VwGH 99/16/0398

VwGH99/16/039824.4.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der P GmbH in A, vertreten durch Mag. Dr. Michael Michor, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Bahnhofstraße 16, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Klagenfurt vom 6. Oktober 1999, Zl. Jv 3537- 33/99-25, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

GGG 1984 TP10 1;
GmbHG §2 Abs1;
NEUFÖG 1999 §1 Z3;
NEUFÖG 1999 §2;
NEUFÖG 1999 §3;
NEUFÖG 1999 §4 Abs1 Z2;
NEUFÖG 1999 §6;
NEUFÖGDV 1999 §3;
GGG 1984 TP10 1;
GmbHG §2 Abs1;
NEUFÖG 1999 §1 Z3;
NEUFÖG 1999 §2;
NEUFÖG 1999 §3;
NEUFÖG 1999 §4 Abs1 Z2;
NEUFÖG 1999 §6;
NEUFÖGDV 1999 §3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Gesellschaftsvertrag vom 7. April 1999 wurde die beschwerdeführende GesmbH gegründet. Am 14. April 1999 langte beim Firmenbuchgericht, dem Landesgericht Klagenfurt, der Antrag der Beschwerdeführerin auf Eintragung in das Firmenbuch ein. Mit dem Antrag wurde die Eingabengebühr von S 400,-- in Gerichtskostenmarken entrichtete. Die Eintragung in das Firmenbuch erfolgte unter FN 1881556w am 30. April 1999. Die der Beschwerdeführerin daraufhin vorgeschriebenen weiteren Gerichtsgebühren nach TP 10 I in Höhe von S 6.900,-- wurden von ihr am 20. Mai 1999 entrichtet.

Unter Verwendung des amtlichen Vordruckes NeuFö 2 richtete die Beschwerdeführerin am 22. September 1999 an das Firmenbuchgericht den Antrag auf Erstattung der entrichteten Gerichtsgebühren in Höhe von S 7.300,--. Dem Antrag schloss sie die Erklärung der Neugründung auf dem amtlichen Vordruck NeuFö 1 an. In diesem Formular gab sie an, dass der Kalendermonat der Neugründung der Monat "Mai 1999" gewesen sei.

Nach Ablehnung des Rückzahlungsbegehrens durch den Kostenbeamten gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid dem Rückzahlungsantrag nicht statt. Sie verwies auf § 6 Neugründungs-Förderungsgesetz, wonach dieses Gesetz auf Neugründungen von Betrieben anzuwenden sei, die nach dem 1. Mai 1999 erfolgten. Als Zeitpunkt der Neugründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gelte der Tag der Eintragung derselben ins Firmenbuch. Die Beschwerdeführerin sei am 30. April ins Firmenbuch eingetragen worden, sodass die beantragte Gebührenbefreiung nicht Platz greifen könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Rückzahlung der entrichteten Gerichtsgebühr verletzt erachtet. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und

erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Z. 3 Neugründungs-Förderungsgesetz (NEUFÖG) werden zur Förderung der Neugründung von Betrieben nach Maßgabe der §§ 2 bis 6 NEUFÖG Gerichtsgebühren für die Eintragungen in das Firmenbuch (Tarifpost 10 Z. I des Gerichtsgebührengesetzes) unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugründung des Betriebes nicht erhoben.

Die §§ 2 bis 4 und 6 NEUFÖG lauten auszugsweise:

"Begriff der Neugründung

§ 2. Die Neugründung eines Betriebes liegt unter folgenden Voraussetzungen vor:

1. Es wird durch Schaffung einer bisher nicht vorhandenen betrieblichen Struktur ein Betrieb neu eröffnet, der der Erzielung von Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes 1988 dient.

2. Die die Betriebsführung beherrschende Person (Betriebsinhaber) hat sich bisher nicht in vergleichbarer Art beherrschend betrieblich betätigt.

3. Es liegt keine bloße Änderung der Rechtsform in Bezug auf einen bereits vorhandenen Betrieb vor.

4. Es liegt kein bloßer Wechsel in der Person des Betriebsinhabers in Bezug auf einen bereits vorhandenen Betrieb durch eine entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung des Betriebes vor.

5. Es wird im Kalendermonat der Neugründung und in den folgenden elf Kalendermonaten die geschaffene betriebliche Struktur nicht durch Erweiterung um bereits bestehende andere Betriebe oder Teilbetriebe verändert.

Zeitpunkt der Neugründung

§ 3. Als Kalendermonat der Neugründung gilt jener, in dem der Betriebsinhaber erstmals werbend nach außen in Erscheinung tritt.

Erklärung der Neugründung

§ 4. Die Wirkungen nach § 1 treten unter den Voraussetzungen der Abs. 1 bis 4 ein.

(1) Die Wirkungen nach § 1 Z. 1 bis 6 treten nur dann ein, wenn der Betriebsinhaber bei den in Betracht kommenden Behörden einen amtlichen Vordruck vorlegt, in dem die Neugründung erklärt wird. Auf dem amtlichen Vordruck sind zu erklären:

  1. 1. das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 2,
  2. 2. der Kalendermonat nach § 3,
  3. 3. jene Abgaben, Gebühren und Beiträge, bei denen die Wirkungen nach § 1 Z. 1 bis 6 eintreten sollen.

    ...

    Zeitlicher Anwendungsbereich

§ 6. Dieses Bundesgesetz ist auf Neugründungen von Betrieben anzuwenden, die nach dem 1. Mai 1999 und vor dem 1. Jänner 2003 erfolgen. "

Nach § 2 Abs. 1 der Verordnung zum Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. II Nr. 278/1999 (VO), ist unter einem Betrieb im Sinne des § 2 Z. 1 NEUFÖG die Zusammenfassung menschlicher Arbeitskraft und sachlicher Betriebsmittel in einer organisatorischen Einheit zu verstehen. Ein Betrieb wird neu eröffnet, wenn die für den konkreten Betrieb wesentlichen Betriebsgrundlagen neu geschaffen werden. Der Betrieb muss die Erzielung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Einkünften aus selbstständiger Arbeit (einschließlich Einkünften aus sonstiger selbstständiger Arbeit) oder von Einkünften aus Gewerbebetrieb dienen. Keine Neugründung eines Betriebes liegt bei Aufnahme einer Betätigung im Sinne des § 1 Abs. 2 der Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993, vor.

Nach § 3 der genannten Verordnung tritt der Betriebsinhaber erstmals nach außen werbend in Erscheinung (Zeitpunkt der Neugründung), wenn die für den Betrieb typischen Leistungen am Markt angeboten werden.

Der zuletzt zitierte Verordnungstext entspricht den Erläuternden Bemerkungen zum NEUFÖG (1766 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP), wo es wörtlich heißt:

"Zu § 3: Der Zeitpunkt der Neugründung ist für den Zeitraum der Befreiung von lohnabhängigen Abgaben und Beiträgen (siehe Erläuterungen zu § 1) sowie im Hinblick auf die zeitliche Befristung dieses Bundesgesetzes (siehe Erläuterungen zu § 7) von Bedeutung. Ein Nach-Außen-In-Erscheinung-Treten in werbender Form ist ab jenem Zeitpunkt anzunehmen, ab dem das neu gegründete Unternehmen seine Leistungen am Markt anbietet."

Bei Beurteilung der Frage, ob im Sinne des § 6 NEUFÖG dieses Bundesgesetz bereits Anwendung findet, ging die belangte Behörde von der Bestimmung des § 2 Abs. 1 GesmbH-Gesetz aus, wonach (Satz 1) vor der Eintragung in das Firmenbuch die Gesellschaft als solche nicht besteht.

Wird also, wie im vorliegenden Fall, der neu gegründete Betrieb von einer GesmbH betrieben, so ist die Eintragung in das Firmenbuch zwar der Beginn der Rechtspersönlichkeit der GesmbH, jedoch keineswegs zwingend schon die "Neugründung" im Sinne des hier anzuwendenden Gesetzes.

§ 3 NEUFÖG (wie auch § 3 VO) stellt diesbezüglich auf den Zeitpunkt ab, in dem der Betriebsinhaber "erstmals werbend nach Außen in Erscheinung" tritt; in § 3 der VO wird im Sinne der erläuternden Bemerkungen präzisiert, dass es sich dabei um den Zeitpunkt handelt, in dem die für den Betrieb typischen Leistungen am Markt angeboten werden. Zur Darlegung dieser Voraussetzung sieht § 4 Abs. 1 Z. 2 NEUFÖG ausdrücklich vor, dass im bestimmenden (siehe das hg. Erkenntnis vom 26. April 2001, Zl. 2000/16/0314) Antrag der Kalendermonat nach § 3 NEUFÖG angegeben werden muss.

Dies ist im vorliegenden Fall geschehen, die Beschwerdeführerin hat "Mai 1999" als den Kalendermonat angegeben, in dem sie erstmals werbend nach Außen in Erscheinung trat.

Die belangte Behörde hat nun kein Ermittlungsverfahren durchgeführt und etwa festgestellt, die Beschwerdeführerin hätte bereits zuvor, also schon am 30. April, eine werbende Tätigkeit ausgeübt bzw. ihre typischen Leistungen am Markt angeboten. Sie ging vielmehr davon aus, dass allein der Entstehungszeitpunkt der GesmbH entscheidend sei, wofür aber das NEUFÖG keine Rechtsgrundlage bietet. Der Verweis auf § 2 Abs. 1 VO, wonach ein Betrieb neu eröffnet wird, wenn die für den konkreten Betrieb wesentlichen Betriebsgrundlagen neu geschaffen werden, geht fehl, weil diese Bestimmung auf § 2 Z. 1 NEUFÖG verweist; wie sich schon aus den Überschriften ergibt, betrifft § 2 NEUFÖG den Begriff der Neugründung, hingegen § 3 NEUFÖG den Zeitpunkt der Neugründung.

§ 2 NEUFÖG dient der Abgrenzung einer "echten" Neugründung gegenüber einer (wirtschaftlichen) Betriebsfortführung; der im Sinne des § 6 NEUFÖG relevante Zeitpunkt der Neugründung ist allein anhand des § 3 NEUFÖG zu beurteilen.

Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, dass durch ein Abstellen auf das Eintragungsdatum der Vollzug dieses Gesetzes erleichtert würde; der Gesetzgeber hat aber ausdrücklich nicht darauf, sondern vielmehr, wie durch die Erläuternden Bemerkungen und die VO noch verdeutlicht wurde, allein auf ganz bestimmte, nach Außen in Erscheinung tretende Vorgänge (Anbieten der für den Betrieb typischen Leistungen am Markt) abgestellt. Die Rechtsauffassung der belangten Behörde entbehrt somit einer Gesetzesgrundlage.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 24. April 2002

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