VwGH Ra 2014/13/0023

VwGHRa 2014/13/002325.2.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer-Jenkins, über die Revision der O GmbH in W, vertreten durch die Auditreu Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 1010 Wien, Gonzagagasse 17, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 1. August 2014, Zl. RV/7102072/2003, betreffend u. a. Umsatzsteuer 2002, den Beschluss gefasst:

Normen

62002CO0395 Transport Service VORAB;
62003CJ0354 Optigen VORAB;
62004CJ0439 Kittel VORAB;
62011CJ0080 Mahageben und David VORAB;
62011CJ0285 Bonik VORAB;
62013CJ0107 FIRIN VORAB;
62013CJ0131 Schoenimport "Italmoda" Mariano Previti VORAB;
UStG 1994 §12 Abs1 Z1;
62002CO0395 Transport Service VORAB;
62003CJ0354 Optigen VORAB;
62004CJ0439 Kittel VORAB;
62011CJ0080 Mahageben und David VORAB;
62011CJ0285 Bonik VORAB;
62013CJ0107 FIRIN VORAB;
62013CJ0131 Schoenimport "Italmoda" Mariano Previti VORAB;
UStG 1994 §12 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Im vorliegenden Fall richtet sich die Revision gegen die Abweisung der gegen den Umsatzsteuerbescheid 2002 erhobenen Bescheidbeschwerde, deren Streitpunkt der vom Finanzamt verweigerte Abzug der Vorsteuern aus Rechnungen eines Lieferanten der Revisionswerberin über die Lieferung von Prozessoren war. Das Bundesfinanzgericht bestätigte die Entscheidung des Finanzamtes mit der Begründung, die Revisionswerberin hätte wissen müssen, dass die strittigen Umsätze mit einem Umsatzsteuer-Karussellbetrug zusammenhingen. Es verwies dazu auf Judikatur des EuGH und des Verwaltungsgerichtshofes und sprach aus, die Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Die Revision hält dem in den Ausführungen zu ihrer Zulässigkeit entgegen, der Lieferant der Revisionswerberin habe die dieser in Rechnung gestellte Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt und dem Lieferanten sei im Hinblick auf seine Einbindung in das Karussell, in dem die Revisionswerberin nur "zum Handkuss gekommen" sei, der Vorsteuerabzug verweigert worden, sodass sich kein Abgabenausfall ergeben habe. Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dazu, "ob es zur Aberkennung des Vorsteuerabzugs aufgrund des § 12 Abs 1 Z 1 vierter Satz UStG eines faktischen Abgabenausfalls für den Fiskus bedarf", liege nicht vor, weshalb die Revision zuzulassen gewesen wäre. In den Revisionsgründen wird dazu näher ausgeführt, aus den Erläuterungen der Regierungsvorlage zu dieser erst mit dem Abgabensicherungsgesetz 2007, BGBl. I Nr. 99/2007, eingeführten, der Klarstellung dienenden Vorschrift (270 BlgNR 23. GP 5) sei abzuleiten, dass die Bestimmung "nur in jenen Fällen den Vorsteuerabzug verwehren soll, in denen 'der Fiskus gezwungen ist, Steuerbeträge auszuzahlen, die er nicht erhalten hat.'"

Die angefochtene, das Jahr 2002 betreffende Entscheidung stützt sich - wovon auch die Revision grundsätzlich ausgeht - nicht auf die erst 2007 erfolgte Änderung in § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, sondern auf die vorangegangenen Entscheidungen des EuGH in den Rechtssachen Optigen u.a. sowie Kittel und Recolta Recycling, denen damit Rechnung getragen wurde (vgl. näher das hg. Erkenntnis vom 26. März 2014, 2009/13/0172). Aus der Judikatur des EuGH ergibt sich, wie der Verwaltungsgerichtshof schon ausgesprochen hat, eine "Einschränkung des Rechts auf Vorsteuerabzug bei Einbindung des Steuerpflichtigen in einen Mehrwertsteuerbetrug" (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom 26. März 2014).

Die Revision übergeht schon in der Aufzählung von Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes, auf die das Bundesfinanzgericht die Nichtzulassung der Revision gestützt habe, das vom Bundesfinanzgericht dabei erwähnte Erkenntnis vom 26. März 2014, 2009/13/0172, setzt sich mit der Judikatur des EuGH, die sowohl der erwähnten Gesetzesänderung als auch der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und der angefochtenen Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes zugrunde liegt, nicht auseinander und geht im Besonderen nicht darauf ein, dass es nach der Judikatur des EuGH - wie vom Bundesfinanzgericht u. a. dargelegt - nicht darauf ankommt, ob die Mehrwertsteuer, die für die vorausgegangenen oder nachfolgenden Verkäufe der betreffenden Gegenstände geschuldet war, an den Fiskus entrichtet wurde (vgl. dazu die Entscheidungen des EuGH vom 3. März 2004, Transport Service, C-395/02 , Rn. 26, vom 12. Jänner 2006, Optigen u.a., C-354/03 , C-355/03 und C-484/03 , Rn. 54, vom 6. Juli 2006, Kittel und Recolta Recycling, C-439/04 und C- 440/04 , Rn. 49, vom 21. Juni 2012, Mahageben und David, C- 80/11 und C-142/11 , Rn. 40, und vom 6. Dezember 2012, Bonik, C-285/11 , Rn. 28). Steht fest, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war, so hat das nationale Gericht das Recht auf Vorsteuerabzug zu versagen, wobei es keinen Unterschied macht, auf welcher Umsatzstufe der Lieferkette die Mehrwertsteuerhinterziehung erfolgt (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 26. März 2014, 2009/13/0172). Ein Steuerpflichtiger, der von der Einbindung des Umsatzes in eine Mehrwertsteuerhinterziehung weiß oder wissen müsste, geht den Urhebern der Hinterziehung zur Hand und macht sich ihrer mitschuldig, weshalb ihm der "Vorteil des Rechts auf Vorsteuerabzug" zu verweigern ist (vgl. Rn. 56 bis 59 und 61 der zitierten Entscheidung in den Rechtssachen Kittel und Recolta Recycling und seit den im hg. Erkenntnis vom 26. März 2014 zitierten etwa noch die Entscheidungen des EuGH vom 13. März 2014, FIRIN, C-107/13 , Rn. 40 bis 44, und vom 18. Dezember 2014, Schoenimport "Italmoda" Mariano Previti, C-131/13 , Rn. 42 bis 69).

Mit dem Vorbringen, der unmittelbare Vorlieferant der Revisionswerberin habe die Umsatzsteuer abgeführt und der Vorsteuerabzug sei ihm verweigert worden, wirft die Revisionswerberin daher keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

Ob ein Unternehmer vom Mehrwertsteuerbetrug wusste oder hätte wissen müssen, hängt von Umständen des konkreten Einzelfalls ab (vgl. ein weiteres Mal das zitierte Erkenntnis vom 26. März 2014). Ihre diesbezügliche Kritik an der angefochtenen Entscheidung führt die Revisionswerberin auch nicht als Grund für die Zulässigkeit der Revision an, weshalb nur der Vollständigkeit halber anzumerken ist, dass der in den Revisionsgründen erhobenen Behauptung einer denkunmöglichen Beweiswürdigung angesichts der unstrittig festgestellten Umstände, unter denen der Leistungsbezug zustande kam und auf die die Revision - im Gegensatz zu Details, die erst im Zuge behördlicher Ermittlungen zutage traten - nicht eingeht, nicht zu folgen wäre.

Da der in der Revision vorgebrachte Grund für die Zulässigkeit der Revision nicht vorliegt, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen, was der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.

Wien, am 25. Februar 2015

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