichung des Vertragsziels (Vermietung der Wohnungen) erforderlich und zweckmäßig sei. Die in der Fruchtgenussvereinbarung enthaltene Bestimmung über den entschädigungslosen Übergang der Investitionen wäre auch von einem fremden Dritten in gleicher Weise vereinbart worden, falls er - wie gegenständlich die Eltern des Revisionswerbers - von Beginn an entschlossen gewesen wäre, keine Investitionen am Gebäude vorzunehmen. Notinvestitionen (Hinweis auf § 515 ABGB) seien von der Vereinbarung offensichtlich nicht erfasst. Da es sich bei den beiden Fruchtnießern um Menschen fortgeschrittenen Alters handle, welche die Beschwerlichkeiten einer Vermietung nur gemeinsam bewältigen könnten, sei vereinbart worden, dass das Fruchtgenussrecht beider mit dem Tod eines Berechtigten enden solle.

4 Über Auftrag des unabhängigen Finanzsenates nahm das Finanzamt Erhebungen zu den Mietverhältnissen vor, welche durch eigene Ermittlungen der Abgabenbehörde zweiter Instanz ergänzt wurden. Nach Durchführung einer Berufungsverhandlung wies das nunmehr an die Stelle der Abgabenbehörde zweiter Instanz getretene Bundesfinanzgericht die (nunmehr) Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

5 Begründend führte das Bundesfinanzgericht nach Wiedergabe des Verfahrensganges im Wesentlichen aus, ein Mietverhältnis sei am 18. Dezember 1998, das andere am 15. März 2006 von den Eltern des Revisionswerbers abgeschlossen worden. Die Mietrechtsverlängerung vom 4. März 2009 sei vom Revisionswerber unterzeichnet. Die Mieten seien während der gesamten Dauer der Vermietung auf das gleiche Konto überwiesen worden, Empfänger seien zum einen AS, zum anderen die "Familie S" gewesen. Bis 1. März 2008 und ab 10. Jänner 2010 schienen als Kontoinhaber AS und CS und als Zeichnungsberechtigter der Revisionswerber auf; in der Zeit zwischen 1. März 2008 und 10. Jänner 2010 sei der Revisionswerber Kontoinhaber und die Eltern als Zeichnungsberechtigte aufgeschienen. Bei der vorliegenden Fruchtgenussvereinbarung handle es sich um einen Vertrag zwischen nahen Angehörigen, der zwar schriftlich geschlossen, nicht jedoch ins Grundbuch eingetragen worden sei. Die Bezeichnung des vom Fruchtgenussrecht umfassten Grundstückes sei - wie im Einzelnen dargestellt - unvollständig. Die Mieter seien mündlich über den Vermieterwechsel informiert worden. Sie hätten die Miete stets auf das gleiche Konto überwiesen. Auch wenn die Bezeichnung der Kontoinhaber gewechselt habe, seien im gesamten Zeitraum dieselben Personen zeichnungsberechtigt gewesen (AS, CS, Revisionswerber). Am besagten Konto seien auch Einnahmen und Ausgaben in Zusammenhang mit den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft verbucht worden, die (seit der Übergabe der Landwirtschaft) dem Revisionswerber zuzurechnen seien. Der Revisionswerber habe diesen Umstand damit erklärt, dass die Eltern beispielsweise Diesel für die Landwirtschaft bezahlen würden. Dieses Konto stelle sich dem Bundesfinanzgericht als "Familienkonto" dar. Eine derartige gemeinsame Gebarung würde unter einander fremd gegenüberstehenden Fruchtgenussberechtigten und Fruchtgenussbestellern nicht erfolgen. Werde einem Fremden ein Fruchtgenussrecht eingeräumt, würden beide beteiligten Parteien dafür sorgen, dass eine getrennte Kontogebarung vorliege und die Kontobewegungen nachvollziehbar seien. Darüber hinaus sei die Grundsteuer für das streitgegenständliche Mietobjekt dem Revisionswerber von der Gemeinde gemeinsam mit der Grundsteuer für die anderen Liegenschaften, deren Eigentümer der Revisionswerber sei, vorgeschrieben worden. Auch hier sei es zu einer Vermischung der Gebarung gekommen, zumal der Revisionswerber nicht einmal behauptet habe, dass die Fruchtnießer ihm diesen Betrag erstattet hätten. In der mündlichen Verhandlung habe der Revisionswerber angedeutet, dass die Eltern gelegentlich Aufwendungen für die Landwirtschaft tragen würden. Dieser Umstand unterstreiche den Eindruck, dass keine klare Aufteilung der Kostentragung existiere, was zwischen Fremden nicht denkmöglich wäre. Der vorliegende Fruchtgenussvertrag halte einem Fremdvergleich nicht stand und könne daher keine steuerliche Anerkennung finden, zumal nicht einmal gesichert habe festgestellt werden können, ob der Revisionswerber die Einnahmen tatsächlich seinen Eltern überlassen habe. Dass die streitgegenständliche Gestaltung zum Zwecke der Minimierung der Steuerbelastung stattgefunden habe, liege auf der Hand, weil die Vermietungseinkünfte bei CS gar nicht und bei AS nur zur Hälfte steuerhängig wären, während sie beim Revisionswerber in voller Höhe steuerwirksam seien. Der Beschwerde sei daher auch in Hinblick auf die §§ 21 ff BAO ein Erfolg zu versagen.

6 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision. 7 Zur Zulässigkeit wird geltend gemacht, das angefochtene

Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Das Bundesfinanzgericht habe trotz Vorliegens der Voraussetzungen das Vorliegen eines Fruchtgenusses verneint und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht den Fruchtnießern, sondern dem Revisionswerber zugerechnet. Dem Erkenntnis liege in einem wesentlichen Punkt eine aktenwidrige Sachverhaltsannahme zu Grunde. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung sei das bisherige Vorbringen wiederholt und u.a. auf die Ausführungen im Schreiben vom 10. Mai 2011 verwiesen worden, worin die außersteuerlichen Gründe der Fruchtgenusseinräumung dargestellt worden seien. Diese seien darin gelegen, dass die Eltern anlässlich der Übergabe des landwirtschaftlichen Betriebes (mit allen Liegenschaften) auf Grund unzureichender Beratung der Meinung gewesen seien, dass die weitere Erzielung von Mieteinkünften "schädlich für ihre Pensionsgewährung" wäre. Erst im Zuge der Vollmachtserteilung an den steuerlichen Vertreter habe sich diese Annahme als Irrtum herausgestellt, dessen Folgen durch die Fruchtgenussvereinbarung beseitigt werden sollten. Da die Mieter nach deren übereinstimmenden Aussage mündlich über den Vermieterwechsel informiert worden seien und die Fruchtgenusseinräumung auch dem Finanzamt am 30. März 2010 mitgeteilt worden sei, sei die Vereinbarung ausreichend nach außen zum Ausdruck gekommen, in diesem Punkt sei dem Bundesfinanzgericht ein krasser Logikfehler in der Beweiswürdigung unterlaufen. Auch die Änderung der Kontoinhaberschaft verleihe der Vereinbarung Publizität, was das Bundesfinanzgericht gleichfalls verkannt habe. Da ab 10. Jänner 2010 wiederum die Eltern des Revisionswerbers als Kontoinhaber aufgetreten seien, habe die Bank nur von den Eltern und nicht vom zeichnungsberechtigten Revisionswerber die Erfüllung der die Kontoinhaber treffenden Pflichten fordern können. Nur sie hätten die Rechte und Pflichten aus diesem Kontorechtsverhältnis zu erfüllen. Soweit das Bundesfinanzgericht die Vorschreibung der Grundsteuer an den Revisionswerber bemängelt habe, übersehe es, dass es im familiären Bereich nach allgemeiner Lebenserfahrung öfters vorkomme, dass gegenseitige Forderungen von Familienverbandsmitgliedern kurzerhand mit Gegenforderungen saldiert werden, ohne dass es zu einem ausgleichenden Geldfluss käme. Darüber hinaus stünden sich gegenständlich nicht nur Familienmitglieder, sondern zwei Unternehmer gegenüber, nämlich einerseits die Fruchtgenussberechtigten als Vermieter und Verpächter, und andererseits der Fruchtgenussbesteller als Nebenerwerbslandwirt. In einem solchen Fall sei es geradezu lebenstypisch, dass gegenseitige Verrechnungen ohne eigenen Geldfluss stattfänden.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Die Revision ist nicht zulässig.

12 Einkünfte werden einer Person zugerechnet, wenn sie die Einkunftserzielung nach eigenem Dafürhalten gestaltet und die anfallenden Aufwendungen trägt. Zurechnungssubjekt ist derjenige, der aus der entsprechenden Tätigkeit das "Unternehmerrisiko" trägt (vgl. Doralt/Toifl, § 2 EStG14, Tz 149). Ein Fruchtgenussberechtigter muss - sollen ihm die Einkünfte zugerechnet werden - neben der Tragung der Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Fruchtgenusses auf die Einkünfteerzielung Einfluss nehmen können, indem er am Wirtschaftsleben teilnimmt und die Nutzungsmöglichkeiten nach eigenen Intentionen gestaltet (vgl. VwGH vom 22. Oktober 2015, 2012/15/0146, und 20. März 2014, 2011/15/0174; siehe auch VwGH vom 26. November 2015, 2012/15/0152, 4. September 2014, 2011/15/0135, 25. Juli 2013, 2011/15/0151, 0152).

13 Das bloße Aufrechterhalten eines bestehenden Mietvertrages stellt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs keine Eigeninitiative der Fruchtgenussberechtigten dar (vgl. nochmals das Erkenntnis 2011/15/0174). In der Revision wird auch nicht aufgezeigt, dass die Fruchtgenussberechtigten im Zusammenhang mit der gegenständlichen Vermietung in anderer Weise eine Teilnahme am Wirtschaftsleben entfaltet hätten, die zu einer Zurechnung der aus dieser Vermietung resultierenden Einkünfte an sie führen könnte.

14 Im Ergebnis entbehrt daher der in der Revision vorgetragene Vorwurf, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Zurechnung von Einkünften aus einem Fruchtgenussrecht iSd ABGB ab, der tatbestandsmäßigen Grundlage.

15 Schließlich vermag auch das Vorbringen des Revisionswerbers im Zusammenhang mit der behaupteten Aktenwidrigkeit die Zulässigkeit der Revision schon deshalb nicht zu begründen, weil das rechtliche Schicksal der Revision nicht vom Vorliegen eines außersteuerlichen Grundes für die Einräumung des Fruchtgenusses abhängt.

16 Die außerordentliche Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Wien, am 15. September 2016

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