Normen
AHG 1949 §11 Abs1;
AHG 1949 §11;
B-VG Art131 Abs2;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §38 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §42 Abs2 Z3;
VwGG §64;
VwGG §65;
VwGG §67;
VwGG §70;
VwRallg;
AHG 1949 §11 Abs1;
AHG 1949 §11;
B-VG Art131 Abs2;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §38 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §42 Abs2 Z3;
VwGG §64;
VwGG §65;
VwGG §67;
VwGG §70;
VwRallg;
Spruch:
Gemäß § 67 VwGG wird festgestellt, dass der Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. September 1996, Zl. 120.144/2- III/11/96, rechtswidrig war.
Begründung
Mit Schreiben vom 15. Juni 1999 hat das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien gemäß § 11 Abs. 1 des Amtshaftungsgesetzes (AHG) und §§ 64 f VwGG den Antrag gestellt, die Rechtswidrigkeit des Bescheides des Bundesministers für Inneres vom 3. September 1996, Zl. 120.144/2-III/11/96, festzustellen. Diesem Antrag liegt die auf das AHG gestützte Klage des als weitere Partei gemäß § 64 VwGG Erstangeführten (im Folgenden kurz: Kläger) gegen die Republik Österreich zugrunde. Mit dieser Klage machte der Kläger die Kosten für die Erhebung der Beschwerde gegen den vorgenannten Bescheid des Bundesministers für Inneres an den Verwaltungsgerichtshof sowie die Kosten des Aufforderungsschreibens (zu ergänzen: an die Finanzprokuratur gemäß § 8 AHG) in Höhe von S 27.750,-- geltend, die ihm dadurch entstanden seien, dass die erstinstanzliche Behörde und der Bundesminister für Inneres wegen unvertretbarer wesentlicher Verfahrensfehler und unvertretbarer rechtlicher Beurteilung die Beschwerdeführung verursachten.
Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien unterbrach das Verfahren und stellte unter gleichzeitiger Vorlage der Verwaltungsakten den eingangs angeführten, auf § 64 VwGG gestützten Antrag an den Verwaltungsgerichtshof. Diesen Antrag begründete das Gericht dahingehend, dass seiner Ansicht nach sowohl die Behörde erster als auch zweiter Instanz das Recht des Klägers auf Parteiengehör verletzten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ist die Entscheidung des Rechtsstreites von der Frage der Rechtswidrigkeit des Bescheides einer Verwaltungsbehörde abhängig, über die noch kein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt und hält das Gericht den Bescheid für rechtswidrig, so hat es gemäß § 11 Abs. 1 AHG, sofern die Klage nicht gemäß § 2 Abs. 2 leg. cit. abzuweisen ist, das Verfahren zu unterbrechen und beim Verwaltungsgerichtshof mit Beschwerde (Antrag) nach Art. 131 Abs. 2 B-VG die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides zu begehren. Nach Einlangen des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes hat das Gericht das Verfahren fortzusetzen und den Rechtsstreit unter Bindung an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes zu entscheiden.
Das antragstellende Gericht hat dargelegt, dass die Entscheidung eines vor ihm anhängigen Rechtsstreites von der Frage der Rechtswidrigkeit des im Antrag bezeichneten Bescheides abhängt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes brauchen die Voraussetzungen, die für Bescheidbeschwerden gegeben sein müssen, nämlich insbesondere, dass es sich um letztinstanzliche, noch dem Rechtsbestand angehörige Bescheide handeln muss, bei Beschwerden nach dem zweiten Unterabschnitt des VwGG "Besondere Bestimmungen über Beschwerden in Amts- und Organhaftungssachen" nicht vorliegen.
Nach § 65 Abs. 2 VwGG hat der Antrag (Abs. 1) den Bescheid und allenfalls die Punkte zu bezeichnen, deren Überprüfung das Gericht verlangt. Dem Antrag sind die Akten des Rechtsstreites anzuschließen.
Nach § 67 VwGG hat das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes über die Rechtswidrigkeit eines Bescheides lediglich feststellende Bedeutung. Die in diesem Verfahren erwachsenden Kosten sind nach § 68 VwGG Kosten des Rechtsstreites vor dem antragstellenden Gericht.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Antrag des Zivilgerichtes gemäß § 11 AHG als Beschwerde im Sinne des Art. 131 Abs. 2 B-VG aufzufassen. Im Falle der Stattgebung des Antrages hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtswidrigkeit des Bescheides festzustellen, andernfalls ist der Antrag abzuweisen.
Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides hat der Verwaltungsgerichtshof die Sachlage und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zu Grunde zu legen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2000, Zl. 2000/07/0237).
Soweit sich aus den §§ 64 bis 69 VwGG nicht anderes ergibt, gelten nach § 70 leg. cit. die §§ 22 bis 25, 29, 31 bis 34, 36 Abs. 8, 40, 41 Abs. 1, 43 Abs. 1, 2, 3, 4, 5, 7 und 8, §§ 45, 46 und 62 sinngemäß.
Nach der auf Grund des § 70 VwGG im Verfahren über Amtshaftungssachen anzuwendenden Bestimmung des § 41 Abs. 1 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof, soweit er nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde oder wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gegeben findet (§ 42 Abs. 2 Z. 2 und 3) und nicht § 38 Abs. 2 anwendbar ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte (§ 28 Abs. 1 Z. 4) oder im Rahmen der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 28 Abs. 2) zu überprüfen.
Auf den Fall eines Verfahrens nach dem zweiten Unterabschnitt des VwGG (Besondere Bestimmungen über Beschwerden in Amts- und Organhaftungssachen) bezogen bedeutet dies, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides nur dann in Betracht kommt, wenn dieser entweder inhaltlich rechtswidrig ist oder wenn die Behörde den Sachverhalt unter Verletzung von Verfahrensvorschriften festgestellt hat; dies trotz des Umstandes, dass nach § 70 VwGG die Bestimmung des § 42 leg. cit. im Verfahren über Amtshaftungssachen nicht anzuwenden ist.
Aus § 41 VwGG ergibt sich, dass im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ein Neuerungsverbot besteht. Die Überprüfung des angefochtenen Bescheides "auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalts" soll die Berücksichtigung von Tatsachen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausschließen, die nicht bereits im zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahren bei der belangten Behörde vorgebracht wurden. Dieses Neuerungsverbot gilt aber nur so weit, als eine Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Verwaltungsverfahren Gelegenheit hatte, Tatsachen und Beweismittel vorzubringen (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis vom 14. Dezember 2000).
Im vorliegenden Fall gehört der Bescheid, dessen Überprüfung beantragt worden ist, dem Rechtsbestand nicht mehr an; er ist gemäß § 113 Abs. 6 und 7 FrG 1997 mit 1. Jänner 1998 außer Kraft getreten. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 1998, Zl. 96/19/3165, nach Eintritt des nach § 115 Abs. 2 FrG 1997 maßgeblichen Zeitpunktes als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 8. Juni 1978, VwSlgNF 9584/A) kann, da die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes nach § 11 Abs. 1 AHG feststellender Art ist, eine solche Feststellung auch noch dann Bedeutung haben, wenn der Bescheid infolge nachträglicher Aufhebung im Verwaltungswege nicht mehr dem Rechtsbestand angehört. Der vorliegende Fall, in dem der Bescheid nicht durch eine Aufhebung im Verwaltungsweg, sondern durch eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung nachträglich beseitigt wurde, gebietet keine andere Betrachtung. Der Antrag ist demnach zulässig.
Ausgehend von der Zulässigkeit des Antrages hatte der Verwaltungsgerichtshof gemäß dem in § 11 AHG verankerten gesetzlichen Auftrag den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. September 1996, Zl. 120.144/2-III/11/96 zu überprüfen.
§ 5 Abs. 1 AufG lautete (auszugsweise):
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, ..."
§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992 lautete:
"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn
...
4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Eingehen einer Ehe nur zum Schein, um sich eine fremdenrechtlich bedeutsame Bewilligung zu verschaffen, ein Verhalten, das eine gravierende Missachtung der den Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet regelnden Vorschriften bildet. Es rechtfertigt grundsätzlich die Annahme, der weitere Aufenthalt des Fremden werde die öffentliche Ordnung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gefährden. Voraussetzung für die Annahme dieser fremdenrechtlichen Konsequenz ist allerdings die eindeutige und - was für die vorliegende Beschwerdesache von Bedeutung ist - mängelfreie Feststellung, dass die Ehe in der Absicht geschlossen wurde, die Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Bewilligungen zumindest (erheblich) zu erleichtern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. November 1996, Zl. 96/19/1601).
Nach dem gemäß § 67 AVG auch von der Berufungsbehörde anzuwendenden § 60 leg. cit. sind in der Begründung des Berufungsbescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muss in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrundegelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einem bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 12. März 1999, Zl. 98/19/0027).
Diesen Erfordernissen wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides geht die belangte Behörde im Bezug aus das Vorliegen einer Scheinehe ausschließlich von dem Sachverhalt aus, der sich aus der Aussage der Ehegattin des Beschwerdeführers anlässlich ihrer Einvernahme vor der erstinstanzlichen Behörde am 23. Mai 1996 und am 21. Juni 1996 ergibt. Der Beschwerdeführer hat jedoch bereits in seiner Berufung die auf dieser Niederschrift gründenden Feststellungen im erstinstanzlichen Bescheid bekämpft und die Einvernahme von Zeugen zu seinen Behauptungen beantragt. Die belangte Behörde, die nach dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten kein eigenes Ermittlungsverfahren durchführte, begnügte sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides diesbezüglich mit der nicht näher begründeten Feststellung, seine Angaben seien auf Grund der gemachten Feststellungen unglaubwürdig und seine Ausführungen könnten auf Grund der Aktenlage nur als reine Zweckbehauptungen gewertet werden. Welche konkreten und nachvollziehbaren Überlegungen die belangte Behörde veranlasst haben, den Aussagen der Ehegattin am 21. Juni 1996 höhere Glaubwürdigkeit zuzubilligen als der Aussage des Beschwerdeführers am 23. Mai 1996 und in der in der Berufung erfolgten Darstellung, geht aus dem angefochtenen Bescheid nicht hervor und entzieht sich daher der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde - ohne dies zu begründen - die beantragte Einvernahme der vom Beschwerdeführer geführten Zeugen nicht durchgeführt hat.
Der Bescheid ist daher unter Verletzung von Verfahrensvorschriften zu Stande gekommen. Die Verletzung von Verfahrensvorschriften ist wesentlich, kann doch nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde bei Vermeidung ihres Verfahrensfehlers zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.
Es war daher dem Antrag des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien staatzugeben und die Rechtswidrigkeit des - nicht mehr dem Rechtsbestand angehörenden - Bescheides des Bundesministers für Inneres vom 3. September 1996 gemäß § 67 VwGG in Verbindung mit § 11 AHG festzustellen.
Wien, am 23. November 2001
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