VwGH 99/09/0131

VwGH99/09/013131.1.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde der Ü K in W, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid des im Devolutionsweg zuständig gewordenen Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales (nunmehr: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) vom 21. Mai 1999, Zl. 130.430/2-7/99, betreffend Ausstellung eines Befreiungsscheines, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §15 Abs1 Z1;
AuslBG §4c;
AVG §66 Abs4;
AuslBG §15 Abs1 Z1;
AuslBG §4c;
AVG §66 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, stellte beim Arbeitsmarktservice Persönliche Dienste-Gastgewerbe Wien am 5. März 1998 mit dem amtlich aufgelegten Formular den Antrag auf "Ausstellung eines Befreiungsscheines nach § 4c Abs. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes".

Mit Bescheid vom 16. März 1998 lehnte das Arbeitsmarkservice Persönliche Dienste-Gastgewerbe Wien "den von Ihnen als Ausländer eingebrachten Antrag vom 5.3.1998 auf Ausstellung eines Befreiungsscheines gemäß § 4c Abs. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 776/1996, i. d. g. F." ab.

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der im Devolutionsweg gemäß § 73 Abs. 2 AVG infolge Säumigkeit der Berufungsbehörde zuständig gewordenen belangten Behörde vom 21. Mai 1999 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 4c Abs. 2 AuslBG und Art. 6 Abs. 1 dritter Unterabsatz des Beschlusses Nr. 1/1980 des Assoziationsrates vom 19. 9. 1980 über die Entwicklung der Assoziation keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid des Arbeitsmarktservice Persönliche-Dienste Wien vom 5. März 1998 bestätigt.

Diese Entscheidung wurde von der belangten Behörde im Wesentlichen damit begründet:

"Gemäß § 4c Abs. 2 AuslBG ist einem türkischen Staatsangehörigen ein Befreiungsschein auszustellen, wenn er die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 dritter Unterabsatz oder nach Art. 7 Abs. 1 zweiter Unterabsatz des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 EWG-Türkei (ARB) erfüllt.

Demgemäß muss der türkische Staatsangehörige für die Ausstellung eines Befreiungsscheines gemäß § 4c AuslBG Abs. 2 vier Jahre ordnungemäßer Beschäftigung in Österreich (Art. 6 Abs. 1 dritter Unterabsatz ARB) oder einen fünfjährigen ordnungsgemäßen Wohnsitz in Österreich als Familienangehöriger (Ehegatte oder Kind) eines dem regulären österreichischen Arbeitsmarkt angehörenden türkischen Staatsbürgers (Art. 7 Abs. 1 zweiter Unterabsatz ARB) nachweisen.

...

Vor dem 1.1.1995 (Beitritt Österreichs zur Europäischen Union) unterbrochene Beschäftigungszeiten, auch wenn diese an sich zulässigerweise unterbrochen wurden (Art. 6 Abs. 2 ARB), sind mangels Geltung des ARB verloren gegangen. Bei Wiederaufnahme einer Beschäftigung beginnen die in Art. 6 Abs. 1 ARB genannten Fristen neu zu laufen. Liegen hingegen bis zum 1.1.1995 keine Unterbrechungen vor, sind die bis dahin erworbenen (durchgehenden) Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen.

Im gegenständlichen Verfahren wurde festgestellt, daß Sie keine der beiden anspruchsbegründenden Voraussetzungen erfüllen, weil .. Ihr letztes Dienstverhältnis mit dem 13.10.1992 beendet wurde..."

Die Beschwerdeführerin erfülle daher hinsichtlich der Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 dritter Unterabsatz des ARB Nr. 1/80 weder das Erfordernis der vierjährigen Beschäftigungsdauer, noch gehöre sie dem regulären Arbeitsmarkt an. Demnach erfülle die Beschwerdeführerin auch die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Befreiungsscheines gemäß § 4c Abs. 2 AuslBG nicht.

Auch die Voraussetzungen nach Art. 7 Abs. 1 zweiter Unterabsatz ARB lägen nicht vor, da ihr Ehegatte T K seit 1992 nicht mehr dem regulären Arbeitsmarkt angehöre, welche Umstände ihr im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht, von ihr aber nicht zum Gegenstand einer Stellungnahme gemacht worden seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Erteilung eines Befreiungsscheines nach den Bestimmungen des AuslBG verletzt, "wenn die positiven Voraussetzungen für die Stattgebung des Antrag auf Erteilung eines Befreiungsschein vorliegen". Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 4c des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 78/1997, lautet:

"Türkische Staatsangehörige

§ 4c. (1) Für türkische Staatsangehörige ist eine Beschäftigungsbewilligung von Amts wegen zu erteilen oder zu verlängern, wenn sie die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 erster und zweiter Unterabsatz oder nach Art. 7 erster Unterabsatz oder nach Art. 7 letzter Satz oder nach Artikel 9 des Beschlusses des Assoziationsrates EWG-Türkei - ARB-Nr. 1/1980 erfüllen.

(2) Türkischen Staatsangehörigen ist von Amts wegen ein Befreiungsschein auszustellen oder zu verlängern, wenn sie die Voraussetzungen nach Art. 6 Abs. 1 dritter Unterabsatz oder nach Art. 7 zweiter Unterabsatz des ARB Nr. 1/1980 erfüllen.

(3) Die Rechte türkischer Staatsangehöriger auf Grund der sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bleiben unberührt. Für die Verfahrenszuständigkeit und die Durchführung der Verfahren gemäß Abs. 1 und 2 gelten, soweit dem nicht Bestimmungen des ARB Nr. 1/1980 entgegenstehen, die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.''

Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB Nr. 1/80) hat folgenden Wortlaut:

"(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen in Art. 7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehört, in diesem Mitgliedstaat

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