VwGH Fr2016/03/0005

VwGHFr2016/03/00054.4.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über den Fristsetzungsantrag des A E in J, vertreten durch Mag. Roland Reisch, Rechtsanwalt in 6370 Kitzbühel, Franz-Reisch-Straße 11a, gegen das Landesverwaltungsgericht Tirol betreffend eine Übertretung des Tiroler Jagdgesetzes (TJG), den Beschluss gefasst:

Normen

JagdG Tir 2004 §70 Abs3;
VStG §17 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs3;
VwGG §38 Abs1;
VwGG §38 Abs4;
VwGVG 2014 §34 Abs1;
VwGVG 2014 §34;
VwGVG 2014 §43 Abs1;
VwRallg;
JagdG Tir 2004 §70 Abs3;
VStG §17 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs3;
VwGG §38 Abs1;
VwGG §38 Abs4;
VwGVG 2014 §34 Abs1;
VwGVG 2014 §34;
VwGVG 2014 §43 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der Fristsetzungsantrag wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel, der belangten Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht (iF auch: BH), vom 15. Jänner 2016 war dem Antragsteller eine Übertretung des § 37a Abs 1 iVm § 70 Abs 1 Z 13 TJG angelastet worden, weil er am 9. Oktober 2015 in einem näher genannten Eigenjagdgebiet einen - aus näher dargelegten Gründen als schonungswürdig zu bewertenden - Hirsch erlegt habe. Er habe deshalb zu verantworten, dass er einen schonungswürdigen Hirsch der Klasse II erlegt habe, obwohl laut Abschussplan für das Jagdjahr 2015 beim Rotwild kein solcher freigegeben gewesen sei. Über ihn wurde deshalb gemäß § 70 Abs 1 Z 13 TJG eine Geldstrafe in Höhe von EUR 2.169,-- bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt; weiters wurde er gemäß § 64 VStG zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet (Spruchpunkt I. des Straferkenntnisses).

2 Unter einem wurde die am 10. Dezember 2015 bei der BH hinterlegte Trophäe des Hirsches samt dem linken Unterkieferast gemäß § 70 Abs 3 TJG für verfallen erklärt (Spruchpunkt II. des Straferkenntnisses).

3 Dagegen richtete der Antragsteller am 11. Februar 2016 eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht, in der er beantragte, das angefochtene Straferkenntnis sowohl in Spruchpunkt I. als auch in Spruchpunkt II. ersatzlos aufzuheben.

4 Mit einem am 30. August 2016 beim Verwaltungsgericht eingelangten Schriftsatz stellte der Antragsteller einen Fristsetzungsantrag. Begründend führte er aus, er habe mit Eingabe vom 11. Februar 2016 "gegen das Straferkenntnis" fristgerecht Beschwerde erhoben; mittlerweile seien mehr als die vorgesehenen sechs Monate zur Entscheidung über die Beschwerde verstrichen, ohne dass das Landesverwaltungsgericht Tirol entschieden hätte.

5 Der Fristsetzungsantrag wurde vom Verwaltungsgericht mit Erledigung vom 5. September 2016 samt den Verfahrensakten vorgelegt.

6 Nachdem dem Verwaltungsgericht mit Berichterverfügung vom 8. September 2016 gemäß § 38 Abs 4 VwGG aufgetragen worden war, binnen drei Monaten die Entscheidung zu erlassen oder anzugeben, warum keine Verletzung der Entscheidungspflicht vorliege, legte das Verwaltungsgericht am 28. Dezember 2016 - ohne eine Entscheidung über die Beschwerde getroffen zu haben - neuerlich den Fristsetzungsantrag samt den Verfahrensakten mit dem Hinweis vor, es liege keine Verletzung der Entscheidungspflicht vor:

Auszugehen sei davon, dass die Verjährungsfrist des § 43 Abs 1 VwGVG als lex specialis zur Entscheidungsfrist des § 34 Abs 1 VwGVG anzusehen sei (Hinweis auf VwGH vom 12. März 2015, Fr 2015/02/2015); die sechsmonatige Frist des § 34 VwGVG werde für diesen Fall verdrängt. Der in § 70 Abs 3 TJG normierte Verfall sei nicht als Sicherungsmaßnahme, sondern als (Neben‑)Strafe anzusehen, die in Verbindung mit der Hauptstrafe auszusprechen sei, sodass dafür die gleiche Frist gelte.

7 Der Antragsteller, mit Verfügung vom 22. Jänner 2017 zur Stellungnahme zu diesem Vorbringen eingeladen, machte dazu mit Schriftsatz vom 31. Jänner 2017 Folgendes geltend:

8 Der Hinweis des Verwaltungsgerichts sei insofern verspätet, als es außerhalb der mit Verfügung vom 8. September 2016 eingeräumten dreimonatigen Frist erfolgt sei. In der Sache selbst sei dem Verwaltungsgericht zwar dahin zuzustimmen, dass im verwaltungsgerichtlichen Strafverfahren grundsätzlich eine 15- monatige Entscheidungsfrist gegeben sei. Entgegen dessen Ansicht handle es sich beim Ausspruch des Verfalls aber nicht um eine in Verbindung mit der Hauptsache auszusprechende Nebenstrafe, sondern um eine Sicherungsmaßnahme, weshalb dafür die sechsmonatige Entscheidungsfrist des § 34 Abs 1 VwGVG ausschlaggebend sei.

9 Der Fristsetzungsantrag ist unzulässig:

10 Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Beschlüssen vom 18. Dezember 2014, Fr 2014/01/0048, und vom 12. März 2015, Fr 2015/02/0001, ausgeführt hat, ist die Verjährungsfrist des § 43 Abs 1 VwGVG als lex specialis zur Entscheidungsfrist des § 34 Abs 1 VwGVG anzusehen. Wird die Beschwerde vom Beschuldigten erhoben, hat das Verwaltungsgericht daher innerhalb von 15 Monaten zu entscheiden, wobei diese Frist mit dem Einlangen der Beschwerde bei der Verwaltungsbehörde ausgelöst wird; die sechsmonatige Frist des § 34 VwGVG wird für diesen Fall verdrängt. Bei der Regelung der 15-Monate-Frist handelt es sich in diesem Sinne auch um die Festlegung einer längeren als der im Regelfall vorgesehenen sechsmonatigen Frist zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts gemäß § 38 Abs 1 VwGG und § 34 Abs 1 VwGVG. Zur näheren Begründung wird gemäß § 43 Abs 2 und Abs 9 VwGG auf die zitierten Beschlüsse verwiesen.

11 Der Antragsteller zieht das eben Dargelegte auch nicht in Zweifel. Er bringt vielmehr einerseits vor, das Verwaltungsgericht habe die Unzulässigkeit des Fristsetzungsantrags nicht rechtzeitig geltend gemacht; andererseits führt er ins Treffen, beim ihm gegenüber ausgesprochenen Verfall habe es sich nicht um eine Nebenstrafe, sondern um eine Sicherungsmaßnahme gehandelt, weshalb die obigen Erwägungen für diesen Spruchpunkt nicht gelten würden.

12 Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

13 Gemäß § 38 Abs 4 VwGG sind auf Fristsetzungsanträge die §§ 33 Abs 1 und 34 Abs 1, 2 und 3 VwGG sinngemäß anzuwenden. In allen sonstigen Fällen ist dem Verwaltungsgericht aufzutragen, "innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten das Erkenntnis oder den Beschluss zu erlassen und eine Ausfertigung, Abschrift oder Kopie desselben dem Verwaltungsgericht vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt." Es kann dahingestellt bleiben, ob die demgemäß mit Verfügung vom 8. September 2016 gesetzte dreimonatige Frist nur für die Erlassung der ausständigen Entscheidung, oder - wie der Antragsteller offenbar meint - auch für das Vorbringen gilt, eine Verletzung der Entscheidungsfrist liege gar nicht vor: Gemäß § 38 Abs 4 erster Satz VwGG sind auf Fristsetzungsanträge die §§ 33 Abs 1 und 34 Abs 1, 2 und 3 VwGG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 34 Abs 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist, Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes oder Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen oder denen die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zur ihrer Erhebung entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen; ein derartiger Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zur fassen (vgl § 34 Abs 3 VwGG).

14 Ein verfrüht erhobener Fristsetzungsantrag, dem insoweit also der Mangel der Berechtigung zu seiner Erhebung entgegensteht, ist daher "in jeder Lage des Verfahrens" (§ 34 Abs 3 VwGG) zurückzuweisen, und damit auch unabhängig davon, ob das Verwaltungsgericht dessen Unzulässigkeit geltend gemacht hat oder nicht bzw wann gegebenenfalls eine derartige Einrede erfolgt ist.

15 Entgegen der Auffassung des Antragstellers erfasst die Unzulässigkeit des Fristsetzungsantrags auch den mit Spruchpunkt II. des Straferkenntnisses ausgesprochenen Verfall:

16 Gemäß § 37a Abs 1 erster Satz TJG darf der Abschuss von Schalenwild - mit Ausnahme von Schwarzwild - und von Murmeltieren nur im Rahmen eines Abschussplanes erfolgen.

17 Gemäß Abs 1 Z 13 des mit "Strafbestimmungen" überschriebenen § 70 TJG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu EUR 6.000,-- zu bestrafen, wer außer in den Fällen des § 70 Abs 2 TJG den Bestimmungen über den Abschussplan nach § 37a TJG zuwider handelt, ohne eine entsprechende Ermächtigung nach § 37c Abs 1 TJG zu besitzen.

18 Gemäß § 70 Abs 3 TJG kann bei Vorliegen erschwerender Umstände neben der Verhängung einer Geldstrafe der Verfall von Gegenständen, die mit der Übertretung im Zusammenhang stehen, ausgesprochen werden. Ebenso kann auch der Verfall von Wild, das entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes gefangen oder erlegt wurde, sowie dessen Trophäen erkannt werden.

19 Bei dem in § 70 Abs 3 TJG normierten Verfall handelt es sich also um eine Nebenstrafe (Arg: "neben der Verhängung einer Geldstrafe"), die im Straferkenntnis bzw in der Strafverfügung zu verhängen ist.

20 Dem Rechnung tragend war der Verfall von der BH auch im Straferkenntnis (als dessen Spruchpunkt II.) ausgesprochen worden.

21 Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller als Beschuldigter gegen das Straferkenntnis vom 15. Jänner 2016 am 11. Februar 2016 Beschwerde erhoben. Der am 30. August 2016, somit vor Ablauf der 15-Monats-Frist eingelangte Fristsetzungsantrag war daher unzulässig.

22 Der Fristsetzungsantrag war somit gemäß § 38 Abs 1 und 4 VwGG iVm § 34 Abs 1 und 9 VwGG wegen mangelnder Berechtigung zu seiner Erhebung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 4. April 2017

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