Normen
FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §27;
LichtbildausweisV PrivImmun 1979 §2 Z3;
FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §27;
LichtbildausweisV PrivImmun 1979 §2 Z3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin verfügt über eine vom Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten am 20. August 1996 ausgestellte Legitimationskarte als private Hausangestellte bei einem Delegationsmitglied der ständigen Vertretung Spaniens bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in Wien mit Geltungsdauer bis 8. August 2000.
Der Beschwerdeführerin waren gewöhnliche Sichtvermerke in der Zeit zwischen 20. Jänner 1992 und 20. April 1992, vom 21. April 1992 bis 31. Jänner 1993 und vom 1. April 1993 bis 4. März 1994 ausgestellt worden.
Am 15. April 1998 beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung.
Dieser Antrag wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 4. November 1998 gemäß § 27 und § 84 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei im Besitz einer Legitimationskarte mit Geltungsdauer bis 8. August 2000. Gemäß § 27 FrG 1997 benötigten Fremde, für die eine derartige Legitimationskarte gemäß § 84 FrG 1997 ausgestellt worden sei, während der Gültigkeitsdauer dieser Legitimationskarte zum Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Wiedereinreise in dieses keinen Einreise- oder Aufenthaltstitel. Die Beschwerdeführerin sei daher auf Grund des ihr ausgestellten Lichtbildausweises zum Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Wiedereinreise berechtigt. Da sie keine Niederlassungsbewilligung benötige, sei ihr Antrag abzuweisen gewesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 14 Abs. 2, § 27, § 31 Abs. 4 und § 84 FrG 1997 lauten:
"§ 14. ...
(2) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sind vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag kann im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen ist und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte oder bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt hat; ...
...
§ 27. Fremde, für die ein Lichtbildausweis gemäß § 84 ausgestellt worden ist, benötigen während der Gültigkeitsdauer dieses Lichtbildausweises zum Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Wiedereinreise in dieses keinen Einreise- oder Aufenthaltstitel.
...
§ 31. ...
...
(4) Fremde, die einen Antrag auf Ausstellung eines weiteren Aufenthaltstitels vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des ihnen zuletzt erteilten Aufenthaltstitels oder vor Entstehen der Sichtvermerkspflicht eingebracht haben, halten sich bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag rechtmäßig im Bundesgebiet auf. ...
...
§ 84. Der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten kann durch Verordnung für Angehörige jener Personengruppen, die in Österreich auf Grund eines völkerrechtlichen Vertrages oder auf Grund des Bundesgesetzes über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an internationale Organisationen, BGBl. Nr. 677/1977, Privilegien und Immunitäten genießen, zum Zwecke der Legitimation Lichtbildausweise vorsehen, aus denen die Identität, die Staatsangehörigkeit und die Funktion des Inhabers zu ersehen sind."
§ 1 Abs. 1 und 3 und § 2 Z. 3 der Legitimationskartenverordnung, BGBl. Nr. 378/1979, lauten:
"§ 1. (1) Der Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten hat auf Antrag an Angehörige jener Personengruppen, die in Österreich auf Grund eines völkerrechtlichen Vertrages oder auf Grund des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1977 über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an internationale Organisationen, BGBl. Nr. 677, Privilegien und Immunitäten genießen, einen Lichtbildausweis auszustellen, aus dem die Identität, die Staatsangehörigkeit und die Funktion des Inhabers zu ersehen sind.
...
(3) Der Lichtbildausweis ist einzuziehen, wenn die Voraussetzungen für seine Ausstellung weggefallen sind.
...
§ 2. Lichtbildausweise werden in folgenden Kategorien ausgestellt:
...
3. in blauer Farbe für alle anderen Personen, die in Österreich nach den im § 1 genannten Vorschriften Privilegien und Immunitäten genießen, sofern sie nicht österreichische Staatsbürger oder Fremde mit ständigem Aufenthalt in Österreich sind; für private Hausangestellte jedoch unter der weiteren Voraussetzung, dass sie bei unter Z. 1 genannten Personen oder bei Berufskonsuln angestellt sind."
Die Beschwerdeführerin erachtet den angefochtenen Bescheid insbesondere deshalb für rechtswidrig, weil die beantragte Niederlassungsbewilligung sie zum dauernden Aufenthalt in Österreich berechtigen würde, während sie auf Grund der für sie ausgestellten Legitimationskarte lediglich zum Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Wiedereinreise in dasselbe berechtigt sei, wobei diese Berechtigung im Falle der Beendigung des Anstellungsverhältnisses entzogen werden könnte.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:
Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof zur gegenüber § 27 FrG 1997 ähnlich lautenden Formulierung in § 28 Abs. 5 letzter Satz FrG 1997 im hg. Erkenntnis vom 17. März 2000, Zl. 98/19/0276, ausgesprochen, dass ein vorläufig aufenthaltsberechtigter Asylwerber während der Dauer dieser vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nicht mit Erfolg eine Niederlassungsbewilligung beantragen kann. Für diese Auslegung führte der Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis im Wesentlichen drei Gründe ins Treffen:
- Die Formulierung in § 28 Abs. 5 letzter Satz FrG 1997 ist jener in § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG (welcher die Rechtsstellung von Fremden regelte, die nach dem Asylgesetz 1991 aufenthaltsberechtigt waren) vergleichbar. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, die auch dem Gesetzgeber bekannt war, stellte § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG aber einen Versagungsgrund dar.
- § 23 Abs. 7 FrG 1997 bringt die Auffassung des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass Fremden, die auf Grund des Asylgesetzes keinen Aufenthaltstitel benötigen, auch kein solcher ausgestellt werden könne und statuiert in dem dort umschriebenen Einzelfall eine Ausnahme.
- Für nach dem Asylgesetz 1997 vorläufig aufenthaltsberechtigte Asylwerber scheidet in aller Regel die Möglichkeit, mit Erfolg einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zu stellen, aus, weil sie auch der Voraussetzung des § 14 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 nicht Genüge tun können.
Für die hier von der belangten Behörde vertretene Auslegung des § 27 FrG 1997 mag nun der mit § 28 Abs. 5 FrG 1997 vergleichbare Wortlaut sprechen, freilich treffen die übrigen vom Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis in Ansehung vorläufig aufenthaltsberechtigter Asylwerber dargelegten Argumente auf Inhaber von Legitimationskarten nicht zu:
Zunächst bestand während der Geltungsdauer des Aufenthaltsgesetzes keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Ausstellung einer Aufenthaltsbewilligung an Inhaber einer Legitimationskarte ausgeschlossen wäre.
Schließlich - und dies ist entscheidend - lässt sich aus § 14 Abs. 2 FrG 1997 nicht, wie dies in Ansehung vorläufig aufenthaltsberechtigter Asylwerber der Fall ist, eine Systementscheidung des Gesetzgebers ableiten, wonach Inhabern von Legitimationskarten die Erlangung einer Niederlassungsbewilligung verwehrt wäre:
Inhaber von Legitimationskarten sind nämlich auf Grund der ihnen gemäß § 27 FrG 1997 eingeräumten Berechtigung, wenn auch nicht auf Dauer (vgl. die folgenden Ausführungen zu § 2 Z. 3 der Legitimationskartenverordnung, der einen mit § 7 Abs. 4 Z. 2 FrG 1997 vergleichbaren, nicht auf Dauer niedergelassenen Personenkreis umschreibt), im Inland bereits niedergelassen und benötigen für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel. Für sie kommt daher die Möglichkeit einer Inlandsantragstellung nach § 14 Abs. 2 zweiter Satz erster Fall FrG 1997 in Betracht.
Aus dem Wort "bisher" in der zitierten Gesetzesbestimmung kann nicht geschlossen werden, dass die Berechtigung zur Antragstellung im Inland erst dann entstünde, wenn für den Antragsteller die Sichtvermerkspflicht bereits eingetreten ist, er sich also bereits unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die hier vertretene Auslegung des § 14 Abs. 2 zweiter Satz erster Fall FrG 1997 findet ihre Stütze in § 31 Abs. 4 FrG 1997, wonach sich das Aufenthaltsrecht von Fremden, die vor Entstehen der Sichtvermerkspflicht einen Antrag auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels einbringen, bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag verlängert. Würde man das Wort "bisher" aber dahin verstehen wollen, dass eine Antragstellung im Inland erst nach Entstehen der Sichtvermerkspflicht mit Erfolg möglich wäre, so hätte dies für Anträge auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels zur Folge, dass gerade die eine Verlängerung des Aufenthaltes gemäß § 31 Abs. 4 FrG 1997 bewirkende Antragstellung das Entstehen des Versagungsgrundes nach § 14 Abs. 2 FrG 1997 bewirken würde. Eine solche Regelungsabsicht kann dem Gesetzgeber aber nicht zugesonnen werden. Das Wort "bisher" in § 14 Abs. 2 zweiter Satz erster Fall FrG 1997 ist daher dahingehend zu verstehen, dass die Zulässigkeit der Inlandsantragstellung ein absehbares Ende der Berechtigung zur Niederlassung ohne Aufenthaltstitel voraussetzt. Dies gilt auch für Fälle, in denen sich ein Antrag eines bisher zur Niederlassung ohne Aufenthaltstitel berechtigten Fremden auf die Erteilung eines Erstaufenthaltstitels richtet.
Im Falle des bevorstehenden Endes der Sichtvermerksfreiheit eines zur vorübergehenden Niederlassung berechtigten Fremden ist daher von dessen Berechtigung zur Antragstellung im Inland gemäß § 14 Abs. 2 zweiter Satz erster Fall FrG 1997 auszugehen. Fasst nun aber der Inhaber einer Legitimationskarte den Entschluss, sich künftig im Bundesgebiet auf Dauer niederzulassen, so ist ein Fall des Bevorstehens des Endes der Sichtvermerksfreiheit aus nachstehenden Überlegungen jedenfalls gegeben:
Gemäß § 2 Z. 3 der Legitimationskartenverordnung setzt die Erteilung eines Lichtbildausweises an private Hausangestellte der in Z. 1 genannten Personen nämlich insbesondere voraus, dass erstere nicht Fremde mit ständigem Aufenthalt in Österreich sind. Lässt sich aber ein solcher Fremder statt - wie bisher vorübergehend und nur zum Zweck der Ausübung seiner Tätigkeit als privater Hausangestellter - auf Dauer in Österreich nieder, so wäre dies ein Grund für den Einzug des Lichtbildausweises gemäß § 1 Abs. 3 der Legitimationskartenverordnung.
Zum Zweck des "Umstieges" von einem nicht ständigen Aufenthalt auf Grund einer Berechtigung gemäß § 27 FrG 1997 iVm § 2 Z. 3 der Legitimationskartenverordnung auf eine dauernde Niederlassung auf Grund einer Niederlassungsbewilligung steht dem Betroffenen, wie oben dargelegt, gemäß § 14 Abs. 2 zweiter Satz erster Fall FrG 1997 die Antragstellung im Inland offen, sobald er den Entschluss, sich auf Dauer niederzulassen, gefasst hat. Die ausgestellte Legitimationskarte steht der Erteilung der Niederlassungsbewilligung - sofern die übrigen Voraussetzungen gegeben sind - diesfalls nicht entgegen.
Indem sie diese Rechtslage verkannte, belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Er war daher aus diesem Grunde aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 2. Juni 2000
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