VwGH 99/11/0353

VwGH99/11/035311.4.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 24, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 14. Oktober 1999, Zl. MA 65 - 8/199/99, betreffend Verhängung einer Zwangsstrafe, zu Recht erkannt:

Normen

FSG 1997;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §5 Abs1;
VVG §5 Abs2;
FSG 1997;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §5 Abs1;
VVG §5 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 26. Jänner 1999 nahm die Bundespolizeidirektion Wien gemäß § 69 Abs. 3 AVG von Amts wegen das Verfahren betreffend den Antrag des Beschwerdeführers vom 13. April 1998 auf "Streichung der Befristung" seiner bis 22. April 1998 gültigen Lenkberechtigung und den Antrag vom 2. Juni 1998 auf Ausdehnung der Lenkberechtigung auf die Klassen C und E, das mit der Erteilung der Lenkberechtigung durch Ausstellung des Führerscheines am 30. Dezember 1998 beendet worden war, wieder auf. Weiters wies sie die genannten Anträge ab und forderte den Beschwerdeführer zur unverzüglichen Abgabe des am 30. Dezember 1998 ausgestellten Führerscheines auf. Einer Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer durch postamtliche Hinterlegung zugestellt (erster Tag der Abholfrist war der 30. Jänner 1999).

Mit Schreiben vom 17. Februar 1999 wies die Bundespolizeidirektion Wien den Beschwerdeführer darauf hin, dass der im Bescheid vom 26. Jänner 1999 ausgesprochenen Verpflichtung zur unverzüglichen Abgabe des Führerscheines noch nicht entsprochen worden sei. Ihm wurde zur Erfüllung der Verpflichtung eine Frist von drei Tagen ab Zustellung des Schreibens gesetzt. Für den Fall der Nichtbefolgung wurde eine Zwangsstrafe von S 5.000,-- angedroht. Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführer zu Handen seines Vertreters am 22. Februar 1999 zugestellt.

Mit Bescheid der genannten Behörde vom 17. März 1999 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 5 VVG die angedrohte Zwangsstrafe von S 5.000,-- verhängt.

In der dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer die Unzulässigkeit der Vollstreckung (§ 10 Abs. 2 Z. 1 VVG) geltend, weil die Frist von drei Tagen unangemessen kurz gewesen sei, vor allem wenn man berücksichtige, dass der Beschwerdevertreter das die Androhung der Zwangsstrafe enthaltende Schreiben an den Beschwerdeführer habe weitersenden müssen. Der Beschwerdeführer habe die Androhung der Zwangsstrafe erst nach Ablauf der Frist erhalten. Außerdem habe er den Bescheid vom 26. Jänner 1999, mit dem das Verfahren von Amts wegen wieder aufgenommen worden sei, mit Berufung bekämpft. Solange über die Berufung noch nicht entschieden worden sei, sei die Vollstreckung nicht zulässig.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Bescheid vom 17. März 1999 als unbegründet ab und führte aus, die bescheidmäßige Verhängung der Zwangsstrafe sei erst einen Monat nach ihrer Androhung erfolgt. Der Beschwerdeführer habe genügend Zeit gehabt, dem Auftrag nachzukommen. Die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 26. Jänner 1999 betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens sei (mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. Oktober 1999) als unbegründet abgewiesen worden.

Gegen den Bescheid der belangten Behörde, mit dem die Berufung gegen die Verhängung der Zwangsstrafe als unbegründet abgewiesen wurde, richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens zur hg. Zl. 99/11/0352 vorgelegt. Sie hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 VVG wird die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lässt, dadurch vollstreckt, dass der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird.

Gemäß § 5 Abs. 2 leg. cit. hat die Vollstreckung mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein angedrohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung entsprochen ist.

Gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG kann die Berufung gegen eine nach diesem Bundesgesetz erlassene Vollstreckungsverfügung nur ergriffen werden, wenn die Vollstreckung unzulässig ist.

Die Einräumung der Paritionsfrist zielt darauf ab, dem Verpflichteten die Möglichkeit zu eröffnen, durch Nachholung der versäumten Handlung der Vollstreckung zu entgehen. Sie muss so bemessen werden, dass sie - bei unverzüglichem Tätigwerden ab Zustellung der Androhung der Vollstreckung - zur Erbringung der geschuldeten Leistung ausreicht, wobei es nicht darauf ankommt, ob dem Verpflichteten allenfalls vor Einleitung der Vollstreckung genügend Zeit zur Verfügung stand, um die Verpflichtung zu erfüllen. Die Einräumung einer unangemessen kurzen Paritionsfrist anlässlich der Androhung einer Zwangsstrafe macht deren Verhängung unzulässig und kann vom Verpflichteten in der Berufung gegen die Verhängung der Zwangsstrafe als Berufungsgrund nach § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG geltend gemacht werden (siehe dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 6. März 1973, Slg. Nr. 8378/A).

Die Paritionsfrist von drei Tagen reichte zur Erfüllung der den Beschwerdeführer treffenden Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheines aus. Die Abgabe des Führerscheines bei der Kraftfahrbehörde erfordert keinen nennenswerten Zeitaufwand, sodass einer derartigen Verpflichtung innerhalb sehr kurzer Zeit entsprochen werden kann. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer durch einen Rechtsanwalt vertreten ist, dem die Androhung der Zwangsstrafe zugestellt wurde. Ein Rechtsanwalt hat in einem solchen Fall die Verpflichtung, die von ihm vertretene Partei unverzüglich vom Einlangen der Androhung der Zwangsstrafe in geeigneter Weise zu verständigen, sodass auch in solchen Fällen eine Paritionsfrist von wenigen Tagen ausreicht. Konkrete Gründe, warum eine solche Verständigung im Beschwerdefall nicht möglich gewesen sein soll, werden in der Beschwerde nicht genannt und sind auch nach der Aktenlage nicht erkennbar.

Dem Beschwerdeeinwand, der Bescheid vom 26. Jänner 1999 sei zum Zeitpunkt der Androhung der Zwangsstrafe und ihrer Verhängung noch nicht rechtskräftig gewesen, ist zu erwidern, dass einer Berufung gegen den Bescheid vom 26. Jänner 1999 gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, sodass die in diesem Bescheid ausgesprochene Verpflichtung des Beschwerdeführers zur unverzüglichen Ablieferung des Führerscheines sofort vollstreckbar wurde (vgl. dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 (2000), unter E. Nr. 39 bis 42 zu § 1 VVG zitierte Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts).

Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Begehren auf Ersatz von Vorlageaufwand war abzuweisen, weil die belangte Behörde in diesem Verfahren keine Akten vorgelegt hat. Die Aktenvorlage erfolgte nur im Verfahren hg. Zl. 99/11/0352. Dort wird über das Begehren betreffend Aufwandersatz für Aktenvorlage abgesprochen.

Wien, am 11. April 2000

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