VwGH 99/14/0232

VwGH99/14/023224.9.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Graf, Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des D H in W, vertreten durch Dr. Klaus Rohringer, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Kaiser-Josef-Platz 29, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 24. Juni 1999, Zl RV334/1- 6/1999, betreffend Umsatzsteuer 1996, zu Recht erkannt:

Normen

UStG 1994 §12 Abs3;
UStG 1994 §12 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.185,96 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ließ im Jahr 1996 ein zahntechnisches Labor errichten und zog in seiner Umsatzsteuererklärung für 1996 die ihm über die Errichtungskosten in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuer ab. Das Labor wurde am 17. Februar 1997 in Betrieb genommen.

Anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung vertrat der Prüfer unter Berücksichtigung der Laboreröffnung im Jahr 1997 vor dem Hintergrund, dass sonstige Leistungen, die Zahntechniker im Rahmen ihrer Berufsausübung erbringen, sowie die Lieferung von Zahnersatz durch Zahnärzte und Zahntechniker gemäß § 6 Abs 1 Z 20 iVm § 29 Abs 5 UStG 1994 ab 1. Jänner 1997 unecht steuerfrei sind, die Ansicht, dass die in Zusammenhang mit der Errichtung des Labors geltend gemachte Vorsteuer gemäß § 12 Abs 3 UStG 1994 nicht abzugsfähig sei. Die Ausschlussbestimmung des § 12 Abs 3 UStG 1994 verlange nicht, dass Umsätze, die zur Versagung des Vorsteuerabzuges führten, in dem gleichen Veranlagungszeitraum ausgeführt würden, in dem die Vorsteuern anfielen. Es genüge nach dem Gesetzeswortlaut sowie nach dem Sinn und Zweck der Bestimmung, wenn Vorsteuern mit beabsichtigten unecht befreiten Umsätzen zusammenhingen. Der Vorsteuerabzug habe von vornherein zu unterbleiben, wenn ein Unternehmer in einem Veranlagungszeitraum zwar keine unechten steuerbefreiten Umsätze ausgeführt habe, aber Vorsteuern angefallen seien, die mit späteren Umsätzen dieser Art in Zusammenhang stünden.

Das Finanzamt folgt der Ansicht des Prüfers und erließ für das Jahr 1996 einen entsprechenden Umsatzsteuerbescheid.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die allgemeinen Voraussetzungen des § 11 iVm § 12 UStG 1994 erfüllt seien. Dass hinsichtlich der Geltendmachung des Vorsteuerabzuges auch auf den Zeitpunkt der "in Nutzungnahme" des gelieferten Gegenstandes abzustellen sei, finde weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung Deckung. Da das Gesetz, welches die sonstigen Leistungen von Zahntechnikern gemäß § 6 Abs 1 Z 20 UStG 1994 unecht von der Steuer befreie, im Zeitpunkt der Geltendmachung des Vorsteuerabzuges (im Dezember 1996) noch nicht in Geltung gewesen sei, könne die Bestimmung des § 12 Abs 3 UStG 1994 nicht zur Versagung des Vorsteuerabzuges herangezogen werden. Allenfalls könne es sich um einen Anwendungsfall des § 12 Abs 10 UStG 1994 handeln. Im Hinblick auf Art XIV Z 3 des Bundesgesetzes BGBl Nr 21/1995 sei jedoch § 12 Abs 10 UStG 1994 nicht anwendbar.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Unbestritten lägen alle in § 12 Abs 1 Z 1 UStG 1994 angeführten Voraussetzungen vor. Der Vorsteuerabzug stehe jedoch nur dann zu, wenn er nicht ausgeschlossen sei. Nach § 12 Abs 3 Z 1 UStG 1994 sei aber die Steuer für die Lieferung von Gegenständen, soweit der Unternehmer diese Gegenstände zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwende, vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Die "fraglichen" Gegenstände seien erst im Jahr 1997 in Betrieb genommen, also erst im Jahr 1997 zur Ausführung von Umsätzen verwendet worden. Die vom Beschwerdeführer im Jahr 1997 ausgeführten Umsätze seien unecht steuerfrei. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 12 Abs 3 Z 1 UStG 1994 sei somit der Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Andere Kriterien seien gesetzlich nicht vorgesehen. Der Berufungseinwand, in jenem Zeitpunkt, in dem der Vorsteuerabzug vorzunehmen gewesen wäre, seien die Umsätze noch nicht unecht steuerfrei gewesen, gehe daher ins Leere.

Die belangte Behörde räumte dem Beschwerdeführer im Übrigen ein, dass ein Arzt oder Zahntechniker, der angeschaffte Geräte noch im Jahr 1996 zur Ausführung von - wenn auch geringfügigen - Umsätzen verwende, der volle Vorsteuerabzug ohne nachträgliche Berichtigungspflicht zustehe, während einem Arzt oder Zahntechniker, der wenn auch im Jahr 1996 angeschaffte Geräte erst im Jahr 1997 zur Ausführung von Umsätzen verwende, kein Vorsteuerabzug zustehe, hielt dies aber für eine Folge des ihrer Ansicht nach system- und gleichheitswidrig den Entfall von Vorsteuerberichtigungen normierenden Begleitmaßnahmengesetzes. Nicht gleichheitswidrig sei hingegen das im gegenständlichen Fall anzuwendende UStG 1994.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

In seinem Erkenntnis vom 2. Juli 2002, 2001/14/0153, brachte der Verwaltungsgerichtshof zum Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit (allenfalls) im Jahr 1996 angeschafften Wirtschaftsgütern, welche für gemäß § 29 Abs 5 UStG 1994 ab 1. Jänner 1997 steuerfreie Umsätze (im Sinne des § 6 Abs 1 Z 19 UStG 1994) verwendet werden sollten, zum Ausdruck, dass die Frage, ob Gegenstände oder sonstige Leistungen zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet werden, an Hand des wirtschaftlichen Zusammenhanges im Zeitpunkt der Lieferung bzw. Erbringung der Leistung an den Unternehmer zu beurteilen ist.

Im Beschwerdefall bestand zu den Zeitpunkten der jeweiligen Lieferungen der Wirtschaftsgüter, für welche die strittige Vorsteuer geltend gemacht worden war - diese lagen unbestritten im Jahr 1996 - der wirtschaftliche Zusammenhang (noch) mit steuerpflichtigen Umsätzen des Beschwerdeführers, weil die gesetzliche Bestimmung des § 6 Abs 1 Z 20 UStG 1994 gemäß dessen § 29 Abs 5 auf entsprechende Umsätze noch nicht anwendbar war. Der Umstand, dass entsprechende Umsätze ab 1. Jänner 1997 steuerfrei waren, ändert nichts an der Vorsteuerabzugsberechtigung im Jahr 1996.

Da die belangte Behörde insofern die Rechtslage verkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig. Er war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr 333/2003.

Die Umrechnung der entrichteten Steuergebühren gründet sich auf § 3 Abs 2 Eurogesetz, BGBl I Nr 72/2000.

Wien, am 24. September 2003

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