VwGH 99/15/0012

VwGH99/15/001227.4.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des AT in G, vertreten durch Dr. Edelbert Giesinger, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Hirschgraben 16, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat) vom 22. Juni 1998, Zl. RV/232-6/97, betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer 1991 bis 1994, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §119 Abs1;
EStG §2 Abs2;
EStG §2 Abs3 Z6;
EStG §28;
LiebhabereiV 1993;
LiebhabereiV;
BAO §119 Abs1;
EStG §2 Abs2;
EStG §2 Abs3 Z6;
EStG §28;
LiebhabereiV 1993;
LiebhabereiV;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 12.500 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Kaufvertrag vom 10. April 1991 erwarb der Beschwerdeführer die Eigentumswohnung W 4 zum Zweck der Vermietung. Ebenfalls mit Kaufvertrag vom 10. April 1991 erwarb die Ehefrau des Beschwerdeführers die im selben Haus gelegenen selbstständigen Geschäftsräume GR 1; in dieser Einheit betreibt sie seither ein Cafe.

Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau waren je zur Hälfte Eigentümer eines von ihnen bewohnten Einfamilienhauses.

Der Beschwerdeführer erzielte aus der Vermietung der Eigentumswohnung W 4 Verluste in folgender Höhe: 1991: 51.131 S, 1992: 131.664 S, 1993: 25.935 S und 1994: 64.952 S.

Die Ehefrau des Beschwerdeführers erwirtschaftete mit dem Betrieb des Cafes von 1991 bis 1994 Verluste von ca. 1,7 Mio. S, 400.000 S, 670.000 S und 580.000 S.

Im Hinblick auf die Schuldenlast verkauften der Beschwerdeführer und seine Ehefrau das Einfamilienhaus, um mit dem Veräußerungserlös einen Teil der Schulden des Cafes abzudecken.

Nach dem Verkauf des Einfamilienhauses beendete der Beschwerdeführer die Vermietung der Eigentumswohnung W 4 und zog mit seiner Ehefrau in diese Wohnung ein.

Das Finanzamt ging davon aus, dass für die Vermietung der Eigentumswohnung ein abgeschlossener Beobachtungszeitraum vorliege, in welchem ein Gesamtverlust erzielt worden sei. Es liege daher einkommen- und umsatzsteuerlich Liebhaberei vor.

Gegen die Bescheide betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer 1991 bis 1994 berief der Beschwerdeführer. Er brachte im Wesentlichen vor, dass die objektive Ertragsfähigkeit der Vermietung gegeben gewesen sei, zumal eine Prognose zeige, dass ein Gesamteinnahmenüberschuss bereits im 14. Jahr nach Beginn der Vermietung erzielt werden könne. Die Vermietung habe aber auf Grund der "Unwägbarkeiten" im Zusammenhang mit dem schlechten Geschäftsgang des Cafes der Ehefrau eingestellt werden müssen. Der Beschwerdeführer und seine Frau seien von der Sparkasse F - diese habe das Cafe finanziert - zum Verkauf des Einfamilienhauses gezwungen worden und deshalb in die Eigentumswohnung W 4 umgezogen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Vermietung einer Eigentumswohnung falle unter § 1 Abs. 2 der Liebhabereiverordnung. Im gegenständlichen Fall sei die Wohnung seit September 1994 nicht mehr vermietet, sondern eigengenutzt. Das wirtschaftliche Engagement des Beschwerdeführers sei somit im September 1994 beendet worden. Unvorhergesehene Investitionen, unerwartete Probleme bei der Suche nach einem Nachfolgemieter und vergleichbare Unwägbarkeiten könnten auch bei einer mit objektiver Ertragsaussicht betriebenen Vermietung Verluste entstehen lassen, wegen derer sich kein Gesamterfolg einstelle; dennoch könne in einem solchen Fall nicht von Liebhaberei gesprochen werden. Es komme darauf an, dass bei üblichem Geschehensablauf unter Beachtung der gewählten Bewirtschaftungsart innerhalb des absehbaren Zeitraumes ein Gesamteinnahmenüberschuss erzielbar sei. Für den Beschwerdefall sei wesentlich, dass ausschließlich in der Privatsphäre des Beschwerdeführers gelegene Umstände, nämlich die drohende Insolvenz des Cafes der Ehefrau und der damit verbundene Verkauf des Einfamilienhauses, für die Beendigung der Vermietung ausschlaggebend gewesen seien und das Ausbleiben eines Gesamteinnahmenüberschusses bewirkt hätten. Auch wenn die Vermietung mit objektiver Ertragsaussicht betrieben und innerhalb eines absehbaren Zeitraumes ein positives Gesamtergebnis zu erwarten gewesen sei, müsse nach Ansicht der belangten Behörde dann von Liebhaberei ausgegangen werden, wenn die Betätigung aus privaten und nicht unmittelbar mit der Vermietung zusammenhängenden Motiven beendet werde. Überdies lasse der Umstand, dass das Cafe und die direkt darüber liegende Eigentumswohnung gleichzeitig erworben worden seien und die Sparkasse F, wie sich dies aus deren Schreiben vom 30. September 1997 ergebe, im Zuge des Ankaufs des Cafes darauf gedrängt habe, auf Grund des hohen Fremdfinanzierungsanteils das Einfamilienhaus zu verkaufen, den Schluss zu, dass jedenfalls mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit dem Hausverkauf habe gerechnet werden müssen und daher der Eigenbedarf an der Wohnung auch aus diesem Grund nicht als unvorhergesehene Unwägbarkeit angesehen werden könne. Die Vermietung sei somit als Liebhaberei einzustufen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 23. März 2000, 97/15/0009, und vom 24. Februar 2000, 97/15/0166, zum Ausdruck gebracht hat, ist sowohl für Zeiträume vor Inkrafttreten der Liebhabereiverordnungen als auch für Zeiträume, in welchen die LVO 1990 zur Anwendung kommt, die Liegenschaftsvermietung dann als Liebhaberei zu qualifizieren, wenn nach der konkret ausgeübten Art der Vermietung nicht innerhalb eines Zeitraumes von ca. 20 Jahren ein "Gesamtgewinn" bzw. Gesamteinnahmenüberschuss erzielbar ist. Gleiches gilt im zeitlichen Anwendungsbereich der LVO 1993.

Dieser Zeitraum von ca. 20 Jahren kommt nur zur Anwendung, wenn der Plan des Steuerpflichtigen dahin geht, die Vermietung zumindest bis zum Erreichen eines gesamtpositiven Ergebnisses fortzusetzen. Beinhaltet der Plan hingegen das Vermieten auf einen begrenzten Zeitraum, so muss das positive Ergebnis innerhalb dieses Zeitraumes erzielbar sein.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen 97/15/0009 und vom 24. Juni 1999, 97/15/0082, zum Ausdruck gebracht hat, muss es der Annahme der Ertragsfähigkeit einer Vermietungsbetätigung nicht entgegenstehen, wenn die Liegenschaft vor der tatsächlichen Erzielung eines gesamtpositiven Ergebnisses übertragen wird. Das gilt entsprechend für den Fall der Einstellung einer Vermietung. Die Behörde kann allerdings in der Regel keine Kenntnis davon haben, ob der Steuerpflichtige geplant hat, die Vermietung unbegrenzt (bzw. zumindest bis zum Erzielen eines gesamtpositiven Ergebnisses) fortzusetzen, oder ob er die Vermietung für einen zeitlich begrenzten Zeitraum geplant hat. Daher wird es, wenn der Steuerpflichtige die Vermietung tatsächlich vorzeitig einstellt, an ihm gelegen sein, den Nachweis dafür zu erbringen, dass die Vermietung nicht von vornherein auf einen begrenzten Zeitraum geplant gewesen ist, sondern sich die Beendigung erst nachträglich, insbesondere durch den Eintritt konkreter Unwägbarkeiten, ergeben hat.

Die belangte Behörde vertritt die Rechtsauffassung, trotz objektiver Ertragsfähigkeit einer konkreten Vermietung liege dann Liebhaberei vor, wenn die Betätigung aus privaten und nicht unmittelbar mit der Vermietung zusammenhängenden Motiven beendet werde, bevor ein Gesamteinnahmenüberschuss erreicht sei. Damit hat sie, wie sich aus der oben wiedergegebenen hg. Rechtsprechung ergibt, die Rechtslage verkannt.

Der Steuerpflichtige, der eine Tätigkeit vorzeitig einstellt, hat zwar den Beweis zu führen, dass seine ursprüngliche Planung auf die Aufrechterhaltung der Tätigkeit (zumindest) bis zur Erreichung eines Gesamteinnahmenüberschusses abgestellt und sich somit der Entschluss zur vorzeitigen Einstellung erst nachträglich ergeben hat; in diesem Zusammenhang kommt aber auch solchen Unwägbarkeiten steuerlich beachtliche Indizwirkung zu, die den Bereich der privaten Lebensführung betreffen.

In Verkennung der Rechtslage hat es die belangte Behörde unterlassen, unter Rückgriff auf die Mitwirkungspflicht der Beschwerdeführerin Feststellungen darüber zu treffen, ob es überhaupt als erwiesen angesehen werden kann, dass der Plan des Beschwerdeführers auf die Vermietung für einen unbegrenzten Zeitraum ausgerichtet gewesen ist. Sie hat zwar auf den Umstand verwiesen, dass das Cafe und die direkt darüber liegende Eigentumswohnung W 4 gleichzeitig erworben worden sind, und in diesem Zusammenhang aufgezeigt, dass die Sparkasse F im Zuge des Ankaufs des Cafes darauf gedrängt habe, auf Grund der hohen Fremdfinanzierung das Einfamilienhaus zu verkaufen. Sie hat es aber unterlassen, Feststellungen darüber zu treffen, ob der Nachweis erbracht ist, dass die Vermietung nicht von vornherein auf einen begrenzten Zeitraum geplant gewesen ist.

Der angefochtene Bescheid ist sohin mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.

Wien, am 27. April 2000

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