VwGH 99/20/0532

VwGH99/20/053212.9.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Grünstäudl und Dr. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des AC in Wien, geboren am 1. Oktober 1975, vertreten durch Dr. Peter M. Polak, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Am Getreidemarkt 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 6. August 1999, Zl. 208.122/0-XI/33/99, betreffend §§ 7 und 13 Abs. 2 AsylG 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §13 Abs2;
AsylG 1997 §13 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Gambia, reiste am 16. Dezember 1996 in das Bundesgebiet ein und stellte am 17. Dezember 1996 einen Asylantrag. Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt gab er an, im Zusammenhang mit einem gescheiterten Putschversuch am 7. November 1996 von den Behörden seines Heimatlandes gesucht zu werden.

Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 20. Jänner 1997 den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 3 AsylG 1991 ab und begründete seine Entscheidung damit, dass der Beschwerdeführer seinen Asylantrag unter einem falschen Namen gestellt und somit seine Identität und den Grund für seine Einreise nach Österreich habe verschleiern wollen. Dem Beschwerdeführer habe daher zur Gänze die Glaubwürdigkeit aberkannt werden müssen.

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid gestand der Beschwerdeführer ein, dass er sich für die Einreise nach Österreich eines falschen Namens und eines falschen Geburtsdatums bedient habe, der von ihm geltend gemachte asylrelevante Sachverhalt sei jedoch zutreffend. Er sei von Rebellen in ein Ausbildungslager verschleppt und zur Teilnahme an dem Putschversuch, bei dem sechs Soldaten getötet worden seien, gezwungen worden. Obwohl er "daran nicht teilgenommen" habe, werde er wegen seiner angeblichen Beteiligung an dem Putschversuch von der gambischen Polizei gesucht. Ihm drohe Folterung und Hinrichtung. Weiters beantragte der Beschwerdeführer in seiner Berufung, festzustellen, dass er gemäß § 7 Abs. 1 AsylG 1991 zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei.

Mit Bescheid vom 6. März 1997 gab der Bundesminister für Inneres der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und wies den Antrag auf Feststellung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung zurück.

Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit hg. Beschluss vom 8. März 1999, Zl. 97/01/0575, gemäß § 44 Abs. 3 AsylG 1997 zurückgewiesen. Das Asylverfahren trat gemäß § 44 Abs. 2 AsylG 1997 in das Stadium vor Erlassung des Berufungsbescheides des Bundesministers für Inneres zurück.

Mit dem nunmehr mit Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 6. August 1999 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes "gemäß § 7 iVm § 13 Abs. 2 AsylG" ab. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung ausschließlich damit, dass der Beschwerdeführer wegen Suchtmittelhandels zweimal rechtskräftig verurteilt worden sei, sodass die Gewährung von Asyl gemäß § 13 Abs. 2 AsylG 1997 ausgeschlossen sei. Die belangte Behörde stellte ohne Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung fest, dass der Beschwerdeführer mit Urteil vom 22. Jänner 1998 wegen § 15 StGB in Verbindung mit § 27 Abs. 1 SMG und § 28 Abs. 2 und 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei, sowie mit Urteil vom 1. Dezember 1998 wegen § 28 Abs. 2 SMG zu einer Zusatzstrafe von drei Monaten jeweils rechtskräftig verurteilt worden sei. Die im Urteil vom 22. Jänner 1998 ausgesprochene bedingte Strafnachsicht sei (zu ergänzen: aufgrund der zweiten Verurteilung) widerrufen worden. Das Verbrechen gemäß § 28 Abs. 3 SMG sei mit einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren bedroht, womit "der objektive Tatbestand des § 13 Abs. 2 AsylG jedenfalls erfüllt" sei. Des weiteren gelange die belangte Behörde auf Grund der weiteren Verurteilung wegen § 28 SMG zu der Auffassung, dass der Beschwerdeführer "sohin jedenfalls wegen seines wiederholten strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft darstellt, weshalb die Asylgewährung zu versagen war".Von einer Non refoulement-Prüfung gemäß § 8 AsylG habe gemäß § 44 Abs. 1 letzter Satz AsylG 1997 Abstand genommen werden können.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die belangte Behörde hat sich in ihrer Entscheidung nicht den Erwägungen der Behörde erster Instanz, die dem Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit versagt hatte, angeschlossen, sondern aufgrund der hervorgekommenen Verurteilungen ausschließlich - und damit erstmals im Verfahren - den Asylausschlussgrund des § 13 Abs. 2 (zu ergänzen: zweiter Fall) AsylG als gegeben angenommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in dem - erst nach der Erlassung des hier angefochtenen Bescheides ergangenen - Erkenntnis vom 6. Oktober 1999, Zl. 99/01/0288, mit den Voraussetzungen des von der belangten Behörde herangezogenen Asylausschlussgrundes auseinandergesetzt und insbesondere die Ansicht vertreten, dass es in derartigen Fällen einer Güterabwägung zwischen dem Schutzinteresse des Fremden und den Interessen des Zufluchtsstaates bedürfe. Im Einzelnen wird dazu - und zu den übrigen Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 zweiter Fall AsylG - gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das genannte Erkenntnis verwiesen. Ergänzend ist anzumerken, dass die erstmalige Heranziehung des Ausschließungsgrundes in der Berufungsentscheidung schon mit Rücksicht darauf, dass sich die belangte Behörde auf erst von ihr festgestellte, bei Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides noch gar nicht vorliegende Verurteilungen des Beschwerdeführers stützte, eine mündliche Berufungsverhandlung erfordert hätte.

Da die belangte Behörde sich insbesondere mit der behaupteten Bedrohung des Beschwerdeführers durch die Behörden seines Herkunftsstaates überhaupt nicht auseinander gesetzt und die gebotene Güterabwägung nicht vorgenommen hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001. Das Mehrbegehren war im Ausmaß der vom Beschwerdeführer verzeichneten Umsatzsteuer abzuweisen, weil diese mit dem pauschalierten Schriftsatzaufwand bereits abgedeckt ist.

Wien, am 12. September 2002

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