Normen
GrStG §2 Z3 litb;
GrStG §2 Z3 litb;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 16. August 1995 setzte das Finanzamt Linz für den Grundbesitz (Baurechtseinlage) Grundstück Nr. 1099/101, EZ. 1533, KG Lustenau, den Einheitswert fest, erhöhte mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 1995 den Einheitswert und setzte für den angeführten Grundbesitz und für die Beschwerdeführerin, eine als Verein geführte Gesellschaft für psychische und soziale Gesundheit in Linz, den Steuermessbetrag mit S 4.368,-- fest.
In der gegen die Festsetzung des Grundsteuermessbetrages erhobenen Berufung beantragte die Beschwerdeführerin die Grundsteuerbefreiung gemäß § 2 Z. 3 lit. b Grundsteuergesetz (GrStG).
Nach Ergehen einer abweislichen Berufungsvorentscheidung wies die belangte Behörde die Berufung mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Dies einleitend mit der Feststellung, die Beschwerdeführerin sei "Alleineigentümerin" der streitgegenständlichen Liegenschaft. Weiters führte die belangte Behörde aus, die Steuerbefreiung sei zu versagen, weil in der Satzung des Vereins die Mildtätigkeit nicht erwähnt werde, die Benutzung des Grundbesitzes durch einen Tischlereibetrieb keinen mildtätigen Zweck darstelle und die Werkstätte sich nicht in einer der im § 4 Abs. 4 GrStG genannten Einrichtungen befinde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung des Grundsteuermessbetrages verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete die Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 GrStG unterliegt der Grundsteuer der inländische Grundbesitz. Grundbesitz ist das Grundvermögen (§§ 51 bis 56 des BewG 1955).
Nach § 51 Abs. 2 BewG gelten als Grundstücke auch das Baurecht und sonstige grundstücksgleiche Rechte.
Als Grundstück gilt nach § 51 Abs. 3 BewG auch ein Gebäude, das auf fremdem Grund und Boden errichtet ist, selbst wenn es wesentlicher Bestandteil des Grund und Bodens geworden ist.
Nach § 9 Abs. 1 Z. 1 GrStG ist Schuldner der Grundsteuer der Eigentümer oder, wenn der Steuergegenstand ein grundstücksgleiches Recht ist, der Berechtigte.
Im Falle des Baurechtes oder des Erbpachtrechtes ist nach § 9 Abs. 1 Z. 3 GrStG der Berechtigte für den Grund und Boden und, wenn dieser bebaut ist, auch für die darauf stehenden Gebäude Schuldner der Grundsteuer.
Die Feststellung des angefochtenen Bescheides, die Beschwerdeführerin sei durch einen Kaufvertrag "Alleineigentümerin" der Liegenschaft, ist zwar aktenwidrig, dieser Umstand ist im Beschwerdefall aber nicht relevant, weil die Beschwerdeführerin - insofern wird dies von ihr auch nicht bestritten - als Bauberechtigte anstelle der Eigentümerin als Schuldnerin der Grundsteuer nach § 9 Abs. 1 Z. 3 GrStG herangezogen werden kann.
Nach § 2 Z. 3 lit. b GrStG ist keine Grundsteuer zu entrichten für Grundbesitz einer inländischen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar mildtätigen oder mildtätigen und gemeinnützigen Zwecken dient, wenn der Grundbesitz vom Eigentümer für mildtätige Zwecke benutzt wird.
Im Beschwerdefall gilt das Baurecht als Grundstück und dieses wird von der Beschwerdeführerin als der Bauberechtigten für ihre Zwecke benutzt. Damit liegt eine Benutzung des Grundbesitzes des Eigentümers im Sinne des § 2 Z. 3 lit. b GrStG vor.
Im angefochtenen Bescheid wird die beantragte Befreiung von der Grundsteuer mit dem Argument versagt, in der Satzung werde der Begriff "mildtätig" nicht erwähnt. Damit übersieht die belangte Behörde aber, dass es auf die Verwendung des Begriffes "mildtätig" in der Satzung nicht ankommt, sondern ob die als Verein geführte Gesellschaft nach der Satzung ausschließlich und unmittelbar mildtätigen oder mildtätigen und gemeinnützigen Zwecken dient. Die Feststellung der Nichterwähnung des Begriffes "mildtätig" sagt nichts über den Inhalt der Satzung aus. Allein mit dieser Feststellung ohne nähere Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Satzung des Vereines durfte die belangte Behörde die Befreiung der Grundsteuer nicht versagen.
Nach § 4 Abs. 1 GrStG tritt die Befreiung nur ein, wenn der Steuergegenstand für die in den §§ 2 und 3 bezeichneten Zwecke unmittelbar benutzt wird. Dient der Steuergegenstand auch anderen Zwecken und wird für die steuerbegünstigten Zwecke ein räumlich abgegrenzter Teil des Steuergegenstandes benutzt, so ist nur dieser Teil nach § 4 Abs. 2 GrStG befreit.
Bei Werkstätten und ähnlichen Einrichtungen in Strafvollzugsanstalten, Arbeitshäusern, Erziehungsanstalten, Blinden- und Behindertenheimen und anderen derartigen Anstalten, die unter § 2 fallen, ist nach § 4 Abs. 4 GrStG eine unmittelbare Benutzung für steuerbegünstigte Zwecke anzunehmen, wenn die Beschäftigung der Anstaltsinsassen in den Werkstätten usw. zur Erfüllung des Anstaltszweckes (z.B. aus Gründen der Besserung, der Erziehung oder der Gesundung) unerlässlich ist.
Im § 4 Abs. 4 GrStG werden beispielsweise verschiedene Einrichtungen ausdrücklich und darüber hinaus "andere derartige Anstalten" genannt, bei denen eine unmittelbare Benutzung für steuerbegünstigte Zwecke anzunehmen ist, angeführt. Ist die Beschwerdeführerin keine der in § 4 Abs. 4 GrStG ausdrücklich angeführten Einrichtung, dann ist weiter zu prüfen, ob sie als eine "andere derartige Anstalt" anzusehen ist.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid nur festgestellt, dass die Werkstätte "nicht in einer der in dieser Stelle des Gesetzes genannten Einrichtungen" befindet, es aber unterlassen, darzustellen, aus welchen Gründen die Beschwerdeführerin keine "andere derartige Anstalt" nach § 4 Abs. 4 GrStG ist.
Im Übrigen hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Bestimmung des § 44 Abs. 1 BAO wiedergegeben, sich aber mit dem allfälligen Absehen von der Geltendmachung der Abgabepflicht nach § 44 Abs. 2 BAO nicht weiter auseinander gesetzt.
Auf Grund dieser Begründungsmängel ist nicht auszuschließen, dass die belangte Behörde bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften zu einem anderen Bescheid gekommen wäre. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 28. September 2000
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