VwGH 99/07/0073

VwGH99/07/007310.6.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde 1. des A M und 2. des F M, beide in M, beide vertreten durch Dr. Peter Rohracher, Rechtsanwalt in Lienz, Hauptplatz 9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 26. März 1999, Zl. 514.161/01-I5/99, betreffend wasserrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §41 Abs2;
AVG §41;
AVG §42 Abs1;
AVG §42;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
AVG §41 Abs2;
AVG §41;
AVG §42 Abs1;
AVG §42;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 26. März 1999 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 17. Juli 1997 zurück. In der Begründung heißt es, mit Bescheid vom 17. Juli 1997 habe der Landeshauptmann von Tirol der Marktgemeinde M. die wasserrechtliche Bewilligung für die im Einreichprojekt näher beschriebene Erweiterung der Ortskanalisation unter Auflagen erteilt. Gegen diesen Bescheid hätten die Beschwerdeführer innerhalb offener Frist Berufung erhoben und darin ausgeführt, dass sie das Projekt ablehnten, und zwar hauptsächlich deshalb, weil für sie ein Kanalanschluss infolge eines Umzugs keinen Sinn mehr habe. Die Beschwerdeführer seien aber aus nachstehenden Gründen präkludiert:

In einer beim Marktgemeindeamt M. am 2. Juli 1997 eingelangten Eingabe hätten die Beschwerdeführer wörtlich Folgendes ausgeführt:

"Bei der gegenständlichen Amtshandlung am Dienstag, dem 1. Juli um 09.30 Uhr im Gemeindeamt von M., nehmen wir, (Beschwerdeführer), persönlich nicht teil.

Begründung

Wir haben schon vor Weihnachten 1996 eine Teilnahme an der Errichtung eines Rohrstranges an die Ortskanalisation unseres Hofes (vulgo-Name unleserlich) strikte abgelehnt und dabei bleibt es. Die Gründe liegen auf der Hand: Ich (wir) ziehen in absehbarer Zeit ins

Tal in den ............ (Begriff unleserlich). Somit ist die Sache

erledigt".

Diese Begründung werde im Berufungsschreiben praktisch wörtlich wiederholt, andere Einwendungen, das Projekt betreffend, befänden sich im Berufungsschreiben nicht. Wie aus dem von der Erstbehörde vorgelegten Akt zweifelsfrei festzustellen sei, sei den Beschwerdeführern die Ladung zur wasserrechtlichen Verhandlung zugestellt worden. Sie hätten allerdings keine dem Gesetz entsprechende Einwendung zur Erlangung der Parteistellung erhoben, sondern lediglich zum Ausdruck gebracht, dass sie an der mündlichen Bewilligungsverhandlung nicht teilnehmen würden. Tatsächlich sei die Intention der Ablehnung des Projektes von der belangten Behörde leicht nachzuvollziehen; der Widerstand gegen das Projekt und die dagegen erhobene Berufung richte sich eigentlich gegen den drohenden Anschlusszwang eines Objektes, das von den Beschwerdeführern offenbar aufgegeben werden solle. Ein allfälliger Anschlusszwang sei mit dem bekämpften Bescheid aber nicht ausgesprochen worden und könne sich auch nicht auf das Wasserrechtsgesetz stützen. Die Berufung gehe daher ins Leere. Sei aber Präklusion eingetreten, so verliere nach dem nunmehrigen Wortlaut des AVG (i.d.F. BGBl. I Nr. 158/1998) die betreffende Person ihre Stellung als Partei. Die Berufungslegitimation sei aber an die Parteistellung gebunden. Nach der "alten" Rechtslage wäre die gegenständliche Berufung abzuweisen gewesen, was aber im Ergebnis für die Beschwerdeführer gleichbedeutend gewesen wäre. Im Übrigen habe es kein inhaltliches Vorbringen gegeben, auf welches die Behörde überhaupt hätte eingehen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid "wegen Verletzung formellrechtlicher Bestimmungen" aufzuheben.

Die Beschwerdeführer bringen vor, das mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 17. Juli 1997 wasserrechtlich bewilligte Projekt umfasse u.a. auch die Rohrstränge TI und Nebenstränge, wobei unter Inanspruchnahme von Gründen der Beschwerdeführer deren in Einzellage befindliches Wohnobjekt erschlossen werden solle. Bereits im Projektierungsstadium für die geplante Kanalisierungserweiterung hätten sich die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 18. Dezember 1996, gerichtet an die Marktgemeinde M., vehement gegen die Anspruchnahme ihres Grundes und die Realisierung des auf ihr Wohnobjekt bezogenen Kanalisationsstranges gewandt; dies mit der Begründung, dass sie in absehbarer Zeit in ein in Errichtung befindliches Wohnobjekt in Tallage übersiedeln würden, womit die Erschließung des dann leer stehenden derzeitigen Wohnobjektes wirtschaftlich völlig verfehlt sei. Mit Schreiben vom 30. Juni 1997 hätten die Beschwerdeführer mitgeteilt, dass sie bei der Wasserrechtsverhandlung am 1. Juli 1997 nicht persönlich teilnehmen würden und hätten nochmals unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 18. Dezember 1996 ihre ablehnende Haltung gegenüber der projektierten Erweiterung bekräftigt. Im Zuge der mündlichen Verhandlung sei dann auf Grund von Einwendungen gegen die Grundinanspruchnahme durch den Kanal von Seiten anderer Grundeigentümer der Bewilligungsantrag betreffend die von den Einsprüchen erfassten Kanalstränge von der Gemeinde zurückgezogen und das Projekt in entsprechend geändertem Umfang bewilligt worden. Auf die bekannten Einwendungen der Beschwerdeführer sei im Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol nicht eingegangen worden, obwohl gleichartige Einwendungen, die sich ebenfalls erschließbar auf wirtschaftliche Motivationen gestützt hätten, zur Zurückziehung der Bewilligungsanträge seitens der Gemeinde geführt hätten. Die Behörde hätte jedenfalls zu den Einwendungen der Beschwerdeführer die Stellungnahme der Gemeinde einholen müssen und es wäre in der Folge mit großer Wahrscheinlichkeit entsprechend den Einwendungen wohl auch dieser Erschließungsstrang zurückgestellt und der Bewilligungsantrag entsprechend eingeschränkt worden. Selbst wenn die Einwendungen verspätet eingelangt sein sollten, wie die belangte Behörde widersprüchlich in der angefochtenen Entscheidung feststelle, übersehe sie dabei jedoch, dass auf einen Sachverhalt, der im Juli 1997 verwirklicht worden sei, keinesfalls Verfahrensvorschriften, die erst auf Grund einer Gesetzesänderung im Jahr 1998 in Geltung gesetzt worden seien, angewendet werden könnten. Nach der alten Fassung des § 42 Abs. 1 AVG gehe durch die verspätete Erhebung von Einwendungen die Parteistellung nicht verloren, sondern seien die Einwendungen lediglich sachlich präkludiert. Im Übrigen seien die gleich lautenden Einwendungen bereits im Dezember 1996 erhoben worden und seien ab diesem Zeitpunkt jedenfalls bekannt gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat die Berufung der Beschwerdeführer unter Anwendung des § 42 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. I 158/1998 zurückgewiesen. Die Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, auf den vorliegenden Fall hätte noch die Rechtslage vor der erwähnten AVG-Novelle angewendet werden müssen.

Eine Auseinandersetzung mit dieser Frage erübrigt sich, weil ihre Lösung für die Entscheidung über die Beschwerde - wie noch zu zeigen sein wird - ohne Bedeutung ist. Entscheidend ist, ob die Beschwerdeführer rechtzeitig Einwendungen gegen das von der Markgemeinde M. zur wasserrechtlichen Bewilligung eingereichte Projekt erhoben haben. Dies ist nicht der Fall.

Einwendungen müssen nach § 42 Abs. 1 AVG (alter und neuer Fassung) spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung vorgebracht werden. Unter der "Behörde" ist jene zu verstehen, welche die Verhandlung anberaumt hat; das war im Beschwerdefall der Landeshauptmann. Beim Landeshauptmann haben die Beschwerdeführer aber überhaupt nichts vorgebracht. Ihre Eingabe, in der sie mitgeteilt haben, daß sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen und das Projekt ablehnen, wurde an die Marktgemeinde M., also an eine unzuständige Stelle, gerichtet und langte dort erst am Tag nach der mündlichen Verhandlung ein. Schon aus diesem Grund ist die Annahme der belangten Behörde, die Beschwerdeführer hätten keine Einwendungen erhoben, zutreffend.

Einwendungen müssen spezialisiert sein und die Verletzung konkreter subjektiver Rechte geltend machen; ein allgemein erhobener Protest reicht ebenso wenig aus wie das Vorbringen, mit einem Vorhaben nicht einverstanden zu sein. Dem Begriff der Einwendung ist die Behauptung einer Rechtsverletzung in Bezug auf ein bestimmtes Recht immanent, sodass dem Vorbringen entnommen werden können muss, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechts behauptet wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 1998, 98/07/0042, u.a.).

Das im angefochtenen Bescheid wiedergegebene Vorbringen der Beschwerdeführer erschöpft sich in der Aussage, dass sie an der mündlichen Wasserrechtsverhandlung nicht teilnehmen, weil sie das Projekt ablehnen. Aus diesem Vorbringen ist keine wie immer geartete Bezugnahme auf irgendein subjektiv-öffentliches Recht der Beschwerdeführer erkennbar. Eine Einwendung im Rechtssinn liegt daher nicht vor.

Der in der Beschwerde enthaltene Hinweis, dass schon im Projektierungsstadium am 18. Dezember 1996 gleich lautende Einwendungen gegen das Projekt bei der Marktgemeinde M. erhoben worden sein, vermag daran nichts zu ändern. Parteierklärungen, die vor der Anberaumung der mündlichen Verhandlung abgegeben werden, stellen keine Einwendungen im Sinne des § 42 AVG dar (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 617, angeführte Rechtsprechung).

Die nicht rechtzeitige Erhebung von Einwendungen führte nach § 42 AVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I 158/1998 zur Präklusion der Partei. Die Berufung einer präkludierten Partei war nicht zurückzuweisen, sondern abzuweisen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass im Beschwerdefall § 42 AVG in der Fassung vor der AVG-Novelle 1998 anzuwenden ist, wäre daraus für die Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt es nämlich zu keiner vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Verletzung von Rechten eines Beschwerdeführers, wenn die Berufungsbehörde zu Unrecht die Berufung einer präkludierten Partei zurückweist, statt sie abzuweisen, sofern sie inhaltlich die Frage der Präklusion geprüft hat. In einem solchen Fall liegt lediglich ein Vergreifen im Ausdruck vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1998, 97/07/0126).

Eine Prüfung der Präklusion hat die belangte Behörde vorgenommen und Präklusion zu Recht bejaht. Rechte des Beschwerdeführers wurden daher auch dann nicht verletzt, wenn man davon ausgehen wollte, dass auf den Beschwerdefall altes Recht anzuwenden gewesen wäre.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 10. Juni 1999

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