VwGH Ra 2014/01/0070

VwGHRa 2014/01/007023.9.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über den Antrag des A in S, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 6. Mai 2014, Zl. W103 1434957-1/3E, betreffend §§ 3, 8, 75 Abs. 20 Asylgesetz 2005, den Beschluss gefasst:

Normen

ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
AVG §71 Abs4;
VwGG §24 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;
VwGG §46 Abs4;
VwGG §61 Abs3;
VwGG §62 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2014:RA2014010070.L00

 

Spruch:

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

Begründung

Mit Erkenntnis vom 6. Mai 2014 wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11. März 2013 erhobene Beschwerde des Antragstellers gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 als unbegründet ab und verwies das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück. Gleichzeitig sprach es aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Mit hg. Beschluss vom 5. August 2014, Zl. Ra 2014/01/0070-6, wurde der Antrag des Antragstellers vom 30. Juni 2014, ihm zur Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen dieses Erkenntnis die Verfahrenshilfe zu bewilligen, als verspätet zurückgewiesen.

Mit Eingabe vom 30. Juli 2014 stellte der Antragsteller - unter Hinweis auf den bereits eingebrachten Verfahrenshilfeantrag vom 30. Juni 2014 - den gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Begründend führte er aus, dass er aufgrund seiner "aktuellen Erkrankungen" daran gehindert gewesen sei, sich an das genaue Zustelldatum des anzufechtenden Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 6. Mai 2014 zu erinnern sowie rechtzeitig einen Verfahrenshilfeantrag zu stellen. Die Erkrankungen seien ein ihm nicht vorwerfbares unvorhergesehenes Ereignis. Er sei infolge einer Verkettung von unglücklichen Umständen an der Wahrung der Einbringungsfrist verhindert gewesen, die Frist zur Einbringung des Verfahrenshilfeantrages zu wahren; ihn treffe keinerlei Verschulden, jedenfalls könne ihm aber nur ein minderer Grad des Versehens zur Last gelegt werden.

Dem gegenständlichen Antrag sind Kopien diverser Rezepte, Arztbefunde uä. "als Nachweise für die Erkrankungen des Antragstellers" beigeschlossen.

Gemäß § 24 Abs. 1 zweiter Satz VwGG sind Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen, der gemäß § 61 Abs. 3 leg. cit. über derartige Anträge entscheidet.

Mangels diesbezüglicher näherer Vorschriften im VwGG - § 46 Abs. 3 und 4 VwGG enthält Regelungen betreffend die Wiedereinsetzung nach erfolgter Einbringung der Revision bzw. für den Fall der Versäumung der Revisionsfrist - sind Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Verfahrenshilfeantrages in derartigen Angelegenheiten beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen und hat der Verwaltungsgerichtshof über diese Anträge zu entscheiden (§ 62 Abs. 1 VwGG iVm § 71 Abs. 4 AVG).

Dem vorliegenden Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war aus folgendem Grund nicht stattzugeben:

Der Wiedereinsetzungsantrag ist entgegen § 24 Abs. 2 VwGG nicht von einem Rechtsanwalt eingebracht. Ein Auftrag an den Antragsteller, den Wiedereinsetzungsantrag, der entgegen der Bestimmung des § 24 Abs. 2 VwGG nicht durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abgefasst und eingebracht wurde, zu verbessern, erübrigt sich, wenn der Antrag zweifelsfrei erkennen lässt, dass keinerlei Anhaltspunkte für die Stattgebung des Wiedereinsetzungsantrages gegeben sind und somit auch nach Behebung des Formgebrechens die Bewilligung der Wiedereinsetzung ausgeschlossen wäre (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 11. September 2013, Zl. 2013/02/0152, mwN).

Gemäß § 61 Abs. 1 erster Satz VwGG gelten für die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe die Vorschriften über das zivilgerichtliche Verfahren sinngemäß.

Nach § 63 Abs. 1 erster Satz ZPO ist Verfahrenshilfe einer Partei, wenn diese eine natürliche Person ist, so weit zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen als sie außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

§ 46 Abs. 1 VwGG lautet:

"(1) Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt."

Im Wiedereinsetzungsantrag ist konkret jenes unvorhergesehene und unabwendbare Ereignis zu bezeichnen, das den Wiedereinsetzungswerber an der Einhaltung der Frist gehindert hat (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 26. April 2010, Zl. 2010/10/0070, mwN).

Im vorliegenden Fall ist das "Ereignis", welches den Antragsteller nach seinem Vorbringen an der Einhaltung der Frist zur Stellung eines Verfahrenshilfeantrags gehindert hat, darin gelegen, dass er sich krankheitsbedingt nicht an das Datum der Zustellung des anzufechtenden Erkenntnisses habe erinnern können.

Nach der hg. Rechtsprechung erfüllt eine krankheitsbedingte Säumnis die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann, wenn die Krankheit zu einer Dispositionsunfähigkeit des Betroffenen geführt hat oder die Dispositionsfähigkeit so stark beeinträchtigt hat, dass das Unterbleiben der fristwahrenden Handlung in einem milderen Licht - nämlich als bloß minderer Grad des Versehens - zu beurteilen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. September 2011, Zl. 2008/18/0509, mwN).

Dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag ist - auch unter Berücksichtigung der vorgelegten Dokumente - keinerlei substanziierter Hinweis dafür zu entnehmen, dass die Dispositionsfähigkeit (bzw. die Erinnerungsfähigkeit) des Antragstellers derart beeinträchtigt gewesen wäre, dass er nicht in der Lage gewesen wäre, der Fristversäumung entgegenzuwirken.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher gemäß § 46 Abs. 1 VwGG nicht stattzugeben.

Wien, am 23. September 2014

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