Spruch:
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 27. April 2006 wurde der mitbeteiligten Partei die naturschutzbehördliche Bewilligung für die Vornahme von Geländeveränderungen in den Bereichen S und G zur Errichtung von Skipisten und zum Bau einer Zufahrtsstraße zur Bergstation zur S-Bahn sowie für die Erweiterung der Beschneiungsanlage im Bereich S des Schigebietes L unter diversen Auflagen erteilt.
Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei Berufung.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung mangels Parteistellung der beschwerdeführenden Partei als unzulässig zurück. In der zu Zl. 2006/10/0184 protokollierten Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde beantragt die beschwerdeführende Partei die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung mit der Begründung, zwingende öffentliche Interessen, die eine sofortige Umsetzung des angefochtenen Bescheides gebieten würden, stünden dem nicht entgegen. Vielmehr sei fraglich, ob gegenständlich überhaupt öffentliche Interessen berührt würden. Schon der Umstand, dass die verfahrenseinleitende Eingabe aus dem Jahr 2003 datiere, das Projekt jedoch mehrfach modifiziert worden sei, heimische Skiläufer in den vergangenen Wintern in "Speed-Disziplinen" dennoch sehr erfolgreich gewesen seien, unterstreiche unter Bedachtnahme auf mannigfaltige alternative Trainingsmöglichkeiten in nächster Umgebung, dass das Heil des österreichischen Skilaufes nicht vom gegenständlichen Projekt abhänge. Das Abwarten der Erledigung der Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof sei zeitlich jedenfalls zumutbar. Die Naturschutzanwaltschaft habe im Verfahren insbesondere darauf hingewiesen, dass im benachbarten Skigebiet G erst im Jahr 2002 die Schaffung einer Trainings- und Rennstrecke bewilligt worden sei. Daneben bestünden im gegenständlichen Skigebiet bzw. nächster Umgebung Strecken, auf denen bereits Weltcup bzw. FIS-Rennen sowie nationale Skimeisterschaften veranstaltet worden seien. Ein weiterer diesbezüglicher Bedarf im Land sei daher ohnedies mehr als fraglich.
Dagegen würde die Versagung der aufschiebenden Wirkung und damit die Ausübung der Rechte aus dem angefochtenen Bescheid durch die mitbeteiligte Partei einen unverhältnismäßigen Nachteil für die von der Beschwerdeführerin zu vertretenden Rechtsgüter darstellen und jeglichen Erfolg dieser Beschwerde, bevor über die Berufung der Naturschutzanwaltschaft überhaupt inhaltlich entschieden worden sei, a priori zunichte machen.
Dass diese Folgen (u.a. irreversible Zerstörung vorhandener hochwertiger ökologischer Kleinstrukturen, Veränderung des Wasserhaushaltes, Verlust der Artenvielfalt durch Geländeveränderungen, dauerhafte, optisch für jedermann wahrnehmbare Verunstaltungen der hochalpinen Landschaft) insbesondere im Hinblick auf die schwerwiegenden Beschädigungen durch Geländeveränderungen in ein hochsensibles Ökosystem im Hochgebirge grob-nachteilig und praktisch nicht wieder gut zu machen seien, könne nicht ernsthaft in Abrede gestellt werden. Eine Abwägung der einander gegenüberstehenden Interessen rechtfertige es daher, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die belangte Behörde erstattete unter Hinweis darauf, dass eine meritorische Entscheidung durch sie nicht erfolgt sei, keine Stellungnahme, sondern übermittelte stattdessen den erstinstanzlichen Bescheid. Hinsichtlich für und gegen das Vorhaben sprechende öffentliche Interessen werde auf diesen Bescheid verwiesen.
Die mitbeteiligte Partei sprach sich gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus. Sie führte aus, durch die bewilligten Geländekorrekturen würde die natürliche Schneesicherheit und die Pistenqualität für das Publikum verbessert, weiters die Lawinensicherheit drastisch erhöht. Schließlich würde durch den Einbau eines Güterweges künftig der Transport von schweren Bauteilen zur Bergstation der S-Bahn in der Weise ermöglicht, dass die bisherigen gravierenden Geländebeschädigungen durch die erforderlichen Raupenfahrzeuge wegfielen. Die von der Naturschutzanwaltschaft beeinspruchte Geländekorrektur im Bereich G diene vornämlich der Erhöhung der Lawinensicherheit und ermögliche bei Trainings- bzw. Rennbetrieb die Umfahrung des dann aus Sicherheitsgründen gesperrten Speed-Bereiches durch das Publikum. Außerdem komme der beschwerdeführenden Partei keine Parteistellung zu. Die behauptete optisch wahrzunehmende Verunstaltung der hochalpinen Landschaft durch Geländeveränderungen sei in L an vielen praktischen Beispielen widerlegt. Angesichts des Gewinns für die öffentliche Sicherheit durch drastische Reduktion der Lawinengefahr und den klaren Vorteilen für Skirennsport und Publikumsskilauf lägen die gegenständlichen Maßnahmen sehr wohl im öffentlichen Interesse. Angesichts des gegebenen Fortschritts der Baumaßnahmen hätte ein Stopp negative Folgen für die Stabilität des Geländes, die Effektivität der Wiederbegrünungsmaßnahmen und den Publikumslauf in der kommenden Wintersaison. Dazu wurden vier Lichtbilder samt Beschreibungen vorgelegt, auf denen der Baufortschritt ersichtlich war.
Daraufhin trug der Verwaltungsgerichtshof der mitbeteiligten Partei auf, ihr Vorbringen, wonach ein Stopp der eingeleiteten Baumaßnahmen negative Folgen für die Stabilität des Geländes hätte, durch eine fachkundige Stellungnahme zu bescheinigen. Der beschwerdeführenden Partei wurde aufgetragen, zu dem Vorbringen der Mitbeteiligten Stellung zu nehmen.
In der Folge legte die mitbeteiligte Partei die Stellungnahme der D GmbH, Technisches Büro für Geologie, Geotechnik, Kulturtechnik und Wasserwirtschaft vor, wonach die laut Bescheidauflage der Bezirkshauptmannschaft Bludenz notwendige geologische Bauaufsicht von dieser durchgeführt werde. Im Starthang seien die Felsabtragsarbeiten bereits abgeschlossen, im mittleren Hangbereich bestünde derzeit ein mächtiger Schuttkegel, der im unteren Hangbereich eingebaut werden müsse. Der Pistenabschnitt im oberen Bereich sei noch nicht humusiert, die Arbeiten könnten aber abgebrochen werden, da die Böschungen stabil ausgebildet seien. Der Schuttkegel hingegen, der nur lose geschüttet worden sei, sei als nicht dauerhaft stabil zu beurteilen. Wenn dieser Kegel nicht mehr vor dem Winter verdichtet eingebaut werde, seien Gleitungen in den Unterhang zu erwarten. Aus geologischer Sicht sei ein Einbau dieses Schuttkegels unbedingt erforderlich, um keine negativen Auswirkungen auf das unterliegende Gelände zu erhalten. Die Arbeiten im Bereich der S-Mulde seien auf den unteren zwei Dritteln mehr oder weniger abgeschlossen. Im obersten Abschnitt seien derzeit noch einzelne Schuttkegel situiert, welche für den Einbau vorbereitet worden seien. Diese Schuttkegel seien nicht dauerhaft stabil angelegt. In die Mulde werde mit der Schubraupe laufend Material von oben nach unten zur Einbaustelle transportiert, wo dieses Material in Lagen verdichtet eingebaut werde. Dieses lose, noch nicht eingebaute Material neige bei starker Durchnässung zu Rutschungen. Im oberen Abschnitt der Mulde seien noch senkrechte Abtragsböschungen vorhanden, welche nur kurzfristig, für die Dauer der Bauzeit stabil seien. Aus geologischer Sicht sei es jedenfalls erforderlich die Steilböschungen abzuflachen und die sehr locker gelagerten Schuttkegel bzw. das abgeschobene Material lagenweise verdichtet einzubauen, um einen stabilen Zustand der Anschüttung gewährleisten zu können. Ein Stopp dieser Arbeiten sei aus geologischer Sicht strikte abzulehnen, da dieser gravierende Auswirkungen auf die unterliegenden Hangbereiche ausübte. Eine Rückführung beider Geländeveränderungen in den Urzustand sei technisch nicht möglich, da der überwiegende Anteil der Böschungen von anstehendem Fels gebildet worden und durch die Lösung des Felsens ein Lockermaterial entstanden sei, welches völlig geänderte Festigkeitseigenschaften aufweise. Die Humusierung und die Rückführung der Rasensoden, welche derzeit auf Haufen gelagert seien, sollten möglichst noch in diesem Jahr erfolgen, um deren Absticken zu vermeiden.
Die beschwerdeführende Partei führte in ihrer Stellungnahme aus, die Stellungnahme der mitbeteiligten Partei sei verspätet gewesen, sie hätte daher zurückgewiesen werden müssen. In der Sache werde darauf verwiesen, dass die mitbeteiligte Partei offenbar versuche, Tatsachen zu schaffen, obwohl sie seit der Benachrichtigung über die Einleitung des Vorverfahrens (zugestellt am 11. September 2006) gewusst habe, dass ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt worden sei. Das Risiko einer Baueinstellung auf Grund einer allenfalls zwischenzeitig erteilten aufschiebenden Wirkung müsse die mitbeteiligte Partei bewusst einkalkuliert haben. Da ihr jedoch nicht unterstellt werden solle, sie habe in dieses Kalkül eine Gefährdung von Mensch und Material einbezogen, ergebe sich für die Beschwerdeführerin, dass die mitbeteiligte Partei die Arbeiten so angelegt haben müsse, dass diese jederzeit und ohne Gefahr unterbrochen werden könnten, sodass das bislang in keiner Weise belegte Vorbringen der mitbeteiligten Partei offenkundig eine reine Schutzbehauptung darstelle. Sollte die mitbeteiligte Partei tatsächlich eine detaillierte geologische Stellungnahme vorlegen, werde beantragt, der Beschwerdeführerin diese Expertise zukommen zu lassen und ihr die Möglichkeit einer ergänzenden Stellungnahmen einzuräumen. Dazu komme noch, dass gemäß Auflage C 1 des Bewilligungsbescheides vom 27. April 2006 (wildbachtechnische Vorschreibung) die Geländeveränderungen im Bereich S unmittelbar nach der Schneeschmelze durchzuführen und ehemöglichst mit einer Begrünung anzuschließen gewesen wäre, sodass innerhalb eines Jahres eine möglichst wiederstandsfähige Vegetationsdecke zu erzielen gewesen wäre. Tatsächlich habe die mitbeteiligte Partei erst im August 2006 mit den Bauarbeiten begonnen und damit in Kauf genommen, dass diese gar nicht innerhalb eines Jahres abgeschlossen werden könnten. Mit effektiven Wiederbegrünungsmaßnahmen könne heuer ohnehin nicht mehr gerechnet werden, da gemäß dem aktuellen Schneebericht die Schneehöhen derzeit zwischen 20 cm und 50 cm betrügen. Soweit die mitbeteiligte Partei vorbringe, zahlreiche Eingriffe seien bereits abgeschlossen und daher nicht reversibel, sei dem entgegen zu halten, dass es vielleicht richtig sein möge, dass ein Jahrtausende altes zerstörtes Moor nicht in kurzer Zeit wiederhergestellt werden könne, die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes im Sinne eines möglichst naturnahen Zustandes sei mit entsprechendem Aufwand aber durchaus möglich. Die von der mitbeteiligten Partei vorgelegten Lichtbilder belegten im Übrigen deutlich die gehegten Befürchtungen in puncto Zerstörung von Natur und Landschaft. Die Behauptung, in wenigen Jahren würden diese Geländeveränderungen nur mehr ausgewiesene Fachleute wahrnehmen können, müsse angesichts der aus den Lichtbildern ersichtlichen gravierenden Eingriffe (unnatürliche Abflachungen, großflächige Sprengungen etc.) als Schutzbehauptung bezeichnet werden.
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Voraussetzung für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist die Zulässigkeit der Beschwerde, die von der mitbeteiligten Partei in Frage gestellt wird. Dem ist zu erwidern, dass in einem Verfahren betreffend den Streit über die Parteistellung Beschwerdelegitimation besteht, was vom Verwaltungsgerichtshof bereits in einem Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich einer Beschwerde der Vorarlberger Naturschutzanwältin mit Beschluss vom 25. Februar 2000, Zl. AW 2000/10/0002 ausgesprochen wurde.
Die mitbeteiligte Partei hat nunmehr mittels fachkundiger Stellungnahme belegt, dass ein Baustop hinsichtlich der weiteren Arbeiten aus geologischer Sicht Gleitungen des nur lose geschütteten Abbaumaterials in den Unterhang und somit eine Gefährdung des unterliegenden Geländes erwarten lasse.
Die Beschwerdeführerin hat kein Vorbringen erstattet, das dieses Kalkül erschüttern könnte. Auch ihrem Antrag, ihr die fachkundige Stellungnahme zu einer weiteren Äußerung zuzustellen war nicht nachzukommen, da derartiges im Gesetz nicht vorgesehen ist (vgl. den hg. Beschluss vom 9. August 2006, Zl. AW 2006/12/0005).
Es trifft auch nicht zu, dass die Stellungnahme der mitbeteiligten Partei wegen Verspätung zurückzuweisen gewesen wäre. Ungeachtet einer Verspätung ist sie nämlich, wenn sie vor Erlassung des Beschlusses über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eingelangt ist, bei der Entscheidung zu verwerten. Weder das VwGG noch das AVG enthalten Normen darüber, dass verspätete Stellungnahmen übergangen und als unerheblich angesehen oder zurückgewiesen werden könnten. Die Versäumung der gesetzten Frist zur Stellungnahme berechtigt lediglich zur unmittelbaren Entscheidung (siehe auch die hg. Erkenntnisse vom 28. Jänner 2004, Zl. 2000/12/0239, vom 7. Mai 1997, Zl. 95/09/0071, vom 3. Juli 1990, Zl. 90/11/0073, jeweils zum AVG).
Gestützt auf die fachkundige Stellungnahme der mitbeteiligten Partei ist für Zwecke des vorliegenden Provisorialverfahrens zunächst davon auszugehen, dass die Fortsetzung der Bauarbeiten zur Erzielung der Stabilität des Geländes erforderlich ist.
Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher nicht Folge zu geben.
Wien, am 15. November 2006
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