Normen
AsylG 1997;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75 Abs1;
FrG 1997 §75;
AsylG 1997;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75 Abs1;
FrG 1997 §75;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 30. April 1999 stellte die belangte Behörde gemäß § 75 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, fest, es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, in Nigeria gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei. Bis zur Erlassung dieses Bescheides ergibt sich nach der Aktenlage folgendes Verwaltungsgeschehen:
Der am 12. Mai 1997 illegal (über Italien) in das Bundesgebiet eingereiste Beschwerdeführer stellte am 13. Mai 1997 einen Asylantrag. In seiner Vernehmung vor dem Bundesasylamt am 20. Mai 1997 gab er zu dessen Begründung im Wesentlichen an, er habe als Kraftfahrzeugmechaniker gearbeitet. Einer seiner Kunden sei der Fahrer des ehemaligen Präsidenten von Nigeria, der vom Beschwerdeführer mit "Obasija" (offenbar gemeint: Olusegun Obasanjo) bezeichnet wurde, gewesen. Ende Jänner, Anfang Februar 1995 habe ihn dieser Fahrer nach Arbeitsschluss zur Farm des Obasija gebracht. Obasija habe vor vielen jungen Männern eine Rede gehalten und gemeint, man müsse die Regierung stürzen. Er wolle sie zu Soldaten ausbilden. Eine Woche danach habe sich der Beschwerdeführer (dazu) bereit erklärt und er habe ab Februar 1995 das "Training" begonnen. Mitte März sei er dann um Mitternacht zu Hause von Soldaten verhaftet und in das Alagbon-Gefängnis nach Lagos gebracht worden. Dort sei er bis zu seiner Flucht am 11. Mai 1997 geblieben. Er sei jeden Tag am Morgen mit einem Stock geschlagen worden und man habe auch ein Messer verwendet, um ihn zu verletzen. In der Nacht des 11. Mai 1997 sei ein Soldat gekommen, habe die Zellentür geöffnet und seinen Namen gerufen. Er sei aus der Zelle gegangen und der Soldat habe ihn vor das Gefängnis gebracht. Die Tante des Beschwerdeführers, eine Ärztin bei der Luftwaffe, und der Soldat hätten ihn dann mit einem Auto zum Flughafen in Lagos gebracht. Dort habe die Tante mit einem dem Beschwerdeführer nicht bekannten "Weißen" gesprochen, der ihn dann zu einem Flugzeug mitgenommen habe. Dieses habe Lagos um ca. 23 Uhr Richtung Rom, wo er etwa um 5 oder 6 Uhr in der Früh angekommen sei, verlassen. Er wisse nicht, ob er ein Flugticket oder einen Reisepass gehabt habe. Der Weiße habe ihm jedenfalls vor dem Besteigen des Flugzeuges in Lagos eine Art - seiner Erinnerung nach: blaues - "Büchlein" übergeben, welches er den Beamten vorgezeigt und der Weiße danach wieder an sich genommen habe. In das "Büchlein" habe er nicht hineingeschaut. Auf der Vorderseite sei nichts gestanden; es sei so groß wie ein Stempelkissen gewesen.
Das Bundesasylamt hat diese Angaben mit näherer Begründung nicht für glaubwürdig erachtet und demzufolge diesen Asylantrag abgewiesen. Über die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers hatte der unabhängige Bundesasylsenat - zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - noch nicht entschieden. Dem Beschwerdeführer kam weder nach § 7 des Asylgesetzes 1991 noch nach § 19 des Asylgesetzes 1997 eine (vorläufige) Aufenthaltsberechtigung zu.
Wegen seines unrechtmäßigen Aufenthaltes wurde der Beschwerdeführer mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 30. April 1999 (rechtskräftig) ausgewiesen. Im Zuge dieses Verfahrens hatte der Beschwerdeführer am 26. Juni 1997 den gegenständlichen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit seiner Abschiebung nach Nigeria gemäß § 54 des Fremdengesetzes 1992 gestellt. Dazu brachte er vor, im Falle der Abschiebung in seine Heimat würde ihn das Militär umbringen, wobei er in diesem Zusammenhang nur auf seinen Asylantrag, dem er nichts hinzuzufügen habe, verwies.
Auch die belangte Behörde begründete die Abweisung dieses Antrages mit dem - bereits eingangs erwähnten - im Instanzenzug ergangenen Bescheid im Wesentlichen mit der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Vorweg ist der Rüge in der Beschwerde, aus dem angefochtenen Bescheid sei nicht ersichtlich, von welchen Feststellungen die belangte Behörde überhaupt ausgegangen sei und welchen Sachverhalt sie ihrer rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt habe, zwar insofern beizupflichten, als der Begründung des angefochtenen Bescheides tatsächlich kaum eine Systematik zu entnehmen ist. Im Hinblick auf die mehrfach angesprochene Unglaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers ist aber doch ausreichend deutlich erkennbar, dass die belangte Behörde in Ansehung des Vorbringens des Beschwerdeführers negative Feststellungen treffen wollte. Insoweit erweist sich der Bescheid - wie sich auch aus den weiteren Ausführungen ergibt - entgegen dem Beschwerdestandpunkt durchaus einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich.
Die Beschwerde vermisst eine "entsprechende" Begründung, weshalb die Angaben des Beschwerdeführers "schlussendlich" unglaubwürdig seien. Die Tatsache, dass er keine Dokumente habe vorlegen können, die seine Identität bzw. Herkunft dokumentierten, könne zweifelsohne nicht für den Schluss ausreichen, die Angaben des Beschwerdeführers seien nicht glaubhaft.
Letzterem ist zwar beizupflichten, doch übersieht der Beschwerdeführer mehrere andere, für die Beweiswürdigung der belangten Behörde durchaus tragfähige Argumente. Diese Begründungsteile sind aber - entgegen dem Beschwerdestandpunkt - nicht nur im Sinne der §§ 58 Abs. 2, 60 AVG ausreichend, um den Schluss der belangten Behörde auf die Unglaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers in nachvollziehbarer Weise darzutun, sondern sie sind im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof in Ansehung der Beweiswürdigung zukommenden Schlüssigkeitsprüfung (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) auch nicht zu beanstanden:
So hat die belangte Behörde zu Recht darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen sei, das von ihm erwähnte "Alagbon-Gefängnis" in Lagos, in dem er angeblich mehr als zwei Jahre festgehalten worden sei, näher zu beschreiben. Auf der vom Beschwerdeführer angefertigten "Grundrissskizze" - er zeichnete einen Zaun, der fünf Zellen und einen Gang umgibt - habe er auch den Fluchtweg aus der Zelle bis vor das Gefängnis nicht anzugeben vermocht. Der Beschwerdeführer habe lediglich "stereotyp" geantwortet, dass ein Wächter die Tür der Zelle geöffnet, ihn gerufen und vor das Tor des Gefängnisses gebracht habe. Darüber hinaus erachtete die belangte Behörde die - oben wieder gegebenen - Umstände bei der Flucht als "eigenartig anmutend" und demnach als unglaubwürdig. Dem Argument der belangten Behörde, es sei kaum anzunehmen, dass der Beschwerdeführer von den anderen Häftlingen völlig unbemerkt aus dem Gefängnis gebracht worden sei, ohne dass das übrige Wachpersonal alarmiert worden wäre, tritt die Beschwerde auch nicht entgegen. Zu Recht verwies die belangte Behörde noch darauf, dass der Beschwerdeführer nicht im Stande gewesen sei, den richtigen Namen des früheren (und nunmehrigen) nigerianischen Präsidenten anzugeben. Dem Einwand in der Berufung, die falsche Schreibweise beruhe lediglich auf einer mangelnden Schulbildung, entgegnete die belangte Behörde zutreffend, dass der Beschwerdeführer den Namen bei der Einvernahme auch "phonethisch" falsch ausgesprochen habe. Schließlich verwies die belangte Behörde auf den nicht unmaßgeblichen Widerspruch, dass der Beschwerdeführer im Zuge des Berufungsverfahrens (und auch in der Beschwerde) - im Gegensatz zu den oben wiedergegebenen Angaben vor der Asylbehörde - behauptete, selbst der Fahrer des früheren nigerianischen Präsidenten gewesen zu sein.
Die Beschwerde verweist erkennbar im Zusammenhang mit der Beweisrüge auf ein "Privatgutachten" des "Allgemeinmediziners" Dr. M. vom 5. Juni 1997 und vermeint, diesem sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatland im Gefängnis mit Messerstichen und Stockschlägen misshandelt worden sei, weil sich auf seinem Körper noch Narben befänden, die auf die Misshandlungen und Folterungen zurückzuführen seien. Derartiges kann aber aus dem Schreiben des genannten Arztes nicht abgeleitet werden. Es besteht lediglich aus einer kurzen Anamnese und aus einem stichwortartigen körperlichen Befund über nur der Größe nach beschriebene Narben an den Extremitäten, wobei die jeweils zugeordneten Ursachen der Verletzung offenbar nur auf den Angaben des Beschwerdeführers beruhen. Eine sachverständige Schlussfolgerung vom Aussehen der Narbe auf die Art der Zufügung der jeweiligen Verletzung ist diesem Schreiben in keiner Weise zu entnehmen. Es kann daher der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie diesem "Privatgutachten" keinen maßgeblichen Beweiswert zuerkannt hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. September 1997, Zl. 96/01/0944).
Zu der von der belangten Behörde nicht für notwendig erachteten Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen macht die Beschwerde unter dem Gesichtspunkt eines Verfahrensmangels geltend, ein solches Gutachten wäre zu dem Schluss gekommen, dass die heute noch sichtbaren Verletzungen von Folterungen und Misshandlungen im Heimatland des Beschwerdeführers herrührten. Diesem Beweisthema fehlt aber insofern die Relevanz, als - seine Richtigkeit unterstellt - damit noch nicht glaubhaft gemacht wäre, dass der Beschwerdeführer tatsächlich aus den von ihm angegebenen Gründen - Hintergrund für sein Vorbringen dürften die Verhaftungen im Zusammenhang mit einem angeblichen Putschversuch des Olusegun Obasanjo im März 1995 sein - inhaftiert und mehr als zwei Jahre (ohne Gerichtsverfahren) im Gefängnis festgehalten worden sei, ihm dort die Verletzungen zugefügt worden seien und ihm letztlich "die Flucht" gelungen sei. In diesem Sinn sind offenbar auch die Ausführungen der belangten Behörde zu verstehen, durch die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens hätte "ein Kausalzusammenhang" zwischen den Verletzungen und den vom Beschwerdeführer behaupteten Misshandlungen nicht hergestellt werden können.
Wenn die Beschwerde schließlich eine Verletzung des Parteiengehörs in Bezug auf Ermittlungen und Feststellungen zu der Frage, wegen welcher Straftaten in Nigeria die Todesstrafe verhängt werde, geltend macht, wird weder die Relevanz dieses angeblichen Verfahrensmangels dargetan, noch ist diese erkennbar. Gleiches gilt auch für die nach Ansicht des Beschwerdeführers unterlassenen "entsprechenden" Ermittlungen, um "abschließend feststellen zu können, inwieweit Gründe vorliegen, die einer Abschiebung im Sinne des § 57 Abs. 1 und 2 FrG entgegenstehen". Dabei wird nicht nur verkannt, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem Fremden obliegt, derartige stichhaltige Gründe glaubhaft zu machen (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2002, Zl. 99/21/0061), sondern wird auch in keiner Weise dargetan, welches Ergebnis diese Ermittlungen hätten erbringen sollen. Den allgemein zugänglichen Quellen kann vielmehr entnommen werden, dass der frühere nigerianische Staatspräsident Olusegun Obasanjo - noch vor Erlassung des angefochtenen Bescheides - am 27. Februar 1999 als Sieger der Präsidentschaftswahlen hervorgegangen ist und am 1. März 1999 alle Militär- und Zivilpersonen, denen Beteiligungen an Putschversuchen zwischen 1995 und 1997 vorgeworfen wurden, begnadigt hat. Infolge der gegenüber dem Zeitpunkt der Ausreise des Beschwerdeführers aus Nigeria geänderten politischen Lage kann eine Gefährdung des Beschwerdeführers, selbst wenn man seinen Angaben gefolgt wäre, nicht mehr erkannt werden. Es ist daher in keiner Weise nachvollziehbar, wenn die Beschwerde - offenbar in Kenntnis der erwähnten politischen Veränderungen - ganz allgemein und ohne jede Konkretisierung behauptet, der Beschwerdeführer werde weiterhin, "dies auch bei geänderter politischer Lage in seinem Heimatland", bei einer zwangsweisen Abschiebung einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des § 57 Abs. 1 und 2 FrG ausgesetzt sein.
Dem Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer sei einer unmenschlichen Behandlung im Sinn des § 57 FrG ausgesetzt, weil er in Österreich um Asyl angesucht habe, steht schließlich das Neuerungsverbot nach § 41 VwGG entgegen.
Für die in der Beschwerde letztlich noch geäußerte Rechtsansicht, vor der Entscheidung des unabhängigen Bundesasylsenates über die Berufung im Asylverfahren hätte kein Feststellungsverfahren nach § 75 FrG durchgeführt werden dürfen, vermag der Beschwerdeführer keine taugliche Rechtsgrundlage darzutun. § 75 Abs. 1 FrG steht dem im vorliegenden Fall jedenfalls nicht entgegen.
Zusammenfassend ergibt sich somit, dass der Beschwerde ein Erfolg versagt bleiben musste, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Durchführung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 5. September 2002
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