VwGH 99/14/0280

VwGH99/14/028023.5.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Tirol gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 17. September 1999, RV318/1-T7/99 , betreffend Einkommensteuer 1994 und 1995 (mitbeteiligte Partei: A G, vertreten durch Dr. Robert Kerschbaumer, Rechtsanwalt in 9900 Lienz, Burghard-Breitner-Straße 4), zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §33 Abs1;
EStG 1988 §33 Abs2;
EStG 1988 §33 Abs4 Z1;
EStG 1988 §33 Abs8 idF 1993/818;
EStG 1988 §33 Abs1;
EStG 1988 §33 Abs2;
EStG 1988 §33 Abs4 Z1;
EStG 1988 §33 Abs8 idF 1993/818;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von 12.860 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Mitbeteiligte ist verheiratet und hat ein Kind. Er betreibt eine Fremdenpension. Im Hinblick auf die daraus entstandenen Verluste aus Gewerbebetrieb betrug der Gesamtbetrag der Einkünfte -168.014 S für 1994 und -350.729 für 1995. Die Ehefrau des Mitbeteiligten erzielte Einkünfte von 38.930 (im Jahr 1994) und von 23.892 (im Jahr 1995). In den an den Mitbeteiligten ergangenen Einkommensteuerbescheiden 1994 und 1995 wurde der Alleinverdienerabsetzbetrag gewährt. Dies führte gemäß § 33 Abs. 8 EStG 1988 jeweils zur Festsetzung einer negativen Einkommensteuer von 2.000 S.

Mit Bescheiden vom 26. Mai 1999 wurden die Einkommensteuerbescheide gemäß § 293b BAO vom Finanzamt dahingehend berichtigt, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht mehr gewährt wurde.

Der Mitbeteiligte berief gegen die Berichtigungsbescheide und beantragte deren ersatzlose Aufhebung. Die Anerkennung des Alleinverdienerabsetzbetrages bei der Steuerfestsetzung für seine Ehefrau könne nicht dazu führen, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag bei ihm in Wegfall komme.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge und hob die Berichtigungsbescheide auf. Strittig sei, ob der Alleinverdienerabsetzbetrag in Form der Negativsteuer von jährlich 2.000 S dem Mitbeteiligten zustehe, obwohl bereits seine Ehefrau den Alleinverdienerabsetzbetrag in Anspruch genommen habe. Nach § 33 Abs. 4 Z. 1 EStG 1988 stehe dem Alleinverdiener ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Alleinverdiener sei ein Steuerpflichtiger, der mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet sei und von seinem unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten nicht dauernd getrennt lebe. Voraussetzung sei, dass der (Ehe)Partner bei mindestens einem Kind Einkünfte von höchstens 60.000 S jährlich erziele. Der Mitbeteiligte habe in den Streitjahren keine positiven Einkünfte erzielt. Seine Ehefrau habe Einkünfte erzielt, die jeweils unter 60.000 S gelegen seien. In den Streitjahren sei daher auch der Mitbeteiligte Alleinverdiener gewesen. Die Einkommensteuer entspreche dem Grundsatz der Individualbesteuerung. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Alleinverdienerabsetzbetrages seien stets aus der Sicht des jeweiligen Steuerpflichtigen zu betrachten. Da das Gesetz keine Einschränkung normiere, sei es, wenn jeder der Ehepartner nur ein geringfügiges Einkommen erziele, nicht ausgeschlossen, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag (und die Steuergutschrift von 2.000 S) jedem der Ehepartner zukomme. Der Zweck der Regelung könne darin gelegen sein, das geringe Haushaltseinkommen von Ehepartnern, die zumindest ein Kind aufziehen, durch eine Transferleistung des Staates (hier: insgesamt 4.000 S pro Jahr) anzuheben. Dem Mitbeteiligten stehe daher die Steuergutschrift zu.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die gemäß § 292 BAO erhobene Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 4 Z. 1 EStG steht einem Alleinverdiener ein Absetzbetrag von 5.000 S jährlich zu. Alleinverdiener ist ein Steuerpflichtiger, der mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet ist und von seinem unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten nicht dauernd getrennt lebt. Alleinverdiener ist auch ein Steuerpflichtiger mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), der mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer anderen Partnerschaft lebt. Voraussetzung ist, dass der (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) bei mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) Einkünfte von höchstens 60.000 S jährlich, sonst Einkünfte von höchstens 30.000 S jährlich erzielt.

§ 33 Abs. 8 EStG 1988 in der für die Streitjahre geltenden Fassung BGBl. 818/1993 lautet:

"Ist die nach § 33 Abs. 1 und 2 EStG errechnete Einkommensteuer negativ, so sind der Alleinverdienerabsetzbetrag bei mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) oder der Alleinerzieherabsetzbetrag in Höhe von höchstens 2.000 S sowie der Arbeitnehmerabsetzbetrag in Höhe von höchstens 10% der Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG (ausgenommen Betriebsratsumlagen) sowie der Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 Z. 4 und 5 gutzuschreiben. Die Gutschrift ist mit der nach Abs. 1 und 2 berechneten negativen Einkommensteuer begrenzt und hat im Wege der Veranlagung oder gemäß § 40 EStG zu erfolgen. Der Kinderabsetzbetrag gemäß Abs. 4 Z. 3 lit. a bleibt bei der Berechnung der Steuer außer Ansatz."

In der Beschwerde wird vorgebracht, nach dem Verständnis, das dem in § 33 Abs. 4 Z. 1 EStG geregelten Absetzbetrag - in Entsprechung der Bezeichnung als "Allein"verdienerabsetzbetrag - beigemessen werde, könne er unter Ehepartnern nur einmal gewährt werden. Ein Alleinverdiener sei nur anzunehmen, wenn das Einkommen im Wesentlichen von einem Ehepartner erzielt werde. Aus dem Einleitungssatz des § 33 Abs. 4 EStG ergebe sich überdies, dass die Absetzbeträge zur Abgeltung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen gewährt würden. Nur dem Ehepartner, der keine oder bloß geringfügige Einkünfte erziele, stehe der Anspruch auf Unterhalt zu. Im Übrigen richte sich der Unterhaltsanspruch nicht nach steuerlichen Vorschriften, sodass ein solcher auch bei nur geringen Einkünften des Verpflichteten oder bei gleich hohen steuerlichen Einkünften der Ehepartner vorliegen könne. Mit der Gutschrift des Alleinverdienerabsetzbetrages soll den besonderen Erschwernissen von Alleinverdienern mit Kindern in den unteren Einkommensbereichen Rechnung getragen werden. Der Alleinverdienerabsetzbetrag in Gestalt der Negativsteuer trage daher einer anderen Zielsetzung Rechnung als der Steuerabsetzbetrag. Der Gesetzgeber sei nicht verhalten, eine staatliche Transferleistung in annähernd derselben Höhe zu bemessen wie einen bei einer positiven Steuerleistung in Abzug gebrachten Steuerabsetzbetrag von 5.000 S. Das Prinzip der Individualbesteuerung biete keinen Grund dafür, dass es sich bei der Negativsteuer um eine Leistung des Staates handeln solle, die dazu bestimmt sei, ein geringes (nämlich unter 2 x 60.000 S) liegendes Haushaltseinkommen (von Ehepartnern mit Kind) anzuheben. Sie müsste dann nämlich in gleicher Weise gewährt werden, wenn das Haushaltseinkommen zum größeren Teil (z.B. mit 80.000 S) von einem der beiden Ehepartner aufgebracht werde.

Mit diesem Beschwerdevorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dargetan.

Dem beschwerdeführenden Präsidenten ist zunächst darin beizupflichten, dass der Gesetzgeber nicht gezwungen ist, eine staatliche Transferleistung in Form einer negativen Einkommensteuer zu normieren. Zutreffend ist auch das Beschwerdevorbringen, wonach der zivilrechtliche Unterhaltsanspruch eines Ehepartners auch dann gegeben sein kann, wenn der Unterhaltsverpflichtete nur geringe steuerliche Einkünfte erzielt oder wenn der Unterhaltsberechtigte und der Unterhaltsverpflichtete gleich hohe steuerliche Einkünfte erzielen. Allein, für den Beschwerdefall ist daraus nichts zu gewinnen.

Nach dem Wortlaut des § 33 Abs. 4 Z. 1 EStG 1988 ist der Steuerpflichtige Alleinverdiener, wenn er mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet ist, von seinem unbeschränkt steuerpflichtigen Ehepartner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe)Partner - bei mindestens einem Kind - Einkünfte von höchstens 60.000 S jährlich bezieht. Es ist unstrittig, dass diese Voraussetzungen für den Mitbeteiligten in den Streitjahren zur Gänze erfüllt sind.

Der Mitbeteiligte ist sohin von der belangten Behörde zu Recht als Alleinverdiener qualifiziert worden. Da auch die nach § 33 Abs. 1 und 2 EStG errechnete Einkommensteuer des Mitbeteiligten für 1994 und 1995 mit mindestens 2000 S negativ war, ist die belangte Behörde zu Recht zum Ergebnis gelangt, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag jeweils mit 2.000 S gutzuschreiben ist. Daran ändert der Umstand, dass auch die Ehefrau des Mitbeteiligten ihrerseits die Voraussetzungen des Alleinverdienerabsetzbetrages (und der Steuergutschrift nach § 33 Abs. 8 EStG) erfüllt hat, nichts. Der Bezeichnung des Absetzbetrages als "Allein"verdienerabsetzbetrag kommt für die Auslegung der Norm zum einen deshalb keine entscheidende Bedeutung zu, weil das Gesetz den Alleinverdiener ausdrücklich definiert und dabei nicht darauf abstellt, dass für einen Steuerpflichtigen dann die Voraussetzungen nicht gegeben seien, wenn auch sein Ehepartner die Voraussetzungen des Alleinverdienerabsetzbetrages erfülle. Im Übrigen müsste dann gesetzlich geregelt sein, welcher Partner in den Genuss des Alleinverdienerabsetzbetrages käme. Zum anderen lässt auch der - in der Beschwerde angesprochene - Zweck der Regelung des Absetzbetrages und der Steuergutschrift nicht erkennen, dass den besonderen Erschwernissen von Ehepartnern, die Kinder aufziehen und die sich in den unteren Einkommensbereichen befinden, nicht mit einer Steuergutschrift an jeden der Ehepartner entsprochen werden sollte.

Auf Grund der Individualbesteuerung kann sich das Ausmaß der Steuerlast verändern, wenn das Haushaltseinkommen nicht gleichmäßig von beiden Ehepartnern, sondern von einem Ehepartner erzielt wird. Das gilt entsprechend für den Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag und die daraus abgeleitete Steuergutschrift.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.

Wien, am 23. Mai 2000

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