VwGH Ra 2014/04/0043

VwGHRa 2014/04/004324.6.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser, Dr. Mayr, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schweda, über die Revision des XX in S, vertreten durch die Ebner Aichinger Guggenberger Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 35, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. September 2014, Zl. W134 2009496- 1/30E, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (mitbeteiligte Partei: F GmbH in P), zu Recht erkannt:

Normen

31992L0050 Vergabekoordinierungs-RL Dienstleistungsaufträge;
31993L0037 Vergabekoordinierungs-RL öffentliche Bauaufträge 1993;
61996CJ0044 Mannesmann Anlagenbau / Strohal Rotationsdruck VORAB;
62004CJ0029 Kommission / Österreich;
BVergG 2006 §2 Z8;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Angefochtenes Erkenntnis

Mit dem angefochtenen Erkenntnis stellte das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgericht) gemäß § 312 Abs. 3 Z 3 Bundesvergabegesetz 2006 (BVergG 2006) fest, dass das vom Revisionswerber nach dem 30. Juni 2014 durchgeführte Vergabeverfahren "Abendprogramme Salzburger Festspiele 2014", welches mit dem Zustandekommen eines Vertrages über den Druck von Abendprogrammen für die Salzburger Festspiele 2014 (Sommerfestspiele) mit der Druckerei H endete, rechtswidrigerweise ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt wurde (A I.).

Der in Spruchpunkt A I. angeführte Vertrag wurde gemäß § 334 BVergG 2006 nur soweit aufgehoben, als Leistungen noch ausständig oder erbrachte Leistungen noch ohne Wertminderung rückstellbar sind (A II.).

Der Revisionswerber wurde gemäß § 334 BVergG 2006 verpflichtet, dem Verwaltungsgericht binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution eine Geldbuße in der Höhe von EUR 10.000, -- zu bezahlen (A III.).

Der Revisionswerber wurde verpflichtet, der mitbeteiligten Partei die von ihr entrichteten Pauschalgebühren zu bezahlen (A IV.).

Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt (B).

Begründend führte das Verwaltungsgericht nach Darstellung des Verfahrensganges im Wesentlichen aus, der Revisionswerber habe am 16. Mai 2014 die "Lieferung von Abendprogrammen für Opern-, Schauspiel- und Konzertproduktionen Salzburger Festspiele 2014" als Lieferauftrag in einem offenen Verfahren im Unterschwellenbereich bekannt gemacht und dieses Vergabeverfahren mit Entscheidung vom 26. Mai 2014 widerrufen (sog. "Vergabeverfahren I.").

Seitens des Revisionswerbers sollten bzw. seien 2014 bereits sieben Aufträge betreffend Druckerzeugnisse mit näher bezeichneten Auftragswerten vergeben worden (Druck der verfahrensgegenständlichen "Abendprogramme Salzburger Festspiele 2014 (= Sommerfestspiele)", der "Abendprogramme Pfingstfestspiele 2014", der "Programmvorschau Pfingstfestspiele 2015", "Almanach Salzburger Festspiele 2014", der Programmvorschau für das Jahr 2015, von ca. 30 Plakaten und von Flyern). Dabei verwies das Verwaltungsgericht auf die Feststellungen in seinem Erkenntnis vom 30. Juni 2014, W 1342008499-2/7E, mit welchem die Wahl des Vergabeverfahrens "Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung" für nichtig erklärt worden sei (sog. "Vergabeverfahren II.").

Sodann stellte das Verwaltungsgericht zum verfahrensgegenständlichen Vergabeverfahren "Abendprogramme Salzburger Festspiele 2014" (sog. "Vergabeverfahren III.") fest, nach dem 30. Juni 2014 habe die Präsidentin des Revisionswerbers den Präsidenten des Vereins F davon verständigt, dass der Revisionswerber die Abendprogramme für die Sommerfestspiele 2014 auf Grundlage der durchgeführten Ausschreibung nicht drucken lassen dürfe und eine neuerliche Ausschreibung zeitlich nicht mehr möglich sei.

Die Druckerei H habe sodann an den Verein F ein Angebot vom 3. Juli 2014 gerichtet, welches (nach der auszugsweisen Wiedergabe im angefochtenen Erkenntnis) acht Opern, neun Schauspiele, ein Ballprogramm, zwei Programme für Kinder und 61 Konzerte beinhaltet habe. Diesem Angebot sei eine Anlage beigelegen, bei welcher es sich um einen Auszug aus dem Angebot der Druckerei H (vom 4. Juni 2014) aus den Vergabeverfahren I. oder II. mit den gleichen Gesamtpreisen für die Positionen Opern, Schauspiele, Ballprogramm, Programme für Kinder, Konzerte sowie dem gleichen Gesamtnettopreis wie im nunmehr gelegten Angebot gehandelt habe.

Das Angebot der Druckerei H vom 3. Juli 2014 sei vom Verein F am 8. Juli 2014 angenommen worden. Die Abendprogramme für die Salzburger Festspiele 2014 seien von der Druckerei H gedruckt worden. Die Druckunterlagen seien vom Revisionswerber direkt der Druckerei H übermittelt worden. Die Lieferscheine seien vom Revisionswerber kontrolliert worden.

In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht zu Spruchpunkt A I. (unter Wiedergabe eines Bescheides des Bundesvergabeamtes vom 29. Dezember 2011, F/011-BVA/13/2011-37 ua, und einer Entscheidung des OGH vom 28. März 2000, 1 Ob 201/99m) aus, die Existenz eines allgemeinen vergaberechtlichen Umgehungsverbotes sei ohne weiteres begründbar. Dieses ergebe sich aus einer Mehrzahl von Bestimmungen des BVergG 2006 (§ 1 Abs. 3, § 13 Abs. 4 und 5 sowie § 4 Z 3 BVergG 2006). § 4 Z 3 BVergG 2006 zeige, dass das Vergaberecht nicht durch Einschaltung Privater umgangen werden können solle. Dieses Umgehungsverbot verhindere Gestaltungen, die darauf hinausliefen, einen Beschaffungsvorgang dem persönlichen Geltungsbereich des BVergG 2006 zu entziehen.

Die Ähnlichkeit der fallbezogen zu beurteilenden Konstellation mit jener in der zitierten Entscheidung des OGH sei "frappant". In beiden Fällen werde ein Privater zwischengeschaltet, für den das Vergaberecht keine Anwendung finde. In beiden Fällen handle es sich um einen dem Vergaberecht unterliegenden öffentlichen Auftrag, der ein Vertragsinteresse des öffentlichen Auftraggebers und nicht des Privaten befriedigen solle. Im vorliegenden Fall sei dies besonders deutlich, habe der Revisionswerber doch zunächst mit den festgestellten Vergabeverfahren I. und II. versucht, den Druck von Abendprogrammen für die Salzburger Festspiele 2014 zur Vergabe zu bringen. Auch agiere der als Auftraggeber zwischengeschaltete Private "an der kurzen Leine" des wahren (öffentlichen) Auftraggebers. Dies sei vorliegend besonders deutlich, weil dem Angebot die Preise aus einem vom Revisionswerber durchgeführten vorangegangenen Vergabeverfahren zugrunde gelegt worden seien, die Druckunterlagen vom Revisionswerber direkt der Druckerei H übermittelt und die Lieferscheine vom Revisionswerber kontrolliert worden seien.

Die vom Revisionswerber gewählte Vorgangsweise stelle somit eine Umgehung von Vergaberecht dar. Der Vertrag, der durch Annahme des Angebotes der Druckerei H vom 3. Juli 2014 durch den Verein am 8. Juli 2014 zustande gekommen sei, sei daher als Umgehungsgeschäft zu werten, bei welchem der Verein als Stellvertreter des Revisionswerbers anzusehen sei. Daher sei dieser Vertrag vergaberechtlich als zwischen dem Revisionswerber und der Druckerei H abgeschlossen zu werten. Dieser Vertrag hätte vom Revisionswerber einem bekannt zu machenden Vergabeverfahren unterzogen werden müssen, was jedoch entgegen den Vorschriften des BVergG 2006 unterlassen worden sei. Der geschätzte Auftragswert dieses Vertrages habe über EUR 300.000,-- betragen und somit den Schwellenwert des § 41a Abs. 2 Z 1 BVergG 2006 beträchtlich überschritten.

Somit sei das vom Revisionswerber nach dem 30. Juni 2014 durchgeführte Vergabeverfahren "Abendprogramme Salzburger Festspiele 2014" (sog. "Vergabeverfahren III.") in rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt worden.

Zu Spruchpunkt A II. führte das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf § 334 Abs. 4 BVergG 2006 aus, der Vertrag zwischen dem Revisionswerber und der Druckerei H werde nur soweit aufgehoben, als Leistungen noch ausständig oder erbrachte Leistungen noch ohne Wertverminderung rückstellbar seien.

Zu Spruchpunkt A III. (Geldbuße) hielt das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf § 334 Abs. 7 und 8 BVergG 2006 nach näherer Begründung fest, als wirksame angemessene und abschreckende Geldbuße sei ausgehend vom geschätzten Auftragswert des Vergabeverfahrens eine Geldbuße von EUR 10.000,-- zu verhängen gewesen.

Zu Spruchpunkt A IV. (Gebührenersatz) verwies das Verwaltungsgericht auf § 319 Abs. 1 und 2 BVergG 2006 und die Stattgebung des Hauptantrages der mitbeteiligten Partei.

Die Nichtzulassung der Revision im Spruchpunkt B begründete das Verwaltungsgericht im Wesentlichen damit, dass diese von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 2014, 2012/04/0032) nicht abweiche und auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorlägen.

Revision

Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber (außerordentliche) Revision, die vom Verwaltungsgericht gemäß § 30a Abs. 7 VwGG unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt wurde.

In dieser Revision bringt der Revisionswerber in den Zulässigkeitsgründen vor, es sei eine Rechtsfrage zu lösen, der für öffentliche Auftraggeber aus dem Kulturbereich grundsätzliche Bedeutung zukomme. Zur Frage, ob oder unter welchen Voraussetzungen Sachsponsoring als eine dem BVergG 2006 unterliegende Beschaffung anzusehen sei und zur Frage, anhand welcher Kriterien zu beurteilen sei, ob im Falle des Sachsponsorings eine Umgehung der Bestimmungen des BVergG 2006 vorliege, liege keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor. Auch fehle eine solche zur Rechtsfrage, ob eine Umgehung des BVergG 2006 vorliege, wenn dem öffentlichen Auftraggeber eine benötigte Lieferung oder Leistung von einem Privaten (nichtöffentlichen Auftraggeber) im Wege des Sachsponsorings kostenlos zur Verfügung gestellt werde.

In den Revisionsgründen wird zusammengefasst ausgeführt, nach Auffassung des Revisionswerbers habe es sich um zulässiges Sachsponsoring seitens des Vereins F gehandelt und bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei keine Beschaffung im Sinne des BVergG 2006 vorgelegen. Der Verein habe seine Aufgabe, die Salzburger Festspiele zu fördern, wahrgenommen, habe die Abendprogramme im eigenen Namen und auf eigene Rechnung "beschafft" und dem Revisionswerber als kostenloses Sachsponsoring zur Verfügung gestellt. Eine solche Unterstützung sei keine Umgehung vergaberechtlicher Bestimmungen.

Seitens der mitbeteiligten Partei wurde keine Revisionsbeantwortung erstattet.

II.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die (außerordentliche) Revision bringt in den Zulässigkeitsgründen zutreffend vor, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dem vom Verwaltungsgericht angenommenen vergaberechtlichen Umgehungsverbot nicht bestehe.

Die Revision ist zulässig. Sie ist auch berechtigt. Umgehung von Vergaberecht

Der Verwaltungsgerichtshof hat im hg. Erkenntnis vom 8. November 2012, 2010/04/0128, vor dem Hintergrund der praktischen Wirksamkeit des unionsrechtlichen Vergaberechts und unter Hinweis auf Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 10. November 2005 in der Rechtssache C-29/04 , Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Republik Österreich "Abfallentsorgung Stadt Mödling", Slg. 2005, I-9705) zum Ausdruck gebracht, dass zur Beurteilung eines vergaberechtlich relevanten Vorganges nicht alleine auf formelle Gesichtspunkte abzustellen ist. In diesem Urteil hat der EuGH ausgesprochen, dass das mit der (dort noch maßgeblichen) Richtlinie 92/50 verfolgte Ziel, nämlich die Dienstleistungsfreiheit und die Öffnung für den unverfälschten Wettbewerb in allen Mitgliedstaaten, gefährdet wäre, wenn die öffentlichen Auftraggeber eine Verfahrensgestaltung wählen könnten, die die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge verschleiern solle (Rn. 42).

"Vorschieben" eines privaten Dritten

Vorliegend beurteilte das Verwaltungsgericht die Vorgangsweise des Revisionswerbers und des Vereines als Umgehung von Vergaberecht und rechnete daher das Handeln des Vereines dem Revisionswerber als öffentlichem Auftraggeber zu. Das Verwaltungsgericht verglich die vorliegende Vorgangsweise mit der vom OGH im zitierten Urteil vom 28. März 2000, 1 Ob 201/99m, behandelten Konstruktion. Dort wurde ein privater Dritter (Architekt) von einem öffentlichen Auftraggeber ermächtigt, an dessen Gebäude nach dessen Vorgaben Bauleistungen vorzunehmen und ihm von diesem die Abgeltung dieser Leistungen zugesichert. Der OGH beurteilte diesen Vorgang dahin, dass der öffentliche Auftraggeber dem privaten Dritten in Wahrheit die Rechtsstellung eines Stellvertreters eingeräumt habe.

Auch in der Literatur wird das "Vorschieben" eines privaten Dritten, um der Bindung an vergaberechtliche Bestimmungen zu entgehen, mit Verweis auf Rechtsprechung des EuGH als unzulässig angesehen (vgl. Holoubek/Fuchs in Schramm/Aicher/Fruhmann, Bundesvergabegesetz 2006 - Kommentar (2009) Rz. 10 zu § 2 Z 8 BVergG 2006). In dem (verwiesenen) Urteil vom 15. Jänner 1998 in der Rechtssache C- 44/96 , Mannesmann, führte der EuGH aus, ein "Vertrag, der die in Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 93/37 genannten Voraussetzungen erfüllt, verliert seine Eigenschaft als öffentlicher Bauauftrag nicht dadurch, daß der öffentliche Auftraggeber seine Rechte und Pflichten auf ein Unternehmen überträgt, das kein solcher Auftraggeber ist. Der Zweck der Richtlinie 93/37 , die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit auf dem Gebiet der öffentlichen Bauaufträge tatsächlich zu verwirklichen, würde nämlich vereitelt, wenn die Anwendung ihrer Regelung allein durch die Übertragung der sich aus einer Ausschreibung ergebenden Rechte und Pflichten des öffentlichen Auftraggebers auf ein Unternehmen, das die in Artikel 1 Buchstabe b der Richtlinie 93/37 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, vermieden werden könnte. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das betreffende Vorhaben erweislich von Anfang an in vollem Umfang dem Gesellschaftszweck des fraglichen Unternehmens entsprach und die Bauaufträge für dieses Vorhaben vom öffentlichen Auftraggeber erweislich für Rechnung dieses Unternehmens vergeben wurden" (Rn. 43 und 44).

Eine derartige Konstruktion sei nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes auch vorliegend gewählt worden. In Wahrheit sei der Verein als Stellvertreter des Revisionswerbers aufgetreten und habe für diesen die Beschaffung der verfahrensgegenständlichen Leistungen durchgeführt.

Damit beurteilte das Verwaltungsgericht die vorliegende Konstruktion dahin, dass der Revisionswerber die hier gegenständlichen Leistungen durch ein Umgehungsgeschäft außerhalb des Anwendungsbereichs des Vergaberechts beschaffen wollte.

Beim Umgehungsgeschäft streben die Beteiligten - anders als beim Scheingeschäft, bei dem die Vertragsgestaltung bloß vorgetäuscht wird, - an, den Tatbestand einer bestimmten Norm zu vermeiden beziehungsweise den einer anderen Norm zu erfüllen. Umgehungsgeschäfte sind im Gegensatz zu Scheingeschäften nicht schlechthin nichtig. Sie unterliegen vielmehr denjenigen Rechtsvorschriften, zu deren Umgehung das Geschäft geschlossen wurde (vgl. RIS-Justiz RS0043654 und die dort wiedergegebene Rechtsprechung des OGH).

Für den vorliegenden Fall ist damit entscheidend, ob die vom Revisionswerber gewählte Konstruktion ein derartiges Umgehungsgeschäft darstellt. Dies hätte nach dem Obgesagten vergaberechtlich - und nur dieser Aspekt ist vorliegend vom Verwaltungsgerichtshof zu prüfen - zur Folge, dass der zwischen Verein und der Druckerei abgeschlossene Vertrag dem Revisionswerber zuzurechnen wäre und damit den Vorschriften des BVergG 2006 unterliegen würde.

Bei der Prüfung, ob vorliegend eine Umgehung von Vergaberecht vorliegt, ist nach dem Obgesagtem darauf abzustellen, welcher Tatbestand des Vergaberechts umgangen werden sollte und ob - nicht abgestellt auf formelle Gesichtspunkte, sondern in wirtschaftlicher Betrachtungsweise - dieser Tatbestand erfüllt ist.

Wie angeführt ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass der Revisionswerber die hier gegenständlichen Leistungen durch ein Umgehungsgeschäft außerhalb des Anwendungsbereichs des Vergaberechts beschaffen wollte. Damit sollte die Eigenschaft des Revisionswerber als Auftraggeber (§ 2 Z 8 BVergG 2006) vermieden werden.

Eigenschaft als Auftraggeber: Leistungsbeschaffung und Entgeltlichkeit

Gemäß § 2 Z 8 BVergG 2006 ist Auftraggeber jeder Rechtsträger, der vertraglich an einen Auftragnehmer einen Auftrag zur Erbringung von Leistungen gegen Entgelt erteilt oder zu erteilen beabsichtigt.

Damit richtet sich die Auftraggebereigenschaft danach, wer zivilrechtlicher Vertragspartner werden soll (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2006, 2006/04/0002, mwN). Genau dieses Kriterium soll aber mit einem Umgehungsgeschäft durch "Vorschieben" eines privaten Dritten durch den öffentlichen Auftraggeber vermieden werden. Betrachtet man dieses Kriterium jedoch nicht nach formellen Gesichtspunkten, sondern in wirtschaftlicher Betrachtungsweise, ist zunächst entscheidend, ob die Beschaffung der Leistungen für den öffentlichen Auftraggeber nach dessen Vorgaben erfolgt.

Hiefür hat das Verwaltungsgericht ausreichende Anhaltspunkte festgestellt. So stellte es fest, dass der Revisionswerber zunächst versucht habe, den verfahrensgegenständlichen Druck von Abendprogrammen für die Salzburger Festspiele 2014 selbst zu beschaffen. Sodann habe der Verein diese Leistungen für den Revisionswerber auf dessen Ersuchen beschafft. Dabei seien dem vom Verein abgeschlossenen Vertrag die Preise aus dem vom Revisionswerber durchgeführten vorangegangenen Vergabeverfahren zugrunde gelegt, die Druckunterlagen vom Revisionswerber direkt der Druckerei übermittelt und die Lieferscheine vom Revisionswerber kontrolliert worden.

Jedoch ist die Eigenschaft als Auftraggeber an ein weiteres Kriterium geknüpft: so ist gemäß § 2 Z 8 BVergG 2008 entscheidend, ob der Auftraggeber einen Auftrag zur Erbringung von Leistungen gegen Entgelt erteilt oder zu erteilen beabsichtigt.

Dass dieses Kriterium für die Beurteilung entscheidend ist, zeigt sich schon daran, dass der EuGH im zitierten Urteil "Mannesmann", Rn. 44, ausführt, etwas anderes gelte, "wenn das betreffende Vorhaben erweislich von Anfang an in vollem Umfang dem Gesellschaftszweck des fraglichen Unternehmens entsprach und die Bauaufträge für dieses Vorhaben vom öffentlichen Auftraggeber erweislich für Rechnung dieses Unternehmens vergeben wurden" (Hervorhebung durch den Verwaltungsgerichtshof). Auch der OGH hat es im zitierten Urteil vom 28. März 2000 als entscheidend angesehen, dass der öffentliche Auftraggeber dem privaten Dritten die Abgeltung dieser Leistungen zugesichert hat.

Auch dieses Kriterium der Entgeltlichkeit ist für die Prüfung eines Umgehungsgeschäfts nicht nach formellen Gesichtspunkten, sondern in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu beurteilen. Daher kommt neben einer direkten Abgeltung der beschafften Leistungen durch den öffentlichen Auftraggeber an den privaten Dritten auch eine in wirtschaftlicher Betrachtungsweise gleichwertige Abgeltung in Frage.

Für die Annahme, dass der Revisionswerber die für ihn beschafften Leistungen gegen Entgelt erhalten hätte und in diesem Sinne dem Verein gegenüber abgegolten hat, fehlen im angefochtenen Erkenntnisse ausreichende Anhaltspunkte.

Ergebnis

Das Verwaltungsgericht hat es rechtlich als nicht erforderlich angesehen, sich mit dem Kriterium der Entgeltlichkeit zu beschäftigen und aufgrund dessen die dafür erforderlichen Feststellungen nicht getroffen.

Sollte der Verein die Leistungen für den Revisionswerber ohne wirtschaftliche Gegenleistung beschafft haben, so wäre dies dem Revisionswerber nicht zuzurechnen (inwieweit das Handeln des Vereins davon unabhängig allenfalls vergaberechtlich relevant sein könnte - vgl. die Einrichtungen nach § 3 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006, die ebenso als öffentliche Auftraggeber gelten - ist vorliegend nicht zu beurteilen). Sollte aber der Revisionswerber dem Verein die beschafften Leistungen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise abgegolten haben, so wäre von einem Umgehungsgeschäft und der Anwendbarkeit des BVergG 2006 für diesen Auftrag auszugehen.

In diesem Fall wäre neuerlich zu prüfen gewesen, ob der vorliegende Auftrag nach den Bestimmungen des BVergG 2006 zulässig gewesen wäre (vgl. das zwischenzeitlich zur Frage, ob im vorliegenden Zusammenhang ein einheitliches Vergabevorhaben vorliegt, ergangene hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 2014, Ra 2014/04/0022).

Aus diesem Grund hat das Verwaltungsgericht Spruchpunkt A I. des angefochtenen Erkenntnisses mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts belastet.

Die übrigen Spruchpunkte (A II. bis IV.) bauen auf diesen Spruchpunkt auf, sodass das angefochtene Erkenntnis in seinem gesamten Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Aufwandersatz

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf

§§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 24. Juni 2015

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