Normen
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten (der belangten Behörde) vom 8. Oktober 1999, mit dem gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsbürger, gemäß § 36 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein mit zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde.
Die Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg habe nach der Begründung des angefochtenen Bescheides mit Bescheid vom 2. April 1999 gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Sie habe dies damit begründet, dass er in der Bundesrepublik Deutschland durch das Amtsgericht Laufen wegen "Einschleusens von Ausländern" zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden sei.
Der in der Bundesrepublik Deutschland verwendete rechtliche Begriff des "Einschleusens von Ausländern" entspreche dem der Schlepperei iSd § 104 FrG. Die der Verurteilung durch das Amtsgericht Laufen zu Grunde liegende Tat, nämlich das Schleppen von fünf jugoslawischen Staatsangehörigen, entspreche nicht den Voraussetzungen des § 73 StGB, da sie in Österreich nicht gerichtlich strafbar sei. Sie bilde daher nicht den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 5 iVm § 36 Abs. 3 FrG. Die belangte Behörde gehe demnach nicht von einer "bestimmten Tatsache" gemäß § 36 Abs. 2 FrG aus.
Allerdings sehe es die belangte Behörde als erwiesen an, dass der Beschwerdeführer wegen Schlepperei um seines Vorteils willen rechtskräftig gerichtlich verurteilt worden sei, weil er am 8. November 1998 fünf jugoslawische Staatsangehörige von Slowenien über Österreich nach Deutschland geschleppt habe. Diesbezüglich werde auf die Begründung des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichtes Laufen verwiesen. Wie daraus hervorgehe, sei ein Nahbezug zum österreichischen Bundesgebiet gegeben, weil Österreich als Transitland benützt worden sei. Durch die Übernahme der Fremden - die illegal nach Österreich eingereist sind - am Bahnhof Klagenfurt sei das Bundesland Kärnten in besonderer Weise berührt. Angesichts der Schädlichkeit des Schlepperunwesens könne die Auffassung des Beschwerdeführers, es bestünde kein besonderes Bedürfnis der österreichischen Fremdenbehörde, ein Aufenthaltsverbot zu verhängen, nicht geteilt werden. Es bestehe geradezu im Gegenteil an der Bekämpfung der Schlepperkriminalität mit allen Mitteln ein eminentes öffentliches Interesse.
Die vom Beschwerdeführer durchgeführte Schlepperaktion gestatte daher die Annahme, dass sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde und daher die Ausgangslage für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes iSd § 36 Abs. 1 FrG vorliege.
Der Beschwerdeführer halte sich seit 26. Juli 1991 in Österreich auf, sei verheiratet und kinderlos, wobei seine am 31. Mai 1999 nach Österreich eingereiste Ehegattin ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht als Vertriebene aus dem Kosovo genieße.
Im Verlaufe des etwa achtjährigen Aufenthaltes habe er gewiss Bindungen zum Gastland geschaffen, sodass durch das Aufenthaltsverbot ein Eingriff in sein Privatleben und durch die nunmehrige Anwesenheit der Ehegattin auch ein Eingriff in sein Familienleben erfolge. Der Eingriff sei dringend geboten, weil er der Bekämpfung der Schlepperei und damit der Erreichung mehrerer in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannter Ziele, nämlich der "Verteidigung der Ordnung" und der Verhinderung von strafbaren Handlungen diene.
Angesichts des eminenten öffentlichen Interesses an der Bekämpfung der Schlepperkriminalität würden die Auswirkungen des Aufenthaltsverbots auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers zwar schwer wiegen, weil er nach Jahren rechtmäßigen Aufenthaltes Österreich verlassen müsse, doch nicht schwerer als die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von dieser Maßnahme. Die belangte Behörde habe bei dieser Abwägung auch darauf Bedacht genommen, dass seine Ehegattin zwar gegenwärtig in Österreich lebe, jedoch angesichts ihres Vertriebenenstatus nur ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht besitze. Dadurch werde der Eingriff in das Familienleben deutlich relativiert. Seinem in der Berufung vertretenen Standpunkt, der Eingriff in das Familienleben sei nur bei Schwer- und Schwerstverbrechern zulässig, könne nicht gefolgt werden.
Die Schutzbestimmungen des § 38 Abs. 1 Z. 2 iVm §§ 34 Abs. 1 Z. 1 und 2 und 35 FrG könnten ebenfalls nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers zur Anwendung kommen, weil er vor Verwirklichung des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Sachverhaltes noch nicht acht Jahre im Bundesgebiet niedergelassen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Von der Erstattung einer Gegenschrift wurde Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 36 Abs. 1 FrG ist die auf bestimmte Tatsachen gegründete Prognose, dass der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen (die nationale Sicherheit, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten Anderer) erheblich gefährdet. Daraus folgt, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 36 Abs. 1 FrG nur dann in Betracht kommt, wenn ein solches erforderlich ist, um die festgestellte vom Fremden ausgehende Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden. In § 36 Abs. 2 sind demonstrativ Sachverhalte angeführt, die als bestimmte Tatsachen im Sinne des § 36 Abs. 1 leg. cit. gelten, bei deren Verwirklichung die dort genannte Annahme gerechtfertigt sein kann. Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist im Grund des § 36 Abs. 1 FrG das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die im Gesetz umschriebene Annahme gerechtfertigt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1998, Zl. 98/21/0183, m. w.N.). Die Aufzählung in § 36 Abs. 2 FrG ist jedoch lediglich demonstrativ und es ist auch die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes möglich, wenn zwar keiner der in § 36 Abs. 2 FrG aufgezählten Tatbestände verwirklicht ist, wohl aber auf Grund bestimmter Tatsachen die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Gefährlichkeitsprognose getroffen werden kann. Die in Abs. 2 leg. cit. genannten Sachverhalte sind dabei als Maßstab für die Schwere jener Tatsachen heranzuziehen, die bei der Verhängung eines bloß auf § 36 Abs. 1 FrG gegründeten Aufenthaltsverbots vorliegen müssen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 11. September 2001, Zl. 99/21/0277).
In der Beschwerde bleibt unbekämpft, dass der Beschwerdeführer vom Amtsgericht Laufen in der Bundesrepublik Deutschland wegen "Einschleusens von Ausländern" zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt wurde. Zwar stellte die der Verurteilung des Beschwerdeführers zu Grunde liegende Tat zum Zeitpunkt ihrer Begehung und der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Hinblick auf die damals in Kraft befindliche Fassung des § 104 FrG vor der Novelle BGBl. I Nr. 34/2000 noch keine gerichtlich strafbare Handlung dar, sie war allerdings als Verwaltungsübertretung strafbar. Den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 5 FrG hatte der Beschwerdeführer aber ungeachtet dieses Umstandes erfüllt, zumal dafür weder eine verwaltungsbehördliche Bestrafung noch eine gerichtliche Verurteilung erforderlich ist. Auch hat der Beschwerdeführer unbestritten die Schlepperei um seines Vorteils willen begangen, nach der Aktenlage die Schleppung von fünf Personen um DM 800,--. Damit ist auch das Beschwerdeargument relativiert, der Beschwerdeführer habe aus menschlichen Motiven verfolgten Landsleuten bei der Einreise nach Deutschland geholfen.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Feststellungen im angefochtenen Bescheid betreffend seine rechtskräftige Verurteilung. Er wendet sich auch nicht gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 1 Z. 1 FrG erfüllt sei. Diese Beurteilung begegnet im Hinblick auf die schwer wiegende Straftat des Beschwerdeführers, wegen derer er zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden ist, und die dadurch verletzten öffentlichen Interessen im Hinblick darauf, dass die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes auch möglich ist, wenn zwar keiner der in § 36 Abs. 2 FrG aufgezählten Tatbestände verwirklicht ist, wohl aber auf Grund bestimmter Tatsachen die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Gefährlichkeitsprognose getroffen werden kann, keinen Bedenken. Es ist im vorliegenden Fall daher nicht von Bedeutung, dass der belangten Behörde darin nicht zu folgen ist, der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 5 FrG sei nicht erfüllt. Die im Fall des Beschwerdeführers getroffene Gefährlichkeitsprognose durfte die belangte Behörde aus der Begehung der schwer wiegenden, gegen die für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Vorschriften gerichteten Strafttat durch den Beschwerdeführer durchaus ziehen.
Der Beschwerdeführer bekämpft den Bescheid im Grunde des § 37 FrG. Er befinde sich seit 1991 in Österreich, seine Ehegattin lebe ebenfalls gemeinsam mit ihm im Bundesgebiet. Ferner sorge er selbst für seinen Unterhalt und könne derzeit nur wegen eines Arbeitsunfalls keiner Erwerbstätigkeit nachgehen.
Gemäß § 37 Abs. 1 FrG ist ein durch ein Aufenthaltsverbot bewirkter Eingriff in das Privat- oder Familienleben des betroffenen Fremden nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Ein Aufenthaltsverbot darf gemäß § 37 Abs. 2 FrG nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Beurteilung ist gemäß dem zweiten Satz dieser Bestimmung auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden und seiner Familienangehörigen sowie auf die Intensität der familiären und sonstigen Bindungen Bedacht zu nehmen.
Die belangte Behörde hat im Hinblick auf den langjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers und den Aufenthalt seiner Ehegattin im Inland und die daraus ableitbare Integration zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben angenommen. Wenn sie trotzdem die Zulässigkeit dieser Maßnahme im Grunde des § 37 Abs. 1 FrG bejaht hat, so ist dies nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die belangte Behörde hat nämlich angesichts des erheblichen öffentlichen Interesses an der Bekämpfung des Schlepperunwesens zu Recht die Auffassung vertreten, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei.
Wenn die belangte Behörde bei der nach § 37 Abs. 2 FrG vorgenommenen Interessenabwägung die Ansicht vertreten hat, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie nicht schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung, ist dies ebenfalls nicht als rechtsirrig anzusehen.
Soweit sich der Beschwerdeführer auf die Unzulässigkeit des Aufenthaltsverbotes gemäß § 35 Abs. 2 (iVm § 38 Abs. 1 Z. 2) FrG beruft, ist ihm entgegen zu halten, dass er vor Verwirklichung des für die Erlassung des vorliegenden Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Sachverhaltes, dem Tag seiner Straftat, noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet auf Dauer niedergelassen war, weshalb die Voraussetzungen des in dieser Gesetzesstelle normierten Aufenthaltsverbots-Verbots nicht erfüllt sind.
Aus dem oben Gesagten ergibt sich auch, dass die belangte Behörde den für ihre Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt in ausreichendem Maße festgestellt hat und ihrer Begründungspflicht nachgekommen ist.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die beantragte Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG unterbleiben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 22. März 2002
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