VwGH 99/13/0165

VwGH99/13/016526.9.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fössl, über die Beschwerde der V & P Ges.m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Klaus Burka, Rechtsanwalt in Wien V, Hamburgerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 28. Juni 1999, GZ RV/248-16/16/99, betreffend Lohnsteuer 1990 - 1992, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §67 Abs7;
EStG 1988 §83 Abs1;
EStG 1988 §67 Abs7;
EStG 1988 §83 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei der beschwerdeführenden GmbH, die offenkundig eine Werbeagentur betreibt, wurde hinsichtlich der Jahre 1990 bis 1992 eine Lohnsteuerprüfung vorgenommen, die laut Prüfungsbericht am 26. Jänner 1993 (richtig wohl: 1994) abgeschlossen worden ist. Dem Prüfungsbericht ist zu entnehmen, dass die an verschiedene Dienstnehmer in den Jahren 1990 bis 1992 ausbezahlten Prämien für Verbesserungsvorschläge nach Auffassung des Prüfungsorgans nicht der begünstigten Besteuerung im Sinne des § 67 Abs. 7 EStG 1988 zu unterziehen waren.

In den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten, die eine systematische Ordnung nicht erkennen lassen, erliegen handschriftliche Berechnungsblätter, denen entnommen werden kann, dass zwei aus den Akten namentlich nicht identifizierbare Geschäftsführer 1990 und 1991 je S 90.000,-- und 1992 je S 120.000,-- als Prämien erhalten haben. Weitere sieben Arbeitnehmer erhielten allein im Jahre 1991 Prämien unterschiedlicher Höhe in Beträgen zwischen S 10.204,-- und S 26.595,--. Die Dienstnehmerin Gerda E. erhielt (neben den Geschäftsführern als einzige) auch 1992 eine Prämie in Höhe von S 75.014,--.

In den Akten erliegt weiters die Kopie einer von Organen der Wiener Gebietskrankenkasse mit einem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin aufgenommenen Niederschrift vom 15. Juni 1992 über Geldleistungen an bestimmte namentlich angeführte Dienstnehmer. Die mit diesen Leistungen abgegoltenen Arbeiten würden über den normalen Tätigkeitsbereich hinausgehen. Sie seien nicht vom Dienstgeber angeordnet worden, sondern würden auf die Initiative der Dienstnehmer zurückgehen. Im Wesentlichen würden Werbeideen und andere Einfälle von Mitarbeitern erfasst, das geeignete EDV-System erstellt und eine Datenbank errichtet. Die jeweiligen Vorgänge seien mittels eigens entwickelten Formularen aufgelistet und vorbereitet worden.

Auf von der Beschwerdeführerin offenbar für das Verfahren vor dem Sozialversicherungsträger abgefassten Mitteilungen wurde die (mit Prämien honorierte) Tätigkeit der einzelnen Arbeitnehmer folgendermaßen beschrieben:

Gerda E. ("Sekretärin"): "Vorschläge und Durchführung einer effizienten internen Abwicklung im Bereich der Administration", "Einführung einer internen Kostenrechnung"

Rudi E.: "Erstellung eines neuen/wirtschaftlichen Abrechnungsprogrammes für das Belichtungsstudio"

Herbert G ("Computer-Grafiker"): "Errichtung eines Zentralarchives aller bisher gespeicherten kreativen Arbeiten"

Brigitte E ("Werbeassistentin"): "Aufbau eines Abrechnungs-Systems"

Rainer F. ("Creativ Director"), Peter S. (Grafiker), Barbara B (Grafikerin): "Einführung eines auf V. abgestimmten Kundenprofils"

Auf einen entsprechenden Vorhalt des Prüfers wurde in einer Eingabe vom 20. Jänner 1994 unter der Überschrift "Aufbau einer eigenen professionellen Litho-Produktion im Haus" ausgeführt, der Grundgedanke, (1990) eine eigene Litho-Produktion einzuführen, habe aus der Überlegung resultiert, die Fremdkosten der Filmbelichtungen und Vierfarb-Litho-Produktion zu vermeiden. Dazu habe eine neue Organisation und ein Ablaufplan erstellt werden müssen. Im Jahre 1991 habe es durch den Kauf eines der ersten in Österreich installierten Canon Farbkopierers mit Postscriptanbindung erhebliche Schwierigkeiten gegeben. Es habe eine eigene Postscripttreibersoftware entwickelt werden müssen. Im Jahre 1992 hätten Utilities entwickelt werden müssen, wodurch RGB-Daten von der Paintbox in die CMYK-Daten für die Druckvorbereitung konvertiert werden konnten.

Der Prüfer behandelte die Prämien als laufenden Bezug. Gegen den hierauf ergangenen Bescheid über die Haftung der Beschwerdeführerin für Lohnsteuer in Höhe von S 337.841,-- wurde Berufung erhoben. In der Begründung der Berufung wurde ausgeführt, den Verbesserungsvorschlag stelle die Lösung des Bedarfs an Synergieeffekten und Modellen zur Straffung und Verbesserung der Effektivität der Arbeitsabläufe dar. Der Kern der Verbesserungsvorschläge liege in der intellektuellen Auseinandersetzung mit der Materie und dem Lösungsansatz, der eine entsprechende Umsatzsteigerung habe bewirken können. Die Invention neuer und Intensivierung bestehender Arbeitsabläufe stelle die Verbesserung dar. Diese Verbesserungen seien nicht bedingt durch ihre technische Umsetzung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, die Prämien seien in erster Linie für Verbesserungsvorschläge gewährt worden, die die Erweiterung des Unternehmens durch die Anschaffung neuer Geräte mit der Integrierung in ein bestehendes Computersystem zum Gegenstand gehabt hätten. Es seien keine konkreten Nachweise erbracht worden, wie etwa ein belohnungswürdiger Verbesserungsvorschlag beim Aufbau einer eigenen Litho-Produktion gegeben sein soll. Die Verbesserungsvorschläge seien Selbstverständlichkeiten im jeweiligen Aufgabenbereich des Vorschlagenden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 67 Abs. 7 EStG 1988 in der hier noch anzuwendenden Fassung vor dem Familienbesteuerungsgesetz 1992 sind auf Grund lohngestaltender Vorschriften im Sinne des § 68 Abs. 5 Z. 1 bis 7 EStG 1988 gewährte Prämien für Verbesserungsvorschläge im Betrieb im Ausmaß eines Sechstels der bereits zugeflossenen, auf das Kalenderjahr umgerechneten laufenden Bezüge mit den Steuersätzen des Absatz 1 zu versteuern (zusätzliches Sechstel).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müssen Verbesserungsvorschläge im Sinne des § 67 Abs. 7 EStG 1988 Sonderleistungen sein, die über die Dienstpflichten des Vorschlagenden hinausgehen und - auch unter Berücksichtigung des jeweiligen Aufgabengebietes des Vorschlagenden - keine Selbstverständlichkeiten darstellen (vgl die hg. Erkenntnisse vom 17. September 1996, Zl. 96/14/0170, und vom 22. Oktober 1997, Zl. 95/13/0212).

Im Beschwerdefall erhielten Prämien, für die die in Rede stehende Tarifbegünstigung begehrt wird, in der Regel die beiden namentlich von den Streitparteien nicht näher bezeichneten Geschäftsführer (deren Dienstnehmereigenschaft nicht in Streit steht). Darüberhinaus erhielt lediglich die "Sekretärin" Gerda E. 1991 und 1992 eine solche Prämie (1992 einen immerhin namhaften Betrag), während die weiteren sechs Arbeitnehmer nur 1991 derartige Prämien erhielten.

Das im Verwaltungsverfahren gegenüber den Abgabenbehörden erstattete Vorbringen der Beschwerdeführerin läuft darauf hinaus, dass ihr Unternehmen in den Streitjahren - wie die von ihr ins Treffen geführte Umsatzentwicklung zeigt - entsprechend expandierte und dabei die Geschäftstätigkeit dem Grunde nach ausgeweitet worden ist. Anschaffungen verschiedener im Bereich der Druckgrafik erforderlicher Geräte sowie die Entwicklung entsprechender Software waren die Folge dieser Geschäftsausweitung.

Dieses Vorbringen geht dabei schon aus folgenden Gründen ins Leere, wobei vorauszuschicken ist, dass es demjenigen, der eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nimmt, obliegt, selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels die Umstände darzulegen, die für die Begünstigung sprechen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1997, Zl. 96/13/0110):

Gemäß § 83 Abs. 1 EStG 1988 ist beim Lohnsteuerabzug der Arbeitnehmer Steuerschuldner. Daraus folgt, dass die steuerrechtliche Begünstigung des § 67 Abs. 7 EStG nur für Prämien in Betracht kommen, die dem jeweiligen Arbeitnehmer auf Grund der von ihm persönlich gemachten Verbesserungsvorschläge gewährt werden. Die Beschwerdeführerin hat aber im gesamten Verfahren darüber keine Behauptungen aufgestellt, welcher Arbeitnehmer welche konkreten Verbesserungsvorschläge im Unternehmen tatsächlich gemacht hat. Insbesondere wurde nicht angegeben, welcher der beiden Geschäftsführer solche konkreten Vorschläge gemacht hat. Die allgemein gehaltenen Ausführungen über die im Zusammenhang mit der Ausweitung des unternehmerischen Engagements gestandenen Tätigkeiten, die keine Aussage darüber enthalten, von wem die beschriebenen Tätigkeiten ausgeführt worden sind, können eine personenbezogene Darstellung von dem Dienstgeber gegenüber gemachten Verbesserungsvorschlägen nicht ersetzen.

Im Übrigen ist der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. Oktober 1997, Zl. 95/13/0212, davon ausgegangen, dass es nicht über die Dienstpflichten des als Dienstnehmer beschäftigten Geschäftsführers hinausgeht, wenn er eine Verbesserung von erworbener Software aus Kostengründen selbst vornimmt, ist doch ein Geschäftsführer zur Wahrnehmung von Einsparungsmöglichkeiten jeglicher Art verpflichtet. Nichts anderes kann für die in der Eingabe vom 20. Jänner 1994 allgemein beschriebenen Tätigkeiten in Zusammenhang mit der Ausweitung der Geschäftstätigkeit gelten.

Auch die - im Übrigen nur gegenüber dem Sozialversicherungsträger, nicht aber im Abgabenverfahren - gemachten Angaben über die Tätigkeiten der weiteren Arbeitnehmer lassen nicht erkennen, dass es sich dabei um Sonderleistungen gehandelt hat, die über die Dienstpflichten dieser Arbeitnehmer hinausgegangen sind.

Die Beschwerdeführerin rügt schließlich, dass die belangte Behörde entgegen ihrem Antrag eine mündliche Berufungsverhandlung nicht durchgeführt hat, in der diejenigen Personen, die für die Verbesserungsvorschläge verantwortlich gewesen seien, hätten einvernommen werden können. Die Beschwerdeführerin vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, es sei nicht Sache der Beschwerdeführerin, in der Berufung alles auszuführen, was in einer mündlichen Verhandlung näher hätte erläutert werden können. Mit diesem Vorbringen verkennt die Beschwerdeführerin aber, dass eine mündliche Verhandlung über eine Berufung im Sinne des § 284 BAO nur in den Fällen stattfinden kann, in denen gemäß § 260 Abs. 2 BAO dem Berufungssenat die Entscheidung über die Berufung obliegt. Berufungen gegen Haftungsbescheide in Lohnsteuersachen sind aber in der taxativen Aufzählung des § 260 Abs. 2 BAO nicht enthalten. Schließlich ist darauf zu verweisen, dass die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren keinen Antrag auf Vernehmung der Dienstnehmer gestellt hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. September 2000

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